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BilanzElementarereignis zerstört Autohaus: Mithilfe der RfE hält sich der Schaden steuerlich in Grenzen

Abo-Inhalt11.06.2024786 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Dauerregen, Hochwasser und Überschwemmungen – all das war im Juni das Nachrichtenthema. Unzählige zerstörte Häuser und Betriebe sind die Folge. Doch nicht immer ist das Wasser der Zerstörer; im Fall eines ASR-Lesers hat ein Brand das gesamte Autohaus vernichtet. Für den Schaden ist der Versicherer aufgekommen. Jetzt fragt sich der Inhaber: Wie ist die Entschädigung zu vereinnahmen, am besten ohne Steuerbelastung? Und was ist zu tun, wenn die Entschädigung bereits gezahlt, das Autohaus aber erst im Folgejahr wieder aufgebaut wird? ASR klärt anhand eines Musterfalls auf. |

Der Musterfall: Autohaus brennt komplett ab

Anfang des Jahres 2024 ist ein Autohaus samt Inventar und Autos abgebrannt. Die Versicherung ist für den Schaden aufgekommen und hat ihn zu Wiederbeschaffungskosten übernommen. Für Inventar, Werkzeuge und Maschinen hat die Versicherung 650.000 Euro (Restbuchwert: 300.000 Euro) gezahlt, für die abgebrannten Autos und andere Warenvorräte 750.000 Euro (Restbuchwert: 500.000 Euro) und für das Gebäude drei Mio. Euro (Restbuchwert: Eine Mio. Euro). Die Ersatzbeschaffungen konnten bis dato schon erfolgen. Der Neubau des Autohauses hingegen verzögert sich; mit Baubeginn und Fertigstellung ist erst 2025 zu rechnen.

Aus steuerlicher Sicht ist genau eine Sache problematisch: Und zwar die, dass der Versicherer die Wiederbeschaffungskosten ersetzt. Die – in Summe 4,4 Mio. Euro – muss das Autohaus nämlich als Betriebseinnahmen erfassen und versteuern. Im Gegenzug darf das Autohaus zwar die Restbuchwerte der vernichteten Wirtschaftsgüter (in Summe 1,8 Mio. Euro) gewinnwirksam ausbuchen. Es verbleibt aber „zwangsweise“ ein Gewinn in Höhe von 2,6 Mio. Euro (4,4 Mio. Euro ./. 1,8 Mio. Euro). Bei dem Gewinn handelt es sich um die bislang im Autohaus gebildeten stillen Reserven, die infolge des Brandschadens und der Entschädigung realisiert werden. Er unterliegt der regulären Besteuerung. Ergo: Bei als Kapitalgesellschaft firmierenden Autohäusern fallen etwa 30 Prozent (780.000 Euro) Steuern an; wird das Autohaus als Einzelunternehmen oder Personengesellschaft geführt, sind es rd. 45 Prozent (1,17 Mio. Euro).

Wichtig | Obwohl bei Inventar und Gebäude stille Reserven für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aufgedeckt werden, kann das Autohaus keine steuerneutrale Rücklage nach § 6b EStG bilden, weil es an einer gewinnrealisierten Veräußerung der Wirtschaftsgüter fehlt.

So lassen sich mit der RfE Steuern sparen

Jetzt kommt die gute Nachricht: Die Gewinnrealisierung durch zwangsweise Aufdeckung der stillen Reserven lässt sich vermeiden – nämlich indem das Autohaus eine steuerneutrale RfE bildet (R 6.6 EStR). Die führt dazu, dass das Autohaus die zwangsweise aufgedeckten stillen Reserven erst viel später – idealerweise erst bei nach §§ 16 und 34 EStG steuerlich privilegierter Veräußerung des Autohauses – versteuern muss. Für die Bildung der RfE müssen fünf Voraussetzungen erfüllt sein:

  • 1. Ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens,
  • 2. muss infolge höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs,
  • 3. gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheiden und
  • 4. innerhalb einer bestimmten Frist muss ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut als Ersatzwirtschaftsgut angeschafft werden,
  • 5. auf dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten die aufgedeckten stillen Reserven übertragen werden.

