FeedbackAbschluss-Umfrage

ZugewinnausgleichDie Güterstandsschaukel: „Steuersparmodell“ mit pflichtteils- und anfechtungsrechtlichen Tücken

Abo-Inhalt25.11.20249 Min. LesedauerVon RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht

| Unter dem Begriff „Güterstandsschaukel“ wird eine Gestaltung verstanden, bei der die Ehegatten die Zugewinngemeinschaft durch formwirksamen Ehevertrag bei Fortbestand der Ehe beenden. In diesem Fall kommt es zu einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft durch Berechnung der Ausgleichsforderung. Dieser Umstand ist nach Auffassung des BFH im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht zu beachten. Auch insolvenzrechtliche Gründe können für die Güterstandsschaukel sprechen. Denn im Gegensatz zu einer Schenkung an den Ehegatten, die anfechtbar wäre, ist die Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs nicht unentgeltlich, sondern die entgeltliche Erfüllung eines gesetzlichen Anspruchs. Nachdem der Güterstand beendet ist, erfolgt sodann die Rückkehr in die Zugewinngemeinschaft. Dieses Hin und Her hat den Begriff der Güterstandsschaukel geprägt. |

1. Sachverhalt

M und F sind Eheleute. Beide haben ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Es ist davon auszugehen, dass auf ihre Ehe deutsches Güterrecht anwendbar ist, weil sie ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach Heirat in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Einen Ehevertrag haben sie bislang nicht geschlossen. M und F wollen den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Wechsel in die Gütertrennung beenden und den bis heute entstandenen Zugewinn ausgleichen. Danach beabsichtigen sie eine Rückkehr in den gesetzlichen Güterstand.

Beachten Sie | Gemäß § 1410 BGB müssen Eheverträge, zu der auch der Güterstandswechsel gehört, bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden.

2. Musterformulierungen und rechtliche Anmerkungen

2.1 Musterformulierung 1

Musterformulierung 1 / 

§ 1 Präambel
Hinweis: Unter der Präambel werden die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten aufgelistet. Von einem ausformulierten Text wird abgesehen.
§ 2 Vereinbarung der Gütertrennung
  • 1. Die Erschienenen heben hiermit nach Belehrung über die Folgen des gesetzlichen Güterstandes, insbesondere über § 1365 BGB, den gesetzlichen Güterstand auf und vereinbaren als zukünftigen Güterstand für ihre Ehe die Gütertrennung.
  • 2. Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten können nur zurückgefordert werden, wenn die Erschienenen dazu eine schriftliche Vereinbarung getroffen haben. Die Vereinbarung der Gütertrennung und der damit verbundene Verzicht auf den Zugewinnausgleich soll selbst nicht als ehebedingte Zuwendung gelten. Gleiches gilt für sämtliche anderen Ansprüche aus dem Nebengüterrecht, etwa Ansprüche aus Ehegatteninnengesellschaft oder der Bruchteilsgemeinschaft an Sachwerten.
  • 3. Die Verfügungsbeschränkungen der §§ 1365, 1369 BGB (Verfügungen über das Vermögen im Ganzen, Verfügungen über Haushaltsgegenstände) gelten nicht für die Ehe der Erschienenen.
  • 4. Der Notar hat über die rechtliche Tragweite der vorstehenden Erklärungen belehrt. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, dass durch die Vereinbarung der Gütertrennung
    • keine Haftungsbeschränkung gegenüber Gläubigern eintritt,
    • jeder Ehegatte über sein Vermögen frei verfügen kann,
    • beim Tode eines jeden von uns das Erb- und Pflichtteilsrecht des Überlebenden am Nachlass des Erstversterbenden sich vermindern und das Erb- und Pflichtteilsrecht der Kinder oder sonstiger Abkömmlinge erhöhen kann,
    • bei Auflösung der Ehe kein Zugewinnausgleich stattfindet,
    • der Versorgungsausgleich und der Ehegattenunterhalt nicht geändert werden,
    • das Privileg des § 5 ErbStG keine Anwendung findet.

