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KapitalgesellschaftenDer Forderungsverzicht mit Besserungsabrede
| Der Finanzbedarf einer GmbH wird vielfach über Gesellschafterdarlehen gedeckt. Tritt jedoch eine wirtschaftliche Krise bei der GmbH ein und besteht die Gefahr einer bilanziellen Überschuldung, wird neben der Zuführung neuen Eigenkapitals (vgl. dazu Ott, GStB 23, 456) häufig als Maßnahme zur finanziellen Restrukturierung und zur temporären Beseitigung einer Verbindlichkeit in der Bilanz ein Forderungsverzicht mit Besserungsabrede in Erwägung gezogen. Die steuerlichen Folgen aufseiten der GmbH und bei deren Gesellschaftern werden nachstehend für den Fall erörtert, dass sowohl die Beteiligung als auch die Darlehensforderung im Privatvermögen gehalten wird. |
Inhaltsverzeichnis
- 1. Ertragsteuerliche Folgen im Verzichtszeitpunkt
- 2. Schenkungsteuerliche Folgen des Forderungsverzichts
- 3. Folgen bei Eintritt des Besserungsfalls
- 4. Forderungsverzicht als „Loss-Refresher“
- 5. Steuerrechtliche Behandlung des Forderungsverzichts auf der Gesellschafterebene
- 6. Steuerliche Folgen bei Eintritt des Besserungsfalls
- 7. Vereinbarte Zinsnachzahlung im Besserungsfall
1. Ertragsteuerliche Folgen im Verzichtszeitpunkt
Bei einem Forderungsverzicht mit Besserungsabrede (Besserungsschein) erlässt der Gesellschafter die Verbindlichkeit nach § 397 i. V. m. § 158 Abs. 2 BGB auflösend bedingt mit der Maßgabe, dass der Verzicht entfällt und die Forderung wieder auflebt, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Kapitalgesellschaft derart verbessert, dass eine Tilgung aus dem die Schulden übersteigenden Vermögen möglich ist (vgl. Weber-Grellet, DB 24, 2519, 2526 f.). Bilanziell wird im Zeitpunkt des Forderungsverzichts die korrespondierende Verbindlichkeit ausgebucht, womit eine Vermögensmehrung in Form eines laufenden Ertrags entsteht. Der Forderungsverzicht führt insoweit zu einer Beseitigung oder zumindest zu einer Verringerung der bilanziellen Überschuldung.
Der Forderungsverzicht führt bei der GmbH bilanziell zu einem sog. Wegfallgewinn, weil die korrespondierende Verbindlichkeit aufzulösen ist. Bei einem Gesellschafterdarlehen ist jedoch für steuerliche Zwecke vorrangig zu prüfen, in welchem Umfang die Forderung des Gesellschafters zum Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltig ist. Denn nach der Rechtsprechung des BFH (9.6.97, GrS 1/94, BStBl II 98, 307) sowie der Verwaltungsansicht (BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001, BStBl I 22, 897, Rn. 5 und 18) führt der werthaltige Teil der Forderung zu einer verdeckten Einlage, sodass der Auflösungsertrag insoweit außerbilanziell gekürzt wird. In dieser Höhe liegt ein Zugang zum steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG vor.
Im Schrifttum wird von einer Mindermeinung unter Hinweis auf die Behandlung bei Personengesellschaften vertreten, dass bei einer verdeckten Einlage ein Anspruch auf Rückgewähr besteht, der „gesellschafterindividuell“ bei der GmbH auf einem Kapitalkonto des jeweils die Einlage leistenden Gesellschafters (als Unterkonto des Kapitalkontos der Gesellschaft) auszuweisen sei (vgl. Weber-Grellet, DB 24, 2519, 2522). Nach h. M. ist dagegen das Einlagekonto stets gesellschaftsbezogen zu ermitteln und gesondert festzustellen (vgl. Schiffers, DStZ 23, 256, 265 m. w. N.). Auf der Gesellschafterebene führt die verdeckte Einlage grundsätzlich zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG beim leistenden Gesellschafter.
