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EBM-Positionen im FokusTumorpatienten in der Hausarztpraxis: Nicht nur Palliativpositionen können abgerechnet werden
| Während den Ärzten des fachärztlichen Versorgungsbereichs im Rahmen der Kassenabrechnung für die Betreuung von Tumorpatienten besondere Onkologiepauschalen zur Verfügung stehen, wurden für Ärzte des hausärztlichen Versorgungsbereichs als spezifische EBM-Abrechnungspositionen nur die Palliativpositionen (EBM-Nrn. 03370 bis 03373) aufgenommen. Aber: In bestimmten Konstellationen können Hausärzte bei Tumorpatienten zusätzliche Positionen berechnen. Welche das sind und unter welchen Voraussetzungen diese angesetzt werden dürfen, erfahren Sie in diesem Beitrag. |
Geriatriepositionen: Auf die Diagnosen kommt es an
In der Präambel zu den Geriatriepositionen (EBM-Nrn. 03360 [113 Punkte] und 03362 [174 Punkte; Kapitel 3.2.4 EBM]) sind die Syndrome abschließend gelistet, bei denen diese Positionen abgerechnet werden können. Für die Betreuung von Karzinompatienten sind die Geriatriepositionen primär nicht gedacht, können aber unter bestimmten Voraussetzungen auch bei diesen abgerechnet werden.
Liegt bei Patienten ab dem vollendeten 70. Lebensjahr zusätzlich zu der Tumorerkrankung eines der folgenden Syndrome vor, anzugeben mit dem entsprechenden ICD-10-Code, so sind auch die Geriatriepositionen berechnungsfähig. Die folgenden Diagnosen berechtigen zur Abrechnung:
- Z 74.9 – Pflegegrad
- Z 74.0 – Mobilitätsstörung einschließlich Fallneigung und Altersschwindel
- R 26.8 – Störungen des Gangs und der Mobilität
- R 54 – Senilität, Frailty-Syndrom
- R 32 – Harninkontinenz
- R 15 – Stuhlinkontinenz
- R 13.9 – Dysphagie
- R 52.1 – Chronisches Schmerzsyndrom
Bei der Angabe des ICD-10-Codes Z 74.9 ist das Vorliegen von Pflegegrad 1 ausreichend, um die Geriatriepositionen ansetzen zu können. Die Berechnung des geriatrischen Basisassessment nach EBM-Nr. 03360 ist auch bei dem Verdacht auf eines der genannten Syndrome berechnungsfähig (Zusatz V oder A [= Ausschluss]), bei Berechnung des geriatrischen Betreuungskomplexes nach EBM-Nr. 03362 ist eine gesicherte Diagnose anzugeben (Zusatz G).
Chronikerpauschalen: Auf regelmäßige APKs kommt es an
Voraussetzung für die Berechnung der Chronikerpauschalen gemäß den EBM-Nrn. 03220 (130 Punkte) und 03221 (40 Punkte) ist eine hausärztliche Betreuung in mindestens drei der vorangegangenen vier Quartale – das aktuelle Quartal zählt mit – davon in mindestens zwei Quartalen mit einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt (APK).
Wichtig ist zudem, dass in jedem der Quartale eine gleich lautende gesicherte Diagnose (ICD-10-Code mit dem Zusatz G) für die Karzinomerkrankung angegeben wurde. Das Problem bei den Karzinompatienten ist allerdings, dass häufig über einen längeren Zeitraum in onkologischen Fachpraxen behandelt wird. Die Berechnung der Chronikerpauschalen ist nur bei einer kontinuierlichen hausärztlichen Betreuung möglich.
Ergänzende Infos zu den Palliativpositionen
Gemäß der Präambel zu Kapitel 3.2.5 des EBM (Palliativmedizinische Versorgung) sind,
- Nr. 03370 (Palliativmedizinische Ersterhebung des Patientenstatus inkl. Behandlungsplan; 341 Punkte),
- Nr. 03371 (Zuschlag zu der Versichertenpauschale 03000 für die palliativmedizinische Betreuung des Patienten in der Arztpraxis; 159 Punkte),
- Nr. 03372 (Zuschlag zu den Nrn. 01410 oder 01413 für die palliativmedizinische Betreuung in der Häuslichkeit; 124 Punkte) und
- Nr. 03373 (Zuschlag zu den Nrn. 01411, 01412 oder 01415 für die palliativmedizinische Betreuung in der Häuslichkeit; 124 Punkte)
nur „bei Schwerstkranken und sterbenden Patienten in jedem Alter berechnungsfähig, die an einer nicht heilbaren, fortschreitenden und so weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden, dass dadurch nach fachlicher Einschätzung des behandelnden Arztes die Lebenserwartung auf Tage, Wochen oder Monate gesunken ist“.
