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VereinsmanagementPhotovoltaik-Anlagen im Verein (Teil 2): So werden sie neuerdings umsatzsteuerlich behandelt

Top-BeitragAbo-Inhalt01.06.20235901 Min. Lesedauer

| Zum 01.01.2023 hat sich die Umsatzbesteuerung für kleinere Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) geändert. Das betrifft nicht nur privat betriebene Anlagen, sondern auch Anlagen auf und an Gebäuden, die für Gemeinwohlzwecke genutzt werden. VB stellt die Neuerungen dar und bringt Sie auf den aktuellen Stand der Behandlung von PV-Anlagen bei Vereinen. |

Die Umsatzsteuerbefreiung in § 12 Abs. 3 UStG

Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde ein neuer Absatz 3 in § 12 UStG angefügt. Danach ist die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer PV-Anlage umsatzsteuerfrei. Diese Befreiung gilt

  • für Anlagen auf und an Privatgebäuden und Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden. Das gilt unabhängig von der Leistung der Anlage.
  • für anderswo errichtete Anlagen bis 30 Kilowatt peak (kWp) Leistung.

Es gibt also zwei verschiedene Grenzen für die Vereinfachungsregelungen:

  • 1. Grundsätzlich befreit sind Anlagen bis 30 kWp.
  • 2. Ohne Leistungsobergrenze befreit sind Anlagen an oder auf entsprechenden Gebäuden.

1. Die 30 kWp-Grenze und nachträgliche Anlagenerweiterungen

Die 30 kWp-Grenze bezieht sich auf die jeweilige Anlageneinheit. Bei der nachträglichen Erweiterung einer PV-Anlage wird der Leistungszuwachs hinzugerechnet. Wird die 30 kWp-Grenze durch die Erweiterung überschritten, ist die Vereinfachungsregelung auf den nachträglich ergänzten Teil nicht anwendbar. Für den bereits bestehenden Teil führt dies jedoch nicht zur nachträglichen Änderung (UStAE, Abschnitt 12.18, Abs. 5).

Beispiel

Ein Verein betreibt eine Anlage mit 25 kWp. Er erweitert sie auf 40 kWp. Die Lieferung und Installation der für die Erweiterung erforderlichen Komponenten ist nicht umsatzsteuerbefreit.

2. Anlagen in der Nähe

In der Nähe eines solchen Gebäudes befindet sich eine PV-Anlage insbesondere, wenn sie auf dem Grundstück installiert ist, auf dem sich auch das betreffende begünstigte Gebäude befindet. Das gilt auch dann, wenn zwischen dem Grundstück und der PV-Anlage ein räumlicher oder funktionaler Nutzungszusammenhang besteht (Abschn. 12.18, Abs. 3 UStAE).

Beispiel

Das gilt etwa für alle Gebäude und Flächen auf einem Sportgelände, das der Verein betreibt. Eigentum des Vereins an der Immobilie ist nicht erforderlich. Wenn die Anlagen im Eigentum der öffentlichen Hand sind, sind sie ohnehin begünstigt.

Das Kriterium „dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“

Nach Auffassung der Finanzverwaltung dient ein Gebäude dem Gemeinwohl,

  • wenn es für ideelle Tätigkeiten verwendet wird oder
  • Umsätze nach § 4 Nr. 11b, 14 bis 18, 20 bis 25, 27 und 29 oder § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG (Abschn. 12.18, Abs. 3 UStAE).

Diese Gebäude sind begünstigt

Im Bereich von gemeinnützigen Einrichtungen und Vereinen sind das vor allem

  • Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen,
  • Rehabilitationsdienste und -einrichtungen,
  • Pflege- und Wohlfahrtspflegeeinrichtungen,
  • Rettungs- und Krankentransportdienste,
  • Kultur- und Bildungseinrichtungen,
  • Sportveranstaltungen,
  • Kindergärten und Kinderbetreuungseinrichtungen,
  • Jugendherbergen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie
  • alle Zweckbetriebe gemeinnütziger Organisationen.

Die formelle Gemeinnützigkeit ist dabei nicht verlangt, soweit sie nicht Voraussetzung für die jeweilige Steuerbefreiung ist.

So werden gemischt genutzte Gebäude behandelt

Wird ein Gebäude sowohl für begünstigte als auch nicht begünstigte Zwecke verwendet (z. B. für Kulturveranstaltungen und zur Vermietung als Wohnraum), ist es grundsätzlich begünstigt. Das gilt nur dann nicht, wenn die unschädliche Nutzung völlig hinter die schädlichen Nutzung zurücktritt. Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn der auf die unschädliche Nutzung entfallende Nutzflächenanteil weniger als zehn Prozent der Gesamtgebäudenutzfläche ausmacht (UStAE, Abschn. 12.18, Abs. 5).