2.2 Rechtliche Anmerkungen

Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen können ehevertragliche Regelungen bei besonders einseitiger Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition unwirksam oder unanwendbar sein. Bei einer Änderung der Ehekonstellation – hierzu gehören insbesondere die Geburt gemeinsamer Kinder oder gewichtige Änderungen der Erwerbsbiografie – können die Regelungen noch nachträglich einer Ausübungskontrolle unterliegen. In einem solche Fall sind die vertraglichen Regelungen der veränderten Situation anzupassen.

Wenn die Ehegatten Gütertrennung vereinbaren und damit den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft vertraglich beenden, wird zwingend der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB ausgelöst. Nach § 1408 BGB ist die Vereinbarung der Gütertrennung jederzeit möglich. Damit schaffen die Ehegatten die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 ErbStG. Der Wechsel des Güterstandes ist somit eine anerkannte und sichere Möglichkeit, Vermögen ohne Erfüllung eines Schenkungsteuertatbestandes auf den anderen Ehegatten zu verlagern (so schon Brambring, ZEV 96, 248, 252 ff.).

2.3 Musterformulierung 2

Musterformulierung 2 / 

§ 3 Ermittlung des Zugewinnausgleichs
  • 1. Durch den Wechsel des Güterstandes ist der gesetzliche Güterstand beendet und der Zugewinnausgleich unter Berücksichtigung des ab Eheschließung erwirtschafteten Zugewinns, und zwar mit zivilrechtlicher und steuerlicher Wirkung (§ 5 Abs. 2 ErbStG), durchzuführen.
  • 2. Die Ermittlung der beiderseitigen Endvermögen, unter Einschluss des Geldvermögens, hat aufseiten des Ehemannes einen Zugewinn i. H. v. 5.000.000 EUR, aufseiten der Ehefrau i. H. v. 2.000.000 EUR ergeben, sodass der hälftige Ausgleich der Differenz sich auf 1.500.000,00 EUR (in Worten: eine Million und fünfhunderttausend 00/100 EUR) beläuft.
  • Ein Anfangsvermögen ist nach Angabe der Erschienenen nicht zu verzeichnen. Ebenso gibt es kein zurechenbares Vermögen gemäß § 1374 Abs. 2 BGB. Wegen der Vermögenssituation nehmen die Erschienenen Bezug auf die als Anlage beigefügte Vermögensaufstellung vom … Dieser Aufstellung ist ein Gesamtvermögen der Erschienenen i. H. v. 9.000.000 EUR bei valutierenden Verbindlichkeiten von 2.000.000 EUR zu entnehmen, saldiert mithin 7.000.000 EUR. Hiervon entfällt auf den Erschienenen zu 1) ein Teilbetrag i. H. v. 5.000.000 EUR und auf die Erschienene zu 2) ein Teilbetrag i. H. v. 2.000.000 EUR. Die Differenz der Endvermögensstände beläuft sich auf 3.000.000 EUR, sodass der hälftige Ausgleichwert 1.500.000,00 EUR (in Worten: eine Million und fünfhunderttausend 00/100 EUR) ergibt.
  • 3. Uns ist bekannt, dass auch Vermögensverschiebungen, die zur Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung erfolgen, nach § 133 Abs. 2 InsO bzw. § 3 Abs. 2 AnfG anfechtbar sein können, sofern sie zu einer Gläubigerbenachteiligung führen.
  • 4. An Erfüllung statt überträgt der Erschienene zu 1) die nachstehend in § 4 bezeichnete vermietete Immobilie, deren Verkehrswert nach einem Verkehrswertgutachten vom … des Sachverständigen Z dem geschuldeten Zugewinnausgleich entspricht. Den Erschienenen ist bewusst, dass es sich bei dieser Übertragung um eine entgeltliche Übertragung handelt. Rückforderungsrechte, etwa im Fall einer künftigen Scheidung, bestehen nicht. Die Immobilie gehört nicht zum Betriebsvermögen und steht seit mehr als 10 Jahren im Eigentum des Erschienenen zu 1).
Hinweis: Folgende Ergänzung ist empfehlenswert, sofern die Wertangaben zur Immobilie auf einer Schätzung der Beteiligten beruhen.
  • Sofern der Zugewinn den Wert der heute zur Übertragung vorgesehenen Immobilie übersteigt, ist der Restbetrag gestundet. Er ist mit 3  % jährlich zu verzinsen und auf Aufforderung binnen zwei Jahren zur Zahlung fällig. Der Schuldner kann den Restbetrag jederzeit zahlen. Sollte der Zugewinn den Wert der heute zur Übertragung vorgesehenen Immobilie nicht erreichen, ist der überschießende Betrag als Darlehen gewährt und mit jährlich 3  % zu verzinsen und auf Aufforderung binnen zwei Jahren zur Zahlung fällig. Der Schuldner kann den Restbetrag jederzeit zahlen.

