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MitgliederversammlungVirtuelle Mitgliederversammlung: So verankern Sie sie in der Satzung und setzen sie praktisch um

Abo-Inhalt01.08.20227620 Min. Lesedauer

| Am 31.08. wird die Übergangsregelung des „Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ auslaufen. Mitgliederversammlungen können dann nur noch elektronisch durchgeführt werden, wenn die Satzung das explizit ermöglicht. Die VB-Beitragsreihe klärt die rechtlichen Voraussetzungen und gibt praxisnahe Tipps zur Satzungsgestaltung und organisatorischen Umsetzung. |

Trotz Gesetzesinitiative besser selbst Fakten schaffen

Zwar liegt aktuell ein Gesetzesentwurf des Bundesrats vor, mit dem „virtuelle“ Mitgliederversammlungen auf Dauer im Vereinsrecht verankert werden sollen. Dessen Wortlaut lehrt aber, dass auch dann noch Fragen offen bleiben, die Ihr Verein selbst regeln muss, wenn er virtuelle Mitgliederversammlungen praktikabel und rechtsicher durchführen will. Schaffen Sie deshalb selber Fakten und regeln Sie alles so, wie es für Ihren Verein am besten ist.

So schaffen Sie die rechtlichen Voraussetzungen

Als erstes gilt es, die Satzung anzupassen, um Mitgliederversammlungen auf elektronischem Weg abhalten zu können. Die Regelung dafür sollte allgemein gehalten werden, weil sich technische Standards rasch ändern können.

Mustersatzformulierung / Virtuelle Mitgliederversammlung

Die Mitgliederversammlung kann auch auf elektronischem Weg abgehalten werden.

Fragen der konkreten Umsetzung sollten Sie besser in eine Vereinsordnung auslagern. Sie kann flexibler gestaltet werden als die Satzung.

Musterformulierung / Virtuelle MV und Geschäftsordnung

Den technischen und organisatorischen Ablauf regelt eine Geschäftsordnung, über die der Vorstand/die Mitgliederversammlung beschließt.

Wenn Sie die virtuellen Mitgliederversammlungen so allgemein regeln,

Praxistipp | Die Satzung kann das aber abweichend regeln. Denkbar sind hier eine Vielzahl von Gestaltungen. So können Sie z. B.

  • die virtuelle Mitgliederversammlung auf außerordentliche (nicht turnusmäßige) Versammlungen beschränken,
  • die Beschlussfassung für bestimmte Fälle eine Präsenzversammlung zwingend erfordern (z. B. bei Satzungsänderung oder der Auflösung des Vereins),
  • die Einberufungsfrist für die virtuelle MV verkürzen,
  • das Verfahren zur Aufnahme von Tagesordnungspunkten für die virtuelle Versammlung anders regeln (z. B. Dringlichkeitsanträge erlauben),
  • im Fall der Einberufung auf Verlangen einer Minderheit nur eine Präsenzversammlung zulassen.
  • entscheidet der Vorstand darüber, ob eine Präsenz- oder eine virtuelle Versammlung erfolgt,
  • gelten bezüglich Einberufung und Durchführung die gleichen Vorgaben wie für Präsenzversammlungen,
  • genügt ein internetübliches Authentifizierungsverfahren, um sicherzustellen, dass nur Mitglieder teilnehmen.

Die technische und organisatorische Umsetzung

Für die technische und organisatorische Umsetzung der Mitgliederversammlung gilt der Grundsatz, dass keinem Mitglied die Teilnahme unangemessen erschwert werden darf. Das bezieht sich nicht auf die virtuelle Versammlung als solche. Sieht die Satzung virtuelle Versammlungen vor, ist das für jedes Mitglied verbindlich – unabhängig davon, ob es die entsprechenden technischen Voraussetzungen und Kenntnisse hat.

Wichtig | Auch wenn es rechtlich dagegen keine Bedenken gibt, muss Ihr Verein natürlich prüfen, ob nicht eine nennenswerte Zahl von Mitgliedern von der Teilnahme an einer virtuellen Mitgliederversammlung faktisch ausgeschlossen ist. Hier wird vor allem die Altersstruktur Ihres Vereins eine wichtige Rolle spielen. Voraussetzung ist ferner, dass Sie eine Software verwenden, die auf handelsüblichen Rechnern eingesetzt werden kann und keine zusätzlichen Kosten erfordert. Fallen für die Beschaffung der Software zusätzliche Kosten an, muss Ihr Verein diese übernehmen oder Sie müssen als außerordentliche Mitgliedsbeiträge (Umlage) in der Satzung verankert sein.

