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HonorargestaltungTrotz Neuerungen in der HOAI 202X: Die (Honorar) Musik wird künftig verstärkt im BGB gespielt

Abo-Inhalt04.01.20247 Min. Lesedauer

| Der Reformprozess der neuen HOAI ist im Gange. Die fachlichen Änderungen halten sich allerdings in Grenzen. Nach dem, was aus dem Gutachten bekannt ist, wird es eine behutsame Modernisierung geben. Die nachfolgend vorgestellten wichtigsten Neuerungen zeigen, dass weder Leistungsphasen noch Leistungsbilder völlig neu aufgestellt werden. Unterm Strich dürfte das dazu führen, dass das BGB als „Honorarinstrument“ wichtiger werden wird. Doch lesen Sie selbst. |

Das sind die 15 wichtigsten angedachten Neuerungen

Nachstehend stellt PBP Ihnen die 15 wichtigsten Neuerungen vor, wie sie für die HOAI vorgesehen sind.

1. HOAI bleibt Orientierungshilfe

Die preisrechtliche Unverbindlichkeit der HOAI 202X wird bleiben. Jedoch bleiben auch die bisherigen Auffangtatbestände gemäß § 7 Abs. 1 HOAI 2021 bestehen, wonach z. B. bei Planungsnachträgen immer dann, wenn eine Honorarregelung für die Änderungsleistungen nicht zustande kommt, die Honorare gemäß HOAI Anwendung finden (siehe auch § 650q BGB). Das dürfte auch künftig bei mündlichen Planungsnachträgen so gelten. Es wird also weiterhin wichtig sein, eine klare Leistungsvereinbarung zu treffen.

2. Bauen im Bestand – mitzuverarbeitende Bausubstanz

Die Regelungen zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten aus mitzuverarbeitender vorhandener Bausubstanz sollen im Wesentlichen bestehen bleiben. Statt der bisherigen „angemessenen Berücksichtigung“ soll eine konkrete Ermittlung im Zuge der Lph 3 erfolgen. Es wird versucht, die rechnerische Herleitung etwas zu vereinfachen, indem der Abminderungsfaktor für Erhaltungszustand und Leistungsfaktor als Regel vorgegeben wird.

Praxistipp | Nach wie vor bleibt es dabei, dass Planungsbüros den baufachlichen Umfang der mitzuverarbeitenden Bausubstanz im Zuge der Lph 3 objektbezogen ermitteln (siehe auch § 4 Abs. 3 HOAI 2021). Die künftig anzuwendende Formel könnte lauten: mvB = Menge x Kostenkennwert x Abminderungsfaktor. Die Gliederungstiefe wird sich künftig dann aus der DIN 276/2018 ergeben.

3. Bauen im Bestand – Umbauzuschlag

Der Umbauzuschlag soll künftig prinzipiell frei vereinbar bleiben, wobei sich die Höhe des Zuschlags an verschiedenen Merkmalen orientieren soll, z. B. Integration, Flexibilität, Risiko, Komplexität und Organisation. Unverändert bleiben soll der Umbauzuschlag mit 20 Prozent ab durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad bei fehlender schriftlicher Vereinbarung.

4. Kostenermittlungen künftig gemäß DIN 276/2018

Die Kostenermittlungen sollen künftig nach DIN 276/2018 erfolgen. Hoffentlich wird auch die jeweilige Tiefenschärfe der Kostenermittlungen in den entsprechenden Leistungsbildern klar geregelt. Hier dürfte es Zusatzaufwand und Schnittstellenklärungsbedarf geben.

Praxistipp | Achten Sie bei Vertragsabschlüssen auf die Feinheiten und regeln Sie den inhaltlichen Vertragsgegenstand, die zu beplanenden Kostengruppen und die Ebene der Kostengliederung (insbesondere bei Umbauten) eindeutig. Sonst drohen Endlosdiskussionen.

5. Konkrete HOAI-Regelung zu verzögerten Vertragsabwicklungen

Es ist zu erwarten, dass es eine Regelung für abschnittsweise Planungs- und Bauabwicklung geben wird. Freuen Sie sich nicht zu früh, die Regelung wird wohl sehr allgemein ausfallen. Verzögerungen werden wahrscheinlich auch künftig nach dem Regelwerk des BGB zu behandeln sein.