Noch nicht abschließend geklärt ist, ob der Forderungsverzicht eines Gesellschafters bei einer sanierungsbedürftigen GmbH unter die Steuerbefreiung des Sanierungsertrags gem. § 3a bzw. § 7b GewStG fällt. Grundsätzlich fallen gesellschaftsrechtlich veranlasste Schulderlasse durch die Gesellschafter nicht unter die vorgenannten Steuerbefreiungen. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung wird regelmäßig vermutet, wenn sich fremde Gläubiger an der Sanierung nicht beteiligen. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass eine betriebliche Veranlassung anzunehmen ist, wenn sich an dem Schulderlass neben dem Gesellschafter auch wesentliche Fremdgläubiger beteiligen (vgl. Förster, DStR 23, 1041). Bei betrieblicher Veranlassung einer unternehmensbezogenen Sanierung kann auch der Wegfallgewinn bei einem Gesellschafterdarlehen unter die Steuerbefreiung für Sanierungserträge fallen (vgl. Levedag in: Schmidt, 43. Aufl. 24, § 3a Rn. 10 ff. und Rn. 26).
Soweit die Steuerbefreiungen für Sanierungserträge nach den § 3a EStG bzw. § 7b GewStG keine Anwendung finden und auch keine verdeckte Einlage vorliegt, führt der durch einen Forderungsverzicht bewirkte Wegfallgewinn bei der GmbH zu einem steuerpflichtigen Ertrag. Dieser kann mit laufenden Verlusten der GmbH verrechnet werden oder im Rahmen des Verlustabzugs nach § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG bzw. § 10a GewStG unter Beachtung der Mindestbesteuerung berücksichtigt werden. Für Zwecke der Körperschaftsteuer erfolgt eine vollständige Verlustberücksichtigung bis zu 1 Mio. EUR. Der darüber hinausgehende Ertrag kann körperschaftsteuerlich in den VZ 2024 bis 2027 zu 70 % bzw. ab dem VZ 2028 wieder zu 60 % verrechnet werden, während bei der Gewerbesteuer durchgängig der 1 Mio. EUR übersteigende Betrag nur zu 60 % berücksichtigt werden kann.
2. Schenkungsteuerliche Folgen des Forderungsverzichts
Ein Forderungsverzicht mit Besserungsabrede erfolgt oftmals, wenn nicht alle Gesellschafter verzichten wollen oder können. Soweit die Forderung noch werthaltig ist, liegt eine disquotale Einlage der verzichtenden Gesellschafter vor. Ergibt sich hierdurch eine kausal verursachte Werterhöhung der Anteile der Mitgesellschafter, liegt nach § 7 Abs. 8 S. 1 i. V. m. § 15 Abs. 4 ErbStG eine fiktive Schenkung an die anderen Gesellschafter vor. Laut BFH ist für die Anwendung des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG kein Wille zur Freigebigkeit erforderlich (BFH 10.4.24, II R 22/21, DB 24, 2406). Die Höhe der Bereicherung richtet sich nach der Differenz zwischen dem Wert des Anteils des Bereicherten gem. § 11 BewG vor und nach der Leistung. Der gemeine Wert der Leistung bildet die Obergrenze für die Werterhöhung nach § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG.
Beachten Sie | Der BFH hat mit dem vorstehenden Urteil auch die Verwaltungsauffassung in R E 7.5 Abs. 13 ErbStR bestätigt, wonach für fiktive Schenkungen i. S. d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG die Vergünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG nicht gewährt werden, weil Zuwendungsgegenstand kein Gesellschaftsanteil ist, sondern allein die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.
Zwei Wege zur Vermeidung einer Schenkung nach § 7 Abs. 8 ErbStG |
3. Folgen bei Eintritt des Besserungsfalls
Tritt der Besserungsfall ein, wandelt sich das temporäre Eigenkapital wieder zurück in Fremdkapital und der ursprünglich ausgebuchte Betrag der Verbindlichkeit wird aufwandswirksam wieder eingebucht, soweit im Zeitpunkt des Verzichts ein steuerpflichtiger Ertrag entstanden war (vgl. Kahle/Kopp, DB 24, 133, 136 f.). Soweit die ursprüngliche Ausbuchung dagegen als verdeckte Einlage zu beurteilen war, gilt diese mit Eintritt des Besserungsfalls als zurückgewährt und mindert als „negative Einlage“ (vgl. Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG Rn. 63, Stand: 12/23) den steuerpflichtigen Gewinn der GmbH nicht (BFH 30.5.90, I R 41/87, BStBl II 91, 588 zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens).
