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CBChefärzteBrief

Best Practice„Mit der Advanced Care Unit sind wir als Klinik effizienter geworden!“

Abo-Inhalt13.05.20255829 Min. Lesedauer

| Der 142. Deutsche Chirurgie Kongress (DCK) befasste sich u. a. mit Intensivmedizin und Risikomanagement in der Chirurgie. Ein neuer Ansatz ist die Advanced Care Unit, wie sie das Universitätsklinikum Heidelberg betreibt. Dr. Markus Mieth ist dort erster Oberarzt und DRG-Fachbeauftragter der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie. Ursula Katthöfer (textwiese.com) fragte ihn, was die Advanced Care Unit von einer intensivmedizinischen Station unterscheidet. |

Frage: Herr Dr. Mieth, für welche Patienten eignet sich die Advanced Care Unit?

Antwort: Wir hatten bisher zwei Intensivstationen. Auf der einen versorgen wir Schwerstkranke, die wir beatmen müssen. Die andere ist aus einer Wachstation hervorgegangen. Dort versorgen wir z. B. Patienten mit Mehrorganversagen, die vielleicht tracheotomiert, jedoch nicht mehr sediert sind. Sie müssen intensiv überwacht werden, doch nach einigen Tagen können sie sich selbst melden, vielleicht schon aufstehen, aber noch nicht selbstständig zur Toilette gehen. Wegen ihres noch etwas instabilen Gesundheitszustands wäre es zu riskant, sie auf die Normalstation zu verlegen, wo Ärzte und Pflege nicht rund um die Uhr anwesend sind. Für diese Patienten schaffen wir mit der Advanced Care Unit eine dritte Abstufung der intensivmedizinischen Betreuung.

Frage: Wie ist die Station technisch und personell ausgestattet?

Antwort: Wir haben Räume, in denen zwar eine Normalstation untergebracht ist, die aber als Intensivstation gestaltet wurde. Monitore und IT-Technik sind so vorhanden, wie man sie für die Intensivbehandlung braucht. Wir haben mit dem dortigen Pflegeteam gesprochen, ob es sich eine Pflege wie auf der Normalstation vorstellen kann, wenn wir ärztlicherseits intensivmedizinisch überwachen. Das Team stimmte zu, sodass der Patient nun zwar den Platz wechselt und in das Pflegeteam der Normalstation kommt, das intensivmedizinische Ärzteteam aber immer noch nebenan ist. Auf dieser Station sind keine lebenserhaltenden Systeme installiert, aber eine Spritzenpumpe ist möglich. Medikamente zur Thromboseprophylaxe oder zur Steuerung der Urinausscheidung können gegeben werden. Die Pflege dokumentiert weiterhin ins Intensivdokumentationssystem.

Frage: Wie kam es zu dieser dreistufigen Versorgung?

Antwort: Die Entwicklung in unserer Klinik geht zunehmend zu großen und langen Operationen, bei denen die Patienten postoperativ intensivmedizinisch überwacht werden. Auf der zweiten Intensivstation, auf der wir nicht mehr beatmen, haben wir 24 Betten. Darunter ist immer ein Patient, der fast normalstationsfähig ist. Verlegen wir ihn auf die Normalstation, bringen wir ihn in ein Risiko, weil Ärzte bei Auffälligkeiten nicht sofort in der Nähe sind. Verlegen wir ihn nicht, blockiert er ein Bett für jemanden, der mehr Equipment, Personal und Know-how bräuchte. Es ist ein klassisches Kapazitätsproblem.

Frage: Mit wie vielen Betten haben Sie das Problem gelöst und wie hoch ist der Anteil der Patienten, die aus der Advanced Care Unit zurück auf die Intensivstation müssen?

Antwort: Anfangs gewannen wir vier Plätze hinzu, die wir noch steigern wollen. Für gut 80 Prozent der Patienten in Advanced Care haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. Sie ziehen nach zwei bis fünf Tagen weiter auf die Normalstation. Weniger als 20 Prozent zeigen Auffälligkeiten oder sind noch nicht ausreichend stabil, sodass sie zurück auf die Intensivstation kommen. So nutzen wir unsere Kapazitäten bestmöglich aus, ohne die Sicherheit der Patienten zu gefährden.

Frage: Lassen sich durch dieses Modell Kosten sparen?

Antwort: Das können wir noch nicht abschließend beurteilen. Doch sind wir als Klinik effizienter geworden. Ökonomisch stellt sich immer die Frage nach der Fehlbelegung auf der Intensivstation. Als Ärzte geraten wir in eine schwierige Situation, wenn der Ökonom meint, ein Patient könne die Intensivstation nach vier Tagen verlassen, wir aber z. B. die Gefahr einer Blutung nicht sicher ausschließen können. Durch das dreistufige Modell lasten wir die Intensivkapazität besser aus.

Frage: Wo ist der Unterschied zu Intermediate Care?

Antwort: Unsere zweite Intensivstation, auf der nicht mehr beatmet wird, gilt nach außen als Intermediate Care, obwohl sie bereits einen anderen, höheren Standard hat. Auch in der Intermediate Care stellt sich die Frage, wie viel Pflege nötig ist und ob die ärztliche Behandlung sich reduzieren lässt. Doch sind diese Konzepte nicht ausreichend definiert und akzeptiert. Wichtig ist, die Genesung als einen mehrstufigen Prozess zu begreifen, um Ressourcen gezielt einsetzen zu können. Manche Patienten sind schnell stabil, andere brauchen den Prozess in drei Stufen. Gibt es diese Möglichkeit nicht, bleiben die Patienten zu lange in der höheren und teureren Betreuungsform.

Frage: Schauen wir zehn Jahre weiter. Wird die Advanced Care Unit dann einen hohen Stellenwert haben?

Antwort: Ganz bestimmt. Zu wissen, welche Ressource ein Patient braucht, ist der Schlüssel, um verantwortungsbewusst mit Geld umzugehen. Konzepte, die auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind, erweisen sich immer als günstiger als Konzepte, die den Zustand der Patienten weniger einbeziehen. Wir haben in unserer Klinik das Glück, Synergien zwischen Intensiv- und Normalstation nutzen zu können. Jede Klinik, die sich für das dreistufige Modell interessiert, kann prüfen, unter welchen Umständen das Modell für sie übertragbar wäre – je nach Aufgaben und Patientenklientel. Es funktioniert.

Herr Dr. Mieth, vielen Dank für das Gespräch!

AUSGABE: CB 7/2025, S. 11 · ID: 50406312

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