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WerbungskostenRuhestand: So beteiligen GmbH-GGf und Gf im Vermittlerbetrieb den Fiskus an Kosten der Feier

Abo-Inhalt02.06.20235874 Min. Lesedauer

| Nach vielen Jahren an der Spitze eines Vermittlerbetriebs oder auch als leitender Angestellter in einem Vermittlerbetrieb möchte man sich zum Ruhestand gebührend bei Mitarbeitern, Kollegen, Geschäftsfreunden und Kunden bedanken und sich verabschieden. Wie Sie den Fiskus an solchen Aufwendungen beteiligen, lesen Sie nachfolgend. Die aktuelle Rechtsprechung in Gestalt des FG Nürnberg hat die Richtung vorgegeben. Diese gilt gleichermaßen auch für andere berufliche Feierlichkeiten z. B. anlässlich eines Dienstjubiläums. VVP macht Sie mit den Einzelheiten vertraut. |

Der aktuelle Fall vor dem FG Nürnberg

Im Fall, den das FG Nürnberg entscheiden musste, war ein Steuerzahler 35 Jahre lang als Geschäftsstellenleiter und Geschäftsführer einer GmbH tätig, an der er auch 25 Prozent der Anteile hielt.

Ex-GmbH-Geschäftsführer und Anteilseigner feiert Abschied

Seinen Eintritt in den Ruhestand wollte er mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern der GmbH ausgiebig feiern. Er mietete einen historischen Gutshof mit Schloss, Seeterrasse, Insel und Kapelle. Die Aufwendungen für Organisation, Musik, Trommelworkshop, Artisten und Catering summierten sich auf 94.980 Euro netto. Es wurden insgesamt 162 Gäste bewirtet, sodass auf jeden Gast 586,30 Euro entfielen. Größtenteils handelte es sich bei den Gästen um Mitarbeiter, Rentner und ehemalige Mitarbeiter sowie drei Geschäftspartner, zum Teil jeweils um Ehepartner. Ferner waren elf Familienmitglieder und sechs sonstige Gäste anwesend gewesen.

Finanzamt bezweifelt berufliche Veranlassung nicht

An der beruflichen Veranlassung der Veranstaltung hatte das Finanzamt keine Zweifel. Es erkannte aber zunächst nur Aufwendungen in Höhe von 17.160 Euro (156 x 110 Euro) als Werbungskosten an. Bewirtungskosten könnten nur in angemessener Höhe berücksichtigt werden (§ 9 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 und 7 EStG). Als angemessen könnten 110 Euro inkl. Umsatzsteuer (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 3 EStG) je Gast angesehen werden.

Welche Kosten sind angemessen?

Dagegen wehrte sich der Steuerzahler. Bei der Beurteilung der Angemessenheit müsse berücksichtigt werden, dass er das Unternehmen mit aufgebaut und zu wirtschaftlichem Erfolg geführt habe. Dies würde sich auch in dem Abfindungsbetrag beim Ausscheiden, den erheblichen Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit sowie den Kapitalerträgen aus der GmbH widerspiegeln. Das Finanzamt reagierte und stockte den Betrag „unter Berücksichtigung der Stellung des Steuerzahlers und seiner Verdienste für das Unternehmen“ auf 55.741 Euro auf (über 380 Euro je Person, bezogen auf 145 Personen).

Das reichte dem Steuerzahler aber nicht. Er ging sozusagen „all in“ – und blieb bei seiner Forderung nach dem Abzug der 94.480 Euro. Daraufhin drohte das Finanzamt an, sämtliche Aufwendungen zu streichen. Letztlich wies es alle Einsprüche gegen Bescheide, in der es überhaupt keine Aufwendungen für die Abschiedsfeier mehr berücksichtigt hatte, als unbegründet zurück. Es ging vor Gericht.

FG Nürnberg zeigt Steuerzahler die kalte Schulter

Das FG gab dem Finanzamt Recht. Es habe den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für die Abschiedsfeier aufgrund § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG zu Recht versagt. Danach sind Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen nicht abziehbar. Unter den Begriff der Aufwendungen für „ähnliche Zwecke“ im Sinne dieser Vorschrift sei auch die Abschiedsfeier gefallen (FG Nürnberg, Urteil vom 19.10.2022, Az. 3 K 51/22, Abruf-Nr. 233634, rechtskräftig).

