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UmwandlungssteuerrechtAusübung des Buchwertantrags im notariellen Umwandlungsbeschluss – BFH schafft Klarheit!
| Die Bedeutung des Antrags auf Buchwertansatz im Rahmen von Umwandlungen ist sehr hoch. Denn es geht regelmäßig darum, eine hohe Steuerbelastung durch die Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden. In manchen Fällen soll jedoch auch gezielt eine Buchwertfortführung vermieden werden, um z. B. bestehende Verlustvorträge nutzen zu können. Verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit dem Buchwertantrag sind mit Unsicherheiten behaftet (vgl. Eberhardt, GStB 24, 329). Aktuell hat der BFH nun aber für Klarheit gesorgt bei der Frage, ob ein wirksamer Buchwertantrag bereits im notariellen Umwandlungsbeschluss gestellt werden kann (BFH 10.7.24, IV R 8/22). |
(Vereinfachter) Sachverhalt
Die R-GmbH wurde mit Beschluss vom 25.8.10 rückwirkend zum 31.12.09 in die R-GmbH & Co. KG formgewechselt. In dem Beschluss war unter der Überschrift „Steuerrechtliche Regelungen“ Folgendes zu finden: „Von dem Antragsrecht der Übertragung des Betriebsvermögens zu steuerlichen Buchwerten wird hiermit ausdrücklich Gebrauch gemacht.“ Der Beschluss wurde notariell beurkundet und der Notar übersandte den Beschluss dem Finanzamt, um seiner Verpflichtung gemäß § 54 Abs. 1 EStDV nachzukommen.
Für die Jahre 10 und 11 begehrte die R-GmbH & Co. KG den Ansatz hoher Verluste, die aus der Abschreibung eines zuvor aktivierten Kundenstamms stammten. Das Finanzamt lehnte dies nach einer Außenprüfung ab und stellte einen nicht berücksichtigungsfähigen Übernahmeverlust gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG fest. Im Klageverfahren vertraten die Gesellschafterinnen der R-GmbH & Co. KG den Standpunkt, dass ein Buchwertantrag überhaupt nicht wirksam gestellt worden sei. Damit käme es zum Ansatz der gemeinen Werte mit der Folge der Aktivierung des besagten Kundenstamms. Das FG Niedersachsen hat dieser Auffassung eine Absage erteilt (FG Niedersachsen 25.2.22, 7 K 11215/18, EFG 23, 440). Das Gericht ist davon ausgegangen, dass die Formulierung im Vertrag einen wirksamen Buchwertantrag darstellt.
Entscheidungsgründe
Der BFH folgt der Entscheidung des FG und sieht in der genannten Formulierung im Formwechselbeschluss ebenfalls einen wirksamen Buchwertantrag. Aus Sicht des Gerichts hat sich die Rechtslage nach dem SEStEG entscheidend geändert, sodass es nicht mehr darauf ankommt, ob die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz mit demselben Wert angesetzt werden wie beantragt wurde. Deshalb war es hier unerheblich, dass als Wertansatz auf Ebene der R-GmbH & Co. KG tatsächlich der gemeine Wert gewählt wurde.
Beachten Sie | Die Finanzverwaltung lässt andersherum jedoch einen Buchwertansatz in der Schlussbilanz als konkludenten Antrag genügen (vgl. Tz. 03.29 UmwStE). Eines separaten Antrags bedarf es dann nicht. Aus Sicherheitsgründen ist dieser aber trotzdem stets zu empfehlen.
Zwar sind Vereinbarungen zwischen den Parteien in Umwandlungsverträgen regelmäßig nicht als Wertansatzanträge zu verstehen. Etwas anders gilt aber laut BFH, wenn wie im vorliegenden Fall explizit ein an das Finanzamt gerichteter Antrag im Beschluss enthalten ist und dieses Dokument dem Finanzamt zugesendet wird. Notwendig ist jedoch, dass die Willenserklärung von dem Rechtsträger erfolgt, dem das Wertansatzwahlrecht zusteht. Im Urteilsfall war das die R-GmbH als formwechselnder Rechtsträger – und deren Geschäftsführer hatte die Willenserklärung abgegeben.
Beachten Sie | Der BFH legt somit nicht nur Wert auf die Formulierung als solche. Es muss auch sichergestellt sein, dass die richtige Person den Antrag stellt (siehe dazu auch die Beispiele bei Eberhardt, GStB 24, 329 f.). Ein Antrag der Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers wäre beispielsweise unwirksam (vgl. dazu Bünning BB 23, 1970).
Schließlich ist es für den BFH ohne Bedeutung, dass der Antrag nur durch die Übermittlung der beglaubigten Abschrift der Urkunde wegen der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 54 Abs. 1 EStDV vom Notar in die Sphäre des Finanzamts gelangt ist (a. A. Bünning BB 23, 1970). Es ist somit nicht zwingend notwendig, dass der Antragsteller den Antrag auch selbst übermittelt. Gleichwohl muss sich aus den Umständen ergeben, dass die Willenserklärung auch wirklich abgegeben werden soll. Dies hat der BFH vorliegend aufgrund des klaren Wortlauts des Antrags im Beschluss bejaht.