Lieferzeitpunkt ist ausschlaggebend

Der Nullsteuersatz gilt nur für PV-Anlagen, die nach dem 01.01.2023 geliefert bzw. installiert wurden. Eine rückwirkende Anwendung auf Bestandsanlagen ist nicht möglich. Entscheidend ist das Datum, an dem die PV-Anlage geliefert bzw. installiert wird. Es spielt also keine Rolle, wann die Anlage bestellt, der Vertrag abgeschlossen oder die Rechnung ausgestellt wurde.

Wichtig | Hier ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Fertigstellung der Anlage ausschlaggebend. Wurde vor dem 01.01.2023 eine Anzahlung geleistet, unterlag sie zunächst dem Regelsteuersatz von 19 Prozent. Bei Lieferung bzw. Abschluss der Installation nach dem 31.12.2022 gilt der Nullsteuersatz für die gesamte Leistung – auch für die Anzahlung. Das Lieferunternehmen muss das bei der Abschlussrechnung entsprechend berücksichtigen.

Der Umfang der Steuerbefreiung

Steuerbefreit sind

  • alle Komponenten einer PV-Anlage, wie z. B. Wechselrichter oder auch Batteriespeicher,
  • die Installation der Anlage und der zugehörigen Speicher,
  • der Austausch defekter Komponenten einer PV-Anlage; das gilt auch für die Reparaturleistungen, nicht nur für die Ersatzkomponenten,
  • die Erweiterung bestehender Anlagen sowie
  • Nebenleistungen wie Gerüstarbeiten oder die Anmeldung in das Markstammdatenregister.

Nicht steuerbefreit sind reine Reparaturen ohne die gleichzeitige Lieferung von Ersatzteilen, laufende Wartungsarbeiten, Garantie- und Wartungsverträge und die Anmietung von PV-Anlagen.

Wichtig | Leasing- oder Mietkaufverträge werden je nach konkreter Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung oder sonstige Leistung eingestuft. Sie sind dann umsatzsteuerbefreit. Eine Lieferung liegt z. B. vor, wenn ein Eigentumsübergang zum Ende der Vertragslaufzeit vereinbart ist.

Verwaltungsvereinfachung für Kleinunternehmer

Die Steuerbefreiungsregelung bezieht sich auf die Kleinunternehmerregelung: Bisher verzichteten die Betreiber kleiner PV-Anlagen meist auf die Kleinunternehmerbefreiung, weil dann ein Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten der Anlage möglich war. Dann waren die Einspeiseentgelte aber umsatzsteuerpflichtig. Die Neuregelung ist also eine – wenn auch zwangsweise – Verwaltungsvereinfachung.

Regelung ist für Vereine nicht unbedingt von Vorteil

Da die Lieferung der Anlage umsatzsteuerfrei ist, entfällt der Vorsteuerabzug. Faktisch führt das zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten. Für Vereine ist dieses Umsatzsteuerbefreiung oft nicht vorteilhaft. Sind sie ohnehin umsatzsteuerpflichtig, sind das auch die Einspeiseentgelte. Eine eigene Befreiung dafür gibt es nämlich nicht. Nur über die Kleinunternehmerregelung kann auf die Besteuerung verzichtet werden. Vielfach wäre also der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Anlage von Vorteil. Es gibt hier aber kein Wahlrecht. Die Anschaffungskosten sind bei Anlagen bis 30 kWp bzw. auf begünstigten Gebäuden immer umsatzsteuerbefreit.

Praxistipp | In vielen Fällen wird es sich für Vereine also rechnen, wenn sie Anlagen über 30 kWp installieren. Das entspricht aber einer Anlage mit rund 150 m² Fläche an Solarmodulen und bedeutet einen entsprechend höheren Investitionsaufwand. Insbesondere, wenn die Leistung nah an der 30-kWp-Grenze liegt, wird aber das durch die Einsparungen über den Vorsteuerabzug wieder ausgeglichen.

Die steuerliche Zuordnung der PV-Anlage

Liegen die Voraussetzungen für eine umsatzsteuerfreie Lieferung der Anlage nicht vor, muss der Verein beim Vorsteuerabzug die steuerliche Zuordnung der Anlage beachten. Gegenstände, die für den – im umsatzsteuerlichen Sinne – unternehmerischen Bereich verwendet werden, stellen grundsätzlich Unternehmensvermögen dar. Unternehmerische Nutzung bedeutet bei einer PV-Anlage, dass der Strom eingespeist wird.

Für Gegenstände, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzt werden, hat der Verein ein Zuordnungswahlrecht, wenn die unternehmerische Nutzung mindestens zehn Prozent beträgt.

Die Zuordnungsentscheidung erfolgt automatisch durch den Abzug der Vorsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Voranmeldungszeitraum des Bezugs der PV-Anlage, spätestens aber mit dem Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuerjahreserklärung. Die Umsatzsteuerjahreserklärung muss zeitnah eingereicht werden. Wurde die Anlage nicht rechtzeitig zugeordnet, ist ein Abzug der Vorsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten insgesamt nicht möglich.

