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UmwandlungsvorgängeFallstricke beim Buchwertantrag im Rahmen von Umwandlungen anhand von Praxisfällen
| Im Rahmen von Umwandlungen kommt dem Antrag auf Buchwertansatz regelmäßig große Bedeutung zu. Wird dieser Antrag nicht wirksam gestellt, drohen hohe Steuerbelastungen ohne Liquiditätszufluss von außen. Teilweise wird eine Realisierung der stillen Reserven aber auch gewünscht – z. B. zur Verlustnutzung. Dann muss sichergestellt sein, dass kein Buchwertantrag gestellt wird. Wie der Antrag richtig gestellt wird bzw. rechtssicher eine Antragstellung vermieden werden kann, ist oftmals nicht trivial. Der Beitrag geht auf wichtige Aspekte anhand von Praxisfällen ein und zeigt Gestaltungsansätze auf. |
Inhaltsverzeichnis
1. Zum Hintergrund
Das UmwStG sieht für sämtliche Umwandlungsvorgänge im Grundsatz vor, dass der gemeine Wert anzusetzen ist. Damit einher geht die Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven im übertragenen Vermögen. Als Alternative ist jedoch sowohl für Verschmelzungen und Spaltungen als auch für Einbringungen die Möglichkeit vorgesehen, den Buch- oder Zwischenwertansatz zu wählen. Das Wahlrecht ist je nach Umwandlungsvorgang von verschiedenen Voraussetzungen abhängig. Für sämtliche Umwandlungsarten ist aber ein Antrag notwendig. Das Gesetz äußert sich nicht zu Form und Inhalt des Antrags. Es wird lediglich in zeitlicher Hinsicht vorgeschrieben, dass die Antragstellung bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bzw. der Steuererklärung des übertragenden bzw. übernehmenden Rechtsträgers erfolgen muss.
2. Praxisbeispiele
2.1 Der richtige Antragsteller
Von herausragender Bedeutung ist, dass die richtige Person den Buchwertantrag stellt. So kann nicht irgendeine am Umwandlungsvorgang beteiligte Person einen wirksamen Antrag stellen.
Beispiele 1 und 2 |
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Beachten Sie | Setzt die D-GmbH das übernommene Vermögen in ihrer Bilanz zum 31.12.23 mit den Buchwerten an, so ist darin regelmäßig ein konkludenter Antrag zu sehen. Zur Vermeidung etwaiger Risiken ist aber trotzdem zu empfehlen, explizit im Namen der GmbH einen Buchwertantrag zu stellen.
Beispiel 3 |
Einige Zeit später bringt Christoph die 100 %-Beteiligung an der E-GmbH in die F- Srl gegen Gewährung von Anteilen ein. Bei der F-Srl handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft spanischen Rechts. Am 10.10.24 erfolgt die Übertragung der Anteile. Am 11.10.24 stellt die F-Srl einen Antrag auf Fortführung der Anschaffungskosten bei dem für sie nach § 20 AO zuständigen Finanzamt. Christoph gibt seine Steuererklärung für den VZ 24 am 3.3.25 ab. Darin erklärt er einen Veräußerungsgewinn i. S. d. § 17 EStG, der sich allerdings aus Gewinnen anderer Transaktionen zusammensetzt. Einen Gewinn aus dem Anteilstausch berücksichtigt Christoph nicht. Sonderregelung beim qualifizierten Anteilstausch mit EU-KapG beachten |
Beachten Sie | Nach Auffassung des FG Köln liegt auch kein konkludenter Antrag vor, weil sich aus der Steuererklärung von Christoph nicht eindeutig ergibt, dass er für den Anteilstausch keinen Gewinn angesetzt hat (vgl. FG Köln 13.6.23, 15 K 1817/21, EFG 24, 614; Rev. BFH: I R 44/23). Dementsprechend ist der gemeine Wert anzusetzen.
Beispiel 4 |
Hannah bringt ihren Mitunternehmeranteil an der H-OHG zum 31.12.23 in die G-GmbH gegen Gewährung von Anteilen ein. Die H-OHG stellt einen Antrag auf Buchwertfortführung bei dem für sie zuständigen Finanzamt. Antrag von der übernehmenden Gesellschaft zu stellen |
2.2 Die richtige Form
Wie erwähnt ist die Form des Buchwertantrags nicht gesetzlich vorgeschrieben. Somit können Anträge mündlich, schriftlich und auch konkludent erfolgen, z. B. durch Abgabe einer Schlussbilanz, in der das Vermögen mit dem Buchwert angesetzt ist.