Praxistipp | Es ist somit auch in Zukunft wichtig, eine (terminliche) Geschäftsgrundlage bereits im Zuge der Vertragsanbahnung und des Vertragsabschlusses herzustellen. Das geht z. B. so:
  • VgV-Verfahren: Angabe zur terminlichen Herangehensweise (Folien mit Grobbalkenplan und evtl. Personaleinsatzplan = zwei Folien im VGV-Verhandlungstermin), mit anschließender Aufnahme dieser Dokumente in die Vertragsgrundlagen.
  • Bei Vertragsverhandlungen und -abschlüssen mit privaten Auftraggebern legen Sie zunächst einen groben Terminplan fest. Dieser sollte die für Sie wichtigen Meilensteine und die vom Auftraggeber zu treffenden Entscheidungen/Mitwirkungen enthalten und um einen Personaleinsatzplan ergänzt werden.

6. Örtliche Bauüberwachung bei Ing.bauwerken und Verkehrsanlagen

Es ist vorgesehen, die örtliche Bauüberwachung wieder in die Grundleistungen bei den Leistungsbildern Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen einzustellen. Vermutlich wird sich die Regelung an früheren Regelungen orientieren (z. B. § 57 Abs. 2 HOAI 2002), jedoch mit aktuellen Honorarwerten, die noch nicht entwickelt sind.

Praxistipp | Wichtig ist auch hier, dass Sie eine terminliche Geschäftsgrundlage schaffen (siehe oben Ziff. 5). Damit werden spätere Honoraranpassungen bei Störung der Geschäftsgrundlage erleichtert.

7. Objektüberwachung in Lph 8 bei der Tragwerksplanung

Es soll eine Objektüberwachung als Grundleistung im Leistungsbild Tragwerksplanung eingeführt werden. Hier stellt sich die Frage, wie eine Leistung, deren tatsächlicher Aufwand sehr stark von individuellen Aspekten abhängig ist, in ein Regelwerk gegossen werden kann. Möglicherweise bietet sich eher ein Zeithonorar mit angemessenen Stundensätzen an. Das wäre in den Vertragsverhandlungen abzustimmen und in Textform festzuhalten.

8. Variantenanzahl in der Lph 2 wird limitiert

Ein alter Streitpunkt wird endlich durch eine klare Regelung gelöst: In der Lph 2 wird die Anzahl der Varianten auf maximal drei Varianten begrenzt. In einigen Leistungsbildern (z. B. Verkehrsanlagen) war das schon der Fall. Künftig soll das auch in den Leistungsbildern Gebäude und Ingenieurbauwerke gelten.

Praxistipp | Die Varianten sollen nach dem Willen des Verordnungsgebers offenbar ohne Maßstabsanforderungen erarbeitet werden können. Wie das bei komplexen Projekten mit digitalen Planungsprozessen, Anforderungen an die planungskongruente Kosteninformationen in Lph 2 und einer dem Auftraggeber zu liefernde Entscheidungsgrundlage funktionieren soll, wird spannend.

9. Freianlagen – wer die Fachplanung koordiniert

Die ständige Diskussion, wer bei der Objektplanung der Freianlagen die Fachplaner koordiniert, soll nun als endgültige Klarstellung geregelt werden. Es trifft den Objektplaner für Freianlagen.

10. Honorarzonen – es könnte spannend werden

Das Thema Honorarzoneneingruppierung sorgt seit Jahrzehnten für Streit und viele Gerichtsverfahren. Offenbar soll ein neuer Anlauf gestartet werden, die Regeln zu vereinfachen. In Rede steht eine neue Regelungskaskade zur Honorarzonenbestimmung:

  • 1. Präferenz: Nach Objektliste
  • 2. Präferenz: Nach Bewertungsmerkmalen
  • 3. Präferenz: Nach Bewertungspunkten

Wichtig | Das Ganze wird nur dann zum Ziel führen, wenn auch die Objektlisten neu und hinreichend präzise aufgestellt werden, ansonsten gibt es neue Streitpunkte. Das gilt z. B. für die wichtige Frage, wie sich die wichtigen Kriterien „Einbindung in Umgebung“ und „Gestaltung“ in der neuen Objektliste des Leistungsbilds Gebäude widerspiegeln. Ähnlich sieht es in den anderen Leistungsbildern aus.