Kontrovers wird diskutiert, ob diese „negative Einlage“ im Sinne eines Direktzugriffs zu einer entsprechenden Verminderung des Einlagekontos führt, weil nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG das steuerliche Einlagekonto – unabhängig von der handelsrechtlichen Einordnung – nur durch Leistungen gemindert wird. Nach zutreffender Ansicht im Schrifttum liegt jedoch keine Leistung i. S. v. § 27 Abs. 1 S. 3 KStG vor, sodass ein Direktabzug beim steuerlichen Einlagekonto durchaus in Betracht kommt (vgl. Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG, Rn. 63, Stand: 12/23; vgl. auch BMF 4.6.03, IV A 2 – S 2836 – 2/03, BStBl I 03, 366, Rn. 29, zur Rechtslage vor SEStEG).
4. Forderungsverzicht als „Loss-Refresher“
Der Forderungsverzicht mit Besserungsabrede kann auch vor einem geplanten Verkauf der GmbH-Anteile im Umfang von mehr als 50 % als sog. „Loss-Refresher“ eingesetzt werden, um die vom Untergang nach § 8c KStG bedrohten Verlustvorträge in die Sphäre der neuen Anteilseigner „hinüberzuretten“. Werden nämlich Anteile an einer Verlust-GmbH zusammen mit dem Besserungsschein übertragen, kann der Ertrag aus dem Verzicht auf den wertlosen Teil der Forderung – im Rahmen der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG – zunächst mit laufenden Verlusten bzw. mit einem Verlustvortrag verrechnet werden, sodass idealerweise keine von § 8c KStG erfassten Verluste mehr vorhanden sind. Tritt später der Besserungsfall ein, ist die Verbindlichkeit aufwandswirksam wieder neu einzubuchen, womit der Aufwand (ggf. als Verlustvortrag) nach dem Anteilserwerb genutzt werden kann. Obwohl das BMF-Schreiben vom 28.11.17 zu § 8c KStG zu dieser Gestaltung nicht Stellung nimmt, wird die Vorgehensweise teilweise als kritisch angesehen (vgl. Leibner/Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Rn. 205, Stand: 12/23).
Der Besserungsfall wird bei der erworbenen GmbH in der Praxis zum Teil dadurch herbeigeführt, dass im Anschluss an den Verzicht auf eine wertlose Forderung die (vermögenslose und oftmals inaktive) Schuldner-GmbH gem. §§ 11 bis 13 UmwStG mit einer anderen GmbH mit einem (weitgehend) identischen Gesellschafterkreis verschmolzen wird. Dabei gilt:
- Wird die Schuldner-GmbH als übertragender Rechtsträger auf eine andere GmbH verschmolzen, so kann durch den hieraus resultierenden Schuldnerwechsel eine Neubegründung der Schuld vorliegen, die den ehemals betrieblichen Zusammenhang durchbricht und durch eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung ersetzt. Nach Ansicht des BFH (21.2.18, I R 46/16, BStBl II 20, 412) führt dann die bilanzielle Erfassung der Verbindlichkeit zu einer Vermögensminderung und damit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.... kann verdeckte Gewinnausschüttung auslösen
- Wird dagegen eine ertragreiche GmbH auf die Schuldner-GmbH verschmolzen, so kann letztere nach dem zur Rechtslage vor Einführung des § 8c KStG ergangenen BFH-Urteil vom 12.7.12 (I R 23/11 BFH/NV 12, 1901) die Verbindlichkeit nach dem Eintritt des Besserungsfalls aufwandswirksam wieder einbuchen. Der BFH hat bei diesem sog. „Loss-Refresher“ keinen Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO angenommen, weil aufgrund des Gläubigerwechsels keine Änderung der betrieblichen Veranlassung der ursprünglichen Forderung eingetreten ist.„Loss-Refresher“ vom BFH nicht als missbräuchlich eingestuft
5. Steuerrechtliche Behandlung des Forderungsverzichts auf der Gesellschafterebene
Im Fall eines Forderungsverzichts mit oder ohne Besserungsabrede hängt die steuerrechtliche Behandlung davon ab, ob bei einem i. S. v. § 17 EStG beteiligten Gesellschafter ein gesellschaftsrechtlich veranlasstes Krisendarlehen oder ein sog. stehen gelassenes Darlehen vorliegt.
5.1 Gesellschaftsrechtlich veranlasste Krisendarlehen
Zu den gesellschaftsrechtlich veranlassten Krisendarlehen gehören die in der Krise hingegebenen Darlehen, die krisenbestimmten Darlehen sowie die Finanzplandarlehen (vgl. BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001, BStBl I 22, 897, Rn. 11 bis 15).
