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OrganschaftFinanzielle Eingliederung scheitert am vereinbarten qualifizierten Mehrheitserfordernis

Abo-Inhalt30.01.20243 Min. LesedauerVon Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart

| Die finanzielle Eingliederung bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft setzt voraus, dass der Organträger über eine nach der Satzung erforderliche qualifizierte Stimmenmehrheit verfügt. Erneut hat der BFH nun bekräftigt, dass eine Organschaft nur dann anzuerkennen ist, wenn die gesetzten formellen Voraussetzungen auch strikt eingehalten werden. Im entschiedenen Fall hatten sich die Beteiligten im Gesellschaftsvertrag der Organgesellschaft strenge qualifizierte Mehrheitserfordernisse auferlegt. Diese führten letztlich zu einer Versagung der finanziellen Eingliederung (BFH 9.8.23, I R 50/20, Abruf-Nr. 238732). |

Sachverhalt

Die A-GmbH ist zu 79,8 % an der B-GmbH beteiligt. Die übrigen Anteile halten C (10,2 %) und D (10 %). Im Gesellschaftsvertrag der B-GmbH ist für bestimmte Sachverhalte (unter anderem für Darlehnsaufnahmen, Grundbucheintragungen etc.) festgelegt, dass die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen ist. Beschlüsse der Gesellschaft bedürfen einer „Mehrheit von 91 % aller in der Gesellschafterversammlung anwesenden Stimmen, soweit nicht das Gesetz oder die Satzung eine höhere Mehrheit vorschreibt“ (so geregelt in § 6 des Gesellschaftsvertrags der B-GmbH). Das FA erkannte eine Organschaft zwischen der A-GmbH (Organträger) und der B-GmbH (Organgesellschaft) nicht an, da keine finanzielle Eingliederung vorliege. Das FG und der BFH gaben dem FA Recht.

Rechtliche Würdigung

Für die finanzielle Eingliederung ist auf die „Mehrheit der Stimmrechte“ abzustellen. Da es hierbei auf die gesellschaftsrechtlichen Regelungen ankommt, reicht dabei grundsätzlich die einfache Mehrheit der Stimmrechte aus. Dies folgt insbesondere daraus, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes allein die Stimmrechte „aus den Anteilen“ maßgebend sind.

Sieht die Satzung einer Organgesellschaft für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung allerdings eine höhere qualifizierte Mehrheit vor, muss der Organträger zumindest in denjenigen Fällen, in denen die qualifizierte Mehrheit generell erforderlich ist, nicht nur über eine einfache Mehrheit, sondern über die in der Satzung festgelegte qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen.

Beachten Sie | Der Gesetzgeber hat bewusst auf die Mehrheit der Stimmrechte – und nicht auf die Mehrheit der Anteile – abgestellt. Denn es geht bei dem Kriterium der finanziellen Eingliederung um eine kapitalmäßige Verflechtung zwischen Organträger und Organgesellschaft, die den Organträger in die Lage versetzen muss, tatsächlich das Geschehen in der Organgesellschaft zu bestimmen.

Da die Satzung der B-GmbH für alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eine qualifizierte Mehrheit von 91 % vorsieht, kann die A-GmbH, die nur über 79,8 % der Stimmrechte verfügt, ihren Willen bei der B-GmbH nicht durchsetzen. Die B-GmbH ist daher nicht in die A-GmbH finanziell eingegliedert, die Organschaft steuerlich nicht anzuerkennen.

Relevanz für die Praxis

Ausdrücklich nicht entschieden hat der BFH, ob eine finanzielle Eingliederung gleichwohl zu bejahen ist, wenn nur für wenige, seltene Sachverhalte eine qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte erforderlich ist. Zu denken wäre hier an Satzungsänderungen oder Umwandlungen. Für diese Fälle wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass diese nur in besonderen Fällen einzuhaltenden qualifizierten Mehrheitsanforderungen der Anerkennung einer Organschaft nicht im Wege stehen (z. B. Kolbe in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG, Rz. 111).

Da im vorliegenden Fall jedoch immer eine qualifizierte Mehrheit erreicht werden musste, war die finanzielle Eingliederung zu verneinen und die Organschaft somit nicht anzuerkennen.

AUSGABE: GStB 2/2024, S. 43 · ID: 49880890

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