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Dualer StudiengangSo sind die Teilnehmer an einem dualen Studiengang sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen

Top-BeitragAbo-Inhalt23.10.20247 Min. Lesedauer

| Immer mehr Unternehmen bieten Interessenten, die nach dem Abitur die Schule verlassen, ein duales Studium an. Grundbestandteil eines dualen Studiums ist die Verknüpfung von praktischer Arbeit in einem Betrieb und theoretische Vorlesungen an einer Hochschule. LGP informiert, wie Studenten, die einen dualen Studiengang absolvieren, sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen sind. |

Varianten dualer Studiengänge und deren Unterscheidung

Duale Studiengänge unterscheiden sich in ausbildungsintegrierte, praxisintegrierte und berufsintegrierte oder berufsbegleitende.

  • Ausbildungsintegrierte duale Studiengänge sind auf die berufliche Erstausbildung gerichtet. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass eine Verbindung zwischen einem Studium und einer betrieblichen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf gibt. Dabei werden die Studienphasen und die Berufsausbildung sowohl zeitlich als auch inhaltlich miteinander verzahnt. Oft erwirbt der Student neben dem Studienabschluss noch einen weiteren Abschluss in einem Ausbildungsberuf.
  • Praxisintegrierte duale Studiengänge weisen einen hohen Anteil berufspraktischer Phasen aus. Im Unterschied zu klassischen Studiengängen (mit Praxisbezug) wird das Studium in diesen Studiengängen mit einer Tätigkeit in Betrieben derart verbunden, dass die Praxis inhaltlich und zeitlich mit der theoretischen Ausbildung verknüpft ist.
  • Berufsintegrierte und berufsbegleitende duale Studiengänge sind auf berufliche Weiterbildung ausgerichtet und wenden sich an Studieninteressenten mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit ein Studium durchführen möchten. Bei einem solchen Studiengang besteht nur eine zeitliche, aber keine inhaltliche Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung. Bei berufsintegrierten und berufsbegleitenden dualen Studiengängen wird die bisherige Tätigkeit im Betrieb den Erfordernissen des Studiums angepasst. Bei solchen Studiengängen liegt regelmäßig ein inhaltlicher Bezug zwischen der beruflichen Tätigkeit und dem Studium vor.

Versicherungspflicht für gesamte Dauer des dualen Studiums

Teilnehmer an dualen Studiengängen sind seit dem 01.01.2012 in versicherungsrechtlicher Hinsicht kraft gesetzlicher Fiktion in § 5 Abs. 4a S. 2 SGB V, § 1 S. 5 SGB VI und § 25 Abs. 1 S. 2 SGB III den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt. Als solche unterliegen sie damit für die gesamte Dauer des dualen Studiums, das heißt, sowohl während der Praxisphasen als auch während der Studien- bzw. Vorlesungsphasen, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Beispiel

Student S nahm am 01.09.2024 nach dem Abitur bei einem großen Automobilhersteller eine Berufsausbildung zum Industriekaufmann auf. Zum gleichen Zeitpunkt begann der Student an einer Berufsakademie ein Studium der Betriebswirtschaft. Es liegt ein ausbildungsintegrierter dualer Studiengang vor, der auf eine berufliche Erstausbildung ausgerichtet ist. Die Studienphasen und die Berufsausbildung sind sowohl zeitlich als auch inhaltlich miteinander verzahnt.
Lösung: Für S besteht seit dem 01.09.2024 Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, weil dieser gleichzeitig neben seinem Studium im Unternehmen als Auszubildender eine Berufsausbildung absolviert.

Beiträge für Teilnehmer an dualen Studiengängen

Die Beiträge der versicherungspflichtigen Teilnehmer an dualen Studiengängen, die versicherungsrechtlich den Beschäftigten zur Berufsausbildung gleichgestellt sind, werden – wie für diese Personen üblich – nach dem Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung zur Berufsausbildung bemessen.

