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GmbH-GeschäftsführerversorgungAnpassung von Pensionszusagen an veränderte Kaufkraftverhältnisse außerhalb der Erdienbarkeit

Abo-Inhalt01.04.202513 Min. LesedauerVon Jürgen Pradl, Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung und Kevin Pradl, MPM, LL.B., Rentenberater, beide Zorneding

| Viele mittelständische GmbHs haben in der Vergangenheit für ihre Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Pensionszusage eingerichtet. Und für viele dieser Geschäftsführer hat sich die Pensionszusage zu einem Baustein ihrer Altersversorgung entwickelt, auf den sie zukünftig nicht mehr verzichten möchten (oder können). Daher ist es für die Versorgungsberechtigten von grundlegender Bedeutung, dass die ursprünglich zugesagten Versorgungsleistungen ihren realen Wert und somit ihre Kaufkraft erhalten können. Doch gerade hier tut sich in Zeiten anhaltender hoher Inflation ein Minenfeld auf. |

1. Zum Hintergrund

Die Anforderung an die gleichbleibende Werthaltigkeit der Pensionszusage könnte jedoch nur dann erfüllt werden, wenn sich die Inflationsrate innerhalb des von der EZB ausgegebenen langfristigen Inflationsziels von 2,0 % bewegen würde. Ein Blick in das aktuelle Zahlenmaterial des Statischen Bundesamtes („Destatis“) zeigt aber, dass die insbesondere in den Jahren 2021 bis 2024 sprunghaft gestiegenen Preise dazu geführt haben, dass das 2 %-Ziel meilenweit verfehlt wurde. Das Ausmaß des Desasters: Geschäftsführer haben allein in diesem kurzen Zeitraum einen über 20%igen Wertverlust erlitten.

Da die wenigsten Pensionszusagen eine Rentenanpassungsklausel für die Zeit vor Erreichen des Pensionsalters enthalten, bedürfte es zum Ausgleich des Wertverlustes einer Anpassung der Versorgungsleistungen der Höhe nach. Bei einer nachträglichen Erhöhung spielt jedoch wie so oft die steuerrechtliche Beurteilung eine entscheidende Rolle. Denn die Finanzverwaltung fordert grundsätzlich, dass auch nachträgliche Erhöhungen das Kriterium der Erdienbarkeit erfüllen müssen – und da die Prüfung der Erdienbarkeit in jeder Betriebsprüfung obligatorisch ist, muss davon ausgegangen werden, dass jeder Verstoß durch die Betriebsprüfung aufgespürt und zu einer vGA führen wird.

2. Die entscheidende Veränderung der Lebenshaltungskosten

Durch die oben dargestellte Entwicklung der letzten Jahre eröffnet sich nun eine Ausnahmesituation, die bisher in der Beratungspraxis kaum eine Rolle gespielt hat: die notwendige Anpassung der Versorgungsleistungen an entscheidend veränderte Lebenshaltungskosten.

2.1 Langfristige Inflationsrate

Maßgebend für die Beurteilung der Inflation in Deutschland ist der Verbraucherpreisindex („VPI“), der von Destatis ermittelt und veröffentlicht wird. Betrachtet man die langfristige Inflationsrate im Zeitraum von 1951 bis 2024, so zeigt sich eine durchschnittliche Preissteigerung von p. a. 2,6 %. Damit liegt sie nominell um 0,6 % über dem von der EZB ausgegebenen Inflationsziel. Eine derartige Abweichung erscheint auf den ersten Blick akzeptabel. Prozentual ergibt sich aber eine Abweichung, die um 30 % über dem definierten Zielwert liegt – mit erheblichen langfristigen Auswirkungen.

2.2 Inflationsrate in den Jahren 2021 bis 2024

Noch deutlicher werden die Unterschiede, wenn man den Kaufkraftverlust in den letzten vier Jahren betrachtet und damit die Aufmerksamkeit ausschließlich auf die durch die Coronapandemie und den russischen Angriffskrieg geprägte Zeit lenkt. Destatis weist für diesen Zeitraum folgende Werte aus:

Die Zahlen zeigen auf, dass sich die Preise im Jahr 2021 schon deutlich vom 2 %-Ziel entfernt haben, um dann in den Jahren 2022 und 2023 förmlich zu explodieren. Betrachtet man allein den Zeitraum von September 2022 bis Februar 2023, so zeigen sich dramatisch anmutende Monatswerte, die ausnahmslos mehr als 8 % über dem Vorjahresmonat lagen (zwischen 8,1 und 8,8 %).