Das FG war überzeugt, dass die Abschiedsfeier solche Ausmaße angenommen hatte, dass die Aufwendungen als unangemessene Repräsentationsaufwendungen den üblichen Rahmen überstiegen hatten. Damit sei die Einladung der Gäste zu einer Jagd, zum Fischen oder auf eine Segel- oder Motorjacht vergleichbar gewesen.

Insbesondere hätten die Gesamtaufwendungen in Höhe von 586,30 Euro je Person die finanziellen Aufwendungen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen erheblich überstiegen. Sie hätten auch weit über dem Freibetrag von 110 Euro für Betriebsveranstaltungen nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG gelegen, der hinsichtlich der Höhe der Aufwendungen als Maßstab herangezogen werden könne. Zudem war der Arbeitgeber offenbar nicht in die organisatorische Abwicklung der Veranstaltung einbezogen worden. Der Steuerzahler sei als Gastgeber aufgetreten und habe die Gästeliste allein bestimmt. Auch eine Präsentation der Firma habe nicht stattgefunden. Selbst wenn die Mehrheit der Gäste einen Bezug zur Firma hatten, seien trotzdem eine große Zahl von Gästen (Angehörige, Ehepartner) ohne direkten Bezug hierzu gewesen.

Was heißt das konkret für Ihre (Abschieds-)Feier?

Ziehen Sie aus der Entscheidung die richtigen Schlüsse, damit das Finanzamt die Aufwendungen für Ihre Abschiedsfeier anerkennt. Es gibt mehrere Stellschrauben, die es zu beachten gilt:

Höhe der abziehbaren Bewirtungsaufwendungen

Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass den Gewinn nicht mindern, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Eine Bewirtung i. S. v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr.  2 EStG liegt nur vor, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht. Der Abzugsbeschränkung unterfallen alle Aufwendungen, bei denen ein sachlicher Zusammenhang mit der Bewirtung besteht. Dies kann sachlich mit der Bewirtung im Zusammenhang stehende Aufwendungen für Service, Dekoration, Musik etc. einschließen (FG München, Urteil vom 09.03.2021, Az. 6 K 2915/17, Abruf-Nr. 223346, Rz. 74 m.w.N.)

Nicht geschäftlich, sondern allgemein betrieblich veranlasst ist nur die Bewirtung von Arbeitnehmern des bewirtenden Unternehmens. Diese Aufwendungen unterliegen nicht der Abzugsbegrenzung auf 70 Prozent (H 4.10 Abs. 7 EStR).

Kosten fürs Entertainment

Keine Bewirtungsaufwendungen – und damit voll abzugsfähig – sind Aufwendungen für die Darbietung anderer Leistungen (z. B. Varieté, Striptease und Ähnliches), wenn der insgesamt geforderte Preis in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Wert der verzehrten Speisen und/oder Getränke steht. Solche Aufwendungen sind insgesamt nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG zu beurteilen und ggf. aufzuteilen. Der auf eine Bewirtung entfallende Teil unterliegt der Abzugsbegrenzung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG (H 4.10 [5-9] EStH m.w.N.).

Im Zusammenhang mit einer Abschiedsfeier angefallene Kosten für Bühnenbau, Licht und Tontechnik und für ein Musikensemble gehören allerdings dann nicht zu den Bewirtungskosten i. S. v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG (und sind voll abzugsfähig), wenn das Musikensemble erst nach Abschluss des Essens spielt (FG München, Urteil vom 09.03.2021, Az. 6 K 2915/17, Abruf-Nr. 223346).

Alles oder nichts – die 110-Euro-Grenze

Das FG hat als Maßstab für die Angemessenheit den Freibetrag von 110 Euro für Betriebsveranstaltungen jedenfalls für das Jahr 2015 herangezogen. Diese Grenze ist schnell erreicht. Allein die Aufwendungen für Speisen, Getränke und eine musikalische Untermalung können – umgerechnet auf den einzelnen Gast – den Betrag im Nu überschreiten. Das heißt jedoch nicht automatisch, dass Sie gar keine Aufwendungen mehr abziehen können. Zu einem kompletten Abzugsverbot käme es nur bei Repräsentationsaufwand i. S. v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG, wie er im entschiedenen Fall vorgelegen hatte.

