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ScheidungDie Pauschalabfindung für den Verzicht auf nacheheliche Ansprüche: Vorsicht Steuerfalle!
| Eine Ehe kann zu finanziellen Risiken führen. Wird sie nämlich geschieden, gehen damit oft Zugewinnausgleich, nachehelicher Unterhalt und die Aufteilung des gemeinsamen Hausrats einher. Um das zu verhindern, wird manchmal bereits vor der Ehe vertraglich vereinbart, dass ein Ehegatte für den Verzicht auf seine nachehelichen Ansprüche eine Pauschalabfindung erhält. Das Problem: Diese Pauschalabfindung unterliegt – wie der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst entschied – der ungeliebten Schenkungsteuer. ZP klärt auf und bietet eine Gestaltungsoption. |
Der Musterfall vor dem BFH
In dem Fall, der dem BFH zur Entscheidung vorlag, hatte ein Mann mit seiner späteren Ehefrau vor der Ehe einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlosssen. Darin wurde der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart, aber für alle Fälle bei Beendigung der Ehe – außer für den Fall des Versterbens des Mannes – sofort wieder ausgeschlossen. Auch ein Versorgungsausgleich wurde ausgeschlossen und es wurde wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt genauso verzichtet wie auf einen Anspruch auf Hausratsteilung. Im Gegenzug verpflichtete sich der Mann, seiner Ehefrau insgesamt sechs Mio. Euro zu zahlen. Für den Fall, dass das Finanzamt Schenkungsteuer festsetzen sollte, hatte diese vertraglich der Mann zu übernehmen. Die Zahlung der vertraglichen Verpflichtung erfolgte nach der Eheschließung durch die Übertragung eines Hausgrundstücks.
Die vom Finanzamt aufgedeckte Steuerfalle
Das Finanzamt beurteilte die Immobilienübertragung als Schenkung ohne Gegenleistung und ermittelte für das Grundstück einen Grundbesitzwert von 3.990.000 Euro. Hinzu kam die darauf entfallende Schenkungsteuer von im Streitfall 699.700 Euro (sog. „Bruttierung“). Unterm Strich belief sich der Gesamtwert der Zuwendung damit auf 4.689.770 Euro. Für diesen Betrag setzte das Finanzamt Schenkungsteuer von 832.713 Euro fest. Zu Recht?
Wichtig | Weil die Grundstücksübertragung erst nach Eheschließung erfolgte, war ein Freibetrag von 500.000 Euro abzuziehen. Wäre die Übertragung bereits davor an die Verlobte erfolgt, hätte sich der Freibetrag auf 20.000 Euro verringert.
Das Gegenargument des Steuerzahlers
Der Mann sah das steuerlich anders. Nach seiner Auffassung hatte es sich bei der Grundstücksübertragung nicht um eine Schenkung gehandelt. Denn er sei im Gegenzug für die Verzichte seiner zukünftigen Ehefrau auf Zugewinn- und Versorgungsausgleich, nachehelichen Unterhalt und Teilung des Hausrats zu einer Kompensation verpflichtet gewesen. Andernfalls wäre der Ehevertrag sittenwidrig. Damit sei die Übertragung des Grundstücks als Gegenleistung für den Verzicht auf nacheheliche Ansprüche anzusehen. Zudem habe auch der subjektive Tatbestand einer Schenkung nicht vorgelegen, weil es an einem Willen zur Unentgeltlichkeit gemangelt habe. Der Mann sei davon ausgegangen, für die Übertragung des Grundstücks eine gleichwertige Gegenleistung in Gestalt des Verzichts auf die konkret bestimmten nachehelichen Ansprüche zu erhalten. Der ausgehandelte Ehevertrag verfolge für ihn allein den Zweck, das eigene Vermögen vor unabwägbaren finanziellen Verpflichtungen infolge einer Scheidung zu schützen.
Die Entscheidung des BFH
Nachdem bereits Einspruch und Klage (Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 23.09.2020, Az. 3 K 136/19) keinen Erfolg hatten, entschied auch der BFH zugunsten der Finanzverwaltung. Die Übertragung des Grundstücks sei objektiv und subjektiv unentgeltlich erfolgt und habe damit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) der Schenkungsteuer unterlegen (BFH, Urteil vom 09.04.2025, Az. II R 48/21).
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass parallel ehevertraglich nacheheliche Ansprüche ausgeschlossen wurden. Denn diese Gegenansprüche waren zum Vertragsschluss noch nicht entstanden und konnten damit nicht berücksichtigt werden. So entsteht der Anspruch auf Zugewinnausgleich erst, wenn die Zugewinngemeinschaft endet (§ 1363 Abs. 2, § 1378 Abs. 3 BGB). Gleiches gilt für den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB) und den Anspruch auf Aufteilung des Hausrats. Damit besteht als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung nur ein Verzicht auf möglicherweise zukünftig entstehende Ansprüche. Denn vor der Ehe ist ungewiss, ob und wenn ja, wann die Ehe endet und ob überhaupt ein Ausgleichsanspruch entsteht und wenn ja, in welcher Höhe. Diese ungewiss entstehenden Ansprüche dürfen bereits gemäß § 7 Abs. 3 ErbStG nicht als Gegenleistung bewertet werden und mindern deshalb nicht den Wert der Schenkung.