1. Es muss ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens sein

Die RfE darf für sämtliche Wirtschaftsgüter des Anlage- oder Umlaufvermögens gebildet werden. Bei Autohäusern in der Rechtsform einer Personengesellschaft (z. B. GmbH & Co. KG, OHG, GbR) sind auch Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens begünstigt.

2. Anwendungsbereich umfasst höhere Gewalt und behördliche Eingriffe

Unter diese Voraussetzung fallen Ereignisse, die sich der Sphäre des Unternehmens entziehen. Konkret: Höhere Gewalt und behördliche Eingriffe:

  • Höhere Gewalt liegt vor, wenn
    • das Wirtschaftsgut infolge von Elementarereignissen aus dem Betrieb ausscheidet (z. B. infolge von Brand, Sturm, Überschwemmung, Blitzschlag, Erdbeben), oder
    • es sich um ein anderes unabwendbares Ereignis (z. B. Diebstahl, Raub, Brandstiftung, Erpressung, Sachbeschädigung, unverschuldeter Verkehrsunfall) handelt.
  • Wichtig | Höhere Gewalt liegt nicht vor, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund eines Material-, Konstruktions- oder Bedienungsfehlers unbrauchbar wird. Muss aber ein Gebäude aufgrund kurzer Zeit nach Fertigstellung auftretender Baumängel abgerissen werden, liegt sehr wohl höhere Gewalt vor (BFH, Urteil vom 18.09.1987, Az. III R 254/84).
  • Unter behördlichem Eingriff sind Maßnahmen zur Enteignung bzw. zur Vermeidung der Enteignung des Unternehmers oder die Inanspruchnahme betrieblicher Wirtschaftsgüter für Verteidigungszwecke zu verstehen.

Zur Abgrenzung: Weder der Verkauf noch die Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen berechtigen folglich zur Bildung der RfE.

3. Wirtschaftsgut muss gegen Entschädigung aus Betrieb ausscheiden

Damit die Bildung der RfE möglich ist, muss das Wirtschaftsgut zudem gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheiden. Bei der Entschädigung handelt es sich klassischerweise um die Versicherungsleistung. Eine Entschädigung liegt jedoch nur insoweit vor, wie die Versicherungsleistung für das ausscheidende Wirtschaftsgut als solches gezahlt wird. Zahlungen für Schäden infolge des Ausscheidens – sprich Folgeschäden – wie für künftige Nachteile beim Wiederaufbau oder Ertragswertentschädigungen für die Beeinträchtigung des verbleibenden Betriebs sind nicht begünstigt.

4. Es muss ein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft werden

Außerdem ist erforderlich, dass ein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird. Ersatzwirtschaftsgüter sind Wirtschaftsgüter, die der Art nach funktionsgleich sind und auch funktionsgleich genutzt werden (BFH, Urteil vom 29.04.1999, Az. IV R 7/98).

Wichtig | Keine Rolle spielt der Standort des Ersatzwirtschaftsguts. Im Musterfall handelt es sich bei dem neu errichteten Autohaus samt Inventar und Waren also um ein begünstigtes Ersatzwirtschaftsgut, weil das „alte“ Autohaus samt Inventar und Waren abgebrannt ist – auch wenn das neue Autohaus nicht an derselben Stelle wieder aufgebaut werden sollte.

5. Aufgedeckte stille Reserven sind auf Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen

Last but not least müssen für die Bildung der RfE die aufgedeckten stillen Reserven des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden. Wie hoch die maximal übertragbaren stillen Reserven sind, lässt sich ermitteln, indem von der Entschädigung der Buchwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts abgezogen wird. Der verbleibende Betrag ist auf das Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen und reduziert so dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens reduziert sich deshalb auch die künftige Abschreibung.

Beispiel 1 – Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens

Durch den Brand wurde ein Verkaufsfahrzeug (Anschaffungskosten 45.000 Euro)zerstört. Für das Fahrzeug leistete der Versicherer eine Entschädigung von 50.000 Euro. Das Autohaus erwarb ein neues Verkaufsfahrzeug für 50.000 Euro.