Unentgeltliche Wertabgabe bei Eigenverbrauch

Ein weiterer Vorteil der Umsatzsteuerbefreiung ist, dass die Besteuerung unentgeltlicher Wertgaben entfällt. Eine solche unentgeltliche Wertgabe liegt vor, wenn die Anlage mit Vorsteuerabzug angeschafft wurde und teilweise Strom einspeist, ein Teil des Stroms aber im nicht umsatzsteuerpflichtigen Bereich genutzt wird.

Wichtig | Bei Vereinen liegen solche unentgeltlicher Wertgaben vor, wenn Leistungen (auch die Nutzung von Anlagen) aus dem umsatzsteuerpflichtigen Bereichen in nicht steuerpflichtigen Bereichen verbraucht werden. Das gilt sowohl für den ideellen Bereich als auch für nicht steuerpflichtigen Tätigkeiten in Zweckbetrieb und Vermögensverwaltung.

In der Vergangenheit (vor dem 01.01.2023) hatten die Betreiber eine gemischt genutzte PV-Anlage meist dem Unternehmensvermögen zugeordnet und unter Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Anlage in Anspruch genommen. Der Betreiber musste in diesem Fall neben der Lieferung des erzeugten Stroms auch eine unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung unterwerfen. Nach Einführung des Nullsteuersatzes in § 12 Abs. 3 UStG zum 01.01.2023 erklären viele Betreiber eine Entnahme der PV-Anlage zum Nullsteuersatz, um dann eine unentgeltliche Wertabgabe hinsichtlich des selbst genutzten Stroms nicht mehr der Besteuerung unterwerfen zu müssen.

Die Folgen für gemeinnützige Vereine

Für gemeinnützige Einrichtungen bedeutet das, dass sie den Eigenverbrauch des Stroms, der in den nicht umsatzsteuerpflichtigen Bereich fällt, der Umsatzsteuer unterwerfen müssen. Das gilt für Anlagen, die vor dem 01.01.2023 angeschafft wurde oder solchen die danach errichtet wurden, bei denen aber die Anschaffung nach den o. g. Regelungen nicht umsatzsteuerfrei war.

Das gilt für PV-Anlagen-Anschaffungen ab 2023

Erwirbt der Verein ab dem 01.01.2023 eine PV-Anlage – bei umsatzsteuerfreier Anschaffung – , entfällt mangels Steueranfall (Steuersatz null Prozent) ein Vorsteuerabzug und damit auch die unentgeltliche Wertabgabe.

Wechsel in der Nutzung

Weil die Einspeiseentgelte gesunken sind und wegen der gestiegenen Strompreise der Eigenverbrauch des Stroms attraktiver geworden ist, kann es faktisch dazu kommen, dass die gesamte PV-Anlage aus dem unternehmerischen (umsatzsteuerpflichtigen) in den nichtunternehmerischen Bereich wechselt. Eine solche Entnahme der gesamten Anlage ist nur möglich, wenn künftig voraussichtlich mehr als 90 Prozent des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden.

Davon ist nach Auffassung der Finanzverwaltung auszugehen, wenn der Verein beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 Prozent des mit der Anlage erzeugten Stroms im nichtunternehmerischen Bereich zu verwenden – also nicht einzuspeisen. Indiz für eine solche Nutzung ist insbesondere die (teilweise) Speicherung des erzeugten Stroms in einer Batterie. Ausreichend ist auch, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 Prozent nahelegt (BFM, Schreiben vom 27.02.2023, Az. III C 2 – S 7220/22/10002 :010, Abruf-Nr. 234002).

Steuerlich entstehen dann unterschiedliche Folgen, ja nachdem ob die Anlage mit oder ohne Vorsteuerabzug angeschafft wurde:

  • 1. Wurde sie ab dem 01.01.2023 angeschafft, ist kein Ausgleich des Vorsteuerabzugs erforderlich. Anders als bisher erfolgt in diesen Fällen daher keine Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe.
  • 2. Wird eine unter Vorsteuerabzug angeschaffte PV-Anlage künftig zu mehr als 90 Prozent nichtunternehmerisch genutzt, gelten die Regelungen des § 15a UStG zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs. Danach muss für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorgenommen werden. Das gilt aber nur für Anlagen, die weniger als fünf Jahre in Betrieb sind.
Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Photovoltaikanlagen im Verein (Teil 1): So werden sie ertragsteuerlich behandelt“, VB 5/2023, Seite 3 → Abruf-Nr. 49415423
  • In der nächsten Ausgabe stellt VB anhand eines Musterfalls vor, wie eine PV-Anlage im Verein bei der Ertrag- und Umsatzsteuer konkret behandelt wird.

AUSGABE: VB 6/2023, S. 3 · ID: 49484643

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