Die Entwicklung im Jahr 2024 lässt zwar hoffen, dass die Wirrungen der beiden o. g. Ereignisse die Preisentwicklung künftig nicht mehr in dem Maße belasten können, wie es in 2022/2023 der Fall war. Dies könnte dafür sorgen, dass die öffentliche Meinung das Thema Inflation nicht mehr „so hoch aufhängt“. Dies zu tun wäre jedoch ein großer Fehler. Denn die Destatis-Zahlen weisen für diesen Vier-Jahres-Zeitraum einen Kaufkraftverlust von 20,7 % aus. Und diese Geldwertvernichtung wirkt nicht nur auf die aktiven Einkünfte eines Geschäftsführers, sondern auch auf dessen Versorgungsbezüge. Während die Aktivbezüge im Rahmen der zu wahrenden Angemessenheit ohne große Probleme an den Kaufkraftverlust angepasst werden können, hält die Finanzverwaltung bei einer Erhöhung der Pensionszusage immer noch an dem u. E. völlig überholten Gebot der Erdienbarkeit fest.

3. Grundzüge der Erdienbarkeit

Finanzverwaltung und Rechtsprechung haben in der Vergangenheit im Rahmen des materiellen Fremdvergleichs immer wieder die Rahmenbedingungen definiert, die unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten erfüllt werden müssen, um die Anerkennung der betrieblichen Veranlassung der Pensionszusage erreichen zu können. Hierzu rechnet auch die Erdienbarkeit, obwohl dieses Kriterium in der Literatur als nicht mehr zeitgemäß kritisiert (u. a. Gosch, KStG, § 8 Rz. 1097 f.; Pradl, Jürgen und Kevin, Pensionszusagen an GmbH-Geschäftsführer, NWB-Verlag, 5. Auflage 2024, Rz. 4428) und dementsprechend gefordert wird, dass auf die Anwendung der daraus resultierenden Anforderungen gänzlich verzichtet werden sollte.

3.1 Definition

Ausgehend von dem – einer Pensionszusage innewohnenden – Entgeltcharakter gehen BFH und Finanzverwaltung unisono davon aus, dass eine Pensionszusage zugunsten eines GGf (beherrschend oder auch nicht beherrschend) dem Grunde nach nur dann als betrieblich veranlasst beurteilt werden kann, wenn dem Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt der Zusageerteilung noch genügend Restdienstzeit zur Verfügung steht, um den „Vergütungsbestandteil Pensionszusage“ ins Verdienen zu bringen. Es wird also ein „Erdienungszeitraum“ definiert, der für die Anerkennung der betrieblichen Veranlassung des Versorgungsversprechens noch zur Verfügung stehen muss.

Der sachliche Anwendungsbereich des Kriteriums Erdienbarkeit erstreckt sich sowohl auf die erstmalige Erteilung einer Pensionszusage als auch auf die Erhöhung bestehender Pensionszusagen (unmittelbare Erhöhung als auch mittelbare Erhöhung bei gehaltsabhängigen Zusagen; vgl. H 8.7 KStH 2022).

3.2 Zeitliche Anforderungen

Bei der Festlegung des Erdienungszeitraums hat sich der BFH an den arbeitsrechtlichen Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 BetrAVG a. F. (jetziger § 30f Abs. 1 BetrAVG) orientiert. Eine Anpassung des Erdienungszeitraums in Anlehnung an die Anpassungen des § 1 Abs. 1 BetrAVG im Zeitablauf lehnt die Finanzverwaltung bisher ab. Danach gelten folgende Erdienungszeiträume:

  • Die Erteilung einer Pensionszusage an einen nicht beherrschenden GGf gilt als betrieblich veranlasst, wenn
    • der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens zehn Jahre beträgt, oder
    • dieser Zeitraum mindestens drei Jahre beträgt und der GGf bei Eintritt in den Ruhestand dem Betrieb mindestens zwölf Jahre angehörte.
  • Die Erteilung einer Pensionszusage an einen beherrschenden GGf ist als betrieblich veranlasst zu beurteilen, wenn der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens zehn Jahre beträgt. Die zweite Alternative greift hier nicht, sie scheitert am für beherrschende GGf geltenden Nachzahlungs- und Rückwirkungsverbot.

