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ProzessmanagementKlare Prozessstrukturen sichern Praxiswachstum

Abo-Inhalt06.11.2024386 Min. LesedauerVon Sybille David, Zahnärztliche Praxisberatung, Frankfurt

| „Wer das Ziel nicht kennt, wird den Weg nicht finden“, dieser Satz beschreibt das Tagesgeschäft vieler Zahnarztpraxen. Man verlässt sich darauf, dass alle im Team schon wissen, was richtig oder falsch ist und sich im Sinne der Praxisleitung verhalten – man vertraut dem Zufallsprinzip. Doch der Zeitinvest in klare Prozessstrukturen und die für eine transparente Führungskultur eingesetzte Energie sind gute Investitionen in den persönlichen und wirtschaftlichen Erfolg der Praxis. Will man also sichergehen, dass insbesondere die wertschöpfenden Praxisprozesse nach klaren Vorgaben ablaufen und gesteckte Ziele erreicht werden, kommt man nicht um Prozessstandards herum, wie wir an den Beispielen Terminmanagement und HKP-Nachverfolgung zeigen. |

Strukturiertes Terminmanagement

Während die einen über zu viele Patienten klagen, dem Zustrom kaum Herr werden, suchen andere dringend nach neuen Patienten. Beide Szenarien müssen aktiv gemanagt werden, will man nicht die Steuerung der Praxis den – scheinbar unabänderlichen – äußerlichen Gegebenheiten überlassen.

Wer über zu viele Patienten klagt, wird von anderen oft beneidet. Doch viele Patienten bedeuten nicht zwangsläufig hohe Erträge. Häufig wird bei einer Analyse der Praxis eine deutliche Diskrepanz zwischen Behandlungsaufwand (Behandler-Produktivität, Zeiten pro Behandlung, Rüstzeiten, Materialverbrauch etc.) und Ertrag erkennbar.

Schlecht abgestimmte Termine kosten Zeit und Nerven. Wertschöpfende Behandlungen werden zugunsten vermeintlich dringender Kurzbehandlungen unterbrochen, was sich langfristig auf die Zufriedenheit anspruchsvoller Patienten auswirkt. Denn oft sind es die wenig wertschöpfenden, ungeplanten Behandlungen von nicht selten fordernden, ja mitunter sogar unverschämten Patienten, die viel Energie kosten. Die Behandler fühlen sich am Abend erschöpft, es treten Fehler auf, alle sind gehetzt und verlieren ihre Motivation.

Erkennen Sie sich wieder? Analysieren Sie Ihre Arbeitsweise und finden Sie Auswege: einen Kollegen einstellen, Termine effektiver planen, Mitarbeiter schulen, Patientenzulauf steuern, Patienten an Kollegenpraxen empfehlen, die noch neue Patienten suchen, etc. Termine klar definieren, wenig Störungen zulassen, konzentriert arbeiten etc.

Und denken Sie auch an die Pareto-Regel! Sie stellt die Beziehung zwischen Aufwand und Ergebnis bzw. zwischen Einsatz und Ertrag dar. Sie besagt, dass 80 % der Wirkung durch 20 % der beteiligten Faktoren erreicht werden können. Anders ausgedrückt sind 20 Prozent des Aufwands für 80 Prozent des Ergebnisses verantwortlich (80-20-Regel).

Ergebnis: Weniger, dafür aber ungestörte, konzentriert durchgeführte Behandlungen und daher zufriedenere Patienten. Wer sich Zeit für seine Patienten nimmt, erntet mehr Empfehlungen, kann durch höherwertige Behandlungen überzeugen und schont seine eigene Gesundheit.

Die Herausforderung, neue Patienten zu gewinnen, ist nicht minder anspruchsvoll. Webseite, Erreichbarkeit telefonisch und persönlich, Auffindbarkeit im Netz sind nur einige Punkte, die analysiert und ggf. optimiert werden müssen. Auch eine Analyse der Mitarbeiterperformance und der Erlebnisqualität in der Praxis können Aufschluss über mögliche Ursachen von zu wenigen Patienten geben.

Die erfolgreiche HKP-Nachverfolgung

Im Bereich der HKP-Nachverfolgung findet man häufig finanzielle Verluste, weil der Prozess der Nachverfolgung nicht mess- und nachvollziehbar angelegt wurde. Es wird viel Zeit für Beratung und oft sogar in mehrere HKP-Alternativen investiert – und dann wartet man darauf, dass sich der Patient von selbst meldet. Tut er das nicht, gerät der Vorgang in einigen Praxen sogar ganz in Vergessenheit. Und wenn jemand irgendwann dann doch – meist eher zufällig – bemerkt, dass dieser Patient nach der Beratung gar nicht mit der Praxis in Kontakt war, ist es oft schon zu spät für einen positiven Ausgang. In vielen Fällen wird der Verlust sogar noch nicht einmal bemerkt.