Wichtig | Insbesondere löst der Umstand, dass die künftige Ehefrau auf einen etwaigen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt verzichtet, keinen gesetzlichen Zahlungsanspruch aus. Auch die auf § 138 Abs. 1 BGB beruhende Wirksamkeitskontrolle von Eheverträgen, die vor der Ehe geschlossen werden, führt für den BFH nicht zu einem Zahlungsanspruch des potenziell Unterhaltsberechtigten bereits bei Beginn der Ehe, sondern nur zur Unwirksamkeit des Verzichts.
Gleichermaßen sei auch der subjektive Tatbestand einer Schenkung erfüllt worden. Dieser fordert, dass der Zuwendende mit dem Willen zur Unentgeltlichkeit oder dem Willen zur Freigebigkeit handelt. Dafür genügt es, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit seiner Leistung bewusst ist. Der Ehemann wusste, dass er weder zum Abschluss des Ehevertrags noch zur Zusage der Grundstücksübertragung verpflichtet war. Ihm war bewusst, dass die Verpflichtung zur Grundstücksübertragung aus einer mit dem Ehevertrag freiwillig begründeten Leistungspflicht resultierte und die Zuwendung des Grundstücks seine Ehefrau objektiv bereichert hat.
Ferner wusste er, dass seiner Ehefrau im Zeitpunkt der Zuwendung keine nachehelichen Ansprüche zustanden, auf die sie als Gegenleistung hätte verzichten können. Und selbst wenn der Ehemann angenommen haben sollte, durch den Verzicht seiner Ehefrau auf Zugewinnausgleich oder nachehelichen Unterhalt eine die Unentgeltlichkeit ausschließende Gegenleistung zu erhalten, habe es sich nur um einen unbeachtlichen Subsumtionsirrtum gehandelt.
Fazit und Gestaltungsempfehlung
Die BFH-Entscheidung lehrt einmal mehr, dass bei sämtlichen Vereinbarungen auch die steuerlichen Konsequenzen zu bedenken sind. Auch wenn sich der Ehemann durch den Ehevertrag vor negativen Konsequenzen einer potenziellen Scheidung schützt, sieht es das Steuerrecht anders und behandelt den Vorgang als Schenkung. Zwar mag damit auf den ersten Blick eine Ungleichbehandlung mit bereits entstandenen und nach § 5 Abs. 2 ErbStG nicht steuerbaren Zugewinnausgleichsansprüchen bestehen. Verfassungsrechtliche Bedenken hatte der BFH aber nicht, weil auch § 5 Abs. 2 ErbStG voraussetzt, dass der Zugewinnausgleichsanspruch durch Beendigung der Ehe oder vertragliche Aufhebung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft tatsächlich entstanden ist. Ein vereinbarter Ausgleich für den bereits vor der Eheschließung erklärten Verzicht auf einen nur möglicherweise künftig entstehenden Anspruch unterscheidet sich davon grundlegend.
Besser beraten wäre der Mann vermutlich gewesen, wenn er anstelle der sofortigen Pauschalabfindung als Gestaltungsoption eine Bedarfsabfindung vereinbart hätte. Regeln nämlich künftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell und sehen sie für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vor, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind, so liegt nach der Rechtsprechung des BFH gerade keine freigebige Zuwendung und damit auch keine Schenkung vor (BFH, Urteil vom 01.09.2021, Az. II R 40/19).
Das liegt daran, dass anders als bei der Pauschalabfindung im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bedarfsabfindung keine Leistung erbracht wird. Vielmehr werden lediglich Rechte und Pflichten der künftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation denkbarer gesetzlicher familienrechtlicher Ansprüche im Falle der Scheidung im Wege einer Pauschalierung neu austariert. Erst wenn die Ehe dann tatsächlich (z. B. durch Scheidung) beendet wird, erfolgt die Zahlung des vorab vereinbarten Betrags in Erfüllung dieser Vereinbarung. Der Zahlungsanspruch ist damit aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. 1 BGB). Bei der Pauschalabfindung erfolgt die Zahlung des vereinbarten Betrags hingegen unabhängig davon, ob die Ehe später beendet wird oder nicht. Damit unterliegt dieser Vorgang auch der Schenkungsteuer.
Fazit | Wer die Schenkungsteuer umgehen und zugleich mit einem Ehevertrag gestalten möchte, sollte keine Pauschalabfindung wählen. Besser ist es, sich für eine Bedarfsabfindung zu entscheiden, die nur für den Fall der tatsächlichen Scheidung gilt.
AUSGABE: ZP 10/2025, S. 18 · ID: 50573300