Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Jan. 2022 abgeschlossen.
VermögensverwaltungOrdnungsgemäße Vermögensverwaltung in der Stiftung – (Haftungs-)Thema für Stiftungsorgane
| Stiftungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihr Vermögen dauerhaft zu erhalten haben und gleichzeitig ihre Zwecke nur aus den Erträgen erfüllen können. Das stellt Stiftungsorgane vor Herausforderungen. Sie müssen das Vermögen der Stiftung sicher und zugleich so ertragbringend wie möglich anlegen. Bei fehlerhaften Anlageentscheidungen drohen Haftungsrisiken. Daher ist es für alle Stiftungsbeteiligten wichtig, sich immer wieder mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung und dem vorausschauenden Haftungsmanagement zu befassen. SB schafft die Basis dafür. |
Grundsätze ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung
Es ist eine Kernpflicht von Stiftungsvorständen, für eine ordnungsgemäße Verwaltung und Anlage des Stiftungsvermögens zu sorgen (siehe §§ 86 S. 1, 27 Abs. 3, 664 ff. BGB und die Stiftungsgesetze der Länder). Was genau unter einer „ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung und -anlage“ zu verstehen ist, konkretisieren die Vorschriften allerdings nicht. Dabei ist dieser Punkt in der Praxis von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Das zeigen auch die vielen Entscheidungen, die hierzu in den vergangenen Jahren ergangen sind.
Bei der Vermögensverwaltung gibt es verschiedene Interessen zu beachten, die miteinander im Zielkonflikt stehen. Einerseits ist es ein grundlegendes Gebot des Stiftungsrechts, dass das Stiftungsvermögen ungeschmälert zu erhalten ist. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die für die Vermögensverwaltung zuständigen Organe eher dazu tendieren, das Stiftungsvermögen in sichere Produkte anzulegen (z. B. in Staatsanleihen, Hypotheken, mündelsichere Fonds, Immobilien). Zugleich dürfen (außer bei Verbrauchsstiftungen) aber nur die Erträge aus dem Stiftungsvermögen zur Erfüllung des Stiftungszwecks eingesetzt werden. In den aktuellen Niedrigzinszeiten können relevante Erträge aber fast nur noch mit risikoreicheren Anlageprodukten (z. B. Aktien) erreicht werden – auch diese sind deshalb ins Auge zu fassen.
Leitlinien für Vermögensverwaltung
Die Entscheidung, wie das Stiftungsvermögen anzulegen und zu verwalten ist, ist vor diesem Hintergrund mitnichten einfach. Hilfreich sind aber die von der Rechtsprechung (z. B. FG Münster, Urteil vom 11.12.2014, Az. 3 K 323/12, Abruf-Nr. 143956; FG München, Urteil vom 15.01.2016, Az. 7 V 2906/15, Abruf-Nr. 185504) und der Literatur aufgestellten Leitgedanken, die insbesondere bei gemeinnützigen Stiftungen) zu berücksichtigen sind, so beispielsweise:
- Das Gesamtportfolio der Vermögensanlage muss ausgewogen und diversifiziert gestaltet werden. Bei einer Gesamtbetrachtung soll die Rendite-Risiko-Struktur des Gesamtportfolios angemessen sein. Risikoreiche Anlagen sind also – einfach gesprochen – möglich, wenn sie an anderer Stelle durch sichere Anlageformen ausgeglichen werden.Ausgewogenes Gesamtportfolio ist das A und O
- Es gibt grundsätzlich keine Anlageformen, die für die Vermögensanlage per se ausscheiden. Dies gilt allerdings nicht für hochspekulative Anlageprodukte; diese sind nicht mehr als ordnungsgemäße Vermögensverwaltung einzuordnen.Nur hochspekulative Anlagen scheiden aus
- In der Niedrigzinsphase können Erträge häufig nicht mehr durch klassische „sichere“ Anlageformen erreicht werden. Daher darf unter Berücksichtigung der aktuellen Lage der Finanzmärkte auch zu risikoreicheren Anlagen tendiert werden, um nachhaltige Erträge zu erzielen.Anlagestrategie kann sich aktuellem Marktumfeld anpassen
- Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung erschöpft sich nicht im Brachliegenlassen des Vermögens oder in einer einmalig durchdachten Anlageentscheidung. Vielmehr muss das Stiftungsvermögen dauerhaft überwacht werden, damit Fehlentscheidungen erkannt und unrentable Anlageformen abgestoßen werden können.