Lösung: Das zerstörte Verkaufsfahrzeug ist auszubuchen (Betriebsausgaben = 45.000 Euro). Die Versicherungsentschädigung von 50.000 Euro ist grundsätzlich als Betriebseinnahme zu erfassen. Dadurch wird ein Gewinn von 5.000 Euro realisiert. Die 5.000 Euro kann das Autohaus aber auch von den Anschaffungskosten des neuen Verkaufsfahrzeugs abziehen; dann wird dieses – obwohl es 50.000 Euro gekostet hat – in der Bilanz nur mit 45.000 Euro aktiviert. Auf diese Weise lässt sich die sofortige Versteuerung der 5.000 Euro verhindern; sie erfolgt erst dann, wenn das neue Verkaufsfahrzeug veräußert wird und zwar weil bei diesem Verkauf dem Verkaufserlös nur der Buchwert von 45.000 Euro – und eben nicht die tatsächlichen Anschaffungskosten von 50.000 Euro – gegenüberstehen.

Beispiel 2 – Wirtschaftsgut des Anlagevermögens: Maschine

Durch den Brand wurde auch eine stationäre Hebebühne zerstört (Restbuchwert 5.000 Euro). Der Versicherer leistet für diese eine Entschädigung von 20.000 Euro. Die neu angeschaffte Hebebühne kostet tatsächlich netto 25.000 Euro.

Lösung: Die zerstörte Hebebühne ist auszubuchen (Betriebsausgaben = 5.000 Euro). Die Versicherungsentschädigung von 20.000 Euro ist grundsätzlich als Betriebseinnahme zu erfassen. Dadurch wird ein Gewinn von 15.000 Euro realisiert. Die 15.000 Euro kann das Autohaus aber auch von den Anschaffungskosten der neuen Hebebühne abziehen. Dann wird diese – obwohl sie 25.000 Euro gekostet hat – in der Bilanz nur mit 10.000 Euro aktiviert. Auf diese Weise wird die sofortige Versteuerung der 15.000 Euro verhindert. Allerdings ist die neue Hebebühne nun ausgehend von Anschaffungskosten in Höhe von 10.000 Euro abzuschreiben. Das hat bei linearer Abschreibung eine jährliche AfA von 667 Euro (10.000 Euro : 15 Jahre [Nutzungsdauer]) zur Folge. Ohne die Übertragung hätte das Autohaus 25.000 Euro abschreiben können (jährliche Abschreibung = 1.667 Euro). Das bedeutet effektiv: Die 15.000 Euro Gewinn durch die Übertragung werden nicht sofort, sondern ratierlich über 15 Jahre mit jährlich 1.000 Euro versteuert (geringere AfA).

Wichtig | Würde die Entschädigung nur anteilig für das Ersatzwirtschaftsgut verwendet, wäre auch nur eine anteilige Übertragung der stillen Reserven möglich. Konkret: Hätte die Versicherungsleistung 20.000 Euro betragen, die Hebebühne aber nur 18.000 Euro gekostet, könnten von den aufgedeckten stillen Reserven in Höhe von 15.000 Euro nur 13.500 Euro (15.000 Euro : 20.000 Euro x 18.000 Euro) auf die neue Hebebühne übertragen werden. Die verbliebenen 1.500 Euro müsste das Autohaus sofort versteuern.

Beispiel 3 – Wirtschaftsgut des Anlagevermögens: Gebäude

Der Brand hat das komplette Autohausgebäude zerstört (Restbuchwert: Eine Mio. Euro). Der Versicherer leistet für den Neubau eine Entschädigung von drei Mio. Euro. Der Neubau kostet tatsächlich drei Mio. Euro.

Lösung: Das zerstörte Autohausgebäude ist auszubuchen (Betriebsausgaben = eine Mio. Euro). Die Versicherungsentschädigung von drei Mio. Euro ist grundsätzlich als Betriebseinnahme zu erfassen. Dadurch wird ein Gewinn von zwei Mio. Euro realisiert. Die zwei Mio. Euro kann das Autohaus aber auch von den Anschaffungskosten des neuen Gebäudes abziehen. Das wird dann – obwohl es drei Mio. Euro gekostet hat – in der Bilanz nur mit einer Mio. Euro aktiviert. So wird die sofortige Versteuerung der zwei Mio. Euro verhindert. Allerdings ist der Neubau nun ausgehend von Anschaffungskosten in Höhe von einer Mio. Euro abzuschreiben. Das hat bei linearer Abschreibung eine jährliche AfA von 30.000 Euro (eine Mio. Euro x 3 Prozent) zur Folge. Ohne die Übertragung hätte das Autohaus drei Mio. Euro abschreiben können (jährliche Abschreibung = 9.000 Euro). Das bedeutet effektiv: Die zwei Mio. Euro Gewinn durch die Übertragung werden nicht sofort, sondern ratierlich über 33 1/3 Jahre mit jährlich 60.000 Euro versteuert (geringere AfA in den Folgejahren).