Soweit der Verzicht auf ein gesellschaftsrechtlich veranlasstes Darlehen den werthaltigen Teil betrifft und eine verdeckte Einlage vorliegt, erhöhen sich die Anschaffungskosten der Anteile an der darlehensnehmenden GmbH nach § 17 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 EStG, während der nicht werthaltige Teil zu nachträglichen Anschaffungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 EStG führt. Eine Berücksichtigung eines Darlehensverlusts im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nicht möglich (vgl. BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001, BStBl I 22, 897, Rn. 7, 9, 11 bis 15).
5.2 Stehen gelassene Darlehen
Ein stehen gelassenes Darlehen liegt vor, wenn dieses vor Eintritt der Krise zu fremdüblichen Bedingungen gewährt worden ist und der Gesellschafter das Darlehen bei Eintritt der Krise stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird (vgl. BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001, BStBl I 22, 897, Rn. 16). Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt seit der durch das MoMiG geschaffenen Rechtslage ein stehen gelassenes Darlehen begrifflich nur noch dann vor, wenn die Krise zeitlich vor dem Beginn des einjährigen Anfechtungszeitraums nach § 6 AnfG entstanden ist (vgl. BMF 21.10.10, IV C 6 – S 2244/08/10001, BStBl I 10, 832, Tz. 3b). Bei einem Kriseneintritt erst nach Beginn des Anfechtungszeitraums verbieten die insolvenzrechtlichen Bestimmungen in §§ 39 Abs. 1, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, § 6 AnfG eine Tilgung des Darlehens, sodass dann eine gesetzliche Krisenbestimmungsabrede vorliegt und dieselben Folgen eintreten wie bei einem Verzicht auf ein gesellschaftsrechtlich veranlasstes Krisendarlehen.
Soweit bei einem stehen gelassenen Darlehen die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts nicht mehr werthaltig ist und die Darlehensforderung nach dem 31.12.08 begründet worden ist, kommt insoweit eine Berücksichtigung als Verlust gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht (vgl. BFH 18.7.23, IX R 21/21, DStR 23, 2483). Weitere Voraussetzung ist, dass eine Einkunftserzielungsabsicht im Zeitpunkt der Darlehensgewährung vorgelegen hat (vgl. BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001, BStBl I 22, 897, Rn. 22 bis 25).
Gesamtbetrachtung bei Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht vorzunehmen |
Mit Urteil vom 18.6.24 (VIII R 25/13, DStR 24, 1798) hat der BFH entschieden, dass der vertragliche Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers mit dem wirksamen Zustandekommen des Darlehensvertrags „begründet“ wird. Damit ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Darlehensvertrag abgeschlossen wurde. Der BFH hat offengelassen, ob im Fall eines echten Kontokorrents i. S. v. § 355 Abs. 2 HGB etwas anderes gilt, wenn durch einen Rechnungsabschluss festgestellt wird, dass eine Darlehensforderung durch vollständige Tilgung erloschen ist und anschließend eine neue Darlehensforderung begründet wird.
Bei einem Forderungsverzicht auf ein stehen gelassenes Darlehen nimmt die Finanzverwaltung eine Wertfeststellung der Darlehensforderung zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten wie folgt vor (vgl. BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001, BStBl I 22, 897, Rn. 18):
- Mit dem Stehenlassen des Darlehens bei Eintritt der Krise wird das Darlehen gesellschaftsrechtlich veranlasst. Dies erfordert eine erste Wertfeststellung, weil der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr werthaltige Teil der Darlehensforderung grundsätzlich (nur) im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen unter den dortigen Voraussetzungen zu berücksichtigen ist. Der werthaltige Teil der Darlehensforderung führt im Zeitpunkt des späteren Verzichts dagegen zu nachträglichen Anschaffungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2a EStG.FinVerw nimmt Wertfeststellung zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten vor
- Eine zweite Wertfeststellung erfolgt dann im Zeitpunkt des Verzichts. Der zu diesem Zeitpunkt noch (verbliebene) werthaltige Teil des Darlehens führt als verdeckte Einlage zu nachträglichen Anschaffungskosten gem. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG, während der dann nicht mehr werthaltige Teil zu nachträglichen Anschaffungskosten gem. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG führt.
