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VereinsvorstandVorstandsfähigkeit: Wer darf im Verein Vorstand werden?

Top-BeitragAbo-Inhalt04.04.20224254 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn

| Die Frage, wer ein Vorstandsamt in einem Verein bekleiden darf, ist im BGB nicht geregelt. Das hat zur Folge, dass es hier entscheidend auf die Satzungsregelung ankommt. Hier kann ein Verein also Einschränkungen vornehmen. Es kann sich aber auch aus der Struktur des Vereins ergeben, wer ein Vorstandsamt bekleiden darf. VB zeigt, welche Voraussetzungen Vereine vorsehen können. |

Die Arten der Vorstandsfähigkeit

Eine Vorstandsfähigkeit kann sich nur aus der Satzung ergeben. Regelungen in einer Vereinsordnung, wie etwa einer Wahlordnung reichen nicht. Bei der Satzungsgestaltung sollten Sie aber stets kritisch hinterfragen, ob Einschränkungen überhaupt sinnvoll sind oder ob diese sogar dazu führen können, dass Vorstandsposten unbesetzt bleiben, weil die Anforderungen aus der Satzung nicht erfüllt werden können.

Beispiel

Ein kleinerer Verein hat „aktive“ und „passive“ Mitglieder – davon insgesamt nur knapp 30 aktive Mitglieder. Er findet nur noch „passive“ Mitglieder, die bereit gewesen wären, ein Amt zu übernehmen. Die Satzung sieht aber vor, dass nur „aktive“ Mitglieder gewählt werden dürfen.

Weiter müssen Sie beachten, dass das Amt automatisch endet, wenn die vorausgesetzten Vorstandseigenschaften wegfallen. Etwas anderes kann sich nur aus der Satzung ergeben – z. B. dass die Voraussetzungen nur zu Beginn der Amtszeit vorliegen sollen.

Satzungsklausel / Vorstandsfähigkeit

Gewählt werden dürfen nur Personen, die zum Zeitpunkt der Wahl ...

Mit dieser Klausel verhindern Sie, dass das Vorstandsamt automatisch endet, wenn die Person die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

Diskriminierungsverbot und AGG beachten

Allen Einschränkungen, die Sie in Ihrer Satzung vorsehen, ist gemeinsam, dass ihnen eine gewisse Diskriminierung innewohnt. Nach § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sollen Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindert oder beseitigt werden. Grundsätzlich können auch Organmitglieder von den arbeitsrechtlichen Vorschriften des AGG erfasst sein, wenn es sich um ein hauptamtliches Vorstandsmitglied handelt. Ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder werden dagegen vom Anwendungsbereich des AGG nicht erfasst.

Einschränkungen können sich jedoch ergeben, wenn es sich um eine Vereinigung i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 AGG handelt, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören und bei der ein grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft besteht. In diesem Fall ist eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung verboten und kann Schadenersatzansprüche auslösen.

Beispiel

Eine Satzung sieht vor, dass nur Angehörige eines bestimmten Berufsstands gewählt werden können. Ruheständlern steht dieses Recht nicht zu.

Folge: Damit würden ältere Kandidaten für ein Vorstandsamt diskriminiert, da sie sich nicht wählen lassen können.

Wichtig | Liegt aber ein sachlicher Grund für die Eingrenzung vor, besteht keine unzulässige Diskriminierung. Dieser kann im Beispiel gegeben sein, wenn der Ausschluss dazu dient, sicherzustellen, dass eine langjährige Blockade von Vorstandspositionen durch Ruheständler vermieden werden soll und die gewählten Vorstandsmitglieder den zur Erledigung ihrer Aufgaben notwendigen Kontakt zur Basis der aktiven Berufsangehörigen haben (AG München, Urteil vom 07.09.2017, Az. 231 C 4507/17, Abruf-Nr. 202159).

Muss ein Vorstand Vereinsmitglied sein?

Personen, die dem Vorstand angehören, müssen grundsätzlich nur dann Vereinsmitglieder sein, wenn die Satzung das ausdrücklich oder schlüssig vorschreibt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2016, Az. I-3 Wx 5/16, Abruf-Nr. 228216). Folglich können im Rahmen einer Dritt- (oder auch Fremd-)Organschaft auch Nichtmitglieder Vorstandsämter bekleiden. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn es sich

  • aufgrund der gelebten Vereinspraxis oder
  • nach der Struktur und Zielsetzung des Vereins

verbietet, dass ein Nichtmitglied zum Vorstand gehört.