Entscheidung hängt vom jeweiligen Einzelfall ab
Da diese Vorgaben allgemein gehalten sind (und angesichts der Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen auch sein müssen), ist die Entscheidung, ob eine ordnungsgemäße Vermögensverwaltung vorliegt, im Einzelfall trotzdem schwierig. Was für die eine Stiftung eine zulässige Form der Vermögensverwaltung ist, mag für eine andere Stiftung bereits zu risikoreich sein.
Beispiel |
Jeder Fall ist anders – ein Patentrezept gibt es nicht Bei einer Stiftung mit einem großen Vermögen und hohen Rücklagen ist eine risikoreichere Anlagestrategie vielleicht besser zu verkraften als bei einer nur gering kapitalisierten Stiftung. Eine Unternehmensstiftung kann und soll die von ihr gehaltenen Gesellschaftsanteile regelmäßig auch dann behalten dürfen, wenn das Unternehmen nur relativ geringe Erträge erwirtschaftet (und es vielleicht andere, rentablere Formen der Vermögensanlage gäbe). Stiftungen, deren wesentlicher Anlagegegenstand Immobilien sind, müssen diese nicht unbedingt veräußern, nur um das Vermögen in einer Vielzahl anderer Anlageformen diversifizierter anzulegen. Eventuell müssen Ertragseinbußen hingenommen werden, wenn andernfalls ethische, soziale oder nachhaltigkeitsbezogene Vorgaben für die Vermögensverwaltung nicht eingehalten werden können. |
Haftung der Stiftungsorgane für Anlageentscheidungen
Die Entscheidung über die richtige Vermögensverwaltung bei Stiftungen ist durchaus haftungsträchtig. Auch das zeigen die in den vergangenen Jahren ergangenen Urteile. Denn: Bei der Vermögensverwaltung handelt es sich um eine Kernaufgabe vor allem des Stiftungsvorstands. Daher haftet er bei verschuldeten Pflichtverletzungen bei der Vermögensanlage grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften gegenüber der Stiftung auf Schadenersatz (§§ 280, 86, 27 Abs. 3, 670 BGB bzw. der im Zuge der umfassenden Reform neu formulierte § 84a Abs. 1 S.1 und Abs. 2 S. 1 BGB n. F.). Die Haftung kann jedes Vorstandsmitglied persönlich treffen; mehrere Vorstandsmitglieder haften als Gesamtschuldner.
Voraussetzungen für Haftung der Stiftungsorgane
Eine (Schadenersatz-)Haftung droht den handelnden Stiftungsorganen immer dann, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Den Stiftungsorganen ist eine Pflichtverletzung vorzuwerfen, z. B. bei Verstößen gegen die Vorgaben zur Vermögensverwaltung in der Satzung oder in Anlagerichtlinien, bei der Investition in spekulative Anlageformen ohne jegliche Anlagestrategie „ins Blaue hinein“ oder auch die Aufrechterhaltung einer erkannt unrentablen Vermögensanlage ohne sachlichen Grund.... Pflichtverletzung des Stiftungsorgans und ...
- Die Stiftungsorgane trifft dabei ein Verschulden, d. h. ein vorsätzliches oder – gemessen am Maßstab eines ordentlichen Geschäftsführers – (grob) fahrlässiges Handeln in Bezug auf die Pflichtverletzung (insofern gibt es allerdings Unterschiede in den Bundesländern und Möglichkeiten zur Haftungsprivilegierung, dazu unten mehr).... Verschulden sowie ...
- Dadurch ist der Stiftung ein kausaler Schaden entstanden, z. B. in Form von Steuernachzahlungen wegen des Verlusts der Gemeinnützigkeit.... kausalen Schaden für Stiftung voraus
Weiter Entscheidungsspielraum des Organs
Einigkeit besteht darüber, dass es bei den unternehmerisch geprägten Entscheidungen im Rahmen der Vermögensanlage einen haftungsfreien Ermessensspielraum der handelnden Organe gibt. Dieser schon bisher unter dem Stichwort „Business Judgement Rule“ anerkannte Grundsatz wurde im Zuge der Stiftungsrechtsreform in § 84a Abs. 2 S. 2 BGB n. F. gesetzlich verankert:
§ 84a Abs. 2 S. 2 BGB n. F. |
Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Mitglied des Organs bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. |
Wenn die Vorgaben der Business Judgement Rule gewahrt sind, scheidet eine Pflichtverletzung (und damit eine Haftung der handelnden Organmitglieder) aus. Eine solche Enthaftung setzt allerdings voraus:
Entscheidung sorgfältig dokumentieren Praxistipp | Die Organmitglieder sollten ihre Entscheidungsprozesse sorgfältig schriftlich dokumentieren, um später ein pflichtgerechtes Handeln nachweisen und sich vom Vorwurf einer Pflichtverletzung entlasten zu können. |
- Die Entscheidung des Organmitglieds ist zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung in gutem Glauben auf das Stiftungswohl ausgerichtet (Gutgläubigkeit). Stellt sich erst später heraus, dass die Vermögensanlage unrentabel oder zu risikobehaftet war, begründet das also grundsätzlich keine Haftung. Die zuständigen Stiftungsorgane müssen dann aber im Rahmen ihrer allgemeinen Überwachungspflicht prüfen, ob sie die Vermögensanlage in dieser Form beibehalten können und diese ggf. abstoßen. Tun sie dies trotz erkannter Unrentabilität nicht, kann das eine neue, ggf. zum Schadenersatz verpflichtende Pflichtverletzung darstellen.... gutgläubig bei Anlage-entscheidung ist
- Das Organmitglied trifft die Entscheidung ohne Einbeziehung von Sonderinteressen und sachfremden Einflüssen (z. B. einem eigenen wirtschaftlichen Interesse an dem für die Vermögensanlage gewählten Anlageprodukt).Handeln ohne Sonderinteressen ...
