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Stiftungsrecht (Teil 1)Die außergerichtliche Vergütung des Anwalts bei der Gründung einer privat-rechtlichen Stiftung

Leseprobe09.04.20258 Min. LesedauerVon Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, Berlin

| Wer eine Stiftung gründen möchte, muss sich zwischen einer selbstständigen und einer unselbstständigen Stiftung entscheiden. Beide Formen unterscheiden sich in ihrer rechtlichen Struktur, der Entstehung und den Anforderungen an das Vermögen. Der Beitrag erläutert die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen und worauf Stifter und ihre Berater achten sollten – mit Fokus auf der außergerichtlichen Honorierung. Die gesetzlichen Gebühren folgen in Teil 2. |

1. Die selbstständige privat-rechtliche Stiftung

a) Ewigkeitsstiftung und Verbrauchsstiftung

Die selbstständige privat-rechtliche Stiftung (§§ 80–88 BGB) wird entweder auf unbestimmte Zeit (sog. Ewigkeitsstiftung, § 80 Abs. 1 S. 2 BGB) oder auf Zeit für mindestens 10 Jahre (sog. Verbrauchsstiftung, § 82 S. 2 BGB) errichtet. Sie ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person (§ 80 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Vermögen muss dem Stiftungszweck dauerhaft gewidmet sein. Es muss ihm auch genügen, d. h. ausreichend hohe Erträge zur Verwirklichung des Stiftungszwecks abwerfen.

Beachten Sie | Es gibt keine Gesetzesvorgabe zur Höhe des Vermögens. Die Praxis geht jedoch von einem Mindestbetrag von 50.000 EUR bis 250.000 EUR aus (vgl. Erman/Wiese, BGB, 17. Aufl. 2023, § 80 Rn. 5).

b) Entstehung der Stiftung

Die Stiftung entsteht durch das sog. Stiftungsgeschäft und die staatliche Anerkennung (§ 80 Abs. 2 S. 1 BGB).

  • Das Stiftungsgeschäft ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung unter Lebenden (§ 81 Abs. 1 u. 2 BGB) oder kann durch eine Verfügung von Todes wegen (§ 81 Abs. 3 BGB) erklärt werden.
  • Beachten Sie | Wenn die Stiftung unter Lebenden durch eine Mehrheit von Stiftern errichtet wird, handelt es sich dabei dennoch um ein einseitiges Rechtsgeschäft und nicht um einen Vertrag. Das gilt auch, wenn es im Zusammenhang mit vertraglichen Vereinbarungen erklärt wird (vgl. z. B. Prütting/Wegen/Weinrich/Schöpflin, BGB, 19. Aufl. 2024, § 80 Rn. 2).
  • Bei der Errichtung unter Lebenden erklärt der Stifter, eine Stiftung als juristische Person gründen zu wollen und nach deren Anerkennung das Gründungskapital zu leisten. Bei der Errichtung von Todes wegen wird dagegen ein konkreter Stiftungsträger als Erbe eingesetzt bzw. ein Vermächtnis zugunsten eines konkreten Stiftungsträgers angeordnet. Dabei wird die Erbfähigkeit der noch nicht anerkannten Stiftung vom Gesetz fingiert: Die erst nach dem Tod des Stifters anerkannte Stiftung gilt für Zuwendungen des Stifters schon vor dessen Tod als bereits entstanden (§ 80 Abs. 2 S. 2 BGB).
  • Die Anerkennung der Stiftung erfolgt durch konstitutiven Verwaltungsakt der Stiftungsbehörde. Diese ergibt sich nach dem jeweiligen landeseigenen Stiftungsgesetz des nach dem Sitz der Stiftung (§ 81 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BGB) zuständigen Bundeslandes.
  • Beachten Sie | Eine Stiftung erlangt erst durch die Anerkennung durch die Stiftungsbehörde Rechtsfähigkeit. Eine Vor-Stiftung ähnlich der Vor-GmbH oder dem Vor-Verein existiert nicht (h. M. OLG Braunschweig NJW-RR 20, 1333; BFHE 249, 159; Erman/Wiese, BGB, 17. Aufl., § 80 Rn. 11).

c) Künftiges Stiftungsregister ab 2026

Mit dem am 1.1.26 in Kraft tretenden Stiftungsregistergesetz (StiftRG) wird ein bundeseinheitliches Stiftungsregister eingeführt. Es wird beim Bundesamt für Justiz (BfJ) als Registerbehörde geführt. Nach § 20 Abs. 1 S. 1 StiftRG müssen bestehende selbstständige privatrechtliche Stiftungen bis Ende 2026 zur Eintragung in das Stiftungsregister angemeldet werden. Eine eingetragene Stiftung muss dann den Rechtsformzusatz „eingetragene Stiftung“ oder „eS“, „eingetragene Verbrauchsstiftung“ oder „eVS“ führen.

