Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Mai 2024 abgeschlossen.
GesetzgebungWachstumschancengesetz: Es ist vollbracht!
| Bereits im Juli 2023 hatte das BMF einen Referentenentwurf für ein milliardenschweres Wachstumschancengesetz vorgelegt. Das Ziel: Eine Verabschiedung im Jahr 2023. Bekanntlich wurde daraus nichts. Vielmehr kam das Gesetzgebungsverfahren einem Possenspiel gleich, das durch die Verkündung (BGBl I 24, Nr. 108) nun endlich beendet ist. |
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen
Das verabschiedete Gesetz enthält im Vergleich zum ursprünglichen Referenten- und Regierungsentwurf viele Änderungen. So wurde u. a. das Entlastungsvolumen reduziert und die Klimaschutz-Investitionsprämie gestrichen.
Zudem wurden zeitkritische Regelungen bereits Ende 2023 durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz (BGBl I 23, Nr. 411) umgesetzt, z. B. die Beseitigung von Unsicherheiten bei der Grunderwerbsteuer aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) sowie Anpassungen bei der Zinsschrankenregelung (§ 4h EStG und § 8a KStG).
Dennoch enthält das Gesetzespaket weiterhin zahlreiche Änderungen bzw. Neuregelungen, die auszugsweise vorgestellt werden.
2. Neuregelungen
2.1 Degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter
Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.19 und vor dem 1.1.23 angeschafft oder hergestellt wurden, kann der Steuerpflichtige statt der linearen eine degressive Abschreibung von 25 % (höchstens das 2,5-Fache der linearen Abschreibung) wählen (§ 7 Abs. 2 EStG).
Die als Investitionsanreiz gedachte degressive Abschreibung wurde nun wieder eingeführt – und zwar erneut befristet für Anschaffungen oder Herstellungen nach dem 31.3.24 und vor dem 1.1.25. Der Abschreibungssatz wurde auf 20 % (höchstens das 2-Fache der linearen Abschreibung) reduziert.
2.2 Degressive Abschreibung für Wohngebäude
Mit § 7 Abs. 5a EStG wurde eine degressive Abschreibung i. H. von 5 % für Wohngebäude eingeführt. Voraussetzung: Mit der Herstellung wurde nach dem 30.9.23 und vor dem 1.10.29 begonnen oder die Anschaffung erfolgte im Jahr der Fertigstellung aufgrund eines nach dem 30.9.23 und vor dem 1.10.29 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags. Wird § 7 Abs. 5a EStG genutzt, ist Folgendes zu beachten:
- Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung sind unzulässig,
- anteilige Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und
- ein späterer Wechsel zur linearen Abschreibung ist möglich.
2.3 Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau
Es sollen neue Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment geschaffen werden. Als Anreiz gewährt der Gesetzgeber eine Sonderabschreibung (§ 7b EStG), wodurch in den ersten vier Jahren insgesamt bis zu 20 % zusätzlich zur regulären Abschreibung abgeschrieben werden können.
Durch das Wachstumschancengesetz wurden die Kostenobergrenzen rückwirkend für nach dem 31.12.22 gestellte Bauanträge/-anzeigen erhöht:
Merke | Die Regelung gilt für Wohnungen, für die der Bauantrag/-anzeige vor dem 1.10.29 (zuvor: 1.1.27) gestellt wird. |
- Baukostenobergrenze (Anschaffungs-/Herstellungskosten der Wohnung je qm Wohnfläche): um 400 EUR auf 5.200 EUR,
- maximale Bemessungsgrundlage für die Abschreibung (je qm Wohnfläche): von 2.500 EUR auf 4.000 EUR.
2.4 Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG
Für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist eine Sonderabschreibung (§ 7g Abs. 5 EStG) möglich, wenn die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschritten wird.
Die Sonderabschreibung, die auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahre verteilt werden kann, wurde von bis zu insgesamt 20 % auf bis zu 40 % angehoben. Die neue Grenze gilt für Anschaffungen und Herstellungen nach dem 31.12.23.
2.5 E-Fahrzeuge/Firmenwagen
Die Besteuerung eines Firmenwagens (außerdienstliche Nutzung) kann reduziert werden, indem kein Verbrenner, sondern ein Elektrofahrzeug gewählt wird. Denn hier ist nur ein Viertel des Bruttolistenpreises anzusetzen, wenn der Höchstbetrag von 60.000 EUR eingehalten wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 3 und S. 3 Nr. 3 EStG). Dieser wurde für nach dem 31.12.23 angeschaffte Fahrzeuge auf 70.000 EUR erhöht.
