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PraxisangebotMobilität im Alter meistern: Rollatortraining in der Physiopraxis
| Der Rollator ist für viele ältere Menschen ein unverzichtbarer Begleiter: Er ermöglicht Mobilität, Unabhängigkeit und Sicherheit im Alltag, besonders nach einem Sturz, einer Operation oder bei fortschreitender Gangunsicherheit. Gerade ältere Personen müssen sich unter Umständen aber erst an den Umgang damit gewöhnen. Gezieltes Rollatortraining in der Gruppe kann helfen, das Selbstvertrauen zu stärken, die Mobilität zu verbessern und zur sozialen Teilhabe beizutragen. |
Die Welle rollt: Immer mehr Senioren mit Gehhilfen unterwegs
Die Zahl der Rollatornutzer in Deutschland hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Immer mehr Menschen erreichen ein höheres Lebensalter, und damit ist auch ein größerer Prozentsatz auf Gehhilfen angewiesen. Laut einer Schätzung nutzten im Jahr 2016 mehr als drei Mio. Menschen in Deutschland einen Rollator – entweder aus Altersgründen oder als Folge einer körperlichen Behinderung. Weiteren Schätzungen zufolge wird sich diese Zahl in den kommenden Jahren um bis zu einer halben Million weiterer Geräte jährlich steigern. Grund genug für die Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT) gemeinsam mit der Deutschen Seniorenliga e.V. und anderen Institutionen 2021 erstmals den Deutschen Rollatortag ins Leben zu rufen. Damit will man Anwendern mehr Sicherheit im Alltag vermitteln, aber auch nicht betroffene Personen auf die Schwierigkeiten aufmerksam machen, mit denen Betroffene im täglichen Leben zu kämpfen haben.
Training für den Alltag sorgt für mehr Selbstständigkeit
Trainingsziel ist es, zum einen die Sicherheit im Umgang mit dem Gerät zu verbessern und zugleich Sturzprophylaxe (PP 07/2017, Seite 12) zu betreiben. Zum anderen sollen Gruppendynamik und Interaktion den Teilnehmern untereinander Mut machen, sich mit dem vielleicht noch ungewohnten Gerät mehr zuzutrauen, soziale Kontakte aufzubauen oder aufrechtzuerhalten und den Alltag wieder eigenständig zu meistern. Ein Rollatortraining sollte möglichst abwechslungsreich und dabei alltagstauglich gestaltet sein:
Praxistipp | Verschiedene Untergründe lassen sich z. B. mit Sportmatten nachstellen, Hindernisse, Schwellen oder Absätze mit Springseilen, Yogablöcken oder Kissen. Auch hier darf es gerne etwas zackiger und mit Schwung zur Sache gehen, um auch das Herz-Kreislauf-System zu fordern und Schnellkraft sowie Reaktionsfähigkeit zu trainieren. Eine große Hilfe, gerade für unsichere Teilnehmer oder solche mit wenig Erfahrung kann hier der Austausch mit anderen Betroffenen sein, um sich Tipps oder einfach moralische Unterstützung abzuholen. |
- Fangen Sie ruhig bei Null an. Vermitteln Sie auch erfahrenen Teilnehmern erst einmal die korrekten Grundlagen oder lassen Sie sie wiederholen. Dazu gehören scheinbar simple Aspekte, wie das korrekte Einstellen des Rollators oder der Gehstützen auf die eigene Körpergröße. Allein schon das kann den alltäglichen Einsatz deutlich vereinfachen oder Fehlhaltungen und daraus resultierenden Beschwerden vorbeugen oder sie reduzieren.Korrektes Einstellen des Geräts kann Fehlhaltungen vorbeugen
- Das aktive Training am Rollator sollte im Fokus stehen. Dazu zählen sicheres Gehen, richtiges Bremsen, Kurvenfahren sowie das Überwinden von Hindernissen wie Türschwellen, Bürgersteigen oder unwegsamem Gelände. Aber auch Rolltreppen, Aufzüge oder das Ein- und Aussteigen in Bus und Straßenbahn können im Kurs simuliert werden. Beginnen kann man mit einfachen Koordinationsübungen. Dazu eignen sich etwa Plastikhütchen oder Stangen, mit denen man einen Slalomkurs aufbaut, den die Teilnehmer möglichst fehlerfrei durchkurven müssen – vielleicht sogar auf Zeit oder im direkten Vergleich zweier Teilnehmer gegeneinander.
- Die sichere Bewältigung des Alltags erfordert eine ausreichenden Grundkonstitution. Daher sollte ein allgemeines Kraft- und Ausdauertraining integraler Bestandteil des Kurses sein. Kraft etwa ist gerade für Senioren essenziell, da sie im Alter am schnellsten verloren geht. Auch hier bietet sich der Rollator als Trainingsgerät an: Kniebeugen oder Ausfallschritte mit Abstützen oder den Rollator gleich als Zusatzgewicht nutzen, um die Arme zu trainieren. Daneben sollten aber auch Hanteln, Therabänder oder – falls vorhanden – Geräte zum Einsatz kommen. Für die Ausdauer und ein speziell auf das Herz fokussiertes Training bietet sich High-Intensity-Interval-Training (HIIT) an (PP 12/2019, Seite 12). Was zunächst gerade für ältere Personen wenig geeignet scheint, hat sich in Wissenschaft und Praxis als hervorragender Ansatz erwiesen, um kurzfristig maximale Trainingserfolge zu erzielen. Vor allem das 4 x 4-Protokoll hat sich bewährt: Vier mal vier Minuten Belastung im intensiven Bereich mit jeweils einer dreiminütigen Pause zwischen den Belastungsphasen. Obligatorisch dafür ist eine ärztliche Freigabe.Kraft- und Ausdauer sollten im Kurs unbedingt trainiert werden
- Outdoor-Einheiten helfen, unter Realbedingungen zu trainieren. Dabei kann es sinnvoll sein, sich auch bei Wind und Regen hinauszuwagen, um die Anforderungen zu erhöhen, die Teilnehmer auf widrige Bedingungen einzustellen und außerdem gleich noch etwas für das Immunsystem zu tun.
In der Konzeption des Trainings sind Sie frei
Die fachliche Qualifikation, Rollatortraining anzubieten, bringen Sie als Physiotherapeut schon mit, eine Fortbildung ist nicht notwendig. Rollatortraining eignet sich besonders gut für kleinere Gruppen bis zu zehn Teilnehmern. Einerseits erlaubt diese Gruppengröße noch eine weitgehend individuelle Betreuung, andererseits müssen Sie bedenken, dass Rollatoren Platz benötigen und die Raumgröße entsprechend planen. Wie viel Platz Sie benötigen, hängt von Ihren Ideen und Vorstellungen für das Training ab.
Rollatoren machen Dreck, vergessen Sie den Putzlappen nicht! Praxistipp | Da die Teilnehmer mit ihren eigenen Rollatoren zum Training kommen, müssen Sie sich darauf einstellen, den Kursraum häufiger zu reinigen. Legen Sie ein paar Handtücher oder Lappen bereit, damit die Teilnehmer vor Beginn des Trainings notfalls noch die Reifen ihrer Rollatoren abwischen können. |
AUSGABE: PP 7/2025, S. 12 · ID: 50449035