Explizit schriftlicher Antrag unbedingt zu empfehlen |
Der konkludente Antrag birgt nicht nur Risiken, wenn der Buchwertansatz gewünscht ist, sondern auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Aufdeckung der stillen Reserven erreichen möchte.
Beispiel 5 |
Die H-GmbH wird auf die I-KG verschmolzen. Im Verschmelzungsbeschluss heißt es: „Die Verschmelzung erfolgt nach § 3 Abs. 2 UmwStG zu den steuerlichen Buchwerten. Der Antrag auf Buchwertübertragung wird hiermit gestellt.“ In der steuerlichen Schlussbilanz der H-GmbH wird das Vermögen mit dem gemeinen Wert angesetzt. Ansatz gemeiner Werte in der Schlussbilanz könnte damit hinfällig sein |
Beachten Sie | Die Auffassung des FG Niedersachsen ist nicht unumstritten. Hierzu ist aktuell die Revision beim BFH unter dem Az. IV R 3/23 anhängig. Darüber hinaus kommt es auf die genaue Formulierung an. Enthält der Vertrag nämlich nur die Verpflichtung der Vertragsparteien untereinander, einen Buchwertantrag zu stellen, ist darin noch kein wirksamer Antrag zu sehen (vgl. FG Köln 13.6.23, 15 K 1817/21, EFG 24, 614).
Beispiel 6 |
Finanzamt verlangt Übersetzung des Übertragungsvertrags |
Lösung: Zwar ist die Amtssprache gemäß § 87 Abs. 1 AO deutsch. Das schließt aber nicht aus, dass Anträge in einer anderen Sprache wirksam gestellt werden könnten. Gemäß § 87 Abs. 4 AO wird die Frist grundsätzlich bereits durch Vorlage des englischsprachigen Antrags gewahrt; erwartet das Finanzamt aber eine deutsche Übersetzung, ist der Antrag nur wirksam, wenn die Übersetzung innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist eingereicht wird (a. A. eventuell FG Köln 13.6.23, 15 K 1817/21, EFG 24, 614, das aber auf § 87 Abs. 3 AO abstellt, der vorliegend nicht relevant ist). Dass die deutsche Übersetzung erst nach der Abgabe der Steuererklärung beim Finanzamt eingeht, ist unschädlich, weil die vom Finanzamt gewährte Frist eingehalten wird. Der Antrag ist somit wirksam, wenn man der Auffassung des FG Niedersachsen zur Antragstellung im Rahmen der Umwandlungsdokumente folgt (vgl. FG Niedersachsen vom 22.12.22, 7 K 105/18, EFG 23, 1107). |
Modalitäten der Übersetzung und Frist abklären |
Nicht zulässig ist es, den Buchwertantrag an Bedingungen zu knüpfen (vgl. Tz. 03.29 UmwStE).
Beispiel 7 |
Die X-GmbH wird auf die Y-KG verschmolzen. Die Y-KG stellt als steuerliche Rechtsnachfolgerin der X-GmbH einen Antrag auf Ansatz der Buchwerte in der Schlussbilanz für den Fall, dass die bestehenden Verlustvorträge der X-GmbH im Rahmen der aktuell laufenden Betriebsprüfung nicht anerkannt werden. Anderenfalls soll die Verschmelzung zu gemeinen Werten erfolgen. Buchwertantrag ist bedingungsfeindlich |
2.3 Das richtige Timing
Wie erwähnt ist das Buchwertantragswahlrecht in zeitlicher Hinsicht begrenzt durch die erstmalige Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bzw. der Steuererklärung.
