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DokumentationSicher durch die Wirtschaftlichkeitsprüfung – ein Beispiel aus der Füllungstherapie
| Wirtschaftlichkeitsprüfungen kommen oft überraschend. Um als Vertragszahnarzt darauf vorbereitet zu sein, ist eine sorgfältige Dokumentation unerlässlich. Welche Nachlässigkeiten in einem Prüfverfahren zu Beanstandungen führen und wie sie Beanstandungen vorbeugen, zeigt dieses Fallbeispiel aus der Füllungstherapie. |
Falsch: Diese Therapieplanung führt zu Beanstandungen
Ein 56-jähriger gesetzlich versicherter Patient erscheint mit Beschwerden am Zahn 26. Die Prognose zum Erhalt dieses Zahnes ist fragwürdig. Am Zahn 27 fehlt eine Füllung. Unbemerkt bleibt, dass 2021 bereits eine Aufbaufüllung an diesem Zahn gelegt wurde. Der Zahn 23 hat zervikal einen Putzdefekt. Zusätzlich wünscht sich der Patient einen Austausch der Füllung am Zahn 25, da er mit der Zahnfarbe nicht mehr zufrieden ist, die Füllung ist intakt.
Konservierende Versorgung der Zähne 23, 25, 26, 27 über Mehrkostenvereinbarung* | ||||
Datum | Zahn | Leistung | BEMA | GOZ/GOÄ |
11.04. | – | Eingehende Untersuchung; Beschwerden an 26, Füllungsverlust 27, 23 Putzdefekt, Pat. stört Farbe der Kompositfüllung am Zahn 25 | 01 (U) | – |
26, 27 | Röntgenaufnahme zur Diagnose | Ä925a (Rö2) | – | |
– | Beratung über Therapiemöglichkeiten: Zahn 26 apikale Ostitis, großer Substanzverlust. Wurzelkanalbehandlung als letzter Rettungsversuch, die Prognose zum Erhalt dieses Zahnes ist fragwürdig; Zahn 27 Füllungsverlust; Zahn 23 keilförmiger Putzdefekt; Zahn 25 Füllungstausch | – | – | |
26, 27 | Infiltrationsanästhesie (1 Karpule Anästhetikum) | 40 (I) | – | |
26 | Trepanation | 31 (Trep) | – | |
26 | Aufbereitung der drei Wurzelkanäle, mesio distal obliteriert, Zahnerhalt fraglich | 3 x 32 (WK) | – | |
26 | Medikamentöse Einlage | 34 (Med) | – | |
26 | Provisorischer Verschluss | – | – | |
27 | Kompositfüllung –modv– in Mehrschichttechnik, mit Mehrkostenvereinbarung nach § 28 SGB V | 2120 abzgl. BEMA F4 | ||
22.04. | 23 | Füllung cervikal-vestibulär | 13a (F1) | |
25 | Füllungstausch, Kompositfüllung –mo– in Mehrschichttechnik, mit Mehrkostenvereinbarung nach § 28 SGB V | 2080 abzgl. BEMA F2 | ||
26 | Medikamentöse Einlage | 34 (Med) | – | |
26 | Provisorischer Verschluss | – | – | |
02.05. | 26 | Wurzelkanalfüllung drei Kanäle | 3 x 35 (WK) | |
26 | Provisorischer Verschluss | – | – |
Bis hierhin stimmt die Dokumentation noch
Die eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen einschließlich Beratung berechnet man nach BEMA-Nr. 01 (U). Die Leistung ist einmal je Kalenderhalbjahr, frühestens jedoch nach vier Monaten berechenbar. Neben der eingehenden Untersuchung nach BEMA-Nr. 01 (U) sind Beratungsleistungen nach Nr. Ä1 nicht zusätzlich berechenbar.
Die röntgenologische Untersuchung zur Diagnostik berechnet man nach BEMA-Nr. 925a (Rö2), wenn bis zu zwei Röntgenaufnahmen angefertigt werden. Zum Leistungsinhalt gehören die Beurteilung der Röntgenaufnahme sowie die schriftliche Auswertung aller sichtbaren Befunde.
Diese Nachlässigkeiten dürften zum Honorarverlust führen
Bei der o. g. Dokumentation besteht die große Gefahr, dass bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung die gesamte endodontische Behandlung (exklusive Trepanation und Anästhesie) gekürzt wird.
