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Persönlichkeitsrecht(Zahn-)Arzt hat Anspruch auf Entfernung von rechtswidrigen Internet-Bewertungen
| Wenn es um die Bewertung von (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzten auf Online-Bewertungsportalen geht, ist im Streitfall stets abzuwägen zwischen dem berechtigten Interesse des Patienten auf Meinungsäußerung und dem Persönlichkeitsrecht des bewerteten (Zahn-)Arztes. Die Grenzen zwischen unwahren Tatsachenbehauptungen und zulässiger Meinungsäußerung sind oft fließend. Das Landgericht [LG] Essen erachtete die Ausführungen eines Patienten, der einen niedergelassenen Kardiologen online bewertet hatte, als ehrenrührig und damit rechtswidrig (Urteil vom 09.09.2024 zum Az. 4 O 176/23). Das Urteil ist gleichermaßen für Zahnärzte relevant. |
Patient widerspricht einstweiliger Verfügung ohne Erfolg
Ein Patient suchte einen niedergelassenen Kardiologen auf und war mit dessen Behandlung unzufrieden. Er verfasste daher eine Bewertung im Internet mit mehreren Äußerungen über den Kardiologen. Dieser ließ den Patienten abmahnen und forderte von ihm die Löschung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Da dieser keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, stellte der Arzt über seinen Rechtsanwalt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das LG Essen erließ diese einstweilige Verfügung. Hiergegen erhob der Patient Widerspruch, der nach einer mündlichen Verhandlung mit dem o. g. Urteil abgewiesen wurde.
So bewertete das Gericht einzelne Äußerungen des Patienten
Die ausgewählten Ausführungen enthalten die wesentlichen Äußerungen, die der Patient in seiner Online-Bewertung veröffentlicht hatte, sowie deren Bewertung und Einordnung durch das LG Essen
Einzelne Passagen hätten auch anders eingeordnet werden können Fazit | Das vorliegende Urteil zeigt, dass sich (Zahn-)Ärzte gegen ehrenrührige Onlinebewertungen wehren können. Es verdeutlicht die maßgeblichen rechtlichen Erwägungen, die eine Rechtswidrigkeit der Äußerungen über einen (Zahn-)Arzt begründen können. Jedoch ist gerade die Abgrenzung von zulässigen Meinungsäußerungen zu unwahren Tatsachenbehauptungen stets eine schwierige Rechtsfrage. Die vorliegende Bewertung könnte von einem anderen Gericht in Teilen auch anders beurteilt werden. Einzelne Passagen der Bewertung könnten als zulässige Meinungsäußerung eingeordnet werden. Denn eine Meinungsäußerung stellt die Ausübung eines Grundrechts dar und darf auch scharf und provokant geäußert werden. Auch die sachlich unzutreffende oder gar dumme Meinung ist von der Meinungsfreiheit umfasst. Daher könnte man etwa die ledigliche Angabe, dass der Arzt gemieden werden solle, als zulässige Meinungsäußerung einordnen. Auch die Äußerung, dass der Arzt zu Beginn der Untersuchung mitteilte, dass er eine Einweisung für das Krankenhaus fertig mache, muss nicht als ehrenrührig bewertet werden. Denn der Arzt kann sich seine Diagnose de lege Artis aufgrund der Lektüre der vorgelegten Unterlagen gebildet haben. |
- 1. „Als Erstes eine dringende Warnung an Alle die zu diesem Arzt gehen wollen. !! Meiden Sie diese Praxis, dieser Mann ist gefährlich!! Nur um andere Patienten zu schützen wird dieser Erfahrungsbericht verfasst.“Behauptung, von dem Arzt gehe eine Gefahr aus
- Diese Äußerung würdige den Arzt in seiner Berufsehre herab. In dieser Äußerung sei die Tatsachenbehauptung enthalten, dass von dem Arzt eine Gefahr ausgehe. Da bei der hier vorliegenden Aussage-gegen-Aussage-Konstellation der Patient diese Tatsachenbehauptung nicht beweisen könne, sei diese unzulässig.
- 2. „Am 00.00.00 war ich zur Untersuchung bei ‚Dr.‘ N. um einen Stand zu prüfen, verbunden mit der Frage ob Clopidogrel jetzt, nach einem Jahr, abgesetzt werden kann. Zusätzlich sollte ein zuvor vom Hausarzt festgestellter AV Block besprochen werden.“Doktorgrad in Anführungszeichen stellt Qualifikation infrage
- Das Setzen des Doktorgrads in Anführungszeichen sei im Gesamtkontext der Bewertung so zu verstehen, dass der Arzt nicht über die für einen Doktor erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen verfüge. Da der Patient nicht den Wahrheitsbeweis für diese Aussage führen könne, sei diese Äußerung unzulässig. Die übrigen Äußerungen zu dem AV-Block und dem Clopidogrel seien vom Arzt nicht bestritten worden. Da diese Äußerungen wahr seien und keine persönlichkeitsrechtsverletzende Herabwürdigung des Arztes darstellten, dürfe der Patient diese Behauptungen aufstellen.
- 3. „Die mitgebrachten Unterlagen wurden vom Arzt vorne an der Anmeldung liegen gelassen und nicht eingesehen, das EKG dauerte weniger als 10 Sek und wurde vom Arzt ebenfalls nicht angesehen, die sehr auffällige Kurve durch den AV Block wurde von ihm nicht wahrgenommen.“Patient konnte keine der angeführten unwahren Behauptungen beweisen
- Jede dieser Äußerungen stelle eine unzulässige unwahre Tatsachenbehauptung dar. Denn der Patient könne nicht beweisen, dass der Arzt diese Unterlagen nicht eingesehen habe. Der Arzt habe jedoch nachweisen können, dass er nur aufgrund der Unterlagen darauf habe schließen können, dass das Risiko eines weiteren Herzinfarkts bestanden habe. Den AV-Block habe der Arzt auch wahrgenommen, wie sich aus seinem Arztbrief ergebe. Das EKG war genau 10 Sekunden lang, wie sich aus dem Papierausdruck ergebe.
- 4.„... und fragte dann warum ich da sei, nachdem ich ihm sagte warum fragte er noch dreimal nach Angaben die ich kurz zuvor erläutert hatte, was deutlich machte das er nicht ansatzweise zugehört hatte.“Diese Äußerung war nicht in eidesstattlicher Versicherung enthalten
- Diese Äußerung könne der Patient nicht glaubhaft machen. In seiner eidesstattlichen Versicherung habe der Patient diesen Punkt nicht aufgenommen, weshalb ihm schon deshalb der Wahrheitsbeweis dieser Behauptung nicht gelinge.
- 5. „Dann folgte die Ultraschalluntersuchung. In der Sekunde als er mit der Untersuchung begann sagte er: ich mache dann eine Einweisung für das Krankenhaus fertig.“
- Hier liege eine wahre Tatsachenbehauptung vor. Allerdings sei diese ebenfalls unzulässig, weil diese unvollständig sei und den fälschlichen Eindruck erwecke, es handle sich um einen oberflächlich arbeitenden Arzt, der keine sachgemäßen Untersuchungen durchführe.
AUSGABE: ZP 9/2025, S. 8 · ID: 50521027