2.4 Rechtliche Anmerkungen

Die Frage der Anfechtbarkeit von Vermögensübertragungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs ist weitgehend geklärt. Sowohl der BGH im Rahmen der Inhaltskontrolle von Eheverträgen als auch der BFH im Rahmen der steuerrechtlichen Bewertung der Güterstandsschaukel haben inzwischen klar entschieden, dass die Ehevertragsfreiheit ein hohes Gut und daher ein Güterstandswechsel nicht in irgendeiner Weise zu missbilligen ist.

Beachten Sie | Wenn die Gütertrennung aber vereinbart ist, dann ist die anschließende Erfüllung des Zugewinnausgleichs nicht unentgeltlich, da auf sie ein Rechtsanspruch besteht. Diese rechtliche Einordnung müssen auch Anfechtungsgläubiger gegen sich gelten lassen. Somit ist von einer Entgeltlichkeit auszugehen, die nur im Rahmen des § 3 Abs. 2 AnfG zur Anfechtung berechtigt. Neben der für die Ehegatten günstigeren Zwei-Jahres-Frist erfordert die Anfechtbarkeit eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung, die im Regelfall mit guten Gründen beim Güterstandswechsel verneint werden kann.

In der Praxis gibt es viele Fälle, in denen eine Güterstandsschaukel beurkundet werden soll, ohne dass der Zugewinn genau berechnet ist. Diese Situation ergibt sich vor allem,

  • wenn die Bewertung von Firmenanteilen oder Immobilien im Anfangs- und Endvermögen schwierig ist;
  • wenn der Zugewinnausgleich nicht durch Geld, sondern an Erfüllungs statt durch Übertragung von Immobilien oder Gesellschaftsanteilen erfüllt werden soll, die ihrerseits Bewertungsunsicherheiten in sich tragen.

Bei Bewertungsunsicherheiten gilt es, eine Ausgleichsregelung hinsichtlich der restlichen Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs aufzunehmen. Stellt sich heraus, dass der Zugewinn größer als der Wert des vorgenommenen Ausgleichs ist, so sollte eine Regelung enthalten sein, wie die überschießende Forderung auszugleichen ist. In gleicher Weise regelungsbedürftig ist der Fall, dass ein übertragener Vermögensgegenstand nach endgültiger Bewertung mehr wert ist als der Zugewinnausgleichsanspruch. Es ist daher zu empfehlen, die Stundung des Restzugewinnausgleichsanspruchs oder eine darlehensweise Gewährung einer überschießenden Zuwendung vorzusehen.