Patienteninformation und Beratung sind verpflichtend, werden aber nicht direkt vergütet. So kann das Ziel ja nur sein, Beratung so zu professionalisieren, dass eine hohe Umsetzungsquote erreicht wird. Und wenn nicht die Behandler beraten, sondern eigens dafür geschulte Mitarbeitende, ist das auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht die optimale Vorgehensweise.

Eine erlebnisorientierte Beratung mit zeitgemäßen Präsentationstechniken in ungestörter Atmosphäre sowie eine strukturierte Nachbearbeitung runden diesen wichtigen und gleichzeitig wertschöpfenden Prozess ideal ab. Nur eine solch gewissenhafte Vorgehensweise schützt davor, dass Umsatzchancen ergebnislos verstreichen.

Oft glauben Praxen, aufdringlich zu sein, wenn sie nach einer Beratung nach der Entscheidung des Patienten fragen. Doch diese Bedenken sind meist unbegründet. Patienten empfinden die Nachfrage als Service, der sie entlastet. Probieren Sie es aus!

Kommt wie vereinbart nach einigen Tagen die Nachfrage aus der Praxis, können oft sofort Termine vereinbart und die Behandlung geplant werden. Will der Patient die Behandlung (derzeit) nicht, wird dies vermerkt und auf Wiedervorlage gelegt. Bei totalem Nichtinteresse des Patienten wird auch das dokumentiert und der Vorgang abgeschlossen. Keineswegs den Patienten immer wieder damit konfrontieren, ein Nein ist ein Nein und muss akzeptiert werden. Allerdings erfolgt eine Ablehnung manchmal auch, weil noch Fragen offen sind, der Patient die Behandlung als zu teuer empfindet o. Ä. Dies muss natürlich geklärt sein, bevor der Vorgang endgültig ad acta gelegt wird.

Wer wie in der folgenden Checkliste empfohlen verfährt, vermeidet, dass Behandlungen nicht durchgeführt werden, weil Patient und Praxis den Vorgang aus den Augen verlieren. Werden alle Prozessschritte eingehalten und Zwischenergebnisse in der Patientenakte dokumentiert, kann es kaum dazu kommen, dass erstellte HKP versehentlich nicht zur Durchführung kommen und dadurch Honorarpotenziale nicht ausgeschöpft werden.

Wichtig | Achten Sie hierbei auf eine genaue Dokumentation, damit es zu keinen Doppelanrufen bzw. Doppelnachfragen kommen kann. Oft arbeiten mehrere Personen an einem Vorgang, weshalb eine lückenlose Dokumentation in der Patientenakte höchste Priorität hat! Sind zusätzlich alle in der Beratung tätigen Personen (einschließlich Behandler) in abschlusssicherer Beratung geschult, wird sich die Realisierungsquote von HKP und Kostenvoranschlägen messbar erhöhen.

Checkliste / Erfolgreiche HKP-Nachverfolgung

1. Beratung immer terminieren, gut vorbereitet sein, ruhige und ungestörte Atmosphäre schaffen, sich Zeit nehmen

2. Erwartungsabsprache statt einseitiger Monologe

    • Welche Vorstellungen hat der Patient von der Behandlung?

    • Wie ist sein Anspruch? Wie soll das Ergebnis ausfallen? Optisch, zeitlich, finanziell.

    • Welche Erfahrungen hat er mit früheren vergleichbaren Behandlungen gemacht?

    • Wie ist der finanzielle Rahmen gesteckt?

3. Aussagekräftiges Beratungsmaterial zur Verfügung stellen

    • Laienverständlich, selbsterklärende Bilder. Videos, Stick oder Flyer, Link zu entsprechenden Beratungsvideos für zu Hause etc.

    • Visitenkarte mit direkter Durchwahl zur Beratenden für Rückfragen mitgeben. WOW-Effekte durchaus erwünscht!

4. Bedenkzeit geben, längstens 14 Tage

5. Systematische Nachverfolgung

    • Telefonische Nachfrage bei Patienten (nach Absprache)

    • Falls erforderlich, neuer Termin für noch offene Fragen → auch per Videochat möglich

    • Patient hat Interesse: Abschluss, Unterschrift, Termine

    • Patient hat aktuell kein Interesse: dokumentieren, Vorgang schließen bzw. Wiedervorlage nach z. B. 6 oder 12 Monaten in Absprache mit dem Patienten

6. Durchführung der Behandlung

7. Rechnungslegung

8. Zahlungseingang

9. Recallvereinbarung

Merke | Prozesse müssen regelmäßig reflektiert und bei Bedarf korrigiert werden, damit sie praxistauglich sind und von allen akzeptiert sowie umgesetzt werden.

AUSGABE: ZP 11/2024, S. 18 · ID: 48034892

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