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Erstes Quartal 2024FG-Rechtsprechung kompakt: Die Top 10 für die Gestaltungsberatung

Abo-Inhalt31.07.202411 Min. Lesedauer von VRiFG Prof. Dr. Kreft, Dipl.-Finanzwirt, Bielefeld

1. Rückgängigmachung eines IAB in Einbringungsfällen

Die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft erlaubt keine Übertragung eines im Einzelunternehmen gebildeten IAB auf die Kapitalgesellschaft, weil die Einbringung einer entgeltlichen Betriebsübertragung auf einen anderen Rechtsträger entspricht (so FG Köln 30.11.23, 7 K 522/22; Rev. BFH: X R 7/24).

Das FA hatte im Streitfall die Bildung des IAB im Einzelunternehmen im Hinblick auf die Einbringung abgelehnt. Die geplanten Investitionen, für welche die IAB gebildet wurden, seien wegen der Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH nicht mehr im Einzelunternehmen durch den Kläger realisierbar. Hierzu verwies das FA auf das BMF-Schreiben vom 20.3.17 (IV C 6 – S 2139-b/07/10002-02, BStBl I 17, 423, Rz. 33). Das FG Köln bestätigte dieses Ergebnis. Die Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG stelle einen tauschähnlichen Vorgang, also einen Spezialfall der Betriebsveräußerung dar. Durch die Einbringung ändere sich – ebenso wie bei einer Veräußerung – der Rechtsträger des Betriebs infolge eines entgeltlichen Vorgangs (Sacheinlage).

Praxistipp | In gleicher Weise hatte bereits zuvor das FG Sachsen-Anhalt (1.6.23, 1 K 98/23; NZB BFH: X B 80/23) unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 14.4.15 (GrS 2/12) zur Vorgängerregelung des § 7g EStG 2002 entschieden. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich der BFH hierzu positionieren wird.

2. Außergewöhnliche Belastungen: Pflegepauschbetrag nur bei Mindestpflegedauer?

Für die Inanspruchnahme des Pflegepauschbetrages nach § 33b Abs. 6 EStG muss nach einem Urteil des FG Sachsen (24.1.24, 2 K 936/23) die Pflegedauer mindestens 10 % des pflegerischen Zeitaufwands betragen, um einen Abzug als außergewöhnliche Belastung zu rechtfertigen. Andernfalls könnten in vielen Fällen Familienbesuche, die mit Hilfeleistungen im Haushalt verbunden sind, als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Dies ist nicht Intention des Gesetzgebers.

Ein Anteil von nur 5,4 % (so der Anteil im dortigen Streitfall) reiche nicht aus, um eine außergewöhnliche Belastung anzunehmen. Das FG verweist hierzu auf das Urteil des FG Düsseldorf (13.11.17, 15 K 3228/16), das noch zur alten Rechtslage ergangen ist.

Praxistipp | Der BFH hat die Frage der Anforderung einer Mindestpflegedauer bislang offengelassen (BFH 4.9.19, VI R 52/17, BStBl II 20, 97). Die höchstrichterliche Klärung bleibt also abzuwarten. Dies gilt zudem für den Begriff der „Wohnung“ i. S. d. § 33b Abs. 6 EStG. Das FG hat hier eine großzügige Auslegung vorgenommen. Eine „Wohnung“ könne auch ein Zimmer / eine Wohnung im Alten- oder Pflegeheim sein, wenn die betreute Person in ihrer persönlichen Umgebung verbleibe (unter Hinweis auf Schmidt, EStG, § 33b Rz. 35). Steuerliche Berater sollten betroffene Mandanten dazu anhalten, die Betreuungstätigkeiten und den entsprechenden Zeitaufwand schriftlich zu dokumentieren.

3. Entgeltlicher Verzicht auf ein Nießbrauchrecht keine steuerbare Veräußerung

Das FG Münster (12.12.23, 6 K 2489/22 E; Rev. BFH: IX R 4/24) hat entschieden, dass die entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchrechts nicht zu steuerbaren Einkünften führt. Der Vorgang stelle keine Veräußerung i. S. d. § 23 EStG dar, sondern einen von dieser Vorschrift nicht erfassten veräußerungsähnlichen Vorgang. Ein Nießbrauchrecht an einem Grundstück ist danach zwar ein entnahmefähiges Wirtschaftsgut. Es ist allerdings nach Auffassung des FG nicht übertragbar (§ 1059 BGB). Analog § 1059 S. 1 BGB sei auch der schuldrechtliche Anspruch auf Bestellung eines Nießbrauchs nicht übertragbar.

