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ApothekenentwicklungWirtschafts- und Apotheken-Jahresausblick 2025: Umsatz hui, aber Betriebsergebnis zum Weglaufen?

Top-BeitragAbo-Inhalt17.12.20243959 Min. LesedauerVon Apotheker und Unternehmensberater Prof. Dr. Reinhard Herzog, Tübingen

| Zum Jahresende stellt sich stets die Frage: Wie geht es weiter? AH wirft für Sie einen Blick auf die Perspektiven der Apotheken für 2025: Einige belastbare Indikatoren gibt es, wie die Finanzprognosen und Arzneimittel-Rahmenvereinbarungen der gesetzlichen Krankenkassen neben sachgerechten Einschätzungen des Apothekenmarktes. |

Aussichten der GKV-Finanzen

Betrachten wir zuerst die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), die typischerweise für gut 70 Prozent des Apothekenumsatzes und rund 60 Prozent des Rohertrags stehen. Alljährlich umreißt der „Schätzerkreis“ im Herbst die voraussichtliche Lage der GKV im Folgejahr.

Tabelle 1: Ergebnisse des GKV-Schätzerkreises für 2025

Einheit

Schätzung für 2025

+/– Vorjahr in %

Versicherte

Tausend

75.093

+ 0,2

Mitglieder

Tausend

59.023

+ 0,3

Einnahmebasis: Löhne

Mio. Euro

1.548.527

+ 5,1

Einnahmebasis: Renten

Mio. Euro

343.652

+ 5,2

Summe beitragspflichtige Einkünfte

Mio. Euro

1.892.179

+ 5,1

Einnahmen des Gesundheitsfonds

Mio. Euro

294.687

+ 4,8

  • davon Beiträge (ohne Zusatzbeiträge)

Mio. Euro

276.258

+ 5,1

  • davon Steuerzuschuss

Mio. Euro

14.403

– 0,6

  • davon Beiträge geringfügig beschäftigt

Mio. Euro

3.991

+ 4,6

Ausgaben für Leistungen und Verwaltung

Mio. Euro

341.360

+ 6,8

  • davon Leistungsausgaben

Mio. Euro

325.871

+ 6,9

  • davon Satzungsleistungen, Innovationsfonds

Mio. Euro

1.896

+ 11,3

  • davon Verwaltung netto inkl. Telematik

Mio. Euro

13.593

+ 4,1

Leistungsausgaben je Versicherten

Euro

4.365

+ 6,7

Gesamtausgaben je Versicherten

Euro

4.546

+ 6,6

Ergebnis der Krankenkassen* ca.

Mio. Euro

– 46.694

+ 28,8

Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds

Mio. Euro

4.937

– 18,2

Einnahmen

Die Versicherten- und Mitgliederzahlen nehmen weiter zu – um 0,1 bis 0,2 Prozent auf 75,09 Mio. Versicherte und 59,02 Mio. Beitragszahler im Jahr 2025. Entgegen der allgemeinen Stimmung soll die Einnahmebasis weiter ordentlich wachsen (siehe Tabelle 1), nämlich um stolze 93 Mrd. Euro (2024: + 97 Mrd. Euro). Erwartet werden 1.549 Mrd. Euro an beitragspflichtigen Löhnen (+ 5,1 Prozent) und knapp 344 Mrd. Euro (+ 5,2 Prozent) an Renten, d. h. in Summe 1.892 Mrd. Euro Beitragsbemessungsgrundlage. Allein der bisherige Beitragssatz von gut 16 Prozent auf das Plus an Beitragsbemessungsgrundlage brächte bereits 15 Mrd. Euro zusätzlich ein. Schon jahrelang ist die Lohn- und Rentenentwicklung kräftig, doch die Zuwächse und die Beschäftigungsentwicklung flachen ab, möglicherweise stärker als derzeit absehbar. Die Konjunktur lahmt, Werksschließungen und Stellenabbau bestimmen die Nachrichten. Wirklich krisenhafte Einnahmenentwicklungen sehen zwar anders aus und die Sozialkassen befinden sich zumindest auf den ersten Blick noch in einer recht komfortablen Situation, aber die Grenzen des Wachstums sind absehbar.