Die weitere Wertfeststellung und Aufteilung im Verzichtszeitpunkt hat nur eine geringe praktische Bedeutung, weil in beiden Fällen nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung nach § 17 Abs. 2a S. 3 EStG entstehen. Diese sind steuerlich erst zu berücksichtigen, wenn im Hinblick auf die Anteile an der GmbH ein Realisationstatbestand i. S. d. § 17 Abs. 1, 4 oder 5 EStG verwirklicht wird.
Beispiel | |
A lässt sein Darlehen bei Eintritt der Krise im Jahr 04 stehen ... ... wodurch das Darlehen gesellschaftsrechtlich veranlasst wird | |
Von A erzielter Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 2 EStG im VZ 07 | 5.000 EUR |
abzgl. originäre Anschaffungskosten | – 25.000 EUR |
abzgl. nachträgliche Anschaffungskosten (§ 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG) | – 20.000 EUR |
abzgl. nachträgliche Anschaffungskosten (§ 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG) | – 30.000 EUR |
Veräußerungsverlust | – 70.000 EUR |
davon nach dem Teileinkünfteverfahren 60 % | – 42.000 EUR |
Bereits zum Zeitpunkt des Verzichts im VZ 05 kann der Verlust i. H. v. 50.000 EUR als Verlust nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i. V. m. Abs. 2 EStG berücksichtigt werden. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, auch bei einem stehen gelassenen Darlehen könne der Verzicht auf den nicht mehr werthaltigen Teil der Forderung von § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG erfasst werden und führe zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung in Höhe des Nennwerts (vgl. z. B. Levedag, GmbHR 21, 14, 20 m. w. N.) ist der BFH nicht gefolgt, sondern hat sich der vorstehend skizzierten Verwaltungsauffassung angeschlossen (vgl. BFH 18.7.23, IX R 21/21, DStR 23, 2483). Der unter § 20 Abs. 2 EStG fallende Verlust unterliegt ab dem VZ 2024 uneingeschränkt der Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 EStG.
Mit dem vom Bundestag am 18.10.24 beschlossenen JStG 2024 (Zustimmung des Bundesrates am 22.11.24) wurde die bisher auf jährlich 20.000 EUR beschränkte Verlustverrechnung in § 20 Abs. 6 S. 6 EStG für die dort genannten Ausfall- und Ausbuchungsverluste rückwirkend aufgehoben und ist nach § 52 Abs. 28 S. 26 EStG auf alle noch offenen Fälle nicht mehr anzuwenden. Darlehensverluste nach § 20 Abs. 2 EStG unterliegen aber weiterhin dem vertikalen Verlustverrechnungsverbot nach § 20 Abs. 6 S. 1 EStG. Danach dürfen Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden; vielmehr mindern diese Verluste nach § 20 Abs. 6 S. 2 EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden VZ aus Kapitalvermögen erzielt. Seit dem VZ 24 wird aufgrund der erfolgten Änderung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. Buchst. b EStG und der Einführung eines Korrespondenzprinzips auch bei einem zu mindestens 10 % unmittelbar an der darlehensnehmenden GmbH beteiligten Gesellschafter die Anwendung von § 20 Abs. 6 EStG nicht mehr suspendiert (zu diesem Korrespondenzprinzip und den Folgen vgl. Ott, GStB 24, 413 ff.).
