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Teil 1BZÄK veröffentlicht sechs neue Stellungnahmen

Abo-Inhalt29.08.20241674 Min. LesedauerVon Sabine Schmidt, Abrechnungsexpertin, Weinstadt

| Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat im August sechs neue Stellungnahmen veröffentlicht. Nachfolgend (und in Teil 2 in Ausgabe 10/2024) fassen wir die Kernaussagen der einzelnen Stellungnahmen für Sie zusammen (Volltext unter iww.de/s11469). In Teil 1 zu diesen Themen: Ausfallhonorar, Kosten für die Kopie der Patientenakte, Honorierung einer Auskunftserteilung an private Krankenversicherungen und in Teil 2 zur Reichweite der GOZ, der Vergütung analoger Leistungen und zu Beratungsleistungen. |

Ausfallhonorar – Anspruch auf Schadenersatz

Immer häufiger halten Patienten ihre Termine nicht ein. Handelt es sich um längere Termine entsteht der Praxis durch den Ausfall ein finanzieller Verlust. Die Rechtslage zur Berechnung eines Ausfallhonorars ist bislang sehr unterschiedlich. Aus diesen Gründen sorgt die neue Stellungnahme der BZÄK für etwas mehr Transparenz.

Welche Fakten sind laut der neuen Stellungnahme elementar für die Berechnung des Ausfallhonorars?

  • 1. Der Patient/die Patientin muss im Vorfeld darüber informiert werden, dass der Termin ausschließlich für ihn/sie reserviert wurde und bei nicht rechtzeitiger Absage ein Ausfallhonorar berechnet wird. Die spannende Frage war bislang, in welcher Form der Patient informiert werden muss. Die BZÄK äußert sich dahin gehend, dass die individuelle Vereinbarung sowohl auf dem Anamnesebogen, gesondert in einem Schriftstück oder im Heil- und Kostenplan für die beabsichtigte Behandlung erfolgen kann. Die BZÄK hebt aber hervor, dass der Hinweis auf das Ausfallhonorar nicht im Kleingedruckten stehen sollte, sondern optisch hervorgehoben werden muss.
  • 2. Es muss sich um eine Praxis handeln, die mit Terminvorlauf arbeitet und in der länger andauernde Termine dem Patienten als Exklusivtermin zugesichert werden. Kein Anspruch würde laut Aussage der BZÄK beispielhaft entstehen, wenn die Praxis zwar Termine vergibt, die Patienten dann aber in der Reihenfolge des Erscheinens behandelt werden oder Termine mehrfach vergeben werden.
  • 3. Dem Patienten muss eine Frist zur Absage des Termins genannt werden, z. B. 24 Stunden. Die Frist kann individuell von der Praxis festgelegt werden. Zu lange ausgedehnte Fristen wirken im Prozessfall eher ungünstig. Die Praxis muss über die normalen Kommunikationswege erreichbar sein, damit der Patient auch die Möglichkeit hat, den Termin abzusagen. Dies könnte bei manchen Terminen kritisch werden (z. B. montagmorgens erster Termin). Laut BZÄK ist bei kurzfristiger Terminabsage und unmittelbarer Vergabe eines neuen Termins auch kein Ausfallhonorar berechnungsfähig.
  • 4. Es muss zwingend dokumentiert werden, dass in dieser Zeit keine anderen Patienten behandelt werden konnten. Spannend ist die Aussage der BZÄK, dass sich der Zahnarzt nicht auf mögliche Verwaltungs- oder sonstige Tätigkeiten verweisen lassen muss, die mit einer Vergütung zusammenhängen. Diese Auffassung wurde bislang kontrovers diskutiert. Häufig wurde in der Vergangenheit die Aussage getroffen, dass auch keinerlei Verwaltungstätigkeiten durchgeführt werden dürfen.
  • 5. Bezüglich der Honorierung skizziert die BZÄK verschiedene Möglichkeiten:
    • a. Kalkulatorische Zugrundelegung der Gebühren für die Leistungen, die bei dem betreffenden Termin erbracht worden wären. Wichtig ist, dass hier nicht die Leistungen berechnet werden dürfen, sondern eine Umwandlung in einen Eurobetrag erfolgen muss.
    • b. Ermittlung des durchschnittlichen Praxisgewinns (mithilfe des Steuerberaters), bezogen auf die Dauer des Termins.
    • c. Zugrundelegung des Stundenkostensatzes der Praxis.
    • d. Berechnung eines mit dem Patienten individuell bestimmten Betrages für den Fall des Nichterscheinens.
  • Das Fazit der BZÄK lautet, dass die Praxis Sorge dafür tragen sollte, dass für den Fall einer prozessualen Auseinandersetzung eine fallbezogene Ermittlung des Schadens vorgelegt werden kann.