2. Die unselbstständige Stiftung

Von der privat-rechtlichen selbstständigen Stiftung ist die unselbstständige Stiftung abzugrenzen. Sie unterscheidet sich durch das Fehlen der eigenen Rechtspersönlichkeit und der staatlichen Anerkennung sowie durch die Art ihrer Entstehung.

a) Entstehung der unselbstständigen Stiftung

Die unselbstständige Stiftung entsteht nicht durch eine einseitige Willenserklärung und staatliche Anerkennung, sondern allein durch einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Stifter und dem Stiftungsträger, z. B. durch Treuhandgeschäft (Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 BGB bzw. Vertrag mit Auftrag gem. §§ 662 ff. BGB) oder durch eine bedingte Schenkung.

Beachten Sie | Noch nach dem Tod des Stifters kann ein solcher Vertrag geschlossen und die unselbstständige Stiftung damit errichtet werden: Hat der Stifter seinem Erben eine entsprechende Auflage (§ 1940 BGB) zur Errichtung dieser Art von Stiftung gemacht und Testamentsvollstreckung angeordnet, vollzieht sich der Errichtungsakt der unselbstständigen Stiftung nicht unmittelbar aufgrund der letztwilligen Verfügung, sondern erst infolge des Abschlusses des Vertrags zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Stiftungsträger (OLG München NJW 14, 2448).

b) Stiftungsträger ist kein Stiftungsorgan

Im Gegensatz zur selbstständigen privat-rechtlichen Stiftung ist der Stiftungsträger einer unselbstständigen Stiftung nicht ihr Organ, sondern tritt im Rechtsverkehr in eigenem Namen auf.

Beachten Sie | Das Rechtsverhältnis des Stiftungsträgers gegenüber dem Stifter bzw. dessen Rechtsnachfolgern regelt sich jeweils nach dem Schuld- bzw. Erbrecht (vgl. für alles: OLG München, a. a. O m. w. N.).

3. Beratungs- oder Geschäftstätigkeit

Die Gebühr des Anwalts bestimmt sich nach dem ihm erteilten konkreten Auftrag. Um eine Beratung und eine Geschäftstätigkeit voneinander abzugrenzen, ist Folgendes zu beachten:

a) Beratungstätigkeit

§ 34 Abs. 1 S. 1 RVG definiert die Beratung u. a. mit der Erteilung eines mündlichen oder schriftlichen Rats oder einer Auskunft, welche nicht mit einer anderen gebührenrechtlichen Tätigkeit zusammenhängen. Der Auftrag muss sich also auf einen Rat oder eine Auskunft beschränken.

Beachten Sie | Auch wenn der Anwalt auftragsgemäß mit Dritten in Kontakt tritt, um Auskünfte einzuholen oder Rückfragen zu stellen, wird der Bereich der beauftragten Beratung noch nicht verlassen (AnwK-RVG/Thiel/Eder, 9. Aufl., § 34 Rn. 19). Soll er dagegen zusätzlich mit dem Dritten selbst über die Angelegenheit sprechen, ist der Bereich der Beratung überschritten.

aa) Hinwirken auf Gebührenvereinbarung

Für seine Beratungstätigkeit soll der Anwalt gem. § 34 Abs. 1 S. 1 RVG auf eine Gebührenvereinbarung mit dem Auftraggeber hinwirken. Diese kann formfrei wirksam geschlossen werden (§ 3a Abs. 1 S. 4 RVG).

Beachten Sie | Halten Sie die Vereinbarung aus Beweisgründen gesondert fest – z. B. in einer E-Mail oder einem Brief an den Auftraggeber.

Ist keine Gebührenvereinbarung geschlossen worden, erhält der Anwalt gem. § 34 Abs. 1 S. 2 RVG die „übliche Vergütung“ nach § 612 Abs. 2 BGB bzw. § 632 Abs. 2 BGB (für eine Tätigkeit, die als Werkvertrag zu qualifizieren ist). Ist der Auftraggeber Verbraucher, ist die Gebühr nach § 34 Abs. 1 S. 3 RVG auf 250 EUR, für eine mündliche Erstberatung auf 190 EUR gekappt.

bb) Anrechnung

Soweit nichts anderes vereinbart ist, ist die Beratungsgebühr gem. § 34 Abs. 2 RVG auf die Gebühr für eine sonstige Angelegenheit, die mit der Beratung zusammenhängt, anzurechnen.

