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Der praktische FallWachstumschancengesetz: Degressive AfA wieder befristet eingeführt

Leseprobe15.05.2024554 Min. Lesedauer

| Sie ist wieder da: Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Mit dem Wachstumschancengesetz (BGBl I 24, Nr. 108) wurde die als Investitionsanreiz gedachte Abschreibungsmethode wieder eingeführt – und zwar erneut befristet und mit einem niedrigeren AfA-Satz als zuvor. Der praktische Fall zeigt, was es zu beachten gilt. |

Inhaltsverzeichnis

1. Sachverhalt

Schreinermeister Max Meise betreibt seit vielen Jahren ein erfolgreiches Einzelunternehmen. Seinen Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich. Für das Jahr 2023 wurde ein Gewinn i. H. von 350.000 EUR ermittelt.

Im Zuge der Jahresabschlussbesprechung für 2023 teilt Meise seinem Steuerberater mit, dass er Ende 2024 oder Anfang 2025 investieren möchte. Er benötigt vier neue Schleifmaschinen, die jeweils 17.500 EUR kosten werden. Die jeweilige Nutzungsdauer beträgt 8 Jahre. Der Steuerberater teilt Meise mit, dass es sinnvoll sein kann, die Maschinen bereits in 2024 anzuschaffen. Auf Nachfrage erläutert der Steuerberater die Gründe hierfür.

2. Lösung

2.1 Degressive Abschreibung im Zeitreihenvergleich

Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.19 und vor dem 1.1.23 angeschafft oder hergestellt wurden, kann der Steuerpflichtige statt der linearen eine degressive Abschreibung von 25 % (höchstens das 2,5-Fache der linearen Abschreibung) wählen.

Die als Investitionsanreiz gedachte degressive Abschreibung wurde nun wieder eingeführt – und zwar erneut befristet für Anschaffungen oder Herstellungen nach dem 31.3.24 und vor dem 1.1.25. Der Abschreibungssatz wurde auf 20 % (höchstens das 2-Fache der linearen Abschreibung) reduziert.

Im Zeitreihenvergleich ergibt sich für die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 2 EStG folgendes Bild:

Datum der Anschaffung/Herstellung

Degressive AfA

Degressiver AfA-Satz

Höchstens

nach 31.12.19 und vor 1.1.23

möglich

25 %

2,5-Fache der linearen AfA

nach 31.12.22 und vor 1.4.24

nicht möglich

nach 31.3.24 und vor 1.1.25

möglich

20 %

2-Fache der linearen AfA

nach 31.12.24

nicht möglich

2.2 Rechtliche Grundlagen für die lineare und degressive AfA

Bei der linearen AfA (§ 7 Abs. 1 EStG) werden die Anschaffungskosten des abzuschreibenden Wirtschaftsguts gleichmäßig auf die Jahre der Nutzungsdauer verteilt. Die jährlichen Abschreibungsbeträge bleiben somit über den gesamten Abschreibungszeitraum konstant.

Bei der degressiven AfA wird der Abschreibungsbetrag nur im ersten Jahr auf Basis der Anschaffungskosten ermittelt. In den folgenden Jahren wird der Abschreibungsbetrag dann auf der Grundlage des Restbuchwerts bestimmt. Da der Restbuchwert von Jahr zu Jahr kleiner wird, sinken auch die jährlichen Abschreibungsbeträge.

Merke | Sowohl die lineare als auch die degressive AfA sind als planmäßige Abschreibungsmethoden handelsrechtlich anerkannt (§ 253 Abs. 3 S. 1 und S. 2 HGB). Wahlrechte, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich bestehen, können in der Handels- und Steuerbilanz unterschiedlich ausgeübt werden (BMF 12.3.10, IV C 6 - S 2133/09/10001). Somit kann in geeigneten Fällen steuerlich degressiv (Gewinnminimierung) und handelsrechtlich linear (Optimierung des Eigenkapitals) abgeschrieben werden.

Die degressive Abschreibung setzt voraus, dass es sich um ein bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelt. Demzufolge haben nur die Gewinneinkunftsarten (§§ 13, 15, 18 EStG) die Möglichkeit, degressive Abschreibungen vorzunehmen.

Beachten Sie | Für die Überschusseinkunftsarten (beispielsweise Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) lässt sich die degressive Abschreibung nicht nutzen.