- Die Entscheidung erfolgt zum Wohle der Stiftung, d. h. sie soll nach dem Willen des Organmitglieds der Stiftung dienen und ist nicht offensichtlich unvernünftig oder untragbar risikobehaftet. Das Organmitglied muss dabei die zu erwartende Rendite mit den Risiken abwägen.... zum Wohl der Stiftung ...
- Das Organmitglied handelt auf der Grundlage angemessener Information. Es darf sich (und muss sich bei fehlender eigener Sachkunde) sachkundiger Berater bedienen, um eine solche Informationsgrundlage für seine Entscheidung zu schaffen. Es darf aber nicht die Entscheidung über die Vermögensverwaltung im Ganzen auf diese auslagern, sondern muss ihnen jedenfalls allgemeine Vorgaben mit auf den Weg geben. Die Berater müssen außerdem sorgfältig ausgewählt und überwacht werden. Es kann ferner erforderlich sein, sich bei Zweifeln über die Zulässigkeit einer bestimmten Maßnahme mit der Stiftungsaufsichtsbehörde und/oder dem Finanzamt abzustimmen.... auf Basis angemessener Information
Wichtig | Die potenzielle Haftung für eine fehlerhafte Vermögensverwaltung trifft nicht nur die Mitglieder des Stiftungsvorstands, auch wenn dieser als einziges zwingendes Stiftungsorgan der erste Pflichtenadressat ist. Sind nach dem Willen des Stifters (auch) andere Stiftungsorgane für die Vermögensanlage und Vermögensverwaltung zuständig, können auch deren Mitglieder für fehlerhafte Entscheidungen haften. Bei Stiftungsorganen mit Kontrollfunktionen kann sich eine Haftung auch aus einer mangelhaften Überwachung der für die Vermögensverwaltung zuständigen Personen ergeben. Denn die Mitglieder solcher Kontrollorgane müssen überwachen, ob die für die Vermögensverwaltung zuständigen Stiftungsorgane ihren Pflichten zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung nachkommen und gegen Verstöße einschreiten. Eine unzureichende Überwachung kann selbst eine Pflichtverletzung darstellen, die bei Erfüllung der obigen Voraussetzungen Schadenersatzansprüche gegen die Organmitglieder begründet.
Vorausschauendes (Ent-)Haftungsmanagement in Stiftungen
Vor dem Hintergrund der vielen offenen Punkte bei der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung in Stiftungen ist ein vorausschauendes (Ent-)Haftungsmanagement sinnvoll. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, an die der Stifter und die Stiftungsorgane in diesem Zusammenhang denken können – was letztlich der richtige Weg ist, hängt vom Einzelfall ab. Es lohnt sich allerdings nahezu immer, sich über die folgenden Punkte Gedanken zu machen:
1. Vermögensverwaltungsregeln in Satzung/Anlagerichtlinien festlegen
Es bietet sich an, dass der Stifter seine Vorstellungen zur Vermögensverwaltung und -anlage in der Satzung oder den Anlagerichtlinien konkretisiert. Das bietet ihm nicht nur die Möglichkeit, seinen eigenen Stifterwillen zu verdeutlichen. Er schafft dadurch außerdem Handlungssicherheit für die Stiftungsorgane. Haben die Stiftungsorgane über Maßnahmen der Vermögensverwaltung zu entscheiden, fällt ihnen dies (auch mit Blick auf die Haftungsrisiken) im Normalfall leichter, wenn sie sich auf Vorgaben des Stifters berufen können. Vielfach lassen sich so Entscheidungen einvernehmlicher und schneller treffen.