2.6 Alterseinkünfte
Der steuerpflichtige Teil der Rente aus einer Basisversorgung beträgt bei einem Rentenbeginn im Jahr 2005 oder früher 50 %. Der Besteuerungsanteil wird für jeden neuen Rentnerjahrgang sukzessive erhöht. Bisher wären Renten ab 2040 (Jahr des Rentenbeginns) zu 100 % zu berücksichtigen.
Merke | Nun wurde der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang ab 2023 auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert (für 2023 nur 82,5 % anstatt 83 %). 100 % gelten dann erstmals für 2058. |
2.7 Geschenkegrenze
Geschenke an Geschäftspartner und Kunden sind nur dann steuermindernde Betriebsausgaben, wenn eine Grenze eingehalten wird (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG). Diese wurde für nach dem 31.12.23 beginnende Wirtschaftsjahre von 35 EUR auf 50 EUR erhöht.
2.8 Verlustvortrag
Nach § 10d Abs. 2 EStG ist ein Verlustvortrag bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. EUR (Zusammenveranlagung: 2 Mio. EUR) unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. bzw. 2 Mio. EUR übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte möglich. Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 gelten anstelle der 60 % dann 70 % (ab 2028 sind wieder 60 % relevant).
2.9 Thesaurierungsbegünstigung und Option zur Körperschaftsbesteuerung
Für bilanzierende Einzel- und Personenunternehmen sieht § 34a EStG eine Begünstigung für nicht entnommene Gewinne vor. Da von dieser Begünstigung (nicht zuletzt infolge der Komplexität) bis dato eher selten Gebrauch gemacht wurde, hat der Gesetzgeber § 34a EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2024 „reformiert“. Ob die Änderungen zu einer höheren „Nachfrage“ bzw. Nutzung führen, bleibt aber abzuwarten.
Nach § 1a KStG können Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften im ertragsteuerlichen Bereich wie Körperschaften behandelt werden. Durch einige Änderungen (z. B. können nun auch eingetragene GbRs optieren) soll die Option attraktiver werden.
2.10 Umsatzsteuer
Im Bereich der Umsatzsteuer stellt die Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung für Umsätze zwischen inländischen Unternehmen (B2B) sicherlich die relevanteste Änderung dar.
Merke | Die Neuregelung tritt bereits am 1.1.25 in Kraft. Da die Umsetzung aber einige Zeit beanspruchen wird, können nach den Vorgaben des § 27 UStG Übergangsregelungen genutzt werden. Der allgemeine Übergangszeitraum beträgt zwei Jahre (Pflicht somit ab 2027); drei Jahre gelten für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von bis zu 800.000 EUR im Jahr 2026. |
Die relevante Vorjahresumsatzgrenze bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung nach § 20 UStG) wurde von 600.000 EUR auf 800.000 EUR erhöht (gilt ab Besteuerungszeitraum 2024).
Die Grenze, ab der Unternehmer von der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung befreit werden können, wurde von 1.000 EUR auf 2.000 EUR angehoben (gilt ab Besteuerungszeitraum 2025).
Beachten Sie | Kleinunternehmer (§ 19 UStG) sind von der Abgabe einer „Nullmeldung“ ab dem Besteuerungszeitraum 2024 grundsätzlich befreit.
2.11 Anhebung von Buchführungsgrenzen
Überschreiten gewerbliche Unternehmer gewisse Grenzwerte, können sie ihren Gewinn nicht durch EÜR ermitteln, sondern sind zur Bilanzierung verpflichtet. Die in § 141 AO geregelten Grenzen wurden nun von 600.000 EUR auf 800.000 EUR (Umsatz) und von 60.000 EUR auf 80.000 EUR (Gewinn) erhöht. Dies gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.23 beginnen (mit Übergangsregelung). Auch die Grenzen in § 241a HGB wurden auf 800.000 EUR (Umsatzerlöse) bzw. 80.000 EUR (Jahresüberschuss) erhöht.
AUSGABE: MBP 5/2024, S. 76 · ID: 49967651