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ImmobilienVermögensverwaltende GbR: Vorsicht Falle bei Grundstücksverkauf nach Anwachsung
| Wer bereits seit 30 Jahren Eigentümer einer Immobilie ist, die sich im Privatvermögen befindet, geht eigentlich nicht davon aus, dass ein Verkauf zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führen kann – Fragen des gewerblichen Grundstückshandels einmal ausgeklammert. Auch wenn die Immobilie seit Jahrzehnten einer vermögensverwaltenden GbR gehört, denkt man wohl eher selten an eine mögliche Steuerpflicht des Verkaufs. Wer so denkt, wird vielleicht in eine fiese Steuerfalle tappen – zumindest dann, wenn innerhalb der GbR in den letzten zehn Jahren vor dem Grundstücksverkauf ein Gesellschafterwechsel vollzogen wurde oder aber ein Gesellschafter ausgeschieden und dessen GbR-Anteil den anderen Gesellschaftern angewachsen ist. |
Die klare Botschaft des FG Niedersachsen
Nach Auffassung des FG Niedersachsen entsteht ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn nämlich auch dann, wenn sich der Anteil eines GbR-Gesellschafters aufgrund des Ausscheidens eines anderen Gesellschafters aus der GbR erhöht und die GbR eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach diesem Vorgang veräußert. Die Anwachsung eines Gesellschaftsanteils gelte als Anschaffung, für die die Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 EStG neu zu laufen beginnt (FG Niedersachsen 25.5.23, 4 K 186/20).
Sachverhalt
Der Kläger war mit zwei anderen Gesellschaftern seit vielen Jahren an der A-GbR beteiligt. Ein Gesellschafter schied jedoch Ende 2008 aus der GbR aus und erhielt dafür von den verbleibenden Gesellschaftern eine Abfindung. Die GbR wurde nicht aufgelöst, sondern blieb mit den beiden anderen Gesellschaftern bestehen. Der Anteil des Klägers erhöhte sich von 25 auf 52 %. In 2014 veräußerte die A-GbR ein Grundstück, das sie bereits 1991 angeschafft und bisher verpachtet hatte. Das FA versteuerte beim Kläger einen Spekulationsgewinn aus dem Grundstücksverkauf. Es liege ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vor. Die Erhöhung der Beteiligung an der A-GbR (Anwachsung) sei als separate Anschaffung zu werten. Da zwischen dem Grundstücksverkauf und der Anschaffung nicht mehr als zehn Jahre gelegen hätten, sei insoweit ein (anteiliges) Spekulationsgeschäft gegeben. Das FG stimmt dem FA im Ergebnis zu, auch wenn es den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn offenbar anders berechnet hat (zur konkreten Ermittlung des Gewinns ist der veröffentliche Sachverhalt allerdings lückenhaft).
Entscheidungsgründe
Gemäß § 23 Abs. 1 S. 4 EStG gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus werden hiervon auch „Mischfälle“ erfasst, in denen entweder das Grundstück durch die Personengesellschaft erworben und anschließend die Beteiligung verkauft wird oder umgekehrt die Beteiligung erworben und anschließend das Grundstück durch die Personengesellschaft veräußert wird.
Nach diesen Grundsätzen liege im Streitfall ein privates Veräußerungsgeschäft vor. Der Wortlaut der Vorschrift erfasse auch die Aufstockung einer schon vorhandenen Beteiligung als Anschaffung „einer“ Beteiligung. Der Hinzuerwerb eines weiteren Anteils an der A-GbR durch den Kläger infolge des Ausscheidens eines anderen Gesellschafters sei eine Anschaffung eines Grundstücks im Sinne eines privaten Veräußerungsgeschäfts. Der Kläger habe infolge der Anwachsung also einen weiteren Anteil an der A-GbR erworben, was gemäß § 23 Abs. 1 S. 4 EStG als anteilige Anschaffung des Wirtschaftsguts Grundstück gilt – und da die Veräußerung des Grundstücks durch die A-GbR innerhalb von zehn Jahren nach dem Hinzuerwerb des Anteils erfolgte, lag eine entsprechende (anteilige) Steuerpflicht vor.
Relevanz für die Praxis
Soweit ersichtlich, ist das Urteil rechtskräftig geworden, obwohl die Revision ausdrücklich zugelassen worden ist. In ähnlichen Fällen sollten GbR-Gesellschafter also sehr genau prüfen (lassen), ob ein Spekulationsgewinn entstehen kann. Übrigens half dem Kläger auch nicht der Hinweis, dass die Immobilie zu einem Zeitpunkt erworben wurde, als die Spekulationsfrist nur zwei Jahre betrug. „Soweit die Klägerseite hier auf eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung verweist, teilt der Senat diese Auffassung nicht“ – so das FG Niedersachsen. Sowohl Gesellschaft als auch Gesellschafter hätten im Übrigen die Gelegenheit gehabt, mit dem Verkauf zu warten, bis die Zehnjahresfrist, berechnet von der Anwachsung an, abgelaufen gewesen wäre.
AUSGABE: GStB 2/2024, S. 42 · ID: 49733900