Beispiel gelebte Vereinspraxis

In einem Verein sind seit jeher nur Vereinsmitglieder in den Vorstand gewählt worden. Eine entsprechende Satzungsregelung gibt es aber nicht.

Folge: Aus diesem „Vereinsherkommen“ kann eine bindende Übung erwachsen.

Aus der Struktur des Vereins kann sich eine Fremdorganschaft verbieten, wenn es sich z. B. um einen Verein aus dem weltanschaulichen Bereich handelt, sodass ein bestimmtes Glaubensbekenntnis vorausgesetzt wird.

Die Voraussetzung der Selbstorganschaft kann weiter kombiniert werden, dass eine bestimmte Dauer an Vereinszugehörigkeit gefordert wird. So kann verhindert werden, dass Vorstandsmitglieder gewählt werden, die die Strukturen des Vereins (noch) nicht kennen.

Satzungsklausel / Vorstandsfähigkeit (Mitgliedsdauer)

Zu Vorstandsmitgliedern können nur Vereinsmitglieder gewählt werden, die mindestens drei Jahre Mitglied im Verein sind.

Wird ein Nichtmitglied zu einem Vorstandsmitglied bestellt, wird damit weder eine Mitgliedschaft begründet noch ergeben sich aus dieser Stellung mitgliedschaftliche Rechte. Ein im Rahmen einer Fremdorganschaft gewähltes Vorstandsmitglied hat damit auf der Mitgliederversammlung kein Stimmrecht.

Praxistipp | Wenn nur Mitglieder ein Vorstandsamt bekleiden dürfen, sollten Sie in die Satzung klarstellend aufnehmen, dass bei einer Beendigung der Mitgliedschaft auch das Amt endet.

Muss der Vorstand geschäftsfähig sein?

Eine Geschäftsfähigkeit ist für das Vorstandsamt nicht zwingend. Das hat zur Folge, dass auch beschränkt geschäftsfähige Minderjährige (§ 106 BGB) oder Betreute mit Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) Vorstand werden können. Hier bedarf es aber auch der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Häufig ist das zusammen mit der Einwilligung zur Aufnahme in den Verein erfolgt. Soll dies ausgeschlossen werden, sollten Sie die Satzung anpassen:

Satzungsklausel / Vorstandsfähigkeit (Geschäftsfähigkeit)

Zu Vorstandsmitgliedern können nur geschäftsfähige (Vereinsmitglieder) gewählt werden.

Weitere Facetten der „Vorstandsfähigkeit“

Das Thema Vorstandsfähigkeit hat weitere Facetten, die nachfolgend erläutert werden.

Kann man für den Vorstand Altersgrenzen vorsehen?

Auch Altersgrenzen können in der Satzung vorgesehen werden. Dies kann in den Grenzen des Diskriminierungsverbots sowohl „nach unten“ als auch „nach oben“ gestaltet werden.

Beispiele

  • In einem Jugendverband dürfen Mitglieder, die älter als 25 Jahre sind, nicht mehr für ein Vorstandsamt kandidieren.
  • In einem Berufsverband dürfen sich nur Personen zur Wahl stellen, die den Beruf aktiv ausüben.

Ausländische Bürger und das Vorstandsamt

Auch Personen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzen, können zum Vorstand bestellt werden. Setzt der Vorstand aber sämtlich oder überwiegend aus Ausländern zusammen, die nicht Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der EU sind, gilt der Verein als Ausländerverein (§ 14 VereinsG).

Es ist auch nicht zwingend erforderlich, dass die Vorstandsmitglieder über einen Wohnsitz im Inland verfügen. Hier kann sich jedoch dann die besondere Situation ergeben, dass in diesem Fall der Verwaltungssitz des Vereins nicht (mehr) im Inland liegt, sodass dies als Auflösung des Vereins im Vereinsregister einzutragen ist (§ 6 Abs. 3 Vereinsregisterverordnung).

Juristische Personen und das Vorstandsamt

Auch juristische Personen können ein Vorstandsamt ausüben, sofern die Satzung es nicht ausschließt (LG München I, Beschluss vom 29.10.1974, Az. VR 8067 8). Das gilt für andere Vereine, AG, GmbH, OHG, KG sowie GmbH & Co. KG. In diesem Fall würden die dort vertretungsberechtigten Organmitglieder die Vorstandsstellung ausüben. Ein Betriebsrat kann dagegen kein Vorstandsamt bekleiden, da er nicht rechtsfähig ist (LG Augsburg, Beschluss vom 02.12.1974, Az. 5 T 63/74). Gleiches gilt für Erben- oder Bruchteilsgemeinschaften.