Wenn Vorgaben des Stifters fehlen oder er die Entscheidung den Stiftungsorganen bewusst überlässt, können auch die Stiftungsorgane Regelungen zur Vermögensverwaltung verabschieden. Stellt das für die Vermögensverwaltung zuständige Stiftungsorgan (im Regelfall ist das der Vorstand) selbst die Regelung auf, kann es sich um eine Selbstverpflichtung handeln. Es ist aber ebenso denkbar, dass ein Kontrollgremium (z. B. ein Kuratorium oder Stiftungsrat) dem zuständigen Organ auf diesem Wege Leitlinien für die Vermögensverwaltung mit auf den Weg gibt.
Angesichts der Unsicherheit, die bei der Frage nach der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung besteht, lohnt es sich für Stifter wie für Stiftungsorgane immer, über solche Vorgaben nachzudenken. Ob und in welchem Umfang dann tatsächlich Vorgaben zur Vermögensverwaltung und Vermögensanlage sinnvoll sind, hängt vom Einzelfall ab (z. B. Größe der Stiftung, Portfolio des bereits angelegten Vermögens, Sachkenntnisse der Organmitglieder). Wie häufig im Stiftungsrecht besteht ein Gestaltungsspielraum. Denkbar sind insbesondere Regelungen zu den folgenden Punkten:
Checkliste / Inhalte für Regelungen zur Vermögensverwaltung | |
❒ | Anlageziele formulieren, z. B. sichere und ertragsreiche Anlage, Nachhaltigkeits- oder Ethikaspekte bei der Vermögensanlage |
❒ | Anlageziele gewichten und Umgang mit Zielkonflikten klären, z. B. Vorrang der Sicherheit oder der Ertragskraft, Umgang mit den Zielkonflikten Vermögenserhaltung – Vermögensmehrung – Liquidität, Sonderziele wie z. B. beim mission investing (= mit der Vermögensanlage soll zugleich der Stiftungszweck erfüllt werden) |
❒ | Zuständigkeiten regeln, z. B. Zuständigkeit für Anlageentscheidungen, zur Änderung der Vorgaben zur Vermögensverwaltung |
❒ | Anlageprodukte/Anlageklassen bestimmen, z. B. Immobilien, Wertpapiere, Aktien, Barvermögen, Unternehmensbeteiligungen, und deren Verteilung regeln, insbesondere hinsichtlich einer hinreichenden Diversifizierung, Vermeidung eines Klumpenrisikos etc. |
❒ | Regeln schaffen, wofür Rücklagen zu bilden und zu verwenden sind (ggf. unter Berücksichtigung gemeinnützigkeitsrechtlicher Besonderheiten) |
❒ | Das Erfordernis von Sicherheiten regeln |
❒ | Möglichkeiten zur Umschichtung und zum Umgang mit Umschichtungsgewinnen festlegen |
Für den Erlass einer Anlagerichtlinie gibt es gute Gründe Praxistipp | Diese Regelungen müssen nicht in der Satzung verankert werden. Sie können auch in Anlagerichtlinien ausgelagert werden. Das ist häufig bei umfangreichen Vorgaben sinnvoll. Zudem können Anlagerichtlinien einfacher und kurzfristiger geändert werden als die Satzung. Sie dürfen aber den in der Satzung vorhandenen Vorgaben und dem Stifterwillen nicht widersprechen. |
2. Verbrauchsstiftung erwägen
Aufgrund der vielen offenen Punkte bei der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung kann auch die Errichtung einer Verbrauchsstiftung sinnvoll sein.
Die Verbrauchsstiftung ist darauf angelegt, dass neben den Erträgen aus dem Stiftungsvermögen auch das Vermögen selbst über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren zur Erfüllung der Stiftungszwecke eingesetzt werden darf.
Zwar darf auch bei Verbrauchsstiftungen das Vermögen keinesfalls wahllos und spekulativ angelegt werden; es gilt auch dort immer das Gebot einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung. Aber: Die Entscheidung für eine Verbrauchsstiftung kann im Rahmen des Gesamtkonzepts in den Details durchaus besondere Gestaltungen ermöglichen. Denn wenn der Stifter vorgibt, dass das Stiftungsvermögen selbst für die Zweckverfolgung eingesetzt werden soll, kann er sich an anderer Stelle (z. B. bei der Gestaltung von Anlagerichtlinien) eher dafür entscheiden, der Sicherheit der Vermögensanlage den Vorrang vor ihrer Ertragskraft zu geben.