Bei der Ermittlung der verbleibenden Mindestrestdienstzeit ist zwingend auf den Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage bzw. der Änderung der Pensionszusage sowie auf den Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der Altersrente abzustellen (BFH 28.6.05, I R 25/04). Das FG Nürnberg hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen (13.12.22, 1 K 1349/21). Das diesbezügliche Revisionsverfahren ist beim BFH unter I R 24/23 anhängig.

3.3 Höchstzusagealter

Neben den o. g. Mindestrestdienstzeiten ist im Rahmen der Erdienbarkeit auch zwingend das Höchstzusagealter zu berücksichtigen. Zur Vermeidung einer vGA muss die Pensionszusage vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versorgungsberechtigten erteilt werden. Dies gilt sowohl für den beherrschenden als auch für den nicht beherrschenden GGf.

Der BFH sieht in dem definierten Höchstzusagealter von 60 Jahren ein nahezu unwiderlegbares Indiz für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Pensionszusage. Dies gilt auch unabhängig davon, welche Altersgrenzen vereinbart wurden und welche Restdienstzeit dem GGf danach noch zur Verfügung stehen würde. Aus Sicht des BFH beinhaltet eine Pensionszusage, die nach dem 60. Lebensjahr erteilt wird, ein nicht mehr kalkulierbares Versorgungsrisiko, weshalb die Anerkennung der Pensionszusage nicht mehr erlangt werden kann.

3.4 Rechtsfolge bei Verstoß

Die Erdienbarkeit ist ausschließlich auf der Ebene der zweiten Prüfungsstufe angesiedelt (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG). Die zweite Stufe beinhaltet die Prüfung der betrieblichen Veranlassung einer Pensionszusage bzw. deren Änderung.

4. Ausnahmetatbestand: Anpassung der Versorgungsleistungen an entscheidend veränderte Verhältnisse

Das von der Finanzverwaltung so hartnäckig verteidigte Kriterium der Erdienbarkeit ist jedoch keinesfalls derart „zementiert“, als dass daran nicht gerüttelt werden könnte.

4.1 Abdingbarkeit der allgemeinen Kriterien gemäß BFH

So sind die o. g. Mindestrestdienstzeiten nach der ständigen BFH-Rechtsprechung mangels eindeutiger gesetzlicher Vorgaben nicht als unabdingbar anzusehen. Der BFH hat wiederholt entschieden, dass der erforderliche Fremdvergleich immer auf den konkreten Einzelfall abzustellen hat. Die für die Erdienbarkeit entwickelten allgemeinen Kriterien haben lediglich indizielle Bedeutung. Dies gilt auch im Hinblick auf die Erdienungszeiträume (BFH 24.4.02, I R 43/02, BStBl II 03, 416). Ausnahmen von den allgemeinen Kriterien bedürfen jedoch der besonderen Begründung.

Eine solche besondere Begründung findet sich z. B., wenn einem GGf ein Festbetrag als Pension zugesagt wurde, der sich infolge einer erheblichen Steigerung der Lebenshaltungskosten nunmehr zur Alterssicherung als unzureichend erweist (BFH 23.9.08, I R 62/07, BStBl II 13, 39, Rz. 17 i. V. m. BFH 22.3.72, I R 177/40, BStBl II 72, 501 sowie BFH 6.4.79, I R 39/76, BStBl II 79, 687). Voraussetzung für die Anerkennung eines Ausnahmetatbestands ist hier eine entscheidende Veränderung der Verhältnisse.

4.2 Entscheidend veränderte Verhältnisse gemäß BFH I R 117/40

Der BFH äußerte sich erstmals am 22.3.72 (I R 117/70, BStBl II 72, 501) zur Anpassung einer Geschäftsführer-Pensionszusage an die veränderten Lebenshaltungskosten. Im Streitfall hatte die GmbH ihrem beherrschenden GGf im Jahre 1955 eine Pensionszusage erteilt und hatte diese im Jahr 1964 – unmittelbar vor Erreichen der Regelaltersgrenze – infolge der eingetretenen Geldentwertung um 90 % erhöht. Diesen Tatbestand beurteilte der BFH wie folgt:

Damit hat der BFH bereits vor 53 Jahren den Grundsatz aufgestellt, dass eine Anpassung bisher zugesagter Versorgungsleistungen – wie auch bereits laufender Leistungen – an entscheidend veränderte Verhältnisse auch bei einer Geschäftsführer-Pensionszusage keine nachträgliche Erhöhung der Versorgungsleistungen darstellt, die am Kriterium der Erdienbarkeit zu messen wäre. Dabei beurteilte der BFH ein allgemeines Ansteigen der Lebenshaltungskosten als entscheidend veränderte Verhältnisse. Diese Beurteilung hat der BFH jedoch mit der Forderung verbunden, dass in diesem Zuge auch die Pensionen der Arbeiter und übrigen Angestellten entsprechend anzupassen sind.