11. BIM-Methode als Grund- und Besondere Leistung

Es soll ein Regelprozess mit Anwendung der BIM-Methode in die HOAI-Grundleistungen integriert werden. Darüber hinaus sollen anteilige BIM–Leistungen zu den Besonderen Leistungen zählen.

Praxistipp | Selbst wenn die HOAI das BIM-Thema einmal regeln sollte, sei Ihnen empfohlen, konkrete und einzelfallbezogene BIM-Leistungs- und Honorarregelungen in die Verträge aufzunehmen.

12. Umbauzuschlag bei neuer TA im Altbau

Nach der herrschenden Rechtsprechung war es beim Bauen im Bestand schwer, den Umbauzuschlag durchzusetzen, wenn eine komplett neue Technische Ausrüstung (TA) geplant wurde. Das soll mit der künftigen HOAI anders werden. Liegt danach ein Umbau vor, fällt auch bei komplett neuer TA ein Umbauzuschlag an. Diese Klarstellung ist fachlich berechtigt, denn beim Bauen im Bestand hat die TA eine Reihe von baufachlichen Zwangspunkten erschwerend zu beachten.

13. Zu- und Abschläge beim Honorarsatz

Es wird davon auszugehen sein, dass Zu- oder Abschläge gegenüber den künftigen Regelsätzen dahingehend geregelt werden, dass diese Zu- und Abschläge auch in Zukunft möglich sein sollen (z. B. bei HOAI 2021: zehn Prozent Zuschlag zum Mindestsatz).

14. Honorartafelwerte aufweiten und als Mittelwert regeln

Es kann passieren, dass in der HOAI 202X in den Honorartafeln nur noch ein mittlerer Honorarsatz angegeben wird, die aktuell geltenden Basishonorarsätze und oberen Honorarsätze also entfallen. Vermutlich werden auch die seit den 70er Jahren unveränderten Tafelwertbereiche deutlich ausgeweitet.

Wichtig | Die mittleren Honorarwerte sind prinzipiell ein Fortschritt. Im Saldo droht aber – aufgrund der in Zukunft zu erwartenden anzugebenden Zu- oder Abschläge (in Prozent) – eine komplette Neutralisierung. Spannender Vorteil dürfte jedoch sein, dass Ihnen bei Planungsänderungen und fehlender Einigung mit dem Auftraggeber mehr Honorar als bisher (unterer Honorarsatz = Basishonorar) zustehen könnte.

15. Nachhaltigkeit soll Planungsinhalt werden

Die HOAI versucht, Nachhaltigkeit in die Planungsleistungen zu integrieren, allerdings nur mit allgemein gehaltenen Regeln. Beispiel aus dem künftigen Text in § 2 HOAI: „Nachhaltigkeit bedeutet, bei der Planung die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekte über den Lebenszyklus zu berücksichtigen. Hierbei sind insbesondere die Ressourcenschonung, der Klimaschutz und die Energieeffizienz zu beachten.“

Die Nachhaltigkeit taucht auch in den Grundleistungen in Lph 2 in verschiedenen Leistungsbildern auf. Besondere Nachweisführungen zur Nachhaltigkeit werden Besondere Leistungen sein.

Erstes Fazit: Vertragsinhalt und BGB wird wichtiger

So begrüßenswert die behutsame Modernisierung der HOAI auch ist. Es ist zu befürchten, dass sie nicht Schritt hält mit dem dynamischen technischen Fortschritt, den immer stärker digitalisierten Planungsprozessen und der steigenden Komplexität sowie Ökonomisierung der Planung. Einige Punkte werden verbessert, aber viele Neuregelungen dürften neuen Auslegungsspielraum und damit Auseinandersetzungen provozieren.

Praxistipp | Sicher ist, dass es für Sie immer wichtiger wird, den Vertragsgegenstand aus fachlicher, technischer und terminlicher Sicht so genau wie möglich zu definieren. Vertragsmanagement lautet für Planungsbüros das Gebot der Stunde bzw. Zukunft – bei zunehmend komplexeren Planungs- und Bauaufgaben ist das wichtiger denn je.

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AUSGABE: PBP 1/2024, S. 4 · ID: 49834797

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