3. Regelungen über die Haftung der Stiftungsorgane treffen
Der Stifter (oder ein Stiftungsorgan, das später über Satzungsänderungen entscheidet) sollte sich auch überlegen, ob bzw. in welchem Maße satzungsmäßige Vorgaben zur Haftung der Mitglieder der Stiftungsorgane sinnvoll sind. Wird nichts geregelt, gilt folgendes gesetzliches Haftungsregime:
- Grundsätzlich haften die Mitglieder der Stiftungsorgane für alle vorsätzlichen oder (einfach oder grob) fahrlässigen Pflichtverletzungen. Die Satzung kann hiervon abweichend aber Haftungsprivilegierungen (z. B. eine Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz) enthalten.... jenseits der gesetzlichen Regeln
- Für unentgeltlich tätige Organmitglieder oder solche, deren Tätigkeitsvergütung 840 Euro jährlich nicht übersteigt, gilt eine gesetzliche Haftungsprivilegierung. Sie haften nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§§ 86 S. 1, 31a BGB bzw. nach der Stiftungsrechtsreform §§ 84a Abs. 3, 31a BGB).
- Teilweise erhalten die Landesstiftungsgesetze eine allgemeine Regelung dazu, dass Organmitglieder nur für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten haften. Die Wirksamkeit dieser Regelung ist mit Blick auf die Gesetzgebungskompetenz der Länder umstritten. Ebenso ist es umstritten, ob von diesen Privilegierungen (wenn sie wirksam sind) durch die Stiftungssatzung zu Ungunsten der Organmitglieder abgewichen werden kann; günstigere Haftungsprivilegierungen sind immer möglich.
Eine Haftungsbegrenzungsklausel für ein Stiftungsorgan lässt sich wie folgt formulieren:
Musterklausel / Haftungsbegrenzung des Organs |
Die Organe der Stiftung sind der Stiftung gegenüber für den aus einer Pflichtverletzung kausal entstehenden Schaden nach den allgemeinen Vorschriften verantwortlich. Die Haftung beschränkt sich jedoch auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. |
4. D&O-Versicherung als Auffanginstrument abschließen
Überlegenswert ist darüber hinaus der Abschluss einer Directors & Officers-Versicherung (D&O-Versicherung). Der Abschluss einer solchen Versicherung ist zwar wegen der damit einhergehenden Kosten keine Option für jede Stiftung, aber gerade größere oder im Aufbau komplexere Stiftungen sollten darüber unbedingt nachdenken.
Eine D&O-Versicherung bietet nicht nur zusätzlichen Haftungsschutz für die Mitglieder der Stiftungsorgane (deren Haftung vielleicht trotz ihres ehrenamtlichen Einsatzes in der Satzung auf alle Formen von vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln erstreckt wurde). Sie ist auch ein Schutz für die Stiftung selbst, für die es (gerade bei großen Schäden) häufig einfacher ist, Haftungsansprüche gegen eine D&O-Versicherung anstelle gegen die Organmitglieder persönlich durchzusetzen, Im Normalfall ist zudem die Hemmschwelle für das Vorgehen gegen eine Versicherung niedriger als bei einer Inanspruchnahme einzelner Personen. Der Abschluss einer D&O-Versicherung führt damit häufig dazu, dass Haftungsansprüche tatsächlich geltend gemacht und die Stiftung schadensfrei gehalten wird.
5. Entlastung der handelnden Organmitglieder regeln
Eine Enthaftung der handelnden Organmitglieder kann zudem im Nachgang durch eine Entlastung erfolgen. Durch die Entlastung wird darauf verzichtet, gegen das entlastete Stiftungsorgan bzw. dessen Mitglieder Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Das gilt allerdings nur, soweit etwaige Pflichtverletzungen, von denen entlastet werden soll, dem über die Entlastung beschließenden Organ hinreichend bekannt sind (i. d. R. müssen sich diese aus den Berichten des Vorstands oder sonstiger Stiftungsorgane ergeben, damit sie von der Entlastungswirkung erfasst werden).
Wichtig | Wegen der weitreichenden Rechtsfolgen der Entlastung sollte die Möglichkeit, Entlastung zu erteilen, in der Stiftungssatzung ausdrücklich geregelt werden. Dabei sollten Vorgaben dazu gemacht werden, wer über die Entlastung entscheidet und welche Mehrheit für einen solchen Beschluss notwendig ist.
Musterklausel / Entlastung des Vorstands |
|
AUSGABE: SB 1/2022, S. 3 · ID: 47810928