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PraxismarketingDie Physiotherapiepraxis als Nutzenbündel: So positionieren Sie sich im Gesundheitsmarkt
| Die professionelle Umsetzung des Praxismarketings gehört für jede physiotherapeutische Praxis heute zum Pflichtkanon professioneller Unternehmensführung. Eine nicht nur wissenschaftstheoretische, sondern sehr praxisnahe Betrachtungsweise ist dabei das Verständnis der Praxis als Nutzenbündel. Diese kann häufig bei der Ausgestaltung des eigenen Praxismarketings helfen. Hier Tipps für die Umsetzung in der Physiopraxis. |
Die Physiopraxis als Marke
Physiotherapiepraxen stehen aus den unterschiedlichsten Gründen und je nach Standort mit unterschiedlichem Marktdruck vor der Herausforderung, die eigene Praxis gegenüber anderen Praxen im regionalen Wettbewerbsumfeld zu positionieren und damit von Marktbegleitern zu differenzieren. Bei der Marke „Physiopraxis“ geht es deshalb um die Abgrenzung und Positionierung der eigenen von den anderen lokalen Physiotherapiepraxen („Praxismarken“). Im Kern ist die Marke für den Patienten eine Orientierungs- und Entscheidungshilfe bei physiotherapeutischen Leistungen (PP 12/2019, Seite 7):
- Physiopraxen befinden sich deshalb seit Jahren in einem Prozess zunehmender Professionalisierung des Marketings, der v. a. auch von Gründern und Übernehmern von Anfang an (meist schon bei Erstellung eines Businessplans) gefordert wird.
- Ebenso machen sich Anbieter im Geschäftsfeld Medical Fitness das klassische Marketing zunutze und wollen unter einer Marke wiedererkennbare und möglichst gleiche Leistungen anbieten, die der Patient bzw. Kunde überall gleich erwarten kann.
- Beide Entwicklungen treiben die Professionalisierung im Markt in puncto Marketing stark voran, da etablierte Praxen wiederum auf das Marketing von Gründern/Übernehmern sowie Ketten durch die eigene Professionalisierung der Kommunikation reagieren (müssen).
Es ist daher eher die Regel als die Ausnahme, dass die Praxis „markiert“ wird, um die eigene Praxis zu positionieren und von anderen Praxen abzugrenzen. Dazu gehören z. B. ein einheitliches Logo in allen Medien, klare Farbkonzepte von der Praxiseinrichtung bis hin zur Praxishomepage, einheitliche Kommunikationsvorgaben für das ganze Team (Argumentationslinien, bestimmte Begriffe z. B. für Selbstzahlerkurse usw.).
Diese einzelnen Merkmale der eigenen Praxis (Praxismarkenidentität) müssen klar sein und können quasi zu einem Nutzenbündel als Praxismarke zusammengeschnürt werden. Dieses Bündel verspricht und stiftet dem Patienten einen bestimmten Nutzen (Markenversprechen) und zeigt auf, wodurch es sich von anderen Nutzenbündeln (Praxen) unterscheidet. Damit wird die Frage beantwortet, warum ein Patient genau in diese eine Praxis kommen soll.
Exkurs: So definiert die BWL Marke und Marketing |
Marke ist die Summe von Vorstellungen (= Nutzenbündel), um sich abzugrenzen Die Betriebswirtschaftslehre (BWL) bezieht in den Marketing- und Markenbegriff immer wieder neue Trends und Veränderungen mit ein. Nach Gabler Wirtschaftslexikon 2019 ist eine Marke „[…] die Summe aller Vorstellungen […], die ein Markenname (Brand Name) oder ein Markenzeichen (Brand Mark) bei Kunden hervorruft bzw. beim Kunden hervorrufen soll, um die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“ Die „Vorstellungen“ werden „[…] durch Namen, Begriffe, Zeichen, Logos, Symbole oder Kombinationen dieser zur Identifikation und Orientierungshilfe bei der Auswahl von Produkten oder Dienstleistungen geschaffen.“ Der deutsche Marketing-Pionier Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Heribert Meffert definiert die Marke dann als „[…] Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig differenziert.“ (wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/marke-36974/version-260421, zitierfähige Version, Abrufdatum 19.06.2019). |
Die Leistungen der Physiopraxis gleichen einem „Eisberg“
Bevor Sie konkret überlegen, welche Merkmale Ihr Nutzenbündel formen, stellen Sie sich die Grundproblematik wie einen Eisberg vor: Der Patient möchte von Ihnen erstklassige physiotherapeutische Leistungs- und Ergebnisqualität (Primär- oder Basisbedürfnisse). Er geht davon aus, dass Sie Physiotherapie können, kann aber Ihre Leistungen nicht beurteilen, da er selbst keine therapeutische Ausbildung hat. Insofern konkurrieren hier Physiotherapeuten, die für ihn vermutlich dieselben (quasi unsichtbaren) Basisbedürfnisse bieten. Für die Beurteilung der Qualität einer Praxis zieht der Patient deshalb Sekundärbedürfnisse heran, die er beurteilen kann. Dazu zählen z. B. Beratung und Information, Funktionserhalt, Atmosphäre und Ambiente einer Praxis, Vertrauen- und Sicherheitsgefühl oder Ästhetik.
Diese sichtbaren Merkmale betreffen v. a. Neupatienten, die eine Praxis auswählen müssen – Bestandspatienten haben andere Informationsbedürfnisse, weil sie „ihre“ Praxis schon gefunden haben.
Beispiele |
Klassische Sekundärbedürfnisse zielen auf den Patienten, um zusammen mit weiteren Merkmalen Ersatzassoziationen aufzubauen, die auf den Gesamteindruck inklusive der Behandlung einwirken und das individuelle Nutzenbündel der Praxis schnüren. Dazu gehören z. B. der optische Eindruck der Behandlungräume oder von Bildern, vor der bewusst auffallend aufgebauten Vibratorplatte über die Lampen bis hin zur Rezeption. Manche Praxen bieten im Wartezimmer Wasser und/oder Kaffee an oder haben ihre Mitarbeiter in Sachen Rhetorik/Kommunikation geschult. |
So kann sich die Physiopraxis positionieren
Um sich zu positionieren, sollten Sie zunächst – allein und/oder im Team – aus Patientensicht typische Fragen zu Ihrer Physiopraxis beantworten, z. B.:
- Wofür steht meine Praxismarke? Wofür stehen wir? (Philosophie versus Behandlungskonzept)
- Was macht uns besonders? Was sind unsere Stärken? Was ist unser „Nutzenbündel“?
- Was machen wir anders als andere Praxen in der Region?
- Was machen wir anders als Praxen in der Region mit ähnlichem Schwerpunkt?
- Was sind unsere Positionierungsmerkmale und welche Zielgruppen sind damit verbunden?
Nun können Sie überlegen, welche Positionierungsmerkmale individuell vorliegen und/oder – z. B. vor dem Hintergrund des regionalen Wettbewerbsumfeldes – weiter ausgeprägt werden sollten:
Mögliche Positionierungsmerkmale einer Praxis (nicht abschließend) |
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Diese Positionierungsmerkmale können dann in den relevanten Medien regional an Patienten und potenzielle Patienten kommuniziert werden.
AUSGABE: PP 7/2024, S. 16 · ID: 50070870