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VertragsarztrechtUnzulässige Verordnung? Keine Differenzkosten!

Abo-Inhalt06.08.20242 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht und Sozialrecht Babette Christophers LL.M., Münster

| Die Differenzkostenregelung in § 106b Abs. 2a Satz 1 SGB V regelt, dass bei unwirtschaftlichen Verordnungen eines Vertragsarztes die Kosten für das hypothetisch zu verordnende „wirtschaftliche Medikament“ von dem Regress in Abzug zu bringen sind. Gleichzeitig sieht das Gesetz vor, dass hierzu Rahmenvorgaben zu vereinbaren sind. Der GKV-Spitzenverband und die KBV kamen dieser Aufforderung nach, allerdings bestanden Rechtsunsicherheiten, ob die Differenzkostenregelung lediglich auf unwirtschaftliche oder auch auf unzulässige Verordnungen anzuwenden ist. Die Frage ist nun durch zwei Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) geklärt worden (Urteile vom 05.06.2024, Az. B 6 KA 10/23 R und B 6 KA 5/23 R). |

Sachverhalt

Ein Kinderarzt verordnete das Arzneimittel Spasmo Mucosolvan Saft und Mucospas Saft. Die Prüfungsstelle regressierte die Verordnungen, da die Arzneimittel nicht zulasten der GKV verordnungsfähig sind (unzulässig). Gleichzeitig zog die Prüfungsstelle die Kosten für eine wirkstoffgleiche, zulässige Verordnungsalternative (Ambroxol) gemäß Differenzkostenregelung ab, wogegen die Krankenkasse klagte, mit Erfolg!

Merke | Unwirtschaftliche Verordnungen sind zwar zulässig, verstoßen aber gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Unzulässige Verordnungen sind nicht zulässig, dürfen nicht vom Versicherten beansprucht und vom Vertragsarzt nicht verordnet werden.

Entscheidung des BSG

Die Differenzkostenregelung ist allein auf unwirtschaftliche Verordnungen im engeren Sinne anzuwenden. Auf unzulässige Verordnungen findet die Regelung keine Anwendung. Zur Begründung heißt es, dass Leistungen, die unter Missachtung gesetzlicher Vorgaben erbracht werden, grundsätzlich nicht vergütet werden. Dieses grundsätzliche Prinzip würde für den Verordnungsregress infrage gestellt, wenn die Nachforderung auch im Falle einer unzulässigen Verordnung auf die Differenz der Kosten zwischen wirtschaftlicher und tatsächlich verordneter Leistung begrenzt würde. In allen Fällen, in denen durch die unzulässige Verordnung keine höheren Kosten als durch eine zulässige Verordnung entstehen, würde die Krankenkasse gezwungen, die Kosten der unzulässigen Verordnung endgültig zu übernehmen.

Fazit | Bei Off-Label-Verordnungen oder Verordnungen, die durch die Arzneimittelrichtlinie von der Verordnung ausgeschlossen sind oder anderen Verordnungen, für die besondere Vorgaben durch das Gesetz existieren (z. B. Verordnung von Cannabis nach § 31 Abs. 6 SGB V), können Ärzte nicht mehr auf eine Reduktion des Regresses hoffen mit der Argumentation, dass in jedem Fall Kosten für den Patienten durch eine alternative Arzneimittelversorgung entstanden wären.

AUSGABE: AAA 8/2024, S. 18 · ID: 50109980

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