Praxistipp | Steuerliche Berater sollten betroffene Mandanten bereits im Vorfeld eines Verzichts auf dieses Steuerrisiko hinweisen, da der BFH sich zu dieser Thematik noch nicht abschließend positioniert hat (in diesem Zusammenhang siehe auch Uphues in GStB 24, 282 – in dieser Ausgabe).

4. Zeitpunkt des Abschlusses einer energetischen Maßnahme bei Ratenzahlung der Handwerkerleistung

Nach einer Entscheidung des FG München (8.12.23, 8 K 1534/23; Rev. BFH: IX R 31/23) liegt ein Abschluss der energetischen Maßnahmen i. S. d. § 35c Abs. 1 EStG bei einer Ratenzahlung nicht bereits mit der ausgeführten energetischen Maßnahme (im Streitfall: Erneuerung der Heizungsanlage) vor, sondern erst mit der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrags.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen ist neben dem Rechnungserhalt (§ 35c Abs. 4 Nr. 1 EStG), dass die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist (§ 35c Abs. 4 Nr. 2 EStG). Die Regelung des § 35c Abs. 4 Nr. 2 EStG lässt allerdings offen, ob die Bezahlung der energetischen Maßnahme bei Beginn des Ermäßigungszeitraums bereits in voller Höhe erfolgt sein muss oder ob auch Teilzahlungen genügen, mit der Folge, dass sich die Einkommensteuer nur um den sich aus § 35c Abs. 1 EStG ergebenden Prozentsatz aus den Teilzahlungen in den nach Abschluss der handwerklichen energetischen Maßnahme vorgesehenen drei Kalenderjahren ermäßigt.

Praxistipp | Die Rechtsfrage, ob der Abschluss der energetischen Maßnahme und damit der Förderbeginn im Falle von Ratenzahlungsvereinbarungen vom Eingang aller Raten abhängig ist, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Betroffene Mandanten sollten vor der Maßnahme auf diese Problematik hingewiesen werden, insbesondere in Fällen, in denen die steuerliche Förderung in die Finanzierung bereits eingerechnet ist. Hier droht bei verspäteter steuerlicher Förderung eine finanzielle Schieflage. Ggf. kann das Problem umgangen werden, indem man bei einem Kreditinstitut ein Darlehen aufnimmt und damit den Rechnungsbetrag in einer Summe begleicht.

5. Lastenaufzug und Verladerampe als gewerbesteuerlich kürzungsschädliche Betriebsvorrichtungen

Die Weiterführung eines Betriebs in Form einer Betriebsverpachtung kann nach Auffassung des FG Düsseldorf (23.11.23, 14 K 1037/22 G,F, EFG 24, 311; Rev. BFH: IV R 31/23) ausnahmsweise für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags unschädlich sein, wenn das Betriebsgrundstück unter unschädlicher gewerbesteuerlicher Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen im Rahmen der Vermögensverwaltung überlassen wird und es die einzige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Das FG ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Mitvermietung eines Lastenaufzugs sich als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung darstellen kann, die die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht ausschließt. Fest mit dem Gebäude verbundene Rampen, die mit Verbindungsblechen zum Ausgleich etwaiger Höhenunterschiede zu anliefernden Lkw versehen sind, stellen nach Auffassung des FG bereits keine kürzungsschädlichen Betriebsvorrichtungen dar.

Praxistipp | In Bezug auf die Schädlichkeit einer Betriebsverpachtung vertritt der 14. Senat des FG Düsseldorf im Besprechungsfall eine andere Auffassung als der 2. Senat des FG Düsseldorf im Urteil vom 22.6.22 (2 K 2599/18 G, EFG 22, 1392) und das FG Münster im Urteil vom 6.12.19 (14 K 3999/16 G; Rev. BFH: IV 5/21). Die Rechtslage birgt also für die Gestaltungs- und Abwehrberatung gegenwärtig gewisse Risiken, die erst durch den BFH in den anhängigen Revisionsverfahren beseitigt werden können. Ab dem EZ 2021 ist zudem die Bagatellgrenze des § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG zu beachten.

6. Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Gewinnzuschlags

Die Höhe des Gewinnzuschlags gem. § 6b Abs. 7 EStG ist nach einer Entscheidung des FG Baden-Württemberg (18.9.23, 10 K 1459/22; Rev. BFH: VI R 20/23) auch für Zeiträume ab dem 1.1.19 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG liegt danach nicht vor. § 6b Abs. 7 EStG weist nach Auffassung des FG einen über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden, besonderen Rechtfertigungsgrund auf (Ausgleich von Zinsvorteilen, Missbrauchsvermeidung) und genügt damit den strengen Anforderungen, die das BVerfG an steuerliche Nebenleistungen stellt.