Ausgaben

2025 stehen GKV-Gesamtausgaben von 341 Mrd. Euro an, davon 13,6 Mrd. Euro für die Verwaltung. Der Gesundheitsfonds erfordert eher bescheidene 21 Mio. Euro für seinen Betrieb. Insgesamt reden wir über einen Ausgabenzuwachs von beachtlichen 6,8 Prozent. Das liegt weit über der zu erwartenden Inflationsrate und zudem über der Einnahmenentwicklung – mit der Folge spürbar steigender Beitragssätze. Absolut sind 21,6 Mrd. Euro an Mehrausgaben veranschlagt. Konstant bleiben die Bundeszuschüsse in Höhe von 14,4 Mrd. Euro. Je Versicherten sollen 4.546 Euro (+ 6,6 Prozent) aufgewendet werden.

Beachten Sie | Ein stärkeres Wachstum der Kosten als der Einnahmen ist langfristig bedrohlich. Würde sich die prognostizierte Entwicklung der GKV (6,8 Prozent Kostenanstieg bei 5,1 Prozent Einnahmenplus) verfestigen, müssten die Beitragssätze in zehn Jahren bei ziemlich genau 20 Prozent statt 17 Prozent im Jahr 2025 liegen. Die Politik wird da nicht tatenlos zusehen.

Das rechnerische Kassendefizit soll um gut 10 Mrd. Euro auf 46,7 Mrd. Euro steigen. In dieser beachtlichen Summe sind allerdings die bisherigen Zusatzbeiträge enthalten. Diese werden von den einzelnen Krankenkassen in unterschiedlicher Höhe erhoben. 46,7 Mrd. Euro entsprechen auf die Bemessungsgrundlage bezogen knapp 2,5 Prozent Zusatzbeitrag im Durchschnitt aller Kassen. Das zusätzliche Defizit von 10,4 Mrd. Euro steht somit für 0,55 Beitragssatzpunkte. Da bereits 2024 das Minus etwas höher ausfallen dürfte als Ende 2023 erwartet, ergeben sich Werte von rund 0,8 Prozentpunkten zusätzlich (und damit Beitragssätze um 17 Prozent plus eine sich voraussichtlich um 0,2 Prozentpunkte verteuernde Pflegeversicherung). Die Hälfte davon schlägt bei den Arbeitgebern als Sozialnebenkosten auf. Bei 400.000 Euro Gesamt-Personalkosten einer durchschnittlichen Apotheke sind gut 1.600 Euro zusätzlich für GKV und Pflegeversicherung fällig. Übrigens: Nach einer groben Faustformel spülen 0,1 Beitragssatzpunkte heute knapp 2 Mrd. Euro in die „Kassen“.

KBV-Rahmenvereinbarung für 2025

Einen Anhaltspunkt für die Entwicklung der Arzneimittelumsätze liefert die jährlich zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband abgeschlossene Rahmenvereinbarung nach § 84 Abs. 6 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Für 2025 sind 5,1 Prozent höhere Arzneimittelausgaben vorgesehen (2024: + 7,95 Prozent). 4,2 Prozentpunkte entfallen dabei auf die Innovations-, 0,7 Prozentpunkte auf die Preiskomponente. Bezugsbasis ist der Brutto-Taxumsatz, Rabattverträge sind außen vor. Regional gibt es, abhängig von Demografie, Morbidität und besonderem Versorgungsbedarf, weitere Anpassungen. Die Mengenkomponente wird nicht näher spezifiziert. Ein Zuwachs im Bereich um 1,0 Prozent erscheint realistisch. Dieser dürfte ebenfalls etwas unter den diesjährigen Werten (voraussichtlich plus 1,5 bis 2 Prozent) liegen.