Arbeitsentgelt ist Grundlage für Beitragsbemessung

Als Arbeitsentgelt gelten jegliche Vergütungen, die dem Studienteilnehmer im Rahmen des dualen Studiums gewährt werden. Keine Rolle spielt, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gewährt und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung zur Berufsausbildung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Als Arbeitsentgelt sind auch Vergütungen anzusehen, die im Rahmen des dualen Studiums für Zeiten außerhalb der Praxisphasen gewährt werden, selbst wenn sie anders bezeichnet werden (z. B. als Studienbeihilfe, Stipendium).

Nicht zum Arbeitsentgelt gehören die vom Unternehmen getragenen oder übernommenen Studiengebühren für ein Studium des Arbeitnehmers, soweit sie steuerrechtlich kein Arbeitslohn sind.

Das gilt für die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz

Die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) im U1- und U2-Verfahren werden jeweils nach einem Prozentsatz (Umlagesatz) der Vergütung bemessen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Arbeitnehmer und Auszubildenden im Betrieb berechnet werden.

  • Teilnehmer an ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen sind in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht generell und in arbeitsrechtlicher Hinsicht für die Dauer der betrieblichen Berufsausbildung den Beschäftigten zur Berufsausbildung zuzurechnen; für sie sind Umlagen zu zahlen.
  • Teilnehmer an praxisintegrierten dualen Studiengängen sind dagegen während der Praxisphasen arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer oder Auszubildende im Sinne des BBiG anzusehen, wenn das Praktikum in die Hochschul- oder Fachschulausbildung eingegliedert und die praktische Ausbildung im Wesentlichen nicht betrieblich, sondern durch die Hochschule bzw. Fachschule geregelt und gelenkt wird. Deswegen muss der Arbeitgeber für diese Personen keine Umlagen nach dem AAG zahlen.

Das gilt für die Insolvenzgeldumlage

Teilnehmer an dualen Studiengängen, die in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten gehören, haben grundsätzlich einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Gleiches gilt für die Teilnehmer an berufsintegrierten oder berufsbegleitenden dualen Studiengängen, die regelmäßig weiterhin zu den Arbeitnehmern gehören. Das Arbeitsentgelt, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung berechnet werden, ist daher bei der Insolvenzgeldumlage zu berücksichtigen.

Beispiel

Student S nimmt an einem ausbildungsintegrierten dualen Studiengang (Variante 1) bzw. praxisintegrierten dualen Studiengang (Variante 2) teil. S hat das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet. Er erhält für sein Studium ein monatliches beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 1.200 Euro.
Ergebnis Variante 1 und 2: Für S fallen sowohl während der Praxis- als auch während der Studienphase Beiträge aufgrund Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an. Ferner muss der Arbeitgeber die Umlage 1, Umlage 2 und die Insolvenzgeldumlage (wenn nicht öffentlicher Dienst) entrichten. Die Beiträge und Umlagen errechnen sich aus dem monatlichen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt in Höhe von 1.200 Euro:
  • In der gesetzlichen Krankenversicherung sind das 195,60 Euro (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil aus 1.200 Euro x [14,6 % + 1,7 % durchschnittlicher Zusatzbeitrag]).
  • In der gesetzlichen Pflegeversicherung ergeben sich 40,80 Euro (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil aus 1.200 Euro x 3,4 %). Ein Zusatzbeitrag für Kinderlose fällt nicht an, weil S noch nicht das 23. Lebensjahr vollendet hat.
  • In der gesetzlichen Rentenversicherung sind das 223,20 Euro (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil aus 1.200 Euro x 18,6 %).
  • In der Arbeitslosenversicherung sind das 31,20 Euro (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil aus 1.200 Euro x 2,6 %).
  • Bei der Variante 1 fallen die Umlage 1 und 2 an (Sätze je nach Krankenkasse unterschiedlich) sowie Insolvenzgeldumlage (wenn nicht öffentlicher Dienst).
  • Variante 2: Bei Teilnehmern an einem praxisintegrierten dualen Studiengang wird keine Umlage 1 und 2 fällig. Dort gelten die Teilnehmer arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer. Die Sozialversicherungsbeiträge und die Insolvenzgeldumlage sind aber zu entrichten.