Wichtig | Es spricht viel dafür, den „angemessenen“ Betrag mittlerweile (viel) höher anzusetzen als die 110 Euro. Allein die Inflation würde das erforderlich machen. Allerdings ist der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen (noch) nicht angepasst worden (Wachstumschancengesetz sieht künftig 150 Euro vor). Das Finanzamt wird vermutlich auf den Betrag von 110 Euro bestehen.

Zeitliche Nähe zum Ausscheiden

Das FG hat – wenn auch nur in einem Nebensatz – angemerkt, dass der Steuerzahler sein Geschäftsführeramt schon vier Monate vor der Veranstaltung aufgegeben hatte. Je weiter der Anlass der Feier zeitlich zurückliegt, desto eher wird das Finanzamt Zweifel an der beruflichen Veranlassung haben.

Praxistipp | Wählen Sie daher einen Zeitpunkt für Ihre Feier, der nah am Anlass (Abschied in den Ruhestand oder Dienstjubiläum) liegt.

Einbindung des Arbeitgebers

Stimmen Sie die Gästeliste mit Ihrem Arbeitgeber ab und beteiligen Sie ihn an der Organisation. Sollten nicht nur Kollegen, sondern auch Geschäftsfreunde eingeladen werden, könnte sich Ihr Arbeitgeber auf der Veranstaltung präsentieren.

Tritt Ihr Arbeitgeber sogar als Gastgeber auf und bestimmt die Gästeliste, ist dies ein Indiz für eine berufliche Veranlassung der Bewirtung.

Auswahl der Gäste

Laden Sie Arbeitskollegen wegen deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten betrieblichen Einheit (z. B. alle Mitarbeiter einer Abteilung) oder nach ihrer Funktion (z. B. alle Außendienstmitarbeiter des Vermittlerbetriebs) ein, legt dies den Schluss nahe, dass die Aufwendungen für diese Gäste (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind. Und zwar auch dann, wenn Sie zu einzelnen Kollegen freundschaftlichen Kontakt hatten. Laden Sie aber nur einzelne Arbeitskollegen ein, kann dies auf eine nicht nur unerhebliche private Mitveranlassung der Aufwendungen für diese Gäste schließen lassen (BFH, Urteil vom 10.11.2016, Az. VI R 7/16, Abruf-Nr. 190987).

Praxistipp | Halten Sie den Umfang der Begleitpersonen und privaten Gäste gering. Das FG Nürnberg hatte die 40 Partner und elf Angehörigen als „eine große Zahl“ von Gästen ohne direkten Bezug zur Firma beurteilt. Beschränken Sie sich bei Ihrer Familie auf den Ehepartner und die Kinder. Soweit Sie Gäste aus dem privaten Umfeld einladen, sind die Gesamtaufwendungen anteilig zu kürzen.

Der Veranstaltungsort

Wenn Ihnen die steuerliche Abziehbarkeit wichtiger ist als ihr Renommee, sollten Sie mit der Location nicht übertreiben, wie das Urteil zeigt. Sie brauchen aber auch nicht zu bescheiden sein und z. B. zuhause zu feiern. Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass in der eigenen Wohnung zählen nämlich regelmäßig zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG). Auch eine Veranstaltung im Privatgarten kann bei besonderer Beschaffenheit oder ein den Gästen gebotenes besonderes Unterhaltungsprogramm zum kompletten Ausschluss der Aufwendungen führen (BFH, Urteil vom 13.07.2016, Az. VIII R 26/14).

Praxistipp | Nutzen Sie als Veranstaltungsort dagegen z. B. mit Bierzeltgarnituren hergerichtete und einfach geschmückte Räume Ihres Arbeitgebers, spricht das für den Berufsbezug der Feier (BFH, Urteil vom 10.11.2016, Az. VI R 7/16, Abruf-Nr. 190987).

Fazit | Wenn Sie sich bei Ihrer Abschiedsfeier an die genannten Regeln halten, sollte dem Werbungskostenabzug (zumindest eines Großteils der Kosten) nichts im Wege stehen. Selbst der Steuerzahler im Fall vor dem FG Nürnberg hätte ja 55.741 Euro absetzen können, wenn er nicht „all in“ gegangen wäre.

AUSGABE: VVP 9/2023, S. 15 · ID: 49484280

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