Die praktische Umsetzung

Gehen Sie bei der praktischen Umsetzung schrittweise vor. Prüfen Sie, ob Sie die Vorgaben zur Mitgliederversammlung, die in Ihrer Satzung verankert sind, überhaupt auch virtuell umsetzen können. Das betrifft insbesondere

  • die Art der Abstimmung (offen, geheim),
  • Stimmrechtsausschlüsse und Mehrfachstimmrechte sowie
  • Klauseln zur Beschlussfähigkeit.

Beschlussfähigkeitsklauseln

Viele Satzungen sehen vor, dass die Mitgliederversammlung nur beschlussfähig ist, wenn eine bestimmte Anzahl oder ein bestimmter Prozentsatz der Mitglieder anwesend ist. Nach herrschender Auffassung muss die Beschlussfähigkeit jederzeit gegeben sein, nicht nur zu Beginn der Versammlung. Das bedeutet, dass die Versammlung beschlussunfähig werden kann, wenn Mitglieder den Raum verlassen.

Wichtig | Es muss also möglich sein, bei der benutzten Plattform für die virtuelle Versammlung (z. B. Videokonferenzsystem) jederzeit zu prüfen, ob die erforderliche Zahl der Mitglieder anwesend ist. Fraglich dürfte sein, ob dafür die bei Konferenztools übliche Anwesenheitsliste ausreicht, weil sie nur anzeigt, ob ein Mitglied eingeloggt ist, nicht, ob es tatsächlich teilnimmt.

Praxistipp | Es empfiehlt sich deswegen, eine besondere Regelung für virtuelle Versammlungen zu treffen, nach der z. B. jedes Mitglied als anwesend gilt, das eingeloggt ist, oder die Beschlussfähigkeitsklausel für virtuelle Versammlungen aufzuheben. Das ist sachlich sicher gerechtfertigt, weil es für die virtuelle Teilnahme meist weniger Hindernisse gibt. Meist aber empfiehlt sich, die Beschlussfähigkeitsklausel ganz zu streichen. In der Regel wird sie ja durch die ergänzende Klausel zur Eventualeinberufung im Fall der Beschlussunfähigkeit ohnehin unterlaufen.

Unterschiedliche Stimmrechte

Während jedes Mitglied das Teilnahmerecht an der Versammlung hat (das auch für virtuelle Versammlungen nicht ausgeschlossen werden kann), regeln viele Satzungen, dass nicht alle Mitglieder ein Stimmrecht haben. Das gilt z. B. für Förder- oder Ehrenmitglieder.

Wichtig | Die Software muss es also erlauben, dass Mitglieder an der Versammlung teilnehmen, ohne sich an Abstimmungen (auch Wahlen) beteiligen zu können. Übliche Videokonferenzsysteme haben meist keine entsprechenden Features. Um einen Stimmrechtsausschluss umsetzen zu können, müssen Sie also spezielle Tools verwenden. Das Gleiche gilt für Mehrfachstimmrechte. Auch das lässt sich nur mit spezieller Software realisieren.

Die Art der Abstimmung

Geheime Abstimmungen umzusetzen, ist mit üblichen Videokonferenzplattformen meist problemlos möglich. Die dortigen Voting- oder Pollingtools genügen dafür in aller Regel.

Geheime Abstimmung bedeutet, dass es für die anderen Anwesenden nicht erkennbar ist, wer wie abgestimmt hat. Die Software darf es deswegen nicht erlauben, dass entsprechende technische Protokolle – und sei es nur für die Wahlleitung – auslesbar sind. Bei den gängigen Plattformen ist das der Fall. Dass der Provider Zugriff auf die Protokolle hat, wird ohne Bedeutung sein. Auch an die geheime Abstimmung dürfen bei virtuellen Versammlungen nur die vereinsüblichen Anforderungen gestellt werden.

Offene Abstimmungen können problematischer sein. Regelt die Satzung z. B., dass Abstimmungen per Handzeichen erfolgen, ist das bei wenigen Teilnehmern praktikabel, wenn ein Videobild übertragen wird. Bei großen Mitgliederzahlen wird es dagegen fast unmöglich sein, eine Stimmauszählung per Handzeichen vorzunehmen. Die Satzung sollte dann entweder die Art der Abstimmung offen lassen (und sie damit der Entscheidung des Vorstands übertragen) oder Hand-Abstimmungen für die virtuelle Versammlung ändern.

Weiterführender Hinweis
  • In der nächsten Ausgabe lesen Sie mehr zum Thema „Hybride Versammlungen und zusätzliche schriftliche Beschlussfassung“.

AUSGABE: VB 8/2022, S. 17 · ID: 48492749

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