Die Rahmenvereinbarungen enthalten auch Vorgaben zu Verordnungsquoten für bestimmte Wirkstoffe und häufige Indikationen. Es gibt nicht weniger als 32 Substanzgruppen mit Vorgaben für Leitsubstanzen, Mindest- und Höchstquoten, von Statinen über Betablocker bis hin zu Calciumantagonisten, zudem zahlreiche Biosimilars. Alle diese Vereinbarungen sind auf den Internetseiten der KBV (www.kbv.de) einsehbar, neben ärztlichen Gebührenverzeichnissen, Honorarberichten und vielem mehr.

Prognose: Konkrete Betriebsentwicklung 2025 versus 2024

Für das Jahr 2024 deuten die Daten auf einen Anstieg der GKV-Arzneiumsätze um etwa 7 bis 8 Prozent hin (die KBV-Rahmenvereinbarung lag bei 7,95 Prozent). Die Absatzzahlen (Packungen) haben sich mit einem derzeit zu erwartenden Jahresplus von 1,5 bis 2 Prozent ebenfalls vergleichsweise gut entwickelt. Nicht mithalten kann das OTC-Sortiment. Hier leiden die Offizinapotheken unter eher leicht rückläufigen Packungszahlen bei etwas steigenden Umsätzen. Dies ist höheren Preisen geschuldet – zum einen im Gefolge gestiegener Industriepreise, zum anderen tendieren die Apotheken selbst dazu, ihre OTC-Preise zu erhöhen. In den Grundzügen wird sich dies im Jahr 2025 fortsetzen, wobei die Dynamik nachlassen dürfte.

AH-Grafik_Apothekenmarkt-Prognose 2025.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Im Verordnungsbereich ist branchenweit das erwähnte Umsatzplus von 5 Prozent realistisch, vielleicht etwas weniger. Das Absatzplus dürfte sich eher im Bereich von 1 Prozent bewegen. Das OTC-Segment bleibt weiterhin dahinter zurück, möglicherweise noch etwas stärker konjunkturell eingetrübt (teure Produktkategorien geraten zunehmend unter Druck). Da eine erhebliche Anzahl von Apotheken aus dem Markt ausscheidet (um 3,5 Prozent pro Jahr; im nächsten Jahr ist eine nochmalige Beschleunigung möglich), verteilt sich der Markt auf immer weniger Teilnehmer und beschert diesen damit Umsatzzuwächse im Bereich von 7 Prozent und mehr.

Tabelle 2: Prognose 2024/2025 für die durchschnittliche Apotheke

2024 erwartet

2025 erwartet

Umsatz

3.490.000 Euro

3.752.000 Euro

  • Rx

2.788.000 Euro

3.012.000 Euro

  • Non-Rx

680.000 Euro

718.000 Euro

  • Dienstleistungen*

22.000 Euro

22.000 Euro

Rohertrag

728.500 Euro

758.000 Euro

Spanne

20,9 %

20,2 %

Rx-Packungen

46.000

48.000

Kundenzahl

52.000

54.000

Kosten

Personal

360.000 Euro

380.000 Euro

sonstige Betriebskosten

171.000 Euro

177.000 Euro

Zinsen

15.000 Euro

14.000 Euro

Abschreibungen

40.000 Euro

40.000 Euro

Gewerbesteuer (380 %)**

15.700 Euro

16.300 Euro

= EBITDA

197.500 Euro

200.900 Euro

in Umsatz-%

5,7 %

5,4 %

= Betriebsgewinn

142.500 Euro

146.900 Euro

in Umsatz- %

4,1 %

3,9 %

Gesamtkostensatz

16,8 %

16,3 %

Rechnung bis zum „Netto“

Tilgungen

40.000 Euro

40.000 Euro

private Vorsorge

29.000 Euro

32.000 Euro

= zu versteuern (ledig)

113.500 Euro

114.900 Euro

Einkommensteuer** (ledig)

