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Beitragsserie (Teil 3)Die Digitalisierung der Zahnarztpraxis – wo stehen wir aktuell?

Abo-Inhalt05.09.2023496 Min. LesedauerVon Dr. med. dent. Detlev Nies, Köln und Dr. med. dent. Markus Heckner, Geschäftsleitung DENS GmbHvon Dr. med. dent. Detlev Nies, Köln und Dr. med. dent. Markus Heckner, Geschäftsleitung DENS GmbH

| Die Digitalisierung von zahlreichen Arbeits- und Lebensbereichen ist unvermeidbar und unverzichtbar: Telematik-Infrastruktur, Stammdatenmanagement, verpflichtende Abrechnung per EDV, Videosprechstunde usw. seien an dieser Stelle genannt. In diesem dritten und letzten Teil unserer Serie geht es um digitale Diagnostik, Behandlungsplanung, Patientenaufklärung, Behandlung und Zahntechnik – eine Übersichtstabelle zum Download gibt es online unter Abruf-Nr. 49625286. |

Digitale Diagnostik

Neben den jetzt schon vorhandenen Möglichkeiten der digitalen Röntgendiagnostik (die für fast alle zahnärztlichen Tätigkeiten unerlässlich ist; Details hierzu in Teil 2 der Serie in ZP 08/2023, Seite 15) bestehen weitere Möglichkeiten der digitalen Diagnostik – hier eine subjektive Auswahl:

  • Prophylaxe, Füllungen, Chirurgie, Prothetik: Den aktuellen Nutzen schätzen wir als gering bis mittel ein, hier sollten noch weitere Entwicklungsschritte abgewartet werden.
  • Endodontie, Implantologie, Parodontologie, KFO: Der aktuelle diagnostische Nutzen erscheint größer als bei Prophylaxe etc., es kann aber nicht behauptet werden, dass der Einsatz entsprechender diagnostischer Hilfen dringend anzuraten ist.

Digitale Behandlungsplanung

Eine Reihe von EDV-Programmen schlägt aufgrund der Befundeingabe implantologische, parodontologische, prothetische oder kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen vor, z. T. auch (insbesondere in der Prothetik) unterschiedlich kostenintensive Behandlungsalternativen. Da die Behandlungsplanung in aller Regel schriftlich erfolgen muss, sind die von der Software vorgeschlagenen Behandlungen zumindest gute Ausgangspunkte für eine dem jeweiligen Patienten individuell angepasste Behandlungsplanung. Für prophylaktische, chirurgische und endodontische Behandlungen sowie für Füllungstherapien spielt die digitale Behandlungsplanung bisher nur eine untergeordnete Rolle.

Digitale Patientenaufklärung

Bei der Patientenaufklärung kann in allen zahnärztlichen Tätigkeitsbereichen auf digitale Hilfsmittel zur Patientenaufklärung zurückgegriffen werden, wenngleich der Einsatz der digitalen Hilfsmittel weder vorgeschrieben noch unvermeidbar ist. Insbesondere für die Behandlungsfelder Chirurgie, Implantologie, Prothetik und Kieferorthopädie existieren Programme, die den vorgesehenen Behandlungsablauf in Bild und Ton darstellen und erläutern und von den Patienten auch gerne angenommen werden. Derartige Programme sind normalerweise nicht in der EDV-Basisversion enthalten und müssen daher separat angeschafft werden. Es ist je nach Umfang mit monatlichen Kosten von ca. 100 bis 450 Euro zu rechnen.

Digitale Einwilligungserklärungen

Jeder Zahnarzt kennt den Wettlauf zwischen Verbraucherverbänden, Versicherungen, der Dentalindustrie, dem Gesetzgeber und den Behandlern um den (vermeintlich) besten Patienten- und Datenschutz. Dieser Wettlauf führt dazu, dass in regelmäßigen Abständen die Bestimmungen zum Patientenschutz verschärft werden und die von diesen Verschärfungen Betroffenen mit anwaltlicher Hilfe sich den Bestimmungen so weit wie möglich entziehen, indem sie von den Juristen entsprechende Erklärungen formulieren lassen, die dann von den Patienten vor Behandlungsbeginn unterschrieben werden müssen. Hier können EDV-Programme sehr hilfreich sein, um entsprechende Erklärungen zu auszudrucken und zu verwalten und erforderlichenfalls auch zu erneuern. Mit zunehmender Regulierungsdichte ist absehbar, dass der Nutzen derartiger Programme zunehmen wird. Aus unserer Sicht kann auf diese Programme schon jetzt kaum noch verzichtet werden.

