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ArbeitsrechtMFA ändert Datum einer Heilmittelverordnung eigenmächtig – fristlose Kündigung rechtens

Abo-Inhalt05.06.2024668 Min. Lesedauer

| Angestellte in Arztpraxen, die eine Heilmittelverordnung eigenmächtig ändern, um eigene Fehler zu vertuschen, müssen mit einer fristlosen Kündigung rechnen (Landesarbeitsgericht [LAG] Thüringen, Urteil vom 28.02.2024, Az. 4 Sa 166/23). Zwar betrifft das Urteil eine Arztpraxis, es ist aber grundsätzlich auch auf Physiopraxen übertragbar. Denn Physiotherapeuten, die zugleich (sektorale) Heilpraktiker sind, stellen ebenfalls Heilmittelverordnungen aus. Zudem dürften heute wohl die meisten Physiopraxen über ein digitales Patientenverwaltungssystem verfügen, in dem zwar keine Verordnungen ausgestellt, aber abrechnungsrelevante Daten gespeichert werden. Idealerweise beugen Inhaberinnen und Inhaber von Physiopraxen Vertuschungsversuchen durch eine offene Fehlerkultur vor. |

MFA erhält Kündigung wegen Manipulation des Ausstellungsdatums, Kündigungsschutzklage bleibt in beiden Instanzen ohne Erfolg

Weil sie einen eigenen Fehler vertuschen wollte, änderte eine MFA in einer Arztpraxis das Ausstellungsdatum einer Heilmittelverordnung in der elektronischen Patientenakte (ePA) einer Patientin. Nach der Veränderung war das ursprüngliche Ausstellungdatum ohne größeren technischen Aufwand nicht mehr ersichtlich. Als die Praxischefin von der Manipulation erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos. Die MFA stritt die eigenmächtige Änderung der ePA ab und erhob Kündigungsschutzklage. Wie auch die Vorinstanz (Arbeitsgericht Gera) wies das LAG Thüringen die Klage ab.

So begründete das LAG Thüringen seine Entscheidung

Das LAG Thüringen erachtete die nachträgliche Veränderung von Daten in der ePA als schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Diese sei an sich schon ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung. Das Fachpersonal einer Arztpraxis sei arbeitsvertraglich verpflichtet, Daten in die Patientenakte sorgfältig sowie anweisungs- und wahrheitsgemäß einzutragen und nachträgliche irreführende bzw. unwahre Änderungen zu unterlassen.

Eine Abmahnung sei im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen: Denn durch den Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten sei das Vertrauen der Praxischefin in ihre Mitarbeiterin so stark erschüttert gewesen, dass auch eine Abmahnung nicht zu dessen Wiederherstellung beigetragen hätte (vgl. PP 02/2022, Seite 8). Verstärkend tritt noch hinzu, dass die MFA die Manipulation bis zuletzt abgestritten hatte (vgl. PP 10/2023, Seite 6 ff.).

Tipp für Praxisinhaber: Beugen Sie Vertuschungsversuchen durch eine offene Fehlerkultur vor!

Fachkräfte sind gerade in Physiotherapiepraxen schwer zu finden und Fehler sind menschlich. Damit Fehler gar nicht erst vertuscht werden, lohnt es sich, in der Praxis eine offene Fehlerkultur zu schaffen. Wie das gelingt, lesen Sie in PP 01/2024, Seite 14 ff.

AUSGABE: PP 7/2024, S. 3 · ID: 50052279

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