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ABC der Abrechnung„K“ – Knieplatzwunde
| Die Wundversorgung gehört zum Alltag in den allermeisten Hausarztpraxen. Auch kleinere chirurgische Eingriffe sollten trotz aller Spezialisierung in der modernen Medizin weiterhin ihren Platz in der Hausarztmedizin einnehmen. Zudem lassen sich die Wundversorgung sowie kleinere chirurgische Eingriffe hervorragend als Patientenbindungsinstrument nutzen. |
Der Fall
Ein 31-jähriger Patient kommt am Dienstag gegen 19:45 Uhr notfallmäßig in die Praxis. Er war gerade mit dem Fahrrad auf dem Weg vom Freizeitsport nach Hause, ist dabei gestürzt und hat sich einige Wunden zugezogen. Da es sich nicht um Vereinssport handelt, ist der Unfall als rein privat anzusehen und somit zulasten der GKV bzw. der ggf. zuständigen privaten Krankenversicherung abzurechnen. Die Sprechstunde ist beim Eintreffen des Patienten bereits beendet, nur der Arzt ist noch in der Praxis anwesend, um „Bürokram“ zu erledigen.
Es erfolgt eine körperliche Untersuchung, die einen normalen Blutdruck sowie einen situativ erhöhten Puls zeigt. Das rechte Knie ist schmerzhaft angeschwollen und zeigt eine ca. 4 cm lange und tiefe Platzwunde. Die Knieplatzwunde wird in Lokalanästhesie mittels Einzelknopfnaht verschlossen. Zur Verhinderung einer Nachblutung wird ein Druckverband angelegt. Bei fehlendem Tetanusschutz (Impfschutz älter als zehn Jahre) wird die Simultanimpfung durchgeführt. Gleichzeitig wird auch die Impfprophylaxe gegen Diphtherie und Polio verabreicht. Mit dem Patienten wird für den Folgetag ein Kontrolltermin zum Verbandwechsel vereinbart. Ein Schmerzmittel wird aus dem Musterbestand ausgehändigt.
Die Diagnoseverschlüsselung nach ICD-10-GM
Die Verschlüsselung nach ICD-10-GM ist ein wenig komplexer: Die Knieplatzwunde als solche ist durchaus als offene Wunde anzusehen. Nach dem ICD-10-GM ist dafür der Code S81.80 zu verwenden. Dieser Code bietet allerdings keine Angabe zur Entstehung bzw. zur Art der offenen Wunde. Insofern wäre zusätzlich noch der Code T14.1 für die (kleine) Platzwunde anzugeben.
Was unterscheidet „groß“ und/oder „klein“?
Im Zusammenhang mit der Wundversorgung ist im EBM das Alter des Patienten zu beachten sowie die Nutzung einer Naht oder der Verzicht darauf. In der GOÄ geht es zudem um die Größe (z. B. Nrn. 2000/2003 GOÄ) und die Frage, ob eine Anästhesie in „kleinen“ oder „großen“ Bezirken erfolgt (z. B. Nrn. 490/491 GOÄ). Für die Unterscheidung der Größen kann man auf die Allgemeine Bestimmung des zum Zeitpunkt der Fassung der GOÄ geltenden EBM (nicht die heutige OPS) zurückgreifen. Danach gilt > 3 cm oder > 4 cm2 oder >1 cm3 oder die Lokalisation am Kopf, an den Händen und bei Kindern bis zum 6. Lebensjahr die Einstufung als „groß“.
Die Abrechnung nach EBM
Es ist der erste Kontakt im Quartal, sodass die Versichertenpauschale zur Abrechnung kommt. Da die Sprechstunde beendet war, handelt es sich um eine unvorhergesehene Inanspruchnahme. Diese wird nach EBM mit einer Aufwandsentschädigung honoriert. Entsprechend der Uhrzeit der Inanspruchnahme ist hierfür die EBM-Nr. 01100 (Unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zwischen 19:00 und 22:00 Uhr) abzurechnen. Die Wundversorgung mit Naht ist mit der EBM-Nr. 02301 zu berechnen. Für die Kombinationsimpfung Diphtherie-Tetanus-Polio wäre die EBM-Nr. 89200 abzurechnen. Diese muss jedoch entfallen, da Impfungen im Zusammenhang mit einer Verletzung mit der Gebühr für die Wundversorgung abgegolten sind.
