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VertragsarztrechtEinmal abgerechnet, für immer gestrichen? Das gilt für die EBM-Nrn. 01747 und 01748

Abo-Inhalt01.07.20256698 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Alexander Meyberg, LL.M., D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Düsseldorf, Berlin

| Die Leistungen nach den EBM-Nrn. 01747 und 01748 EBM (Aufklärungsgespräch und Durchführung eines Ultraschall-Screenings auf Bauchaortenaneurysmen) können nur ein einziges Mal durch den Vertragsarzt abgerechnet werden, da der Versicherte nur einmal im Leben einen entsprechenden Leistungsanspruch hat. Der Wortlaut der Nrn. 01747 und 01748 lässt keine andere Auslegung zu. Beide Positionen sind ausschließlich bei männlichen Patienten ab dem 65. Lebensjahr berechnungsfähig. Eine entsprechende Klarstellung hat das Sozialgericht (SG) Mainz vorgenommen (Urteil vom 08.01.2025, Az. S 2 KA 108/22). |

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Richtigkeit vertragsärztlicher Honorarabrechnungen für die

  • Nr. 01747 (Aufklärungsgespräch Ultraschall-Screening Bauchaortenaneurysmen, 82 Punkte) und die
  • Nr. 01748 (Ultraschall-Screening Bauchaortenaneurysmen, 124 Punkte).

Die klagende gesetzliche Krankenkasse beantragte im September 2020 bei der beklagten KV die sachlich-rechnerische Berichtigung diverser Honorarabrechnungen für das Quartal I/2019. Nach entsprechender Prüfung nahm die KV eine teilweise Korrektur in Höhe von 2.657,23 Euro vor. In Höhe weiterer 10.231,78 Euro wurde der Antrag der Krankenkasse abgelehnt. Die Ablehnung betraf dabei insbesondere den Ansatz der Nrn. 01747 und 01748.

Die Krankenkasse widersprach der nur teilweisen Korrektur durch die KV. Sie führte aus, dass zwei Ärzte innerhalb eines Quartals nach den Vorgaben im EBM nicht berechtigt seien, diese Positionen abzurechnen. Die Nrn. 01747 und 01748 seien bei männlichen Patienten ab 65 Jahren einmalig berechnungsfähig. Bei einer einmaligen Leistung handele es sich um eine nicht wiederholbare und damit auch nicht mehrfach abrechenbare Leistung. Die Kommentarliteratur führe in diesem Zusammenhang aus, dass sich die abrechnende Praxis mit einer vom Patienten abzugebenden schriftlichen Erklärung absichern sollte. Aus dieser solle hervorgehen, dass dem Patienten der lediglich einmalige Anspruch bekannt sei und nur diese Praxis für die Aufklärung/Erbringung der besagten Leistung in Anspruch genommen werde. Die KV wies diesen Widerspruch zurück. Es bestehe keine Nachfragepflicht des Arztes, sofern es keine Erkenntnisse für die Abrechnung der Nrn. 01747 und 01748 gebe. Nur wenn der Patient von sich aus Angaben mache, die den Arzt erkennen ließen, dass die Leistung schon erbracht worden sei, wäre die erneute Leistungserbringung ausgeschlossen. Gegen diesen Bescheid erhob die Krankenkasse Klage.

Entscheidungsgründe

Das SG Mainz gab der Klage statt. Der Widerspruchbescheid der KV sei rechtswidrig. So habe die KV zu Unrecht keine Korrektur der Honorarabrechnungen betreffend des Quartals I/2019 hinsichtlich der Nrn. 01747 und 01748 vorgenommen. Die mit den Nrn. 01747 und 01748 EBM abgerechneten Leistungen könnten nur von einem einzigen Vertragsarzt abgerechnet werden, da der Versicherte nur einen einmaligen Leistungsanspruch habe. Der Wortlaut der Nr. 01747 und 01748 sei klar und deutlich. So seien die beiden Positionen ausschließlich bei männlichen Patienten ab dem 65. Lebensjahr „einmalig berechnungsfähig“. Einmalig bedeute dabei einmal im Leben des Patienten. Zudem würden die Abrechnungspositionen auch mit § 2 der Richtlinie Ultraschallscreening auf Bauchaortenaneurysmen (US-BAA-RL) korrelieren, der ausdrücklich geregelt habe, dass der männliche Versicherte ab der Vollendung des 65. Lebensjahrs diese Präventionsleistung nur einmal im Leben in Anspruch nehmen könne. Auch der Bewertungsausschuss habe die Vergütung so ausgestaltet, dass die Erbringung der Leistung nur ein einziges Mal zugunsten desselben Versicherten abgerechnet werden könne. Das Gericht gehe davon aus, dass dies der Ärzteschaft auch bekannt sei.

Die KV dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, der Abrechnungsausschluss sei unbillig, wenn der als Zweitbehandler abrechnende Vertragsarzt keinerlei Kenntnis von der Vorbehandlung gehabt habe. Dem Gericht sei zwar klar, dass sich der Vertragsarzt nur höchst unzureichend davor schützen könne, die Leistung doppelt abzurechnen. So werde dem Versicherten über die Durchführung des Ultraschall-Screenings auf Bauchaortenaneurysmen kein Nachweis ausgestellt, den er in schriftlicher Form vorlegen könne. Dem Vertragsarzt bleibe also nur die Möglichkeit einer Befragung des Versicherten mit ungewissem Ergebnis, da es nicht ausgeschlossen sei, dass der Versicherte eine falsche Auskunft erteile. Selbst die Einführung der elektronischen Patientenakte biete hier keine absolute Sicherheit. Letztlich bliebe dem Vertragsarzt nur der Ausweg, vor Erbringung der Früherkennungsleistung eine Auskunft bei der Krankenkasse des Patienten einzuholen.

Fazit | Dem Urteil des SG Mainz liegt die eher seltene Konstellation zugrunde, dass sich die klagende gesetzliche Krankenkasse und die KV über die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen nach dem EBM streiten. Das SG Mainz hat mit seiner Entscheidung unmissverständlich klargestellt, dass die Nrn. 01747 und 01748 nur einmal im Leben eines Versicherten abgerechnet werden dürfen.

Die Argumentation der beklagten KV, wonach ein Arzt nicht verpflichtet sei, eine frühere Inanspruchnahme der Leistung zu überprüfen, ließ das Gericht nicht gelten. Es betonte, dass der Wortlaut der Nrn. 01747 und 01748 EBM und der Regelungen der US-BAA-Richtlinie eindeutig seien. Ein mehrfaches Abrechnen dieser präventiven Leistung sei fehlerhaft und bedürfe daher einer Korrektur durch die zuständige KV – unabhängig davon, ob der Vertragsarzt über eine frühere Leistungserbringung Kenntnis hatte oder nicht.

Auf gemeinsamen Antrag der Beteiligten hat das SG Mainz die Sprungrevision zum Bundessozialgericht (BSG) zugelassen. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage – insbesondere zur Auslegung der Nrn. 01747 und 01748 sowie zur Reichweite des Vergütungsausschlusses bei fehlender Kenntnis einer Vorbehandlung – ist nun das BSG gefordert, abschließend für rechtliche Klarheit zu sorgen. Die Entscheidung in dieser Sache dürfte über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die vertragsärztliche Abrechnungspraxis sowie den Umgang mit einmaligen Präventionsleistungen im EBM haben.

AUSGABE: AAA 7/2025, S. 11 · ID: 50445941

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