Damit sind die Palliativpositionen vornehmlich bei Karzinompatienten berechnungsfähig, auch wenn andere Erkrankungen diese Voraussetzungen erfüllen, beispielsweise eine fortgeschrittene COPD.
Der palliativmedizinische Status nach Nr. 03370 ist bei einem Patienten nur einmal im Krankheitsfall und somit nur einmal pro Jahr berechnungsfähig.
Die Betreuung von Palliativpatienten nach Nr. 03371 ist wegen der Formulierung in der Leistungsbeschreibung „Betreuung in der Arztpraxis“ nur berechnungsfähig, wenn der Patient mindestens einmal im Quartal in der Arztpraxis behandelt wird. Wird ein Karzinompatient mit infauster Prognose permanent in einem Hospiz oder Pflegeheim nur im Rahmen von Besuchen betreut und sucht dieser im Laufe des Quartals nicht mindestens einmal die Praxis auf, ist die Nr. 03371 nicht berechnungsfähig.
Der Besuchszuschlag nach Nr. 03372 ist zusätzlich zu Besuchen gemäß Nr. 01410 (212 Punkte) oder Nr. 01423 (106 Punkte) je vollendete 15 Minuten bis zu fünfmal am Behandlungstag bei demselben Patienten berechnungsfähig.
Der Zuschlag nach Nr. 03373 kann zusätzlich zu Besuchen gemäß den Nrn. 01411 (469 Punkte), 01412 (626 Punkte) oder 01415 (546 Punkte) je Besuch einmal abgerechnet werden, unabhängig von der Besuchsdauer.
Palliative Versorgung und die „fachliche Einschätzung“ durch den Hausarzt
In der Präambel zu Kapitel 3.2.5 des EBM (Palliativmedizinische Versorgung) finden sich zwar klare bis drastische Formulierungen zu den Erkrankungen, die zur Berechnung dieser Positionen berechtigen, konkrete Krankheitsbilder werden aber nicht genannt und können auch kaum benannt werden. Mit der Formulierung „nach fachlicher Einschätzung des behandelnden Arztes“ werden damit nahezu seherische Fähigkeiten des Arztes verlangt, ob „die Lebenserwartung auf Tage, Wochen oder Monate (wie viele?) gesunken ist“.
Welcher Hausarzt hat es noch nicht erlebt, dass ein Patient mit der Diagnose Prostata- oder Dickdarmkarzinom in die Praxis kommt? Eine Beurteilung, ob noch eine Lebenserwartung von Tagen, Wochen oder Monaten gegeben ist, dürfte in den meisten Fällen kaum möglich sein. Wie viele Quartale hintereinander die Palliativpositionen bei demselben Patienten berechnet werden können, dazu gibt es keine Vorgaben.
Merke | Eine gesicherte und nach dem allgemein anerkannten Stand der Medizin lebensbegrenzende Diagnose (ICD-Code mit Zusatz G) muss in jedem Quartal mit Abrechnung der Nrn. 03370 bis 03373 angegeben werden! |
Nebeneinanderberechnung bestimmter EBM-Positionen
Die Chronikerpauschalen (Nrn. 03220 und 03221) sind neben den Geriatriepositionen (Nrn. 03360 und 03362) berechnungsfähig, aber nicht neben den Palliativpositionen (Nrn. 03370 bis 03373).
Die Palliativpositionen (Nr. 03370 bis 03373) sind ihrerseits neben den Geriatriepositionen (Nrn. 03360 und 03362) sowie neben den Chronikerpauschalen (Nrn. 03220 und 03221) ausgeschlossen. Diese können aber bei weiteren Konsultationen in demselben Quartal bei demselben Patienten berechnet werden. Da Karzinompatienten in der Regel mehr als einen APK im Quartal wahrnehmen, können anlässlich verschiedener APK im Quartal und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen bei demselben Patienten sowohl die Chronikerpauschalen (Nrn. 03220 und 03221), die Geriatriepositionen (Nrn. 03360 und 03362) als auch die Palliativpositionen (Nrn. 03370 bis 03373) berechnet werden.
- Besonderheiten bei der Abrechnung palliativmedizinischer Leistungen (AAA 07/2024, Seite 5)
- Abrechnung von Leistungen mit besonderer Qualifikation – ein Überblick (Teil 3) (mit Details zur „besonders qualifizierten und koordinierten palliativmedizinischen Versorgung“ im gleichnamigen Absatz; AAA 12/2022, Seite 6)
- Die wichtigsten Ausschlussziffern für Hausärzte nach EBM (AAA 08/2019, Seite 6)
- Eine Liste der wichtigsten EBM-Ausschlussziffern für Hausärzte steht online unter iww.de/s2856 zum Download bereit.
AUSGABE: AAA 10/2024, S. 2 · ID: 50148214