Beiträge für Zeiten ohne Arbeitsentgelt

Sofern in einzelnen Phasen des dualen Studiums dem Studenten kein Arbeitsentgelt gewährt wird, gilt für die Beitragsbemessung:

  • Der Beitragsbemessung zur Renten- und Arbeitslosenversicherung wird eine fiktive Einnahme in Höhe von ein Prozent der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt (§ 162 Nr. 1 SGB VI und § 342 SGB III). Die darauf entfallenden Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung trägt allein der Arbeitgeber (§ 20 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB IV).
  • In der Kranken- und Pflegeversicherung werden die Beiträge für die Zeit der Versicherungspflicht bemessen nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 i. V. m. S. 1 SGB XI nach § 236 i. V. m. § 245 Abs. 1 SGB V bzw. § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI. Danach ist als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendermonat der monatliche BAföG-Bedarfssatz nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BAföG zugrunde zu legen (seit 01.10.2024: 855 Euro).
    • In der Krankenversicherung wird als Beitragssatz 7/10 des allgemeinen Beitragssatzes herangezogen, ferner ist der zusätzliche Beitragssatz der Krankenkasse zu berücksichtigen.
    • Der Beitrag zur Pflegeversicherung richtet sich nach dem Alter des Studenten (unter bzw. über 23 Jahren) und der Anzahl der Kinder.
    • Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge trägt der versicherungspflichtige Student allein (§ 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB V).

Beispiel

Der 22-jährige versicherungspflichtige Student S erhält in einem Betrieb in Bayern in zwei Phasen des dualen Studiums kein Arbeitsentgelt. Er ist nicht familienversichert. Die Krankenkasse verlangt einen individuellen Zusatzbeitrag von 1,4 Prozent.
Ergebnis: Für die Beiträge zur Sozialversicherung heißt das:
  • Der Beitragsbemessung zur Renten- und Arbeitslosenversicherung wird ein Prozent der monatlichen Bezugsgröße für die alten Bundesländer/Berlin-West zugrunde gelegt (2024: 3.535 Euro; davon 1 %: 35,35 Euro). Die darauf entfallenden Beiträge trägt allein der Arbeitgeber:
    • In der gesetzlichen Rentenversicherung sind das für den Arbeitgeber 6,58 Euro (3.535 Euro x 1 % x 18,6 %).
    • In der Arbeitslosenversicherung sind das für den Arbeitgeber 0,92 Euro (3.535 Euro x 1 % x 2,6 %).
  • In der Kranken- und Pflegeversicherung trägt S die Beiträge allein.
    • Seit dem 01.10.2024 liegt der BAföG-Bedarfssatz bei 855 Euro.
    • Der Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt ([14,6 % +1,4 % individueller Zusatzbeitrag] x 7/10). Daraus errechnet sich für S der monatliche Krankenversicherungsbeitrag von 95,76 Euro.
    • In der gesetzlichen Pflegeversicherung ergeben sich 29,07 Euro (855 Euro x 3,4 %). Ein Zusatzbeitrag für Kinderlose fällt nicht an, weil S noch nicht das 23. Lebensjahr vollendet hat.

Anmeldung der Beiträge

Bezüglich der Anmeldung der Beiträge gilt Folgendes: Teilnehmer eines dualen Studiengangs sind bei der Einzugsstelle (gesetzliche Krankenkasse) mit der Beitragsgruppe „1111“ anzumelden. Maßgeblich ist der Personengruppenschlüssel „102“. Es ist der Abgabegrund „zehn“ zu berücksichtigen.

AUSGABE: LGP 12/2024, S. 247 · ID: 50196764

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