39.100 Euro

39.700 Euro

Nettobetrag monatlich etwa

6.200 Euro

6.260 Euro

falls schuldenfrei

7.700 Euro

7.800 Euro

Kennzahlen je Kunde

Rohertrag

14,00 Euro

14,05 Euro

EBITDA

3,80 Euro

3,70 Euro

Personalkosten je Kunde

6,90 Euro

7,05 Euro

In die Betriebsprognose eingerechnet sind die Senkung des Kassenrabatts (7.000 Euro je Apotheke) und weiter ausbleibende Skonti, die zu einem geringen Teil kompensiert werden können. Für 2024 wird die Skonto-Problematik zur Hälfte wirksam, in 2025 dann ganzjährig. Wir rechnen 2025 noch mit einem Rx-Nachlass von 3 Prozent im Normal- und festen 30 Euro im Hochpreissegment. Die Margen in den Non-Rx-Sortimenten sollten gleich bleiben, die Packungszahlen dort knapp stagnieren und die Preise etwas steigen, sodass rein marktbedingt ein leichtes Umsatzplus herauskommen sollte. Nahezu in allen Segmenten kommt der statistische Umverteilungsfaktor hinzu (die 3 bis 4 Prozent „Friedhofsdividende“), was die Zahlen wesentlich freundlicher aussehen lässt. In der Praxis kommt dieser Umverteilungsfaktor aber sehr unterschiedlich an, was die Schere zwischen den Betrieben weiter öffnet. Zudem gilt: Umsatzwachstum ist nicht gleich Gewinnwachstum!

Es lohnt sich also, einen Blick auf die Auswirkungen zu werfen, wenn an relevanten Stellschrauben „gedreht“ wird:

  • 1.000 Rx-Packungen mehr oder weniger bedeuten im Modell etwa 63.000 Euro Umsatz, rund 9.750 Euro Rohertrag und am Ende etwa 450 Euro mehr oder weniger „in der Tasche“. Der Rx-Stückertrag liegt demzufolge bei 9,75 Euro und ohne Hochpreiser bei knapp 9 Euro. Das sind nach den Rabattkürzungen nunmehr typische Werte.
  • 1 Prozent Umsatzschwankung (bei gleicher Marge und gleichen Kosten) bedeutet in absoluten Zahlen +/– 37.500 Euro, gut 7.500 Euro Rohertrag und letztlich 350 Euro netto pro Monat.

Lohnt sich der Apothekenbetrieb noch?

Gut 6.000 Euro netto im Monat nach Steuern, Tilgung und sozialer Vorsorge – viel oder wenig? Reichtum ist wohl etwas anderes und schuldenfrei sähe die Welt schon besser aus. Zum Vergleich: Ein Bruttogehalt von 7.000 Euro pro Monat (84.000 Euro p. a., ledig) bringt rund 4.200 Euro netto ein, was heute als Filialleiter bei meist geringerer Arbeitszeit leicht erzielbar ist. Da stellt sich schon die Frage, ob 2.000 Euro netto mehr pro Monat als Inhaber einer Apotheke mit immerhin über 3,5 Mio. Euro Umsatz die regelmäßig höhere Arbeitszeit, das Risiko und den Kapitaleinsatz rechtfertigen.

Fazit | Die Luft wird dünner, die Gewinnrenditen sinken auf breiter Front weiter in den niedrigen bis bestenfalls mittleren einstelligen Prozentbereich. Viel hängt davon ab, ob man zu den Profiteuren von Umverteilung und Schließung gehört oder in Stagnation oder gar Marktanteilsverlusten gefangen ist. Eine große Unbekannte ist der zukünftige (Miss-)Erfolg des Rx-Versandhandels im Gefolge von CardLink und Co. „Wachsen oder Weichen“ ist das Gesetz des Überlebens im heutigen Apothekenmarkt, gestützt auf die betriebswirtschaftliche Erkenntnis „Stillstand ist Rückschritt“.

AUSGABE: AH 1/2025, S. 2 · ID: 50250494

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