Was gilt, wenn Entschädigung und Ersatzbeschaffung auf zwei Jahre fallen?

Steuerlich schwieriger gestaltet sich die Sache, wenn das Ersatzwirtschaftsgut nicht in dem Jahr angeschafft oder hergestellt wird, in dem der Versicherer die Entschädigung zahlt. Dann lassen sich die aufgedeckten stillen Reserven mangels des bilanzierungsfähigen Ersatzwirtschaftsguts nämlich nicht steuerneutral übertragen (kein Wirtschaftsgut kann mit negativen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilanziert werden). In solchen Fällen kann aber für die ernstlich geplante Ersatzbeschaffung zunächst in Höhe der aufgedeckten stillen Reserven eine steuerneutrale Rücklage gebildet werden (R 6.6 Abs. 4 EStR). Die wird dann wiederum im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Ersatzwirtschaftsguts auf dieses steuerneutral übertragen; die Rücklage wird also aufgelöst und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts reduzieren sich entsprechend.

Beispiel 4 – Steuerneutrale Übertragung durch Rücklagenbildung

Wie Beispiel 3; mit dem Bau des neuen Autohausgebäudes wird aber erst 2025 begonnen. Die Fertigstellung ist für Dezember 2025 geplant.

Lösung: Die im Jahr 2024 durch die Versicherungsentschädigung aufgedeckten stillen Reserven in Höhe von zwei Mio. Euro müsste das Autohaus grundsätzlich im gleichen Jahr versteuern. Das Autohaus kann aber zum 31.12.2024 eine Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 EStR in Höhe von zwei Mio. Euro bilden. Somit mindert sich der Gewinn für 2024 um zwei Mio. Euro; es tritt keine Steuerbelastung ein. Im Folgejahr 2025 übertragt das Autohaus die Rücklage auf das neue Gebäude. Auf diese Weise mindern sich die Anschaffungskosten gewinnwirksam um zwei Mio. Euro; die passivierte Rücklage von zwei Mio. Euro ist gewinnwirksam aufzulösen. Also tritt auch für 2025 keine Steuerbelastung ein. Einziger Haken: Die künftige AfA des Autohausgebäudes reduziert sich um insgesamt zwei Mio. Euro; das kommt einem Steuerstundungseffekt über 33 1/3 Jahre gleich.

Praxistipp | Die Rücklage ist, auch wenn sie gebildet wurde, nicht zwingend auf das Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen. Vielmehr kann das Autohaus die Rücklage auch einfach in einem späteren Jahr gewinnwirksam auflösen. Das bietet sich z. B. an, um Progressionsschwankungen auszugleichen oder Verluste zu kompensieren. Hinzukommt ein besonderes „Steuer-Goodie“: Erfolgt im Jahr der Rücklagenauflösung auch die Betriebsveräußerung, zählt der durch die Rücklagenauflösung entstandene Gewinn zum steuerlich begünstigten Veräußerungsgewinn i. S. v. § 16 EStG (H 16.9 EStH „Rücklage“).

Diese Übertragungsfristen sind bei Rücklagenbildung zu beachten

Hat das Autohaus die Rücklage gebildet, darf es mit der Übertragung auf das Ersatzwirtschaftsgut oder mit der freiwilligen gewinnerhöhenden Auflösung in späteren Jahren nicht ewig warten. Folgende Fristen sind zu beachten:

Praxistipp | Das Finanzamt kann die Jahresfrist im Einzelfall auf vier Jahre verlängern. Dazu muss das Autohaus glaubhaft machen, dass die Ersatzbeschaffung noch immer ernstlich geplant und zu erwarten ist, aber aus besonderen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte.