2.5 Musterformulierung 3

Musterformulierung 3 / 

§ 4 Übertragung von Grundbesitz an Erfüllung statt
Hinweis: In diesem Paragrafen werden der Grundbuchstand, die rechtsgeschäftlichen Erklärungen zum Eigentums- und Besitzübergang, zur Sachmängelhaftung sowie die Hinweise und Erklärungen zum Eintritt in die Mietverträge abgehandelt. Auch hier wird von einem ausformulierten Text abgesehen.
§ 5 Rückkehr in die Zugewinngemeinschaft
  • 1. Der Vertragsgüterstand der Gütertrennung soll nicht dauerhaft beibehalten werden. Um beiden Partnern auch in Zukunft eine faire Teilhabe an dem Zugewinn zu ermöglichen, welchen wir während unserer künftigen Ehe erzielen werden, vereinbaren wir deshalb schon heute eine Rückkehr in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
  • 2. Mit Wirkung von zwei Monaten, beginnend heute, heben wir den Güterstand der Gütertrennung auf und vereinbaren für unsere Ehe erneut den Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Als Anfangsvermögen eines jeden Ehegatten gilt dasjenige Vermögen, das ihm an diesem Tag gehört. Der Notar hat uns auf die Risiken und Folgen der Vereinbarung von Gütertrennung und zugleich ihrer Aufhebung in einer Urkunde hingewiesen. Wir wünschen aber ausdrücklich diese Vorgehensweise.

2.6 Rechtliche Anmerkungen

Die Ansichten sind geteilt, ob die Güterstandsschaukel in einer Urkunde vereinbart werden soll oder ob es vorzugswürdiger ist, zwei Urkunden zu errichten. Hierbei ist zu bedenken: Der BFH hat in seinem Urteil vom 12.7.05 (II R 29/02, ZEV 05, 490) betont, das FG Köln habe den Ehevertrag so ausgelegt, dass der gesetzliche Güterstand beendet worden sei. An dieses Auslegungsergebnis ist der BFH im Revisionsverfahren gebunden. Ein anderes FG könnte jedoch bei der Gestaltung in einer Urkunde u. U. zu dem Ergebnis kommen, der gesetzliche Güterstand sei als nicht beendet zu bewerten. Die Vereinbarung in zwei Urkunden ist unter diesem Gesichtspunkt sicherer. Gegen die Errichtung von zwei Urkunden werden vor allem die dadurch entstehenden Mehrkosten ins Feld geführt. Aus diesem Grunde wird in der Praxis häufig die Güterstandsschaukel in einer Urkunde vereinbart, wobei bei dieser Verfahrensweise Restrisiken in Kauf genommen werden müssen.

Für die Gestaltung in zwei Urkunden sprechen die zivilrechtlichen Folgewirkungen. Vertragsschließende, denen es bei der Durchführung der Güterstandsschaukel auf Pflichtteilsfestigkeit und verringerte Anfechtbarkeit ankommt, sind besser beraten, die Güterstandsschaukel in zwei Urkunden zu vereinbaren. Denn unter anfechtungsrechtlichen Gesichtspunkten ist zu befürchten, dass die Ernsthaftigkeit der ehevertraglichen Wahl eines anderen Güterstandes in Zweifel gezogen wird, weil die Beteiligten nach einem Gesamtplan handelten. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten.

Musterformulierung 4 / 

§ 6 Grundbuchanträge
Die Vertragsteile sind einig, dass das Eigentum an dem in § 4 benannten und übertragenen Grundbesitz von dem Erschienenen zu 1) auf die Erschienene zu 2) übergeht. Die Erschienenen bewilligen und beantragen, diese Rechtsänderung im Grundbuch einzutragen.
§ 7 Salvatorische Klausel
Der Vertrag soll nach Möglichkeit auch dann im Übrigen bestehen bleiben und zur Anwendung gelangen, wenn lediglich einzelne Regelungen unwirksam sind oder der Ausübungskontrolle unterliegen. Sollte eine Regelung unwirksam sein oder werden, verpflichten sich die Erschienenen, anstelle der unwirksamen Bestimmung eine dem wirtschaftlichen Ergebnis am nächsten kommende wirksame Vereinbarung zu treffen. Die Erschienenen wurden darauf hingewiesen, dass die Klausel nur eine Beweiserleichterung bewirkt.
§ 8 Hinweise, Vollmachten, Kosten
Dieser Paragraf beinhaltet die Belehrungen und Hinweise des Notars, die Vollmachten für die Angestellten des Notariats und die Kostentragungsregelung. Von einer Musterformulierung wird abgesehen.

AUSGABE: ErbBstg 12/2024, S. 291 · ID: 50190947

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte