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EndodontieAus Endo nach BEMA wird Endo privat – so entscheiden und beraten Sie richtig
| Endodontische Behandlungen sind als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur begrenzt möglich. Da die Begrenzung der Sachleistung ausschließlich in der G-BA-Behandlungsrichtlinie geregelt ist (online unter iww.de/s10651), ist ein Blick in die Richtlinie bei jeder Wurzelbehandlung unabdingbar. Die Grundlagen sind komplex und müssen dem Versicherten Schritt für Schritt erläutert werden. Das gilt vor allem dann, wenn eine GKV-Sachleistung zu Beginn der Behandlung möglich ist, aber in deren Verlauf nicht weitergeführt werden kann. Oft spielt für den Patienten die finanzielle Belastung eine große Rolle in der Entscheidungsfindung. Daher ist Ihre Beratungskompetenz als Zahnarzt gefragt. |
Inhaltsverzeichnis
- Dies gibt die G-BA-Behandlungsrichtlinie vor
- Im Akutfall kommt die Schmerzausschaltung zuerst
- Über diese weiterführenden Optionen können Sie beraten
- Wann ist eine Endo-Behandlung zulasten der GKV möglich?
- Die Prognose verschlechtert sich – was tun?
- Ein gut informierter Patient ist der Schlüssel zum Erfolg
- Nutzen Sie die GOZ und kalkulieren Sie wirtschaftlich!
Dies gibt die G-BA-Behandlungsrichtlinie vor
Die G-BA-Behandlungsrichtlinie verlangt bei der Wurzelkanalbehandlung von Molaren eine strenge Bewertung nach Richtlinie und eine Extraktion, wenn der Zahn die Kriterien der Richtlinie nicht erfüllt (Abschnitt B. III. 10): „In der Regel ist die Entfernung eines Zahnes angezeigt, wenn er nach den in diesen Richtlinien beschriebenen Kriterien nicht erhaltungsfähig ist. Ein Zahn der nach diesen Richtlinien nicht erhaltungswürdig ist, soll entfernt werden. Eine andere Behandlung von nicht erhaltungswürdigen Zähnen ist kein Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung."
Im Akutfall kommt die Schmerzausschaltung zuerst
Kein Patient der GKV kann eine finanzielle Belastung verhindern. Die Endodontie zieht häufig eine finanzielle Beteiligung des Patienten nach sich. Eine konsequente Aufklärung ist zwingend erforderlich, damit der Patient alle Grundlagen für eine Entscheidung kennt.
Zunächst ist jedoch die Schmerzausschaltung indiziert, neben der Diagnostik wie BEMA-Nrn. 01 oder Ä1 mit 8 (ViPr) und entsprechendem Röntgenbild muss eine Schmerzbeseitigung erfolgen. Teilen Sie Ihren Patienten anschließend mit, dass nach Vorgabe der GKV ein aus zahnmedizinischer Sicht erhaltungsfähiger Zahn möglicherweise entfernt werden muss. Dabei sollte aus der Beratung hervorgehen, dass zwar die Entfernung kostenfrei ist, aber der entfernte Zahn ersetzt werden muss. Das kann eine kleine, aber auch eine große finanzielle Beteiligung erfordern.
Überfordern Sie den Patienten im Akutfall nicht! Praxistipp | Beraten Sie keinen Patienten im Akutfall umfassend über eine finanzielle Beteiligung, Extraktionen o. Ä. Viele Patienten sind in dieser Situation überfordert. Bereiten Sie den Patienten jedoch darauf vor, dass er sich entscheiden muss und die GKV möglicherweise eine Entfernung des Zahnes vorgibt. |
Über diese weiterführenden Optionen können Sie beraten
Über Welche Optionen Sie weiterhin beraten können, sollten Sie anhand der Verfassung des Patienten individuell entscheiden:
Praxistipps |
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Wann ist eine Endo-Behandlung zulasten der GKV möglich?
Wann eine endodontische Behandlung als GKV-Sachleistung berechnungsfähig ist, regelt die Behandlungsrichtlinie in den Abschnitten B. III. 9 und B. III. 9.1. Die folgende Checkliste zeigt Ihnen, wie Sie schnell filtern können. Jedes „Nein“ ist entgegen der Richtlinie und zieht entweder die Extraktion (Richtline B. III. 10.) oder die private Fortführung der Behandlung nach sich. Ein „Vielleicht“ gibt es nicht, im Zweifel müssen Sie die Prognose (auch aus parodontaler Sicht!) streng und kritisch auswerten.
Checkliste / Grundlage ist: Untersuchung, Vitalitätsprobe, Röntgenbild | ||
Anforderung der Richtlinie | Ja | Nein |
1. Für alle Zähne mit endodontischer Behandlung gilt: | ||
a. Ist die Aufbereitbarkeit und Möglichkeit der Füllung des Wurzelkanals bis bzw. bis nahe an die Wurzelspitze gegeben? Ingle-Klasse Typ I | ☐ | ☐ |
2. Für jeden Molaren gilt – ein „Ja“ reicht für die Sachleistung: | ||
a. Bleibt eine geschlossene Zahnreihe erhalten? | ☐ | ☐ |
b. Wird eine einseitige Freiendsituation vermieden? | ☐ | ☐ |
c. Gibt es einen Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz? | ☐ | ☐ |
Geschlossene Zahnreihe sind vorhandene natürliche Zähne (mesial/distal.) Einseitige Freiendsituation liegt schon bei fehlendem Zahn 7 vor. Funktionstüchtiger Zahnersatz ist in situ und es liegt kein insuffizienter Zahnersatz vor.
Die Prognose verschlechtert sich – was tun?
Auch wenn Sie alle Hürden für die GKV-Sachleistung genommen haben, können unvorhergesehene Ereignisse die Prognose verschlechtern (z. B. Bakterien im Wurzelkanal, Verkalkungen/Obliteration). Hier kann die Fortführung der Behandlung als Sachleistung kritisch werden, denn neben der Behandlungsrichtlinie gilt auch das Wirtschaftlichkeitsgebot. Nehmen Sie den Patienten von Anfang an mit in die Verantwortung und stellen Sie ihm verschiedene Optionen vor. Verfolgen Sie die Prognose in jeder Sitzung:
- 1. Sachleistung ohne Zuzahlung (erst später zur Kronenversorgung), bei Verschlechterung ggf. ExtraktionÜber diese Optionen müssen Sie mit Ihrem Patienten entscheiden!
- 2. Sachleistung mit privaten Anteilen zur Sicherung des Erfolges und Verringerung der Keimbelastung, z. B. Nr. 2420 GOZ, Nr. 2400 GOZ oder Lasertherapie bzw. photodynamische Therapie zur Keimreduktion (§ 6 Abs. GOZ)
- 3. Sachleistung verlassen und die Behandlung privat beenden, da die Sachleistung nicht mehr gegeben ist (Aufwand und Therapieerfolg sind in einem ungünstigen Verhältnis, entgegen den Richtlinien), bzw. den Zahn extrahieren.
Ein gut informierter Patient ist der Schlüssel zum Erfolg
Zu Beginn der Endodontie sind die Information des Patienten sowie eine Absprache mit schriftlicher Vereinbarung für die drei Optionen empfehlenswert, nicht erst, wenn die Prognose des Zahnes kippt. Gehen Sie wie folgt vor:
Musterschreiben / Information über Entscheidungsbedarf einer Endo-Behandlung bei Option 3 |
Briefanrede, eine begonnene Wurzelkanalbehandlung unterliegt bis zum Abschluss den Richtlinien der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). In der Regel verläuft eine endodontische Behandlung komplikationslos. Sollten jedoch Umstände eintreten, die eine Weiterführung der Behandlung als GKV-Sachleistung unmöglich machen, müssen wir gemeinsam eine Entscheidung treffen: 1. Entfernung des Zahnes und Versorgung mit Zahnersatz 2. Weiterführung der endodontischen Behandlung als Privatleistung, s. Kostenvoranschlag in Höhe von ……… Euro. Diese Umstände hat Ihre gesetzliche Krankenkasse in den Richtlinien hinterlegt und wir als Vertragszahnärzte müssen uns an die Richtlinie halten. Wir werden Sie rechtzeitig informieren, sobald dieser Umstand eintritt. Mit freundlichen Grüßen ... |
Praxistipp | Die Option 3 kann eintreten, wenn Sie feststellen, dass Sie
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- 1. Aufklärung über die Endodontie mit Darstellung der Sachleistung, den privaten Alternativen, den Risiken, der Prognose, den Folgen der Unterlassung, den Kosten und der Entscheidung des Patienten
- 2. Aufklärung über die Richtlinie und dass eine als Sachleistung begonnene Endodontie ggf. privat beendet werden oder der Zahn entfernt werden muss (Option 3); Musterschreiben online unter Abruf-Nr. 49990112
- 3. Vereinbarung nach § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) für den Fall, dass die Therapie privat beendet werden muss (Ende des Beitrags)
- 4. Aufklärung über die Kosten
Nutzen Sie die GOZ und kalkulieren Sie wirtschaftlich!
Mithilfe der GOZ können Sie wirtschaftlicher kalkulieren. Müssen Sie die Endodontie privat beenden, können Sie auf nachfolgende Leistungen zugreifen, Gehen Sie systematisch nach Therapieschritten vor und planen Sie bei GKV-Patienten jede Begleitleistung so oft wie notwendig. Die Privatleistungen sind nach § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) zu vereinbaren.
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Endodontische Behandlung: Mögliche private Zusatzleistungen (nicht abschließend!) |
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AUSGABE: AAZ 6/2024, S. 2 · ID: 49983937