Die Abrechnung | ||||
EBM | GOÄ | |||
Position | Punkte | Legende | Position | Punkte |
03003 | 114 | Versichertenpauschale* | 1! | 80 |
01100 | 196 | Inanspruchnahme außerhalb der Sprechstunde | A | 70 |
–** | – | Untersuchung Bewegungsapparat | 7! | 160 |
–** | – | Lokalanästhesie | 491 | 121 |
02301*** | 133 | Wundversorgung, Naht in Lokalanästhesie | 2004**** | 240 |
–***** | – | Impfung | 375 | 80 |
–***** | – | Simultanimpfung | –****** | – |
–** | – | Verband | 200-o******* | – |
–** | – | Druckverband | 204**** | 95 |
Die Abrechnung nach GOÄ – 1. Konsultation
Wundversorgungen nach den Nrn. 2000 bis 2006 sind im eigentlichen Sinne keine operativen Leistungen, sodass daneben die Nr. 200 zu berechnen wäre. Jedoch hat die Gebührenordnungskommission schon vor Jahren in zwei Klarstellungen dargelegt, dass der Verband zur Wundversorgung nach den Nrn. 2000 – 2005 GOÄ dazu gehört und damit nicht zusätzlich zu berechnen ist.
Merke | Der Ausschluss gilt im übrigen nicht für die Versorgung einer sekundär heilenden Wunde nach Nr. 2006 GOÄ. |
Praxistipp | Da für den Verband die entstehenden Kosten entsprechend § 10 GOÄ als Auslagen zu berechnen sind, können diese auch dann abgerechnet werden, wenn der Verband selbst aufgrund von Ausschlussregelungen nicht berechnungsfähig ist. Für solche Fälle kann eine sogenannte „oh-Nummer“, die „200-o“ im Abrechnungssystem angelegt werden. Diese „oh-Nummern“ werden „ohne“ Berechnung angeschrieben. Damit ist für den Privatpatienten, wie für dessen Versicherung erkenntlich, warum Auslagen nach § 10 GOÄ (für einen Verband) berechnet wurden, selbst wenn keine Verbandleistung abgerechnet worden ist. |
2. Konsultation
Am Montag der darauffolgenden Woche stellt sich der Patient zum Verbandwechsel vor. Die Wunde ist reizlos und ohne Infektionszeichen. Aktuell beklagt der Patient multiple Schmerzen des Bewegungsapparats, weshalb er nochmals untersucht wird. Es zeigen sich lediglich einige harmlose Hämatome und reaktive Myogelosen. Der Patient wird darüber ausführlich informiert und es wurde ihm zu Wärmeanwendungen geraten.
Mit dem Patienten wird für die kommende Woche ein Termin zur Entfernung der Fäden vereinbart, davor erfolgt ein weiterer Verbandwechsel.
3. Konsultation
Am Ende der Woche erscheint der Patient zu einem erneuten Verbandwechsel in der Praxis.
3. Weitere Konsultationen zum Verbandwechsel | ||||
EBM | GOÄ | |||
Position | Punkte | Legende | Position | Punkte |
–* | – | Beratung | –** | – |
–* | – | Symptombezogene Untersuchung | –** | – |
–* | – | Verband | 200*** | 45 |
4. Konsultation
Nach einer Woche stellt sich der Patient zur Entfernung der Fäden wieder vor. Die Wunde ist reizlos abgeheilt, die Fäden werden problemlos entfernt und ein Verband zur Abdeckung der Stichkanäle wird angelegt.
4. Abschließende Konsultation | ||||
EBM | GOÄ | |||
Positionen | Punkte | Legende | Positionen | Punkte |
–* | – | Beratung | –** | – |
–* | – | Symptombezogene Untersuchung | –** | – |
–* | – | Entfernung von Fäden | 2007! | 40 |
–* | – | Verband | 200*** | 45 |
- GOÄ-Hinweise zu kleinchirurgischen Leistungen (AAA 04/2024, Seite 10)
- Fallbeispiel „C“ – Chronische Wunden (AAA 11/2023, Seite 17)
- Fallbeispiel „S“ – Schnittwunde (AAA 08/2022, Seite 17)
- Wundversorgungen in GOÄ und UV-GOÄ: richtig abrechnen, Honorarverluste vermeiden (AAA 04/2022, Seite 7)
- Sprechstundenbedarf – die wichtigsten Fakten und Tipps, um Regresse zu vermeiden (AAA 03/2022, Seite 10)
AUSGABE: AAA 6/2024, S. 17 · ID: 50046901