5.3 Besonderheiten bei einem Forderungsverzicht mit Besserungsabrede
Während bei einem endgültigen Verzicht auf ein stehen gelassenes Darlehen der Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bereits in dem VZ des Verzichts zu berücksichtigen ist, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung bei einem Forderungsverzicht mit Besserungsschein ein etwaiger Verlust gem. § 20 Abs. 2 EStG erst in dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem der Besserungsschein wegfällt, ohne dass eine Besserung eingetreten ist (vgl. BMF 19.5.22, IV C 1 – S 2252/19/10003 :009; BStBl I 22, 742, Rn. 62; so auch Ratschow, in: Brandis/Heuermann, § 20 Rn. 379a, Stand: 12/22). Die Verwaltungsauffassung zum Forderungsverzicht mit Besserungsabrede soll nachstehend in Anlehnung an den Beispielsfall in Rn. 62 des BMF-Schreibens vom 19.5.22 veranschaulicht werden:
Beispiel |
Besserungsfall tritt im Jahr 04 ein |
A erzielt Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG von 0 EUR Abwandlung: Verkauf Forderung und Besserungsschein für jeweils 1 EUR an B Lösung: A erzielt zunächst durch den Forderungsverzicht Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG in Höhe der verdeckten Einlage von 10.000 EUR. Da die Forderung zum Nennwert hingegeben (angeschafft) wurde, beläuft sich der anteilige Gewinn i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG auf 0 EUR. Die Tilgung der wieder entstandenen Kapitalforderung nach Eintritt der Besserung im Jahr 04 führt allerdings beim Gesellschafter B i. H. v. 100.000 EUR zu Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG. Da diesen Einnahmen Anschaffungskosten der Besserungsanwartschaft von nur 1 EUR gegenüberstehen, betragen die Einkünfte des B im VZ 04 somit 99.999 EUR. Auf diese Einkünfte findet grundsätzlich und vorbehaltlich § 52 Abs. 33b EStG § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. Buchst. b EStG Anwendung, sofern Gesellschafter B zu mindestens 10 % an der GmbH beteiligt ist. |
Wenngleich sich das BMF-Schreiben vom 19.5.22 nicht zur steuerlichen Behandlung des bei A eingetretenen Abtretungsverlusts äußert, dürfte A durch die Veräußerung der gesamten Forderung im Jahr 03 an B für 1 EUR den Grundtatbestand des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG erfüllt haben. Nach Abzug der bereits beim Forderungsverzicht berücksichtigten Anschaffungskosten der Forderung i. H. v. 10.000 EUR erzielt A nunmehr einen Verlust i. H. v. 89.999 EUR (1 EUR abzgl. 90.000 EUR). Unabhängig von der Höhe der Beteiligung fällt dieser Verlust nach § 20 Abs. 2 EStG seit dem VZ 24 unter die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 EStG.
Der vorstehend skizzierten Verwaltungsauffassung zum Verlustberücksichtigungszeitpunkt sind die Finanzgerichte bisher nicht gefolgt. Das FG München hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH (6.8.19, VIII R 18/16, BStBl II 20, 833) sowie auf das rechtskräftige Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 19.11.18 (3 K 1846/15, EFG 19, 610) entschieden, dass sowohl der unbedingte Verzicht auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens als auch der Darlehensverzicht gegen Besserungsschein jeweils bereits im Verzichtszeitpunkt zu einem Verlust nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i. V. m. S. 2 EStG führt (vgl. FG München 17.2.22, 11 K 2371/18, Rev. BFH VIII R 8/22, EFG 22, 1317). Denn der auflösend bedingte Forderungsverzicht bewirkt den Wegfall der Forderung und der Eintritt der Bedingung entfaltet keine Rückwirkung (vgl. BFH 24.10.17, VIII R 19/16, BStBl II 19, 34).
Beachten Sie | In dem anhängigen Revisionsverfahren gegen das o. a. Urteil des FG München vom 17.2.22 wird der BFH die Gelegenheit zur Beantwortung der Frage haben, ob der Verzicht auf eine Darlehensforderung auch dann mit einer Veräußerung gleichgestellt werden kann, solange sich im Vermögen des nur bedingt verzichtenden Gesellschafters eine Anwartschaft befindet, die bei Eintritt des Besserungsfalls eine vollständige Befriedigung vorsieht und damit folglich ein Verlust nicht endgültig entstanden ist. Bestätigt der BFH die Entscheidung des FG München, so werden auch die eintretenden Rechtsfolgen zu klären sein, soweit im Zeitpunkt des Forderungsverzichts mit Besserungsabrede bereits ein Verlust nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i. V. m. S. 2 EStG in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung berücksichtigt worden ist und später nach Eintritt des Besserungsfalls die Forderung wieder auflebt.
5.4 Refinanzierungszinsen während des Verzichtszeitraums
Wurde die zugrunde liegende Forderung refinanziert, so führt der Forderungsverzicht mit Besserungsabrede zu einem Wechsel des Veranlassungszusammenhangs (vgl. BFH 9.7.19, X R 9/17, BStBl II 21, 418). Die Refinanzierungsaufwendungen stehen dann nicht mehr im Zusammenhang mit Zinserträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern mit Beteiligungserträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sodass grundsätzlich das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 S. 1 EStG mit einem Abzug von maximal 1.000 EUR (Einzelveranlagung) bzw. 2.000 EUR (Zusammenveranlagung) zu beachten ist.