Beispiel 8 |
Beate bringt ihr Einzelunternehmen mit Vertrag vom 30.7.24 rückwirkend zum 31.12.23 in die L-GmbH gegen Gewährung von Anteilen ein. Die Steuererklärung samt Steuerbilanz der L-GmbH für den VZ 23 ist bereits am 30.4.24 elektronisch dem zuständigen Finanzamt übermittelt worden. Die Einbringung ist dabei noch nicht berücksichtigt worden. Die L-GmbH stellt am 31.7.24 einen Antrag auf Buchwertfortführung. |
Lösung: Gemäß § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG ist der Antrag auf Buchwertfortführung durch die übernehmende Gesellschaft bei dem für sie zuständigen Finanzamt bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Die Schlussbilanz i. S. d. § 20 UmwStG ist diejenige Steuerbilanz, in der das übertragende Vermögen erstmals anzusetzen ist. Das ist vorliegend die Bilanz zum 31.12.23. |
Das Bewertungswahlrecht ist aber durch die Abgabe der Bilanz am 30.4.24 noch nicht verbraucht. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Einbringung noch gar nicht wirksam und somit auch nicht zu berücksichtigen. Erst durch die wirksame Antragstellung auf steuerliche Rückbeziehung nach § 20 Abs. 5, 6 UmwStG ergibt sich die Pflicht zur Berücksichtigung des übertragenden Betriebsvermögens. Die eingereichte Bilanz ist daher wegen des rückwirkenden Ereignisses zu korrigieren (vgl. Ott, Stbg 17, 105, 108; ebenso LfSt Bayern 11.11.14, S 1978d.2.1-17/10 St32, DStR 15, 42). Spätestens mit der Abgabe der korrigierten Bilanz (= Schlussbilanz i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG) ist dann das Bewertungswahlrecht auszuüben.
Beispiel 9 |
Marie bringt zum 30.7.23 ihre 100 %-Beteiligung an der M-GmbH im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs in die N-B.V. ein. Bei der N-B.V. handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts. Ihre Steuererklärung für den VZ 23 übermittelt sie am 30.5.24 an das zuständige Finanzamt. Am selben Tag schickt sie per Post einen Antrag auf Buchwertfortführung gemäß § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG an das Finanzamt, der am 3.6.24 dort eingeht. Zeitgleiches Zur-Post-Geben des Antrags reicht nicht aus |
Während das Gesetz den spätesten Zeitpunkt für die Antragstellung explizit nennt, schweigt es zu der Frage, wann ein wirksamer Antrag erstmalig gestellt werden kann.
Beispiel 10 |
Nadine plant, ihre 100 %-Beteiligung an der O-GmbH in die P-GmbH im Wege eines qualifizierten Anteilstauschs einzubringen. Vorsorglich stellt die P-GmbH bei dem für sie zuständigen Finanzamt am 19.6.24 einen Antrag auf Fortführung der Anschaffungskosten der Beteiligung an der P-GmbH. Der Einbringungsvertrag wird am 30.8.24 geschlossen. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist der 31.8.24. Antrag kann bereits vor Wirksamkeit der Umwandlung gestellt werden |
Beachten Sie | In der Praxis kommt es manchmal vor, dass Umstrukturierungen erst mehrere Jahre nach dem Beginn der Planung umgesetzt werden. In diesen Fällen empfiehlt es sich, einen im Planungsprozess bereits gestellten Buchwertantrag erneut zu stellen, um die notwendige Verknüpfung mit der konkreten Umwandlung herzustellen. Das gilt insbesondere dann, wenn die später vorgenommene Umstrukturierung deutlich von den ursprünglichen Planungen abweicht.
Beispiel 11 |
Quentin hält sowohl die 100 %-Beteiligung an der R-GmbH als auch die 100 %-Beteiligung an der S-GmbH im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Mit Verschmelzungsvertrag vom 29.6.24 wird die Verschmelzung der R-GmbH auf die S-GmbH mit steuerlicher Rückwirkung auf den 31.12.23 beschlossen. Die Verschmelzung wird am 20.8.24 im Handelsregister eingetragen. Seine Einkommensteuererklärung für den VZ 23 gibt Quentin am 21.8.24 ab, die für VZ 24 am 15.5.25. Die jeweiligen Bescheide ergehen erklärungsgemäß, stehen aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Einen expliziten Antrag auf Buchwertfortführung hat Quentin bisher nicht gestellt. Anteilseigner nimmt nicht an der Rückwirkung teil Geplante Neuerung durch das JStG 2024 |
Antrag direkt nach zivilrechtlicher Wirksamkeit der Umwandlung stellen |
Zum Autor | Prof. Dr. David Eberhardt, M.Sc. ist Professor für Allgemeines und Besonderes Steuerrecht an der Hochschule für Finanzen NRW. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die private Meinung des Autors wieder.
AUSGABE: GStB 9/2024, S. 329 · ID: 50071678