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UmwandlungsvorgängeFallstricke beim Buchwertantrag im Rahmen von Umwandlungen anhand von Praxisfällen

Abo-Inhalt29.08.202412 Min. LesedauerVon Prof. Dr. David Eberhardt, M. Sc., Lemgo

| Im Rahmen von Umwandlungen kommt dem Antrag auf Buchwertansatz regelmäßig große Bedeutung zu. Wird dieser Antrag nicht wirksam gestellt, drohen hohe Steuerbelastungen ohne Liquiditätszufluss von außen. Teilweise wird eine Realisierung der stillen Reserven aber auch gewünscht – z. B. zur Verlustnutzung. Dann muss sichergestellt sein, dass kein Buchwertantrag gestellt wird. Wie der Antrag richtig gestellt wird bzw. rechtssicher eine Antragstellung vermieden werden kann, ist oftmals nicht trivial. Der Beitrag geht auf wichtige Aspekte anhand von Praxisfällen ein und zeigt Gestaltungsansätze auf. |

1. Zum Hintergrund

Das UmwStG sieht für sämtliche Umwandlungsvorgänge im Grundsatz vor, dass der gemeine Wert anzusetzen ist. Damit einher geht die Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven im übertragenen Vermögen. Als Alternative ist jedoch sowohl für Verschmelzungen und Spaltungen als auch für Einbringungen die Möglichkeit vorgesehen, den Buch- oder Zwischenwertansatz zu wählen. Das Wahlrecht ist je nach Umwandlungsvorgang von verschiedenen Voraussetzungen abhängig. Für sämtliche Umwandlungsarten ist aber ein Antrag notwendig. Das Gesetz äußert sich nicht zu Form und Inhalt des Antrags. Es wird lediglich in zeitlicher Hinsicht vorgeschrieben, dass die Antragstellung bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bzw. der Steuererklärung des übertragenden bzw. übernehmenden Rechtsträgers erfolgen muss.

2. Praxisbeispiele

2.1 Der richtige Antragsteller

Von herausragender Bedeutung ist, dass die richtige Person den Buchwertantrag stellt. So kann nicht irgendeine am Umwandlungsvorgang beteiligte Person einen wirksamen Antrag stellen.

Beispiele 1 und 2

  • Beispiel 1: Die A-GmbH wird auf die B-GmbH verschmolzen. Steuerlicher Übertragungsstichtag ist der 31.12.23. Die Verschmelzung wird am 12.6.24 in das Handelsregister eingetragen. Die B-GmbH stellt am 24.6.24 den Antrag, das Vermögen der A-GmbH in deren Schlussbilanz mit dem Buchwert anzusetzen.
  • Lösung: Eigentlich müsste der Buchwertantrag von der A-GmbH gestellt werden, weil es um den Wertansatz in ihrer steuerlichen Schlussbilanz geht. Faktisch ist dies aber unmöglich, weil die A-GmbH mit Eintragung der Verschmelzung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 UmwG erlischt. Das bedeutet aber nicht, dass eine wirksame Antragstellung nicht mehr möglich ist. Vielmehr kann die B-GmbH als steuerliche Rechtsnachfolgerin der A-GmbH nun für sie den Antrag auf Buchwertansatz stellen (vgl. Tz. 11.12 i. V. m. 03.28 UmwStE).
  • Beispiel 2: Christoph bringt sein Einzelunternehmen mit Vertrag vom 30.7.24 in die D-GmbH ein. Steuerlicher Übertragungsstichtag ist der 31.12.23. Am 31.7.24 beantragt Christoph bei dem für ihn zuständigen Finanzamt die Buchwertfortführung.
  • Lösung: Bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft steht der übernehmenden Gesellschaft gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 UmwStG das Bewertungswahlrecht zu. Somit kann Christoph den Antrag auf Buchwertfortführung nicht wirksam stellen. Das gilt auch dann, wenn Christoph Geschäftsführer der D-GmbH ist, wenn nicht erkennbar ist, dass er für die D-GmbH handelt.

Beachten Sie | Setzt die D-GmbH das übernommene Vermögen in ihrer Bilanz zum 31.12.23 mit den Buchwerten an, so ist darin regelmäßig ein konkludenter Antrag zu sehen. Zur Vermeidung etwaiger Risiken ist aber trotzdem zu empfehlen, explizit im Namen der GmbH einen Buchwertantrag zu stellen.