Anders als bei Nachzahlungszinsen sei der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des § 6b Abs. 7 EStG nicht gehalten, sich ausschließlich an dem zu erzielenden Zinsvorteil zu orientieren. Der Gewinnzuschlag gemäß § 6b Abs. 7 EStG und Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO sind – so das FG – nicht miteinander zu vergleichen, sodass die Wertungen des BVerfG zu den Zinstatbeständen im Beschluss vom 8.7.21 (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) nicht auf den Gewinnzuschlag gemäß § 6b Abs. 7 EStG übertragen werden können.

Praxistipp | Der BFH hat bereits entschieden, dass die Höhe des Gewinnzuschlags gem. § 6b Abs. 7 EStG jedenfalls bis zum Jahr 2009 verfassungskonform ist (vgl. BFH 29.4.20, XI R 39/18, BStBl II 21, 517). Auch in der FG-Rechtsprechung wurde ein Verstoß des § 6b Abs. 7 EStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG für Zeiträume vor dem 1.1.19 verneint (vgl. FG Münster 24.8.22, 7 K 3764/19 E, EFG 22, 1767; 18.5.22, 3 K 301/19, EFG 22, 1442). Im anhängigen Revisionsverfahren kann der BFH nunmehr klären, ob die Höhe des Gewinnzuschlags gemäß § 6b Abs. 7 EStG auch für Zeiträume nach dem 1.1.19 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

7. „Betreiben von Handelsschiffen im internationalen Verkehr“ und gewerbesteuerliche Kürzung

Das FG Niedersachsen (15.11.23, 9 K 311/21; Rev. BFH: IV R 30/23) hat entschieden, dass das Betreiben von Handelsschiffen im internationalen Verkehr im Rahmen der gewerbesteuerrechtlichen Kürzung (§ 9 Nr. 3 S. 2 ff. GewStG) bei eingecharterten Schiffen die Verfügungsmacht über das jeweilige Schiff voraussetzt. Hat der Charterer danach über ein eingechartertes Schiff keine Verfügungsmacht, so betreibt er mangels eigenen Einsatzes dieses Schiffes auch kein Handelsschiff im internationalen Verkehr i. S. d. § 9 Nr. 3 S. 4 GewStG. Der örtliche Bezugspunkt für die sich in der Verfügungsmacht niederschlagende Verwurzelung der konkreten unternehmerischen Tätigkeit ist in diesen Fällen das Handelsschiff selbst.

Praxistipps |
  • 1. Für die steuerliche Behandlung einer jeden Eincharterung ist nach Ansicht des FG im Wege einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, wer die Verfügungsmacht über das jeweils gecharterte Handelsschiff innehat und dieses Handelsschiff somit im Rahmen seines Betriebs i. S. d. § 9 Nr. 3 S. 4 GewStG „einsetzt“. Die in die Gesamtbetrachtung einzustellenden Kriterien umfassen insbesondere die konkrete Leitung des laufenden Schiffsbetriebs (d. h. Weisungsrecht gegenüber der jeweiligen Besatzung, Erhaltung der tatsächlichen und rechtlichen Betriebsbereitschaft des Schiffes während der Überfahrt) sowie die Übernahme des konkreten Betriebsrisikos. Lediglich eine untergeordnete, indizielle Rolle spielen hingegen vertragliche Rahmenbedingungen des Chartervertrags rechtlicher oder wirtschaftlicher Art (wie die Zuweisung der Ladekapazitäten, die Bestimmung der Reiseroute und des Zeitplans oder die Übernahme der laufenden Kosten des Schiffes).
  • 2. Die Thematik des Besprechungsfalls hat weitreichende und der Höhe nach gravierende steuerliche Auswirkungen für Logistikunternehmen, die sich im Rahmen ihrer Aufgaben gecharterter Handelsschiffe bedienen. Die Frage der Verfügungsmacht stellt sich dabei insbesondere in Fällen der Reise- und Slotcharter. Es darf mit Spannung erwartet werden, ob der BFH der betriebsstättenbasierten (engen) Auslegung der Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 3 S. 2 ff. GewStG durch das FG Niedersachsen folgen wird.

8. Umsatzsteuerliche Behandlung von Zahlungen im Rahmen eines außergerichtlichen Abmahnverfahrens

Das FG Berlin-Brandenburg (29.8.23, 5 K 7144/20; Rev. BFH V R 19/23) hat entschieden, dass auch ein Fotograf, der durch von ihm beauftragte Rechtsanwälte Urheberrechtsverletzungen verfolgen lässt und in außergerichtlichen Abmahnverfahren von Rechtsverletzern Schadenersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG und Aufwendungsersatz gem. § 97a Abs. 3 UrhG erhält, als Abmahnender umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die abgemahnten Rechtsverletzer erbringe. Leistungsgegenstand der Leistungsbeziehung zwischen dem Fotografen und den Rechtsverletzern sei die Ermöglichung einer Vermeidung von urheberrechtlichen Klageverfahren.

