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Betriebliche KrankenversicherungBetriebliche Krankenversicherung: So lässt sie sich als steuerfreier Sachbezug gestalten

Top-BeitragAbo-Inhalt26.04.20223302 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) ist ein wichtiges Geschäftsfeld für Versicherungsvermittler. In Betrieben steht die bKV hoch im Kurs. Sie setzen sie zur Mitarbeitergewinnung und -bindung ein und profitieren von der Gesundheit der Belegschaft. Das große Plus der bKV: Richtig ausgestaltet können die bKV-Beiträge bei den Mitarbeitern steuer- und beitragsfreier Sachbezug sein. VVP zeigt Ihnen nachfolgend, wie die bKV gestaltet sein muss, damit die Steuer- und Beitragsfreiheit greift. |

Steuerbegünstigte Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 S. 11 EStG

Die Beiträge zur bKV sind grundsätzlich bei den Mitarbeitern steuer- und beitragspflichtig. Eine Ausnahme gilt, wenn die Beiträge zur bKV als Sachbezug geleistet werden: In dem Fall bleibt dieser Vorteil steuerfrei, wenn je Mitarbeiter und Kalendermonat nicht mehr als 50 Euro gezahlt werden (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG). Positiver Nebeneffekt: Die Lohnsteuerfreiheit lässt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV auch die Sozialabgaben (AN- und AG-Anteil) entfallen.

Hier gilt es, die erste Hürde zu meistern: Bei den 50 Euro handelt es sich um eine Freigrenze. Daher darf der Sachbezug den Betrag auch nicht um einen Cent übersteigen. Andernfalls tritt in voller Höhe Steuer- und Beitragspflicht ein. Werden bereits weitere Sachbezüge (z. B. Tankgutscheine) gewährt und würde die 50-Euro-Sachbezugfreigrenze mit der bKV-Prämie überschritten, empfiehlt es sich, dass der Mitarbeiter den über 50 Euro liegenden Betrag an den Arbeitgeber erstattet. So tritt Steuer- und Beitragsfreiheit ein.

Praxistipp | Arbeitgeber sollten das Einhalten der 50-Euro-Sachbezugfreigrenze stets genau prüfen. Sie sollten die Freigrenze insbesondere auch bei künftigen Beitragserhöhungen der bKV im Auge behalten und ggf. mit einer Zuzahlung gegensteuern, um die 50-Euro-Freigrenze einzuhalten.

bKV als Sachbezug – das sind die Kriterien

Auch eine bKV kann als Sachbezug eingeordnet und vom Finanzamt als solcher anerkannt werden. Das ist spätestens klar seit den BFH-Urteilen vom 04.07.2018, Az. VI R 16/17, Abruf-Nr. 204317 und vom 07.06.2018, Az. VI R 13/16, Abruf-Nr. 204316, sowie dem BMF-Schreiben vom 15.03.2022, Az. IV C 5 – S 2334/19/10007 :007, Abruf-Nr. 228328.

Allerdings müssen für die Einordnung als Sachbezug besondere Kriterien und Anforderungen erfüllt werden. Andernfalls handelt es sich nämlich um eine steuer- und beitragspflichtige Geldleistung.

Wichtig | Die folgenden Kriterien für die Einordnung als Sachbezug gelten nicht nur, wenn der Arbeitgeber eine bKV gewährt, sondern auch, wenn er eine Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung anbietet.

Kriterium 1: Keine Wahlmöglichkeit für Mitarbeiter

Steuerbegünstigte Sachbezüge können sich nur dann ergeben, wenn der Mitarbeiter anstelle des Sachbezugs Versicherungsschutz keine Geldleistung verlangen kann. Lässt der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter dagegen die Wahl, ob er eine bKV oder eine Gehaltserhöhung haben möchte, ist dies für die Begünstigung schädlich – ein Sachbezug scheidet aus. Und zwar selbst dann, wenn sich der Mitarbeiter tatsächlich für den Sachbezug entscheiden sollte (BFH, Urteil vom 04.07.2018, Az. VI R 16/17, Abruf-Nr. 204317). Es handelt sich um eine in voller Höhe steuer- und beitragspflichtige Geldleistung.

Beispiel

Arbeitgeber A bietet seinen 50 Mitarbeitern an, dass er für sie eine bKV abschließt. Mitarbeiter, die die bKV nicht möchten, erhalten eine Gehaltserhöhung von 20 Euro.

Lösung: Da die Mitarbeiter die Wahl haben, die Versicherung oder die Geldleistung zu erhalten, handelt es sich insgesamt um eine steuer- und beitragspflichtige Geldleistung. Dies gilt auch für die Mitarbeiter, die die Versicherung wählen.