Beispiel 3

Einige Zeit später bringt Christoph die 100 %-Beteiligung an der E-GmbH in die F- Srl gegen Gewährung von Anteilen ein. Bei der F-Srl handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft spanischen Rechts. Am 10.10.24 erfolgt die Übertragung der Anteile. Am 11.10.24 stellt die F-Srl einen Antrag auf Fortführung der Anschaffungskosten bei dem für sie nach § 20 AO zuständigen Finanzamt. Christoph gibt seine Steuererklärung für den VZ 24 am 3.3.25 ab. Darin erklärt er einen Veräußerungsgewinn i. S. d. § 17 EStG, der sich allerdings aus Gewinnen anderer Transaktionen zusammensetzt. Einen Gewinn aus dem Anteilstausch berücksichtigt Christoph nicht.
Lösung: Bei einem qualifizierten Anteilstausch mit einer EU-Kapitalgesellschaft ist die Sonderregelung des § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG zu beachten. Danach kann eine Buchwertfortführung auf Antrag auch dann erfolgen, wenn das Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen ausgeschlossen oder beschränkt wird. Antragsteller ist aber in diesem Fall – anders als beim qualifizierten Anteilstausch ohne Auslandsbezug – der Einbringende und nicht die übernehmende Gesellschaft. Die F-Srl kann somit einen Buchwertantrag nicht wirksam stellen.

Beachten Sie | Nach Auffassung des FG Köln liegt auch kein konkludenter Antrag vor, weil sich aus der Steuererklärung von Christoph nicht eindeutig ergibt, dass er für den Anteilstausch keinen Gewinn angesetzt hat (vgl. FG Köln 13.6.23, 15 K 1817/21, EFG 24, 614; Rev. BFH: I R 44/23). Dementsprechend ist der gemeine Wert anzusetzen.

Beispiel 4

Hannah bringt ihren Mitunternehmeranteil an der H-OHG zum 31.12.23 in die G-GmbH gegen Gewährung von Anteilen ein. Die H-OHG stellt einen Antrag auf Buchwertfortführung bei dem für sie zuständigen Finanzamt.
Lösung: Zwar erfolgt die Umsetzung des Bewertungswahlrechts bei der Einbringung eines Mitunternehmeranteils auf Ebene der Mitunternehmerschaft (gegebenenfalls durch die Bildung einer Ergänzungsbilanz). Das ändert aber nichts daran, dass der Buchwertantrag von der übernehmenden Gesellschaft bei dem für sie zuständigen Finanzamt zu stellen ist (Tz. 20.22 UmwStE). Die H-OHG kann dementsprechend keinen wirksamen Buchwertantrag stellen.

2.2 Die richtige Form

Wie erwähnt ist die Form des Buchwertantrags nicht gesetzlich vorgeschrieben. Somit können Anträge mündlich, schriftlich und auch konkludent erfolgen, z. B. durch Abgabe einer Schlussbilanz, in der das Vermögen mit dem Buchwert angesetzt ist.

Praxistipp | Es ist zur Nachweisvorsorge dennoch sehr zu empfehlen, den Buchwertantrag explizit schriftlich vor Einreichung der steuerlichen Schlussbilanz bzw. Steuererklärung zu stellen. Aus dem Schreiben sollte sich eindeutig ergeben, welche Person den Antrag für welchen Umwandlungsvorgang stellt.

Der konkludente Antrag birgt nicht nur Risiken, wenn der Buchwertansatz gewünscht ist, sondern auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Aufdeckung der stillen Reserven erreichen möchte.

Beispiel 5

Die H-GmbH wird auf die I-KG verschmolzen. Im Verschmelzungsbeschluss heißt es: „Die Verschmelzung erfolgt nach § 3 Abs. 2 UmwStG zu den steuerlichen Buchwerten. Der Antrag auf Buchwertübertragung wird hiermit gestellt.“ In der steuerlichen Schlussbilanz der H-GmbH wird das Vermögen mit dem gemeinen Wert angesetzt.
Lösung: Nach Auffassung des FG Niedersachsen stellen die Ausführungen im Verschmelzungsbeschluss einen wirksamen Buchwertantrag dar (vgl. FG Niedersachsen vom 22.12.22, 7 K 105/18, EFG 2023, 1107). Da ein einmal gestellter Buchwertantrag nicht mehr geändert werden kann (vgl. Tz. 03.29 UmwStE), ist unerheblich, dass in der Schlussbilanz ein anderer Wertansatz gewählt wurde.