Zum umsatzsteuerrechtlichen Entgelt i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG gehören danach auch Zahlungen, die urheberrechtlich als Schadenersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu qualifizieren sind. Maßgeblich für die umsatzsteuerliche Beurteilung als „Entgelt“ ist nach Auffassung des FG insoweit nicht die zivilrechtliche Einordnung und Bezeichnung als „Schadenersatz“. Vielmehr seien für Umsatzsteuerzwecke allein die durch unionsrechtliche Vorgaben geprägten umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen maßgeblich.

Praxistipp | Die Problematik des Streitfalls hat Auswirkungen auf eine Vielzahl urheberrechtlicher wie auch wettbewerbsrechtlicher Abmahnverfahren. Da die vom FG vertretene Auffassung sich mit der Rechtsanwendung der Finanzverwaltung deckt (BMF 1.10.21, III C 2 – S 7100/19/10001 :006, BStBl I 21, 1859 unter II.), muss sich die steuerliche Praxis trotz zahlreicher anderslautender Stimmen im Schrifttum (Grambeck, NWB 22, 1865, 1866; Stelzer, UR 21, 812, 819; Robisch in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 58 „Abmahnungen“) auf die Urteilsgrundsätze einstellen. Im Konfliktfall ist bis zur höchstrichterlichen Klärung Einspruch und ggf. Klage geboten.

9. Steuerbefreiung für die Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer im Konzern

Für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 39 EStG für die Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer ist es nach einem Urteil des FG Düsseldorf (14.12.23, 8 K 14/22 H (L), ; Rev. BFH: VI R 4/24) unschädlich, wenn Mitarbeiter aus ruhenden Arbeitsverhältnissen des jeweiligen Konzernunternehmens nicht einbezogen werden. Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgebots in § 3 Nr. 39 S. 2 EStG beziehe sich nur auf das „arbeitgebende Unternehmen“, nicht auf den Gesamtkonzern.

Unschädlich für die Gewährung der Steuerfreiheit ist nach Auffassung des FG, dass im Streitfall Mitarbeiter aus ruhenden Arbeitsverhältnissen (Elternzeit etc.) nicht einbezogen worden seien, da diese nicht in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zur Klägerin gestanden hätten. Unschädlich sei ferner, dass geringfügig Beschäftigte nicht einbezogen worden seien, da diese im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots nicht ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zur Klägerin gestanden hätten.

Praxistipp | Zum Anwendungsbereich des § 3 Nr. 39 EStG sind auch Urteile des FG Düsseldorf vom 14.12.23 (8 K 9/22 H (L) betr. abstrakter Ausschluss von Beschäftigten und 8 K 11/22 H (L), Rev. BFH VI R 5/24 betr. Ausschluss der Auszubildenden und geringfügig Beschäftigten vom Programm) zu beachten. Die Rechtslage bedarf der höchstrichterlichen Klärung. Bis dahin sollten betroffene Unternehmen auf das Lohnsteuerhaftungsrisiko beim Ausschluss bestimmter Arbeitnehmergruppen aufmerksam gemacht werden.

10. Keine doppelte Haushaltsführung bei Fahrzeit zwischen Hauptwohnung und Tätigkeitsstätte von etwa einer Stunde

Liegen Hauptwohnung und erste Tätigkeitsstätte lediglich 30 km auseinander und beträgt die Fahrzeit mit dem Auto etwa eine Stunde, ist eine doppelte Haushaltsführung nach Auffassung des FG Münster (6.2.24, 1 K 1448/22 E) nicht anzuerkennen. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort des Klägers fielen im Streitfall nicht auseinander. Beide lägen vielmehr unabhängig von Gemeindegrenzen am selben Ort, sodass es dem Kläger zuzumuten sei, die Strecke arbeitstäglich zurückzulegen. Vergeblich hatten die Kläger geltend gemacht, dass es für die Zumutbarkeit auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ankomme, bei denen die Fahrzeit für die einfache Strecke über zwei Stunden betrage. Aufgrund der gestiegenen Fahrzeugkosten und der Baustellensituation sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger arbeitstäglich mit dem Pkw gefahren wäre.

Praxistipp | Die steuerliche Beratung muss sich auf die Urteilsgrundsätze einstellen. Für die praktische Rechtsanwendung ist zu beachten, dass es entscheidend darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer von seinem eigenen Hausstand aus seine Arbeitsstätte nach allen wesentlichen Umständen des Einzelfalls in zumutbarer Weise täglich aufsuchen kann.

AUSGABE: GStB 8/2024, S. 285 · ID: 50047304

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