4.3 Bestätigung der Sichtweise durch BFH I R 39/76

Die Grundsätze der o. g. Entscheidung hat der erste Senat des BFH am 6.4.79 (I R 39/76, BStBl II 79, 687) erneut bestätigt und konkretisiert. Der Entscheidung lag folgender Tatbestand zugrunde:

Die GmbH hatte ihrem beherrschenden GGf im Jahre 1953 eine Pensionszusage erteilt, die sie im Jahre 1958 um 50 % erhöhte. Im Jahre 1964 schied der Geschäftsführer altersbedingt aus dem Dienstverhältnis aus und bezog von da an die betriebliche Rente. Im Juli 1966 – der Geschäftsführer war zu diesem Zeitpunkt noch mit 52 % am Stammkapital der GmbH beteiligt – hatte die GmbH die laufenden Versorgungsleistungen um weitere 10 % erhöht. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass sich die laufenden Versorgungsleistungen in Zukunft um den gleichen Vomhundertsatz erhöhen sollen wie die allgemeinen Alters- und Invalidenrenten. Im Zeitraum von 1958 bis 1966 hatte sich die Lebenshaltung um 21,8 % verteuert. Diesen Tatbestand beurteilte der BFH wie folgt:

Mit dieser Entscheidung hat der erste Senat seine eigene Rechtsprechung zur Anpassung einer Geschäftsführer-Pensionszusage an eine erhebliche Steigerung der Lebenshaltungskosten bestätigt. Den Mangel, dass dem Urteil aus 1972 noch keine Konkretisierung hinsichtlich des erforderlichen Ausmaßes der Steigerung der Lebenshaltungskosten entnommen werden konnte, hat der BFH dann sieben Jahre später beseitigt. Danach steht unzweifelhaft fest, dass eine Teuerung von mehr als 20 % als ausreichend für die steuerliche Anerkennung der Anpassung angesehen werden kann. Darüber hinaus hat der BFH auch noch seine zweite Forderung aus dem Jahr 1972 konkretisiert, wonach die GmbH auch die Pensionsbezüge der Arbeiter und Angestellten anzupassen hätte. Diese Forderung soll nur Anwendung finden, wenn die GmbH auch gegenüber anderen Arbeitnehmern zu Pensionszahlungen verpflichtet ist.

4.4 Erneute Bestätigung durch BFH I R 62/07

Mit der Entscheidung vom 23.9.08 (I R 62/07, BStBl II 13, 39) hat der erste Senat die Grundsätze der beiden o. g. Entscheidungen nochmals dadurch bestätigt, dass er hinsichtlich der Begründung des Ausnahmetatbestands der entscheidenden Veränderung der Lebenshaltungskosten auf die beiden Urteile aus 1972 und 1979 verwiesen hat.

5. Kommentierung

Der BFH hat sich bereits vor über 50 Jahren erstmals mit dem Phänomen einer dynamisch wachsenden Inflation und deren Auswirkungen auf Geschäftsführer-Pensionszusagen beschäftigt. Der mit Urteil vom 22.3.72 aufgestellte Grundsatz ist eindeutig und ermöglicht es, dass solche Pensionszusagen bei einer entscheidenden Veränderung der Lebenshaltungskosten auch dann an den Kaufkraftverlust angepasst werden können, wenn die allgemeinen Kriterien der Erdienbarkeit/des Höchstzusagealters nicht mehr erfüllt werden können. Dies gilt sowohl während der Anwartschaftsphase als auch in der Leistungsphase. Mit den dies nochmals bestätigenden Entscheidungen vom 6.4.79 sowie vom 23.9.08 kann nun von einer ständigen Rechtsprechung des BFH ausgegangen werden. Mit der Entscheidung vom 6.4.79 hat der BFH den Grundsatz aus 1972 dahin gehend konkretisiert, dass

  • eine Steigerung der Lebenshaltungskosten von mehr als 20 % als eine entscheidend veränderte Situation zu beurteilen ist, die es rechtfertigt, die Versorgungsleistungen an den eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen,
  • die Forderung, wonach die GmbH auch die Renten der Arbeiter und Angestellten anzupassen hat, nur dann greift, wenn die GmbH auch gegenüber anderen Arbeitnehmern zur Zahlung von Pensionen verpflichtet ist.