Beachten Sie | Die Auffassung des FG Niedersachsen ist nicht unumstritten. Hierzu ist aktuell die Revision beim BFH unter dem Az. IV R 3/23 anhängig. Darüber hinaus kommt es auf die genaue Formulierung an. Enthält der Vertrag nämlich nur die Verpflichtung der Vertragsparteien untereinander, einen Buchwertantrag zu stellen, ist darin noch kein wirksamer Antrag zu sehen (vgl. FG Köln 13.6.23, 15 K 1817/21, EFG 24, 614).

Beispiel 6

Die R-GmbH überträgt die 70 %-Beteiligung an der S-AG zum 31.7.24 im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs auf die T-ApS. Bei der T-ApS handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft dänischen Rechts. Im englischsprachigen Übertragungsvertrag, der dem Finanzamt noch im Jahr 2024 vorliegt, heißt es: „The share transfer is effected at book value for tax purposes according to Sec. 21 Para. 2 Sentence 3 German Transformation Tax Act. The application for book value transfer is hereby submitted.“ Aus der Steuererklärung der R-GmbH für VZ 24 ist aufgrund einer Vielzahl von Anteilsveräußerungsgewinnen nicht ersichtlich, welcher Wertansatz für die Übertragung der Anteile an der S-AG gewählt wurde. Nach dem Eingang der Steuererklärung verlangt das Finanzamt eine deutsche Übersetzung des Übertragungsvertrags, die die R-GmbH fristgerecht liefert.
Lösung: Zwar ist die Amtssprache gemäß § 87 Abs. 1 AO deutsch. Das schließt aber nicht aus, dass Anträge in einer anderen Sprache wirksam gestellt werden könnten. Gemäß § 87 Abs. 4 AO wird die Frist grundsätzlich bereits durch Vorlage des englischsprachigen Antrags gewahrt; erwartet das Finanzamt aber eine deutsche Übersetzung, ist der Antrag nur wirksam, wenn die Übersetzung innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist eingereicht wird (a. A. eventuell FG Köln 13.6.23, 15 K 1817/21, EFG 24, 614, das aber auf § 87 Abs. 3 AO abstellt, der vorliegend nicht relevant ist). Dass die deutsche Übersetzung erst nach der Abgabe der Steuererklärung beim Finanzamt eingeht, ist unschädlich, weil die vom Finanzamt gewährte Frist eingehalten wird. Der Antrag ist somit wirksam, wenn man der Auffassung des FG Niedersachsen zur Antragstellung im Rahmen der Umwandlungsdokumente folgt (vgl. FG Niedersachsen vom 22.12.22, 7 K 105/18, EFG 23, 1107).
Praxistipp | Plant der Steuerpflichtige, Unterlagen in fremder Sprache vorzulegen, empfiehlt sich, vorab Kontakt mit dem zuständigen Finanzamt aufzunehmen. Nicht in jedem Fall ist eine Übersetzung notwendig, wenn es z. B. innerhalb des Finanzamts eine Person mit entsprechenden Sprachkenntnissen gibt. Zudem lässt sich dadurch in der Regel auch unkompliziert Einvernehmen über die Modalitäten der Übersetzung und die Frist erzielen.

Nicht zulässig ist es, den Buchwertantrag an Bedingungen zu knüpfen (vgl. Tz. 03.29 UmwStE).

Beispiel 7

Die X-GmbH wird auf die Y-KG verschmolzen. Die Y-KG stellt als steuerliche Rechtsnachfolgerin der X-GmbH einen Antrag auf Ansatz der Buchwerte in der Schlussbilanz für den Fall, dass die bestehenden Verlustvorträge der X-GmbH im Rahmen der aktuell laufenden Betriebsprüfung nicht anerkannt werden. Anderenfalls soll die Verschmelzung zu gemeinen Werten erfolgen.
Lösung: Da der Buchwertantrag bedingungsfeindlich ist, hat die Y-KG keinen wirksamen Antrag gestellt. In der steuerlichen Schlussbilanz der X-GmbH sind die gemeinen Werte unabhängig davon anzusetzen, ob die Verlustvorträge bestehen oder nicht.