Zugehörigkeit zu Berufsgruppe

Auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe kann gefordert werden, was insbesondere bei Berufs- oder Wirtschaftsverbänden aufgenommen werden kann. Im Selbsthilfebereich ist es ebenso üblich, dass mindestens ein bestimmter Teil des Vorstandes von der jeweiligen Krankheit betroffen sein muss.

Festlegung von „Unvereinbarkeitskriterien“

Auch Unvereinbarkeitskriterien können in einer Satzung aufgenommen werden. Das bietet sich an, wenn mehrere Vereine auf einem Gebiet tätig sind und verhindert werden soll, dass ein Vorstandsmitglied „Insiderwissen“ durch seine Tätigkeit erlangen kann, dass er bei einem anderen (konkurrierenden) Verein zum Nachteil des eigenen Vereins nutzt.

Satzungsklausel / Vorstandsfähigkeit (Unvereinbarkeitskriterium)

Personen, die bei Organisationen ein Vorstandsamt ausüben, das den gleichen Zweck verfolgt, können nicht in den Vorstand gewählt werden.

Arbeitnehmer des Vereins als Vorstand?

Ein weiterer Punkt, der im Zusammenhang mit der Vorstandsfähigkeit beachtet werden muss, ist die Frage, ob Arbeitnehmer des Vereins ein Vorstandsamt bekleiden dürfen. Grundsätzlich ist dies nicht ausgeschlossen, führt in der Praxis aber zu Problemen, da gleichzeitig eine Arbeitgeber- und eine Arbeitnehmerstellung eingenommen wird.

Wichtig | Wird der Arbeitnehmer eines Vereins zum Vorstandsmitglied bestellt und im Hinblick darauf ein Dienstvertrag mit höheren Bezügen abgeschlossen, so wird im Zweifel das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben (BAG, Beschluss vom 28.09.1995, Az. 5 AZB 4/95).

Satzungsklausel / Vorstandsfähigkeit (Arbeitnehmer des Vereins)

Personen, die zu dem Verein in einem Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis stehen, können nicht in den Vorstand gewählt werden.

Die Folgen einer satzungswidrigen Bestellung

Werden bei der Bestellung die Satzungsvorgaben zur Vorstandsfähigkeit nicht beachtet, führt dies nicht zur Nichtigkeit der Bestellung, berechtigt jedoch zur sofortigen Abberufung. Teilweise wird hier auch die Meinung vertreten, dass eine solche „satzungswidrige“ Bestellung unwirksam ist.

Wichtig | Ist bei der geplanten Wahl erkennbar, dass sich kein Kandidat finden wird, der die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt, kann auch eine Satzungsänderung vorgenommen werden, die die Anforderungen zur Vorstandsfähigkeit beseitigt. Die Wahl wird dann mit der Eintragung der Satzungsänderung wirksam. Diese Satzungsänderung muss jedoch ordnungsgemäß angekündigt und beschlossen werden. D. h.: Erst muss die Satzungsänderung beschlossen und dann die Wahl vorgenommen werden.

Ohne Satzungsänderung muss die Mitgliederversammlung die Satzungsvorgaben beachten. Ein „satzungsdurchbrechender Beschluss“ kommt nicht in Betracht, da die Bestellung eines Vorstandsmitglieds für eine mehrjährige Amtszeit keine „punktuelle“ Regelung im Sinne der Rechtsprechung ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.06.2013, Az. 3 W 41/13, Abruf-Nr. 134031).

Für die Dauer der Tätigkeit ist das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied als faktischer Vorstand anzusehen, sodass seine Handlungen dem Verein im Rahmen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht zuzurechnen sind. Für den fehlerhaft bestellten Vorstand besteht deswegen keine Haftungsgefahr.

Fazit | Wollen Sie in Ihrem Verein Regelungen zur Vorstandsfähigkeit aufnehmen, müssen Sie auf klare Formulierungen achten. Diese sollten aber auch realistisch umsetzbar sein, sodass Sie die Vorstandspositionen immer auch besetzen können. Das kann auch durch eine Satzungsregelung erfolgen, nach der bestimmte Voraussetzungen nur erfüllt sein „sollen“. So bleiben Sie flexibler.

AUSGABE: VB 4/2022, S. 10 · ID: 48113543

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