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Lph 8Wer koordiniert die Ausführenden?

Top-BeitragAbo-Inhalt18.12.20244 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin in Carla Witte, Weimer & Partner Rechtsanwälte PartG mbB

| Immer wieder kommt es zu Unstimmigkeiten, wie weit die Koordinierungspflicht des objektüberwachenden Architekten in der Lph 8 geht. Aus Unsicherheit über die tatsächliche Leistungsgrenze werden Leistungen erbracht, die vertraglich nicht geschuldet sind. Dazu gehört auch die Koordination der Ausführenden, bei der es sich aber keineswegs um eine Grundleistung handelt. Warum das so ist, erläutert Ihnen dieser Beitrag. |

Alte Rechtsprechung sah den Architekten in der Pflicht

Das Leistungssoll des Architekten ergibt sich aus dem Vertrag und nicht aus der HOAI. Gleichwohl ist eine gegenteilige Auffassung verbreitet. Das ausgeklügelte System der HOAI führt die regelmäßig nachgefragten Planungsleistungen strukturiert auf und gliedert die Einzelaufgaben nach Leistungsbildern und Leistungsphasen in Grund- und Besondere Leistungen, mit dem Ziel der Festlegung einer angemessenen Vergütung. Darin erschöpft sich der Sinn und Zweck der HOAI. In der Praxis hat es sich aber eingebürgert, das Leistungssoll an den Leistungskatalogen der HOAI zu orientieren. Das Pferd wird somit von hinten aufgezäumt. Die Honorarordnung wird vertraglich zur Definition des Leistungssolls herangezogen.

Vielfach heißt es, der Planer habe alle Grundleistungen zu erbringen, soweit diese nicht in einer als Anlage dem Vertrag beigefügten Kopie der maßgeblichen Leistungskataloge gestrichen wurden. Assoziiert wird mit einer solchen annähernd vollständigen Beauftragung von Grundleistungen – insbesondere der Lph 8 – ein Rundum-Sorglos-Paket. Nach verbreiteter Auffassung schuldet der bauüberwachende Architekt nicht weniger, als dass „alles perfekt läuft“. Gestützt wurde diese Auffassung über viele Jahre durch die Rechtsprechung des BGH (u. a. Urteil vom 26.11.1959, Az. VII ZR 120/58):

Auszug aus dem BGH-Urteil von 1959

„Die planende wie die bauleitende Tätigkeit des Architekten dienen der Herbeiführung desselben Erfolges (§ 631 Abs. 2 BGB), der Erstellung des Bauwerks. Der auch mit der Oberleitung und Bauführung betraute Architekt schuldet zwar nicht das Bauwerk selbst als körperliche Sache. Er hat aber durch zahlreiche ihm obliegende Einzelleistungen dafür zu sorgen, dass das Bauwerk plangerecht und frei von Mängeln entsteht und zur Vollendung kommt.“

Zahlreich trifft es hier gut. Zwar mögen die seinerzeit vom BGH exemplarisch aufgelisteten Einzelleistungen vom Architekten zu erbringen gewesen sein. Der BGH konstatierte seinerzeit, dass „alle diese Tätigkeiten der Verwirklichung des im Bauplan verkörperten geistigen Werks dienten“. Das mag zutreffen. Zu weit gehen dürfte allerdings der Schluss, alle diese Tätigkeiten dienten dem Zweck, den dem Bauherrn geschuldeten Erfolg, nämlich die mangelfreie Errichtung des geplanten Bauwerks, zu bewirken. Später erkannte auch die Rechtsprechung, die an den Architekten zu stellenden Anforderungen dürften nicht überspannt werden. So konstatierte der BGH in seinem Urteil vom 11.12.1975, Az. VII ZR 7/74, der Architekt müsse zwar die Tätigkeiten aller an der Errichtung des Bauwerks beteiligten Unternehmer koordinieren. Allerdings sei diese Pflicht nicht unbegrenzt. Sie ende dort, wo es sich um die Abstimmung der Leistungen von Sonderfachleuten handelt, deren Fachgebiete der Architekt nicht zu beherrschen braucht.

HOAI und VOB/B sprechen andere Sprache

Der Wortlaut der maßgeblichen Grundleistung der „zum Leistungssoll“ gemachten HOAI (Anlage 10.1, Leistungsbild Gebäude und Innenräume, Grundleistungen) spricht jedoch für engere Grenzen der Koordinationspflicht des bauüberwachenden Architekten:

Die HOAI im Wortlaut: Lph 8 - Objektüberwachung: Grundleistungen

c) Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten.

Hiernach bezieht sich die Koordinationspflicht des Architekten eindeutig auf die Personen, die fachlich an der Objektüberwachung beteiligt sind und eben nicht auf „alle an der Errichtung des Bauwerks beteiligten Unternehmer“. Andere an der Objektüberwachung fachlich Beteiligte sind die beteiligten Fachplaner, insbesondere der TA, die in Bezug auf ihre Leistungsbereiche an der Objektüberwachung beteiligt sind (vgl. BeckOK HOAI/Haack/Heinlein HOAI § 34 Rz. 196).

Die vorgenannte Rechtsprechung stammt aus „Prä-HOAI-Zeiten“. Sie kann daher nicht vollständig zur Beurteilung der Koordinationspflichten des mit den Grundleistungen der Lph 8 der HOAI beauftragten Architekten herangezogen werden. Betrachtet man also nicht nur die HOAI, sondern daneben auch die VOB/B und das BGB, ergibt sich folgende Aufgabenverteilung: Der Bauherr hat gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VOB/B u. a. die Aufgabe, „das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln.“ Dass diese Pflicht durch die Beauftragung eines Architekten mit den Grundleistungen der Lph 8 der HOAI auf den Architekten übertragen wird, ist ein verbreiteter (Trug-)Schluss. Der mit den Grundleistungen der Lph 8 der HOAI beauftragte Architekt schuldet nicht die Projektsteuerungsaufgaben des Bauherrn (vgl. BeckOK HOAI/Haack/Heinlein HOAI § 34 Rz. 197).

Fazit | Die von der Grundleistung umfasste Koordinationsaufgabe des Architekten beschränkt sich im Rahmen der Lph 8 der HOAI auf eine federführende zeitliche und inhaltliche Abstimmung der Leistungen der fachlich an der Objektüberwachung Beteiligten mit seinen (Objektplaner-)Leistungen (vgl. Fuchs/Berger/Seifert/Seifert/Fuchs HOAI § 34 Rz. 305). Der bauüberwachende Architekt kann natürlich neben der Erbringung der Grundleistungen der Lph 8 weitere Aufgaben (z. B. Koordination der ausführenden Unternehmen) übernehmen. Solche weiteren Leistungspflichten sind dann aber im Vertrag sowohl hinsichtlich des Aufgabenumfangs als auch hinsichtlich der hierfür zu leistenden Vergütung zu regeln.

AUSGABE: PBP 1/2025, S. 4 · ID: 50264550

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