2.3 Das richtige Timing

Wie erwähnt ist das Buchwertantragswahlrecht in zeitlicher Hinsicht begrenzt durch die erstmalige Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bzw. der Steuererklärung.

Beispiel 8

Beate bringt ihr Einzelunternehmen mit Vertrag vom 30.7.24 rückwirkend zum 31.12.23 in die L-GmbH gegen Gewährung von Anteilen ein. Die Steuererklärung samt Steuerbilanz der L-GmbH für den VZ 23 ist bereits am 30.4.24 elektronisch dem zuständigen Finanzamt übermittelt worden. Die Einbringung ist dabei noch nicht berücksichtigt worden. Die L-GmbH stellt am 31.7.24 einen Antrag auf Buchwertfortführung.
Lösung: Gemäß § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG ist der Antrag auf Buchwertfortführung durch die übernehmende Gesellschaft bei dem für sie zuständigen Finanzamt bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Die Schlussbilanz i. S. d. § 20 UmwStG ist diejenige Steuerbilanz, in der das übertragende Vermögen erstmals anzusetzen ist. Das ist vorliegend die Bilanz zum 31.12.23.

Das Bewertungswahlrecht ist aber durch die Abgabe der Bilanz am 30.4.24 noch nicht verbraucht. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Einbringung noch gar nicht wirksam und somit auch nicht zu berücksichtigen. Erst durch die wirksame Antragstellung auf steuerliche Rückbeziehung nach § 20 Abs. 5, 6 UmwStG ergibt sich die Pflicht zur Berücksichtigung des übertragenden Betriebsvermögens. Die eingereichte Bilanz ist daher wegen des rückwirkenden Ereignisses zu korrigieren (vgl. Ott, Stbg 17, 105, 108; ebenso LfSt Bayern 11.11.14, S 1978d.2.1-17/10 St32, DStR 15, 42). Spätestens mit der Abgabe der korrigierten Bilanz (= Schlussbilanz i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG) ist dann das Bewertungswahlrecht auszuüben.

Beispiel 9

Marie bringt zum 30.7.23 ihre 100 %-Beteiligung an der M-GmbH im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs in die N-B.V. ein. Bei der N-B.V. handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts. Ihre Steuererklärung für den VZ 23 übermittelt sie am 30.5.24 an das zuständige Finanzamt. Am selben Tag schickt sie per Post einen Antrag auf Buchwertfortführung gemäß § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG an das Finanzamt, der am 3.6.24 dort eingeht.
Lösung: Es ist nicht zwingend erforderlich, dass der Buchwertantrag vor Abgabe der Steuererklärung eingereicht wird. Ausreichend ist, wenn der Antrag gleichzeitig eingeht. Es kommt dabei auf die Perspektive des Finanzamts an, sodass es nicht fristwahrend ist, den Antrag zeitgleich per Post an das Finanzamt zu schicken, wenn er dort später als die Steuererklärung eintrifft (vgl. FG Köln 13.6.23, 15 K 1817/21, EFG 24, 614). Ergibt sich aus der Steuererklärung kein konkludenter Antrag (z. B. kein Ansatz eines Gewinns i. S. d. § 17 EStG), ist der Anteilstausch unter Aufdeckung der stillen Reserven somit zu gemeinen Werten vorzunehmen.

Während das Gesetz den spätesten Zeitpunkt für die Antragstellung explizit nennt, schweigt es zu der Frage, wann ein wirksamer Antrag erstmalig gestellt werden kann.

Beispiel 10

Nadine plant, ihre 100 %-Beteiligung an der O-GmbH in die P-GmbH im Wege eines qualifizierten Anteilstauschs einzubringen. Vorsorglich stellt die P-GmbH bei dem für sie zuständigen Finanzamt am 19.6.24 einen Antrag auf Fortführung der Anschaffungskosten der Beteiligung an der P-GmbH. Der Einbringungsvertrag wird am 30.8.24 geschlossen. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist der 31.8.24.
Lösung: Das Antragswahlrecht ist spätestens mit der Abgabe der Steuerbilanz der P-GmbH auf den 31.12.24 auszuüben, weil in dieser Bilanz die Beteiligung an der O-GmbH erstmals auszuweisen ist. Unschädlich ist aber, wenn der Antrag bereits vor der Wirksamkeit des Umwandlungsvorgangs gestellt wird (vgl. Pyszka, DStR 13, 693).