  • Hat das Autohaus die Rücklage aufgrund des Ausscheidens eines beweglichen Wirtschaftsguts (z. B. Maschine, Waren) gebildet, hat es für die Übertragung auf das Ersatzwirtschaftsgut nur bis zum Ende des nächsten Jahres Zeit (R 6.6 Abs. 4 EStR). Hat das Autohaus bis dahin keine Ersatzbeschaffung vorgenommen, ist die Rücklage zwangsweise gewinnerhöhend aufzulösen.
  • Hat das Autohaus die Rücklage aufgrund des Ausscheidens eines Wirtschaftsguts i. S. v. § 6b Abs. 1 S. 1 EStG gebildet (z. B. Grund und Boden), beträgt die Übertragungsfrist vier Jahre. Handelt es sich um ein Gebäude, hat das Autohaus für die Anschaffung oder Herstellung des Ersatzwirtschaftsguts sogar sechs Jahre Zeit (R 6.6 Abs. 4 S. 4 EStR).

Wichtig | Aufgrund der Corona-Pandemie war es vielen Unternehmen nicht möglich, eine fristgerechte Ersatzbeschaffung vorzunehmen. Deshalb hat die Finanzverwaltung die Fristen verlängert. Und zwar jeweils um zwei Jahre, wenn sie einem nach dem 29.02.2020 und vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahr ablaufen würden, und um ein Jahr, wenn sie am Schluss des nach dem 31.12.2020 und vor dem 01.01.2023 endenden Wirtschaftsjahr ablaufen würden (BMF, Schreiben vom 20.09.2022, Az. IV C 6 – S 2138/19/10002 :003, Abruf-Nr. 231364).

Auch 4/3-Rechner können steuerneutrale Rücklagenbildung nutzen

Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: Rücklagen und Rückstellungen können normalerweise nur bilanzierende Autohäuser bilden. Über R. 6.6 Abs. 5 EStR gelten die Grundsätze der Rücklagenbildung sinngemäß aber auch für kleinere Autohäuser, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG – also per EÜR – ermitteln. Zudem darf auch beim Wechsel der Gewinnermittlungsart (z. B. von Bilanzierung zu § 4 Abs. 3 EStG) eine bisher gebildete Rücklage fortgeführt werden (BFH, Urteil vom 29.04.1999, Az. IV R 7/98).

Abwandlung: Autohaus wird nur teilweise beschädigt

Brennt nicht das ganze Autohaus ab und ist nur ein Teil des Gebäudes beschädigt, kann – auch wenn in dem Fall kein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet – auch die steuerneutrale RfE gebildet werden. Die Voraussetzung: Die Reparatur des Gebäudeteils muss in einem anderen Jahr als die Zahlung der Versicherungsentschädigung erfolgen.

Beispiel 5 – Rücklagenbildung bei teilweiser Beschädigung

Der Brand hat auch eine neben dem Autohaus stehende Werkstatt in Mitleidenschaft gezogen. Sie musste nicht abgerissen werden; die Ausbesserung der Außenfassade war ausreichend. Dafür zahlte der Versicherer pauschal 50.000 Euro. Die Reparaturarbeiten hat das Autohaus, weil andere Aufbau- und Reparaturmaßnahmen dringlicher waren, auf das Jahr 2025 verschoben.

Lösung: Die Versicherungsentschädigung stellt im Jahr 2024 eine Betriebseinnahme dar; der Gewinn erhöht sich um 50.000 Euro. Die Reparatur ist im Jahr 2025 als Betriebsausgabe zu verbuchen; sie mindert den Gewinn voraussichtlich um 50.000 Euro. Zwischen 2024 und 2025 schwankt der Gewinn also enorm. Das kann zu Progressionsnachteilen führen. Deshalb hat das Autohaus die Möglichkeit, zum 31.12.2024 eine Rücklage für die Versicherungsentschädigung zu bilden und diese im Jahr 2025 bei Durchführung der Reparatur aufzulösen. So ergibt sich ein geglätteter Gewinn.

Fazit | Ein Brandschaden oder eine Naturkatastrophe sind für ein Autohaus zweifelsohne schlimm. Doch zumindest die Besteuerung der dadurch zwangsweise aufgedeckten stillen Reserven lässt sich vermeiden, indem Betroffene das Wahlrecht nutzen und die stillen Reserven so steuerneutral auf die Ersatzwirtschaftsgüter übertragen. Dieses Vorgehen schont die Liquidität und generiert einen immensen Steuerstundungseffekt.

AUSGABE: ASR 7/2024, S. 14 · ID: 50052134

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