Digitale zahnärztliche Behandlung

Die eigentliche zahnärztliche Behandlung ist derzeit noch eine weitgehend unangetastete Domäne des Zahnarztes – zahnärztliche Behandlungsroboter sind noch nicht in Sicht. Dies sieht in bestimmten medizinischen Fachdisziplinen (z. B. Urologie: Stichwort „Da Vinci“) schon anders aus, wo Roboter zwar noch von Menschen per Joystick bedient und kontrolliert werden müssen, aber das Skalpell schon selbst führen und bei manchen Operationen bessere Behandlungserfolge erzielen als der Mensch.

Digitale Zahntechnik

Die Digitalisierung revolutioniert gerade die Zahntechnik. Das Leistungsvermögen und der Leistungsumfang digitaler zahntechnischer Geräte werden fortlaufend erweitert und verbessert:

  • Bestimmte Arbeitssegmente werden von digitalisierten Geräten und entsprechenden Programmen mittlerweile besser und genauer erledigt als von Menschenhand, sofern die Abformungen exakt sind. Dies gilt insbesondere für
    • die computergestützte Frästechnik und
    • die 3-D-Laser-Drucktechnik,
    • beides anwendbar sowohl für Kunststoff als auch für Metall.
  • Keramikkronen und Keramikinlays können ebenfalls mithilfe von Scannern und Frästechnik oder 3-D-Druck hergestellt werden.
  • Gleiches gilt für individualisierte Abutments bei implantatgetragenem Zahnersatz.

Uns ist kein größeres zahntechnisches Labor bekannt, das nicht die genannten Techniken in der einen oder anderen Form anwendet. Einzelne zahntechnische Arbeitsgänge – z. B. keramische Verblendungen auf Metall – werden zwar noch von Hand gefertigt, aber auch hier kommt man ohne einen elektronisch gesteuerten Brennofen nicht aus. Andere Arbeitsgänge – z. B. die Aufstellung von Vollprothesen – können zurzeit noch nicht digitalisiert werden.

Digitale Abformungen haben zwar mittlerweile ihre „Kinderkrankheiten“ abgelegt, sind aber nach unserer Ansicht für den Behandler weiterhin nicht einfacher zu erstellen als herkömmliche Techniken mit Abformmaterial.

Es ist zu erwarten, dass in der Zukunft die Digitalisierung der Zahntechnik weiterhin zügig fortschreitet. Jeder Zahnarzt, der ein zahntechnisches Labor mit eigenem Techniker betreibt, ist gut beraten, wenn er diese Entwicklungen aufmerksam verfolgt und gezielt digitale Systeme einsetzt, die zu seinem Behandlungsstil passen.

Digitale Dokumentation

Unter „gesetzlichen Verpflichtungen“ sind vor allem zwingende Vorgaben für bestimmte Dokumentationspflichten zu verstehen, die mithilfe von entsprechenden Softwareprogrammen leichter und übersichtlicher einzuhalten sind als mittels schriftlicher Unterlagen, siehe zum Beispiel auch Ausführungen zum Thema „Röntgen“ oder „Sterilisation.

Tabellarische Übersicht zum Download

Die online verfügbare dargestellte tabellarische Übersicht zur Digitalisierung (Abruf-Nr. 49625286) ist subjektiv zusammengestellt und wird bei einigen Lesern möglicherweise Widerspruch auslösen. Verbindliche Aussagen zu diesem Thema sind nur möglich, wo gesetzliche oder vertragliche Vorschriften die Anwendung von Hard- oder Software regeln. In vielen Fällen wird es aber keine explizite Vorschrift geben, die die Praxis zu digitalen Abläufen verpflichtet. Die immer weiter ausufernden Nachweis- und Dokumentationspflichten machen es de facto aber unmöglich, auf EDV-gestützte Systeme zu verzichten, sofern man einigermaßen rechtssicher arbeiten möchte. Schon jetzt ist es so, dass die Beweispflicht bei gerichtlichen Auseinandersetzungen überwiegend beim Behandler und nicht beim Patienten liegt.

Zusammenfassung und Ausblick

Schon jetzt steht fest, dass dieser Beitrag in wenigen Jahren völlig anders zu schreiben sein wird – es bleibt lediglich unklar, welche Veränderungen überschätzt und welche unterschätzt worden sind. Viele Möglichkeiten – Chancen wie Risiken – befinden sich derzeit noch in der Entwicklung. Absehbar ist auch, dass der vermehrte Einsatz von digitaler Technik entweder unter Berücksichtigung der Praxisabläufe unvermeidbar sein oder aber gesetzlich vorgeschrieben wird. Letztlich stellt sich nur die Frage, wann man auf den rollenden Zug aufspringt, nicht aber, ob man aufspringt. Die jüngere Generation, die mit Computern aufgewachsen ist, wird den anstehenden Veränderungen eher positiv gegenüberstehen als die KollegInnen, die noch „analog“ aufgewachsen sind und die erheblichen finanziellen Mittel, die für eine Digitalisierung der Praxis erforderlich sind, nicht aufwenden können oder wollen.

AUSGABE: ZP 9/2023, S. 7 · ID: 49578336

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