Beachten Sie | In der Praxis kommt es manchmal vor, dass Umstrukturierungen erst mehrere Jahre nach dem Beginn der Planung umgesetzt werden. In diesen Fällen empfiehlt es sich, einen im Planungsprozess bereits gestellten Buchwertantrag erneut zu stellen, um die notwendige Verknüpfung mit der konkreten Umwandlung herzustellen. Das gilt insbesondere dann, wenn die später vorgenommene Umstrukturierung deutlich von den ursprünglichen Planungen abweicht.

Beispiel 11

Quentin hält sowohl die 100 %-Beteiligung an der R-GmbH als auch die 100 %-Beteiligung an der S-GmbH im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Mit Verschmelzungsvertrag vom 29.6.24 wird die Verschmelzung der R-GmbH auf die S-GmbH mit steuerlicher Rückwirkung auf den 31.12.23 beschlossen. Die Verschmelzung wird am 20.8.24 im Handelsregister eingetragen. Seine Einkommensteuererklärung für den VZ 23 gibt Quentin am 21.8.24 ab, die für VZ 24 am 15.5.25. Die jeweiligen Bescheide ergehen erklärungsgemäß, stehen aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Einen expliziten Antrag auf Buchwertfortführung hat Quentin bisher nicht gestellt.
Lösung: Das Antragswahlrecht des § 13 Abs. 2 UmwStG muss durch den Anteilseigner ausgeübt werden. Das kann auch konkludent erfolgen, z. B. durch Umbuchung des Buchwerts der Anteile an der R-GmbH auf den Buchwert der Anteile an der S-GmbH. In zeitlicher Hinsicht ist einerseits zu beachten, dass der Anteilseigner nicht an der Rückwirkung teilnimmt (vgl. Tz. 02.03 und 13.06 UmwStE). Dementsprechend ist der Umwandlungsvorgang erst im VZ 24 steuerlich für Quentin zu berücksichtigen. Andererseits ist keine Frist für den Antrag vorgesehen. Falls Quentin keinen konkludenten Antrag gestellt haben sollte, kann er somit den Antrag noch bis zur Bestandskraft des ESt-Bescheides für VZ 24 nachholen.
Beachten Sie | Im Entwurf des JStG 2024 ist vorgesehen, dass die Buchwertfortführung für den Anteilseigner im Anwendungsbereich des § 13 UmwStG zur Regel wird und der Ansatz des gemeinen Wertes oder eines Zwischenwerts nur auf Antrag erfolgen kann. Dieser Antrag soll fristgebunden werden, und zwar bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe der Steuererklärung, spätestens jedoch mit der Steuererklärung. Gemeint ist die Steuererklärung für den VZ, in dem die Umwandlung zivilrechtlich wirksam wird (vgl. Broemel/Westermann, DStR 24, 1521).
Fazit und Handlungsempfehlung | Bei Umstrukturierungen kommt es entscheidend auf die richtige Antragstellung an, um das gewünschte steuerliche Ergebnis zu erreichen. Da der Gesetzgeber es unterlassen hat, wichtige Details für die Antragstellung zu regeln, ergeben sich in einigen Fällen Unsicherheiten, die bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. Es sollte stets sehr genau geprüft werden, wem das Antragswahlrecht zusteht. Zur Minimierung etwaiger Risiken ist ein expliziter Antrag sehr zu empfehlen. Um die Frist nicht zu versäumen, bietet es sich an, den Antrag direkt nach zivilrechtlicher Wirksamkeit der Umwandlung zu stellen.

Zum Autor | Prof. Dr. David Eberhardt, M.Sc. ist Professor für Allgemeines und Besonderes Steuerrecht an der Hochschule für Finanzen NRW. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die private Meinung des Autors wieder.

AUSGABE: GStB 9/2024, S. 329 · ID: 50071678

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