Relevanz für die Praxis
Auch wenn sich alle Beteiligten der großen Bedeutung des Antragswahlrechts bewusst sind, kommt es in der Praxis vor, dass Buchwertanträge nicht oder nicht richtig gestellt werden. Insbesondere in Fällen, in denen die Umstrukturierung von einem spezialisierten Berater betreut wird, der laufende Berater aber weiterhin für die Erstellung der Steuererklärungen zuständig ist, kann es zu Missverständnissen kommen hinsichtlich der Frage, welcher der Beteiligten für den Buchwertantrag zuständig ist (vgl. Oppel/Solowjeff/Trappmann, BB 23, 2647, 2650). Die vorliegende Entscheidung ist in diesen Konstellationen sehr hilfreich. Nunmehr kann der mit der Umstrukturierung betreute Spezialberater rechtssicher den Buchwertantrag bereits im Rahmen der Umwandlung selbst vorbereiten und vom Mandanten stellen lassen. Ein Zutun des laufenden Beraters ist dann nicht mehr notwendig.
Diesem Vorteil der (zusätzlichen) Absicherung steht allerdings auch ein gewichtiger Nachteil gegenüber. Denn es ist eine frühe Festlegung auf den gewünschten Wertansatz notwendig. Häufig werden in der Praxis zum Zeitpunkt der Durchführung der Umwandlung aber wichtige Entscheidungsparameter wie bestehende Verlustvorträge noch gar nicht feststehen. Möchte man einen Zwischenwertansatz wählen, verlangt die Finanzverwaltung zudem die konkrete Angabe der aufzudeckenden stillen Reserven (vgl. Tz. 03.29 UmwStE). Das wird regelmäßig im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Umwandlungsbeschlusses noch gar nicht möglich sein.
Beachten Sie | Mit dem frühzeitigen Antrag auf Buchwertfortführung kann man sich somit mögliche Gestaltungschancen nehmen. Das Urteil zeigt eindrücklich, dass eine spätere Änderung eines einmal wirksam gestellten Antrags nicht mehr möglich ist. Dieses Risikos müssen sich die Beteiligten bewusst sein. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die gewählte Formulierung im Umwandlungsbeschluss auch als tauglicher Antrag angesehen wird und nicht als bloße Abrede zwischen den Vertragsparteien.
Mit der Formulierung des Urteilsfalls ist man auf der sicheren Seite |
Zudem ist von Bedeutung, dass der Antrag auch von demjenigen Rechtsträger gestellt wird, dem das Antragswahlrecht zusteht. Hierzu sind die umwandlungssteuerlichen Vorschriften genau zu prüfen. Mit Ausnahme der Fälle der Einbringung und des Anteilstauschs liegt das Antragswahlrecht beim übertragenden Rechtsträger. Beim Anteilstausch gibt es aber auch eine bedeutsame Ausnahme zu beachten (vgl. dazu das Beispiel 3 bei Eberhardt, GStB 24, 329, 330).
Sollen hingegen noch Gestaltungsoptionen beim Wertansatz offengehalten werden, muss der Antrag im Umwandlungsbeschluss strikt vermieden werden. Unschädlich ist aber eine Formulierung im Vertrag, in der sich die Vertragsparteien lediglich gegenseitig verpflichten, einen entsprechenden Wertansatz zu wählen und alles Erforderliche dafür zu veranlassen (d. h. insbesondere rechtzeitig den Antrag zu stellen).
Beachten Sie | Möchten die Vertragsparteien später einvernehmlich vom ursprünglich angedachten Wertansatz abweichen, so ist dies regelmäßig unproblematisch möglich. Anders sieht es hingegen aus, wenn eine Partei eigenmächtig die Vereinbarung bricht. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn im Falle einer Einbringung nach § 20 UmwStG die übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermögen entgegen der Vereinbarung im Einbringungsvertrag zu gemeinen Werten ansetzt. Hier ergeben sich dann gegebenenfalls Schadenersatzansprüche des Einbringenden, der wegen der Wertverknüpfung an die Wertansätze auf Ebene der übernehmenden Kapitalgesellschaft gebunden ist und damit unter Umständen eine hohe Steuerlast zu tragen hat.
Schließlich sollte es grundsätzlich auch möglich sein, den Antrag zur Ausübung des Bewertungswahlrechts im Umwandlungsbeschluss zu stellen, wenn dieser in einer anderen Sprache verfasst ist (vgl. Eberhardt, GStB 24, 329, 332). Gegebenenfalls ist auf Verlangen des Finanzamts eine Übersetzung notwendig. Allerdings ist dieser Aspekt bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt, sodass Restrisiken bestehen (Verfahren anhängig, BFH I R 44/23).
Zum Autor | Prof. Dr. David Eberhardt, M. Sc. ist Professor für Allgemeines und Besonderes Steuerrecht an der Hochschule für Finanzen NRW. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die private Meinung des Autors wieder.
AUSGABE: GStB 1/2025, S. 18 · ID: 50262034