Die in der 79er-Entscheidung zu findende Begründung lässt sich mit folgendem Zitat zusammenfassend beschreiben:

In der Praxis stellen wir leider fest, dass der vom BFH aufgestellte Grundsatz in der Gedankenwelt der Betriebsprüfer nicht gegenwärtig ist. Selbst in Fällen, in denen seit der letzten Anpassung eine längere Zeitspanne vergangen ist und daher die Steigerung der Lebenshaltungskosten bei deutlich über 20 % lag, kommt es zu Beanstandungen durch die Betriebsprüfer, die dessen ungeachtet auf die Anwendung der allgemeinen Kriterien der Erdienbarkeit bestehen. In solchen Fällen gilt es, den Betriebsprüfer unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass er mit seiner Sichtweise an der ständigen BFH-Rechtsprechung „vorbeimarschiert“.

Eine Anpassung der Versorgungsleistungen, die ihre Begründung in dem Ausnahmetatbestand der erheblichen Steigerung der Lebenshaltungskosten finden soll, bedarf daher einer detaillierten Aufbereitung sowie einer fachmännischen Umsetzung innerhalb der vertraglichen Vereinbarungen (Gesellschafterbeschluss/Änderungsvereinbarung zur Pensionszusage).

6. Zusammenfassung und Relevanz für die Praxis

Die Coronapandemie und der russische Angriffskrieg haben uns in den letzten Jahren eine Preissteigerung beschert, die wohl viele Bürger in dieser Form nicht mehr für möglich erachtet haben. Das Statistische Bundesamt hat für den Zeitraum von 2021 bis 2024 eine Inflationsrate von 20,7 % ermittelt. Während die Aktivbezüge der Geschäftsführer im Rahmen der zu wahrenden Angemessenheit ohne große Probleme an diesen Kaufkraftverlust angepasst werden können, hält die Finanzverwaltung bei einer Erhöhung der Pensionszusage immer noch an dem u. E. völlig überholten Gebot der Erdienbarkeit fest.

Der BFH hat sich bereits vor über 50 Jahren erstmals mit dem Phänomen einer dynamisch wachsenden Inflation und deren Auswirkungen auf Geschäftsführer-Pensionszusagen beschäftigt. Durch die Entscheidungen aus 1972 und 1979 wird es auch heute noch ermöglicht, solche Pensionszusagen bei einer entscheidenden Veränderung der Lebenshaltungskosten auch dann an den Kaufkraftverlust anzupassen, wenn die allgemeinen Kriterien der Erdienbarkeit / des Höchstzusagealters nicht mehr erfüllt werden können.

Der BFH hat in seiner 79er-Entscheidung verfügt, dass eine Steigerung der Lebenshaltungskosten um mehr als 20 % als eine entscheidend veränderte Situation zu beurteilen ist, die es rechtfertigt, die Versorgungsleistungen mit steuerlicher Anerkennung an den eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen. Sollten parallel dazu auch Pensionsverpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern bestehen, so müssen diese – um den Fremdvergleich wahren zu können – analog angepasst werden. Da die Rechtsprechung schon 53 bzw. 46 Jahre alt ist, ist der vom BFH definierte Ausnahmetatbestand in der Gedankenwelt der Betriebsprüfer leider nicht verankert. Auseinandersetzungen sind hier also vorprogrammiert, verfügt man aber über das notwendige Spezialwissen, sollte man den Angriff der BP abwehren können.

Autoren | Jürgen Pradl ist gerichtlich zugelassener Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung und geschäftsführender Gesellschafter der Pensions Consult Pradl GmbH, Kanzlei für Altersversorgung, juergen.pradl@pcp-kanzlei.de; Kevin Pradl, MPM, LL.B, ist gerichtlich zugelassener Rentenberater und Geschäftsführer der Pensions Consult Pradl GmbH sowie der BPS – BAYERISCHE PENSIONS SERVICE GMBH, kevin.pradl@pcp-kanzlei.de

AUSGABE: GStB 4/2025, S. 133 · ID: 50334018

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