Ein höherer Abzug lässt sich nur durch eine Option zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens unter den Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG erreichen. Dies setzt einen rechtzeitigen Antrag voraus, der nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG spätestens mit Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr des Forderungsverzichts zu stellen ist und für die folgenden vier VZ gilt, ohne die Antragsvoraussetzungen erneut belegen zu müssen (vgl. BFH 17.7.24, VIII R 37/23, DStR 24, 2167; 12.12.23, VIII R 2/21, BStBl II 24, 350; entgegen BMF 19.5.22, BStBl I 22, 742, Rn. 139). Damit wird die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für die Dividenden der Kapitalgesellschaft ermöglicht, sodass die damit im Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten zu 60 % als Werbungskosten berücksichtigt werden können.
Tritt später der Besserungsfall ein, liegen wieder Gesellschafterdarlehen mit Zinserträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vor. Die Zinszahlungen stellen bei der GmbH Betriebsausgaben dar und die entsprechenden Kapitalerträge unterliegen grundsätzlich der inländischen Besteuerung. Das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG kommt nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst. b i. V. m. S. 2 EStG nicht zur Anwendung, wenn der Darlehensgeber eine zu mindestens 10%ige unmittelbare Beteiligung an der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft hält oder eine diesem Gesellschafter nahestehende Person ist.
6. Steuerliche Folgen bei Eintritt des Besserungsfalls
Soweit bei dem Eintritt des Besserungsfalls auf der Gesellschaftsebene eine „negative Einlage“ angenommen wird, führt diese beim Gesellschafter zu einer Kürzung der Anschaffungskosten der Beteiligung, die zuvor um den werthaltigen Teil der Forderung im Zeitpunkt des Forderungsverzichts erhöht worden sind. Die erneute Einbuchung der entsprechenden Verbindlichkeit bei der Kapitalgesellschaft und die damit eintretende Werterhöhung der Forderung führt bei einer im Privatvermögen gehaltenen Forderung nicht zu steuerbaren Einkünften.
Sind die Anteile an der GmbH nach dem Forderungsverzicht mit Besserungsabrede vollständig oder teilweise veräußert worden und tritt später der Besserungsfall nicht ein, bleibt es beim Veräußerer bei der Berücksichtigung der erhöhten Anschaffungskosten. Tritt dagegen der Besserungsfall ein, stellt sich die Frage, ob sich die negative Einlage auf die Anschaffungskosten beim Veräußerer oder beim Erwerber der Anteile auswirkt.
Die Finanzverwaltung geht bei einem späteren Eintritt des Besserungsfalls von einem rückwirkenden Ereignis im Hinblick auf den als verdeckte Einlage behandelten werthaltigen Teil der Forderung aus (vgl. BMF 19.5.22, IV C 1 – S 2252/19/10003 :009, BStBl I 22, 742, Beispiel in Rn. 62). Soweit nämlich die verdeckte Einlage die Anschaffungskosten der Beteiligung im Zeitpunkt des Forderungsverzichts erhöht hat und – wie z. B. bei einem zwischenzeitlichen Anteilsverkauf – bei der Einkommensteuerfestsetzung des Veräußerers bereits berücksichtigt wurde, ist die Steuerfestsetzung gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern (so auch Stenert/Selle, Ubg 18, 181 f.). Die Folge ist, dass sich der Veräußerungsgewinn bzw. -verlust der Anteile rückwirkend ändert.
Für eine solche rückwirkende Änderung spricht, dass im Rahmen des § 17 EStG eine zeitpunktbezogene Gewinnermittlung eigener Art erfolgt, die z. B. bei einem späteren Kaufpreisausfall oder bei Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ermöglicht. Gegen die Annahme eines rückwirkenden Ereignisses wird jedoch eingewandt, der Besserungsfall entfalte keine Rückwirkung und somit sei (erst) die Darlehenstilgung nach Eintritt des Besserungsfalls als Rückzahlungsgewinn beim Empfänger nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i. V. m. S. 2 EStG zu erfassen, soweit die Tilgung die verbliebenen Anschaffungskosten der Forderung übersteigt (vgl. z. B. Förster/von Cölln/Lentz, DB 20, 353, 358). In diesem Fall erfolgt auch keine Kürzung der durch die frühere Einlage erhöhten Anschaffungskosten der Beteiligung beim Veräußerer, sodass die negative Einlage zu einer entsprechenden Kürzung der Anschaffungskosten beim Erwerber führt.