Kosten für die Kopie einer Patientenakte

Die BZÄK nimmt in dieser Stellungnahme zunächst Bezug auf die gesetzlichen Bedingungen zur Aushändigung der Patientenakte und deren Vergütung.

  • Maßgeblich hierfür sind das Patientenrechtegesetz mit § 630 g – dieses regelt, dass der Patient ein Recht auf Einsichtnahme in die Patientenakte und auf Aushändigung von Kopien hat. Der Paragraf regelt eindeutig, dass der Zahnarzt hierfür Entgelt fordern kann.
  • Dem entgegen steht die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Diese regelt in Art. 15, dass die erste Kopie kostenlos zur Verfügung gestellt werden muss. Für alle weiteren Kopien darf der Zahnarzt eine Gebühr berechnen.

Letztendlich wurde die kontroverse Auffassung nun durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) geklärt. Dieser entschied am 26.10.2023 (Az. C 307/22), dass die erste Kopie der Patientenakte auf Verlangen des Patienten kostenlos zur Verfügung gestellt werden muss. Der Patient ist nicht verpflichtet, eine Begründung abzugeben, aus welchen Gründen er die Unterlagen anfordert. Im Verhältnis hat somit das europäische Recht Vorrang vor dem nationalen Recht.

Tipp | Lesen Sie zum Thema Akteneinsicht ausführlich den Beitrag „Wenn die Patientenakte angefordert wird“ in PA 03/2024, Seite 17. Im Beitrag wird anhand von zwei Beispielen aus der Praxis die Sachlage veranschaulicht.

Honorierung der Auskunftserteilung an PKVen

Das Thema „Honorierung der Auskunftserteilung an PKVen“ betrifft Zahnarztpraxen in regelmäßigen Abständen und führt hin und wieder auch dazu, dass das Verhältnis zwischen Zahnarzt bzw. Zahnärztin und Patient darunter leidet.

Die Stellungnahme der BZÄK erläutert zunächst

  • den Behandlungsvertrag, den der Patient mit dem Zahnarzt trifft sowie
  • den Versicherungsvertrag, den der Patient mit seiner Versicherung schließt.

Private Krankenversicherungen (PKVen) haben ein Interesse daran, vom Versicherten erweiterte Auskünfte zu erhalten, um den Versicherungsfall und somit die Erstattung der Rechnung klären zu können. Die rechtlichen Grundlagen hierzu findet man in § 31 Abs. 10 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und § 9 Abs. 2 der Musterbedingungen für Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK). Diese Pflicht zur Auskunftserteilung trifft ausschließlich den Versicherungsnehmer und entgegen der Auffassung einiger Krankenversicherungen nicht den Zahnarzt. Dieser hat keinerlei Vertragsverhältnis zur Versicherung des Patienten.

Somit muss der Zahnarzt auch direkt an ihn gerichtete Anfragen der Versicherung nicht beantworten. In den meisten Fällen wenden sich die Krankenversicherungen daher erfahrungsgemäß direkt an den Patienten. Der Zahnarzt hat in diesem Zusammenhang die Pflicht, wie zu Beginn bereits erwähnt, die erste Kopie der Patientenakte kostenlos auszuhändigen.

Die BZÄK stellt ganz klar fest, dass mehrseitige Fragebögen, umfangreiche Bescheinigungen und Stellungnahmen vom Zahnarzt nicht erwartet werden können, da sie ausschließlich der Feststellung des Versicherungsfalles dienen. Daher sind diese Tätigkeiten nicht vom Berufsbild des Zahnarztes erfasst und auch nicht nach GOZ bzw. GOÄ zu vergüten.

Die Honorierung erfolgt auf Basis der Kalkulationsgrundlage des Stundenkostensatzes der Praxis. Die BZÄK weist jedoch ergänzend darauf hin, dass übergeordnet die Angemessenheit unter Beachtung von § 138 BGB zu beachten ist.

Die seitens der PKVen vorgeschlagene Berechnung nach der Gebührenziffer Ä75 greift somit keinesfalls.

Die BZÄK empfiehlt, im Vorfeld eine Honorarvereinbarung über die Höhe der Vergütung zu treffen, um im Falle einer prozessualen Auseinandersetzung argumentieren zu können.

Fortsetzung folgt ...
  • In der nächsten Ausgabe befassen wir uns mit den restlichen drei Stellungnahmen zu den Themen Reichweite der GOZ, Vergütung analoger Leistungen und zu Beratungsleistungen.

AUSGABE: PA 9/2024, S. 2 · ID: 50135860

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