Beachten Sie | Sorgen Sie als Anwalt für klare Verhältnisse: Wollen Sie die Anrechnung vollständig oder zumindest teilweise ausschließen, müssen Sie das mit dem Auftraggeber gesondert vereinbaren. Auch diese Vereinbarung sollten Sie schriftlich festhalten.

b) Geschäftstätigkeit

In Abgrenzung zur Beratung zeichnet sich der Auftrag einer Geschäftstätigkeit dadurch aus, dass der Anwalt über eine Beratung hinaus für den Auftraggeber tätig werden soll.

aa) Entstehung

Die dafür anfallende Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG entsteht entweder nach der 1. Alternative der Vorb. 2.3 Abs. 3 VV RVG „für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information“ oder nach der 2. Alternative „für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags“. Da die Geschäftsgebühr bereits mit Entgegennahme des Auftrags und der „Information“ dazu entsteht (1. Alternative), ist eine vom Anwalt nach außen hin gerichtete Tätigkeit zwar ein Indiz, aber keine Bedingung für den Anfall. Die Geschäftstätigkeit kann sich somit auch nur im Innenverhältnis zum Auftraggeber abspielen.

Wann konkret eine „Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags“ (2. Alternative) vorliegt, ist streitig. Teilweise soll bereits die Übersendung eines Vertragsentwurfs zur Prüfung dafür ausreichen. Die Gegenmeinungen stellen dagegen zu Recht darauf ab, ob sich die Tätigkeit des Anwalts konkret auf Formulierungen in dem auszuhandelnden Vertragstext auswirken soll.

Beachten Sie | Soll ein Vertrag nur allgemein geprüft werden, um dem Mandanten eine eigene Entscheidung überhaupt zu ermöglichen, ob dieser so unterschrieben werden kann oder ob (ggf. Nach-)Verhandlungen überhaupt nötig sind, liegt lediglich ein Beratungsauftrag vor. Wird hingegen die Vorbereitung von Alternativ- oder Verbesserungsvorschlägen oder eine andere Beteiligung in Vertragsverhandlungen in Auftrag gegeben, liegt eine „Mitwirkung an der Gestaltung eines Vertrags“ vor, gleichgültig, ob sich die Vorschläge des Anwalts im Ergebnis im Rahmen der Verhandlungen möglicherweise nicht durchsetzen ließen (LG Lübeck 2.12.21, 14 S 157/20).

Die für die Geschäftstätigkeit des Anwalts entstehende Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG ist eine Rahmengebühr. Deren Gebührensatz bemisst sich von (min.) 0,5 bis (max.) 2,5 gem. § 14 Abs. 1 RVG nach dem konkreten Umfang und der Schwierigkeit der Angelegenheit, ggf. auch der Bedeutung für den Auftraggeber oder seinen Einkommens- oder Vermögensverhältnissen. Nach der Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV RVG kann der Anwalt eine Gebühr von mehr als 1,3 allerdings nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Mit der Geschäftsgebühr werden aufgrund ihres pauschalen Charakters sämtliche Tätigkeiten des Anwalts innerhalb des ihm erteilten Auftrags außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens abgegolten, insbesondere also die Beratung des Auftraggebers.

bb) Mehrere Auftraggeber

Wird der Anwalt von mehreren Auftraggebern mit der Errichtung beauftragt, liegt derselbe Gegenstand i. S. d. Anm. Abs. 1 zu Nr. 1008 VV vor. Nach Nr. 1008 VV RVG erhöht sich der Gebührensatz der Geschäftsgebühr ab dem 2. Auftraggeber um jeweils 0,3. Da die ggf. mehrfache Erhöhung (nicht etwa die Geschäftsgebühr!) nach der Anm. Abs. 3 Hs. 1 zu Nr. 1008 VV RVG max. 2,0 beträgt, ist bei mehr als 7 Auftraggebern diese Kappungsgrenze erreicht.

c) Gegenstandswert

Der Gründungsakt einer Stiftung kann nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Daher finden die gerichtlichen Wertvorschriften (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG) keine Anwendung. Der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG („… in anderen Angelegenheiten …“).

AUSGABE: RVGprof 5/2025, S. 87 · ID: 50277483

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