11.04.: Versuch zur Rettung des Zahnes 26 ist unwirtschaftlich
Laut Befund ist die Prognose für den Erhalt des Zahnes 26 schlecht und die geplante Behandlung nur ein Rettungsversuch. Daher ist die endodontische Behandlung privat mit dem Patienten zu vereinbaren oder der Zahn zu extrahieren, denn ein Rettungsversuch ist unwirtschaftlich. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V müssen die „Leistungen [...] ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“
11.04.: Zahn 27 hat bereits eine Aufbaufüllung erhalten
Beim Zahn 27 wurde nach dem Füllungsverlust nicht in die Kartei geschaut. Somit blieb unbemerkt, dass dieser Zahn schon 2021 eine Aufbaufüllung bekommen hat. Zähne, die in der Vergangenheit bereits mit einer Auffüllung versorgt wurden, dürfen später nicht mehr mit einer konservierenden Füllungstherapie nach BEMA Nr. 13a-d zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versorgt werden. Denn mit Erbringung der Aufbaufüllung wird angezeigt, dass der Zahn mit einer konservierenden Therapie nicht zu erhalten und prothetisch mit einer Krone oder Teilkrone zu versorgen ist. Die Berechnung der BEMA-Nr. 13d (F4) über die Mehrkostenvereinbarung nach § 28 SGB V kann im Fall einer Wirtschaftsprüfung gekürzt werden. Die Gefahr, dass das Abrechnungsgeschehen bei einer Kontrolle auffällt, ist sehr groß. Gleiches gilt für Zähne, die im Befund mit „ww“ oder „pw“ gekennzeichnet sind. Für diese Zähne ist eine konservierende Füllungstherapie über GKV nicht berechenbar.
22.04.: Versorgung des Putzdefekts am Zahn 23 ist keine GKV-Leistung
Die Behandlung des keilförmigen Putzdefekts am Zahn 23 ist streng genommen keine GKV-Leistung. Denn gemäß Richtlinie B. III. konservierende Behandlung, Punkt 2 soll jeder kariöse Defekt an einem Zahn behandelt werden. Ein keilförmiger Putzdefekt aber ist nicht zwingend kariös. Die Tatsache, dass dieser Putzdefekt auch kariös ist, muss unbedingt dokumentiert werden. Somit ist die Berechnung nach BEMA-Nr. 13a (F1) im obigen Fall nicht möglich, die Leistung ist mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) zu vereinbaren. Bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung werden ggf. diese Füllungen von keilförmigen Putzdefekten gekürzt.
Austausch der Füllung am Zahn 25 ist keine GKV-Leistung
Der Austausch der Füllung am Zahn 25, nur weil die Zahnfarbe dem Patienten nicht mehr gefällt, ist keine Leistung nach GKV. Er muss ebenfalls mit dem Patienten nach § 8 Abs. 7 BMV-Z privat vereinbart werden. Fällt bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung dem Prüfer in der Dokumentation auf, dass der Patient mit der Farbe der Füllung unzufrieden war, so wird die Versorgung samt eventuell angefallenen Begleitleistungen gekürzt.
Richtig: So hält die Abrechnung einer Prüfung stand
Die folgende Übersicht zeigt, wie die korrekte Behandlungsdokumentation aussähe:
Konservierende Versorgung der Zähne 23, 25, 26, 27 über Privatvereinbarung nach § 8 Abs. 7 BMV-Z* | ||||
Datum | Zahn | Leistung | BEMA | GOZ/GOÄ |
11.04. | – | Eingehende Untersuchung; Beschwerden an 26, Füllungsverlust 27, 23 Putzdefekt, Pat. stört Farbe der Kompositfüllung am Zahn 25 | 01 (U) | – |
26, 27 | Röntgenaufnahme zur Diagnose | Ä925a (Rö2) | – | |
– | Beratung über Therapiemöglichkeiten: Zahn 26 apikale Ostitis, großer Substanzverlust. Wurzelkanalbehandlung als letzter Rettungsversuch, die Prognose zum Erhalt dieses Zahnes ist fragwürdig; Zahn 27 Füllungsverlust; Zahn 23 keilförmiger Putzdefekt; Zahn 25 Füllungstausch | – | – | |
– | Aufklärung über private endodontische Versorgung an dem Zahn 26, private Füllungstherapie an den Zähnen 23 und 25 | – | Ä1 | |
– | Schriftlicher Heil- und Kostenplan und Privatvereinbarung | 0030 | ||
26, 27 | Infiltrationsanästhesie (1 Karpulle Anästhetikum) | 40 (I) | – | |
26 | Trepanation zur Schmerzausschaltung | 31 (Trep) | – | |
12.04. | 26 | Aufbereitung der drei Wurzelkanäle, mesio distal obliteriert, Zahnerhalt fraglich | – | 3 x 2410 |
26 | Medikamentöse Einlage | – | 2430 | |
26 | Provisorischer Verschluss | – | 2020 | |
27 | Aufbaufüllung – Dentinadhäsive Rekonstruktion in Mehrschichttechnik –modv–, mit Mehrkostenvereinbarung nach § 28 SGB V | § 6 (1) GOZ ./. BEMA F2 (ZE) | ||
22.04. | 23 | Füllung cervikal-vestibulär mit Composit | – | 2060 |
25 | Kompositfüllung in Mehrschichttechnik –mesial-okkusal – auf Wunsch des Patienten §2 Abs. 3 GOZ | 2080 | ||
26 | Medikamentöse Einlage | – | 2430 | |
26 | Provisorischer Verschluss | – | 2020 | |
02.05. | 26 | Wurzelkanalfüllung drei Kanäle | – | 3 x 2440 |
26 | Provisorischer Verschluss adhäsiv | – | 2020 + 2197 |
AUSGABE: AAZ 6/2024, S. 16 · ID: 50008441