Sowohl die lineare als auch die degressive Abschreibung werden bei unterjähriger Anschaffung oder Herstellung nur zeitanteilig gewährt (§ 7 Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 3 EStG). Wirtschaftlich betrachtet macht eine Wahl der degressiven Abschreibung für Anschaffungen ab dem 1.4.24 nur Sinn, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer mindestens sechs Jahre beträgt. Denn bei einer Nutzungsdauer von fünf Jahren oder weniger beläuft sich bereits die lineare Abschreibung auf 20 % pro Jahr (oder mehr), während die degressive Abschreibung auf maximal 20 % gedeckelt ist.

§ 7 Abs. 3 EStG eröffnet die Möglichkeit, von der degressiven zur linearen Abschreibung zu wechseln. Um das Abschreibungsvolumen schnellstmöglich zu nutzen, sollte der Wechsel in dem Jahr erfolgen, in dem die degressive AfA erstmalig unterhalb der linearen AfA liegt. Wird ein Wechsel vorgenommen, ist nach dem Wechsel die künftige lineare Abschreibung durch eine Verteilung des noch nicht abgeschriebenen Restbuchwerts auf die Restnutzungsdauer zu berechnen.

2.3 Konkrete steuerliche Auswirkungen für Max Meise

Die folgende Tabelle zeigt die Auswirkungen bei linearer und degressiver Abschreibung, wenn M. Meise die Schleifmaschinen am 1.11.24 anschaffen würde.

Abschreibung im Überblick

Jahr

Linear

Degressiv

Degressiv, dann linear

AfA

RBW

AfA

RBW

AfA

RBW

2024 (2/12)

1.458,33

68.541,67

2.333,33

67.666,67

2.333,33

67.666,67

2025

8.750,00

59.791,67

13.533,33

54.133,34

13.533,33

54.133,34

2026

8.750,00

51.041,67

10.826,67

43.306,67

10.826,67

43.306,67

2027

8.750,00

42.291,67

8.661,33

34.645,34

8.661,33

34.645,34

2028

8.750,00

33.541,67

6.929,07

27.716,27

7.168,00

27.477,34

2029

8.750,00

24.791,67

5.543,25

22.173,02

7.168,00

20.309,34

2030

8.750,00

16.041,67

4.434,60

17.738,42

7.168,00

13.141,34

2031

8.750,00

7.291,67

3.547,68

14.190,74

7.168,00

5.973,34

2032 (Restwert)

7.291,67

0,00

14.190,74

0,00

5.973,34

0,00

∑ Abschreibung

70.000

70.000

70.000

Die Tabelle zeigt, dass die degressive AfA im Vergleich zur linearen Abschreibung in den Jahren 2024 bis 2026 einen höheren Aufwand generiert. Ab dem Jahr 2028 kann dann zur linearen Abschreibung gewechselt werden, wenn ein möglichst hoher Abschreibungsaufwand gewünscht ist.

Merke | Wenn die degressive Abschreibung gewählt wurde, können nicht zusätzlich Abschreibungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen vorgenommen werden (§ 7 Abs. 2 S. 4 EStG). Ergeben sich diese in späteren Jahren, kann es deshalb auch aus diesem Grund sinnvoll sein, von der degressiven zur linearen Abschreibung zu wechseln.

2.4 Weiterführender Hinweis

Unabhängig davon, ob sich Steuerpflichtige für die lineare oder degressive Abschreibung entscheiden, kann grundsätzlich zudem von Sonderabschreibungen nach § 7g EStG profitiert werden. § 7g Abs. 5 EStG sieht vor, dass für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben der linearen oder degressiven Abschreibung noch Sonderabschreibungen von bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden können. Dieser Satz ist durch das Wachstumschancengesetz für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.23 angeschafft oder hergestellt werden, auf 40 % erhöht worden.

Beachten Sie | Im vorliegenden Sachverhalt kommt eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG aber nicht in Betracht. Denn das Unternehmen darf im Jahr vor der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts nur einen Gewinn von maximal 200.000 EUR (vorliegend sind es 350.000 EUR) erzielt haben (§ 7g Abs. 6 Nr. 1 und Abs. 1 Nr. 1 EStG).

AUSGABE: MBP 6/2024, S. 102 · ID: 50003229

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