Kriterium 2: Versicherungsabschluss durch Arbeitgeber

Ebenfalls ist darauf zu achten, wer den Versicherungsvertrag abschließt und Versicherungsnehmer ist. Sollte der Mitarbeiter Versicherungsnehmer sein und der Arbeitgeber ihm die Versicherungsprämie erstatten, so ist dies nicht begünstigt. Denn mit den Zahlungen des Arbeitgebers in Form eines Zuschusses erhält der Mitarbeiter eine Geldleistung – und keine Sachleistung in Form von Versicherungsschutz. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter den Kontakt zum Vermittler bzw. Versicherer vermitteln sollte und den Zuschuss davon abhängig macht, dass der Mitarbeiter selbst einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat (BMF-Schreiben vom 15.03.2022, Rz. 18 und BFH, Urteil vom 04.07.2018, Az. VI R 16/17, Abruf-Nr. 204317).

Beispiel

Arbeitgeber B stellt es seinen Mitarbeitern frei, bei der ABC Versicherungs-AG eine Zusatzkrankenversicherung abzuschließen. Nach Vorlage der Versicherungspolice erstattet er den jeweiligen Mitarbeitern die Beiträge.

Lösung: Die Erstattungen stellen in voller Höhe steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn dar. Eine solche Geldleistung liegt selbst dann vor, wenn B an den Mitarbeiter Zahlungen mit der Auflage leistet, dass dieser mit dem Geld einen Versicherungsvertrag mit einem Unternehmen schließt, das der Arbeitgeber benannt hat.

Wichtig | Geldzuschüsse sind als steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn einzustufen. Etwas anderes gilt nur, wenn mit der Zahlung ein arbeitsrechtliches Versprechen erfüllt wird, das auf Gewährung eines Sachbezugs gerichtet ist (BFH, Urteil vom 04.07.2018, Az. VI R 16/17, Abruf-Nr. 204317).

Beispiel

Arbeitgeber C hat seinen Mitarbeitern innerhalb des Arbeitsvertrags eine bKV zugesichert – die Prämien zahlt der Arbeitgeber. Als er die Versicherung abschließen möchte, stellt C fest, dass aufgrund der geringen Anzahl an Mitarbeitern ein Gruppenvertrag nicht möglich ist. Daher schließen die Mitarbeiter die Versicherung ab und C erstattet auf Grundlage des Arbeitsvertrags die Prämien.

Lösung: Mit der Zahlung erfüllt C ein arbeitsvertragliches Versprechen, sodass sich auf Grundlage der Formulierungen des BFH-Urteils vom 04.07.2018 Sachbezüge ergeben. Doch Vorsicht: Dieser konkrete Einzelfall wurde gerichtlich soweit ersichtlich noch nicht entschieden. Es sollte zur Absicherung vorab eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG gestellt werden.

So muss die Vertragsgestaltung aussehen

Aus den obigen Kriterien ergibt sich, wie die Vertragsgestaltung aussehen muss. Zunächst darf der Mitarbeiter keine Wahl zwischen der bKV und einer Geldleistung haben. Zudem muss der Arbeitgeber die bKV als Versicherungsnehmer abschließen und bezahlen. Nur in diesem Fall gewährt er seinem Mitarbeiter (versicherte Person) Versicherungsschutz.

Beispiel

Arbeitgeber D schließt für alle Mitarbeiter eine bKV (Gruppenversicherung) ab. Er leistet die Beiträge direkt an die Versicherung. Mitarbeiter, die auf die Krankenversicherung verzichten, erhalten keine gesonderten Vorteile oder Leistungen.

Lösung: D wendet seinen Mitarbeitern Versicherungsschutz und damit eine Sachleistung zu. Belaufen sich sämtliche Sachbezüge des einzelnen Mitarbeiters auf nicht mehr als 50 Euro pro Monat, ist der Vorteil steuer- und beitragsfrei.

Wenn die bKV kein begünstigter Sachbezug ist

Sollte die bKV wegen Überschreitens der 50-Euro-Sachbezugfreigrenze kein begünstigter Sachbezug sein, sondern steuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn, hat der Arbeitgeber die Wahl: Die Sachbezüge können im Wege der individuellen Versteuerung oder im Rahmen der Nettolohnversteuerung über die Gehaltsabrechnung des Mitarbeiters versteuert werden. Der Arbeitgeber kann aber auch die Steuer mit einem Steuersatz von 30 Prozent (zzgl. Zuschlagsteuern) nach § 37b EStG übernehmen. Eine Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 1 S. 1 EStG in Höhe des durchschnittlichen Lohnsteuersatzes kommt auch in Frage; das setzt u. a. aber sonstige Bezüge voraus, d. h. dass die Beiträge halbjährlich oder jährlich gezahlt werden müssen.

AUSGABE: VVP 5/2022, S. 8 · ID: 48020705

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