Ist – entgegen der Verwaltungsansicht und dem o. a. Urteil des FG München vom 17.2.22 folgend – bereits im Verzichtszeitpunkt ein Verlust nach § 20 Abs. 2 EStG eingetreten, so stellt sich bei Eintritt des Besserungsfalls die Frage, welche Folgen die aufwandswirksame Einbuchung der Verbindlichkeit auf der Gesellschaftsebene beim Gesellschafter auslöst. Sieht man im Eintritt des Besserungsfalls kein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, so führt der Verzicht auf eine nicht mehr werthaltige Forderung dazu, dass sich deren Anschaffungskosten im Verzichtszeitpunkt regelmäßig auf 0 EUR reduziert haben. Die Folge ist, dass eine Tilgung der Forderung zu steuerpflichtigen Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i. V. m. S. 2 EStG führt (vgl. BFH 30.11.22, VIII R 27/19, DStR 23, 187). Die Berücksichtigung des Verlusts aus dem Forderungsverzicht wird dagegen von der Verrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG erfasst und kann nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Der (temporäre) Verlust der Forderung kann somit mit dem Gewinn aus der späteren Tilgung der Forderung – neben anderen positiven Kapitaleinkünften – verrechnet werden.
7. Vereinbarte Zinsnachzahlung im Besserungsfall
Bei einem Forderungsverzicht gegen Besserungsabrede kann vereinbart werden, dass etwaige Schuldzinsen – auch rückwirkend für die Dauer des Verzichtszeitraums – bei Eintritt des Besserungsfalls nachgezahlt werden (vgl. BFH 30.5.90, I R 41/87, BStBl II 91, 588). Der betreffende Zinsaufwand ist dann im Wirtschaftsjahr des Eintritts der Besserung aufwandswirksam zu erfassen. Der Betriebsausgabenabzug der ab dem Zeitpunkt der (Wieder-)Einbuchung der Verbindlichkeit zu zahlenden Zinsen ist nach der ursprünglichen Veranlassung der Verbindlichkeit zu beurteilen. In entsprechender Anwendung des § 158 Abs. 2 BGB entfällt die durch den bedingten Forderungsverzicht eingetretene Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang lebt wieder auf. Bei einem Forderungsverzicht durch den beherrschenden Gesellschafter sind die genauen Umstände des Besserungseintritts sowie eine etwaige Verzinsung klar und eindeutig im Vorhinein zu vereinbaren, da anderenfalls die Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit und der Zinsen als Verstoß gegen das Nachzahlungsgebot zu einer vGA führt (vgl. BFH 18.12.02, I R 27/02, BFH/NV 03, 824).
Beim Gesellschafter sind die Zinsen grundsätzlich im Zeitpunkt des Zuflusses nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erfassen. Nach ständiger Rechtsprechung fließen bei einem beherrschenden Gesellschafter die Zinsen bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit zu, wenn der Anspruch eindeutig und unbestritten und die Gesellschaft nicht zahlungsunfähig ist (vgl. z. B. BFH 2.12.14, VIII R 2/12, BStBl II 15, 333; zur Kritik vgl. Verdenhalven, DStR 18, 1701; Briese, DB 14, 1334, der weder einen Zufluss noch einen Abzug von Betriebsausgaben bei der GmbH annimmt). Wurde der Verlust bereits im Zeitpunkt des Verzichts mit Besserungsschein berücksichtigt, können die nach Eintritt des Besserungsfalls einem zu mindestens 10 % beteiligten Gesellschafter zufließenden Zinsen nach Maßgabe des § 20 Abs. 6 S. 2 EStG mit dem Verlust verrechnet werden und unterliegen im Übrigen nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG in vollem Umfang der tariflichen Einkommensteuer. Bei unter 10 % beteiligten Gesellschaftern unterliegen die Zinsen der Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 EStG.
Fazit | Der Forderungsverzicht mit Besserungsabrede wird vielfach im Rahmen der finanziellen Restrukturierung einer GmbH zur Beseitigung einer bilanziellen Überschuldung eingesetzt. Die hierbei eintretenden ertragsteuerlichen Folgen sowohl auf der Ebene der GmbH als auch bei den Gesellschaftern wurden – unter Einbeziehung der schenkungsteuerlichen Konsequenzen – im Einzelnen dargestellt. Gleichzeitig wurden viele von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher noch nicht geklärte Fragen diskutiert und auf bestehende Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen. |
AUSGABE: GStB 1/2025, S. 26 · ID: 50251025