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InsolvenzAnwaltsvergütung in Insolvenzsachen

Abo-Inhalt13.06.20254 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Die Anzahl überschuldeter Personen und damit die anhängigen Insolvenzverfahren haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Damit rückt die anwaltliche Tätigkeit aus gebührenrechtlicher Sicht wieder deutlich mehr in den Vordergrund. Der Beitrag zeigt, welche Vergütung der Anwalt bei Beratung und außergerichtlicher Vertretung berechnen kann. |

1. Beratung

Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung) soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken. Andernfalls erhält er Gebühren nach dem BGB. Dies gilt i. d. R. bei Unternehmern (§ 14 BGB). Ist der Mandant Verbraucher (§ 13 BGB), beträgt die Gebühr höchstens 250 EUR (zzgl. Auslagen und Ust.), somit maximal 321,30 EUR. Im Falle einer Erstberatung beträgt die Gebühr jedoch höchstens 190 EUR (zzgl. Auslagen und Ust.), somit maximal 249,90 EUR (§ 34 Abs. 1 RVG).

2. Außergerichtliche Vertretung

Für die außergerichtliche Vertretung des Mandanten (z. B. Verhandlungen über Ratenzahlungsmöglichkeiten) kann eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (Rahmen von 0,5 bis 2,5; Mittelgebühr 1,5) abgerechnet werden.

Besondere Bedeutung kommt hierbei als Grundlage der Gebührenberechnung der Bemessung des Gegenstandswerts zu. Hierbei ist zu unterscheiden, wen der Rechtsanwalt vertritt:

a) Rechtsanwalt vertritt Schuldner

Hier bestimmt sich der Wert nach dem Wert der Insolvenzmasse, den diese bei Beendigung des Insolvenzverfahrens hat (§ 23 Abs. 1 S. 3, § 28 Abs. 1 S. 1 RVG i. V. m. § 35 InsO, § 58 GKG). Da jedoch zu diesem Zeitpunkt kein eröffnetes Verfahren vorliegt, ist diese zu schätzen (LG Cottbus 25.2.25, 7 T 152/24).

Merke | Die Insolvenzmasse umfasst gemäß § 35 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens noch erlangt, also auch den Neuerwerb, einschließlich der Früchte, Nutzungen und Zinsen (OLG Düsseldorf JR 10, 18). Nicht zur Insolvenzmasse gehören die Gegenstände, die in § 36 InsO als unpfändbar bezeichnet werden, sowie solche, an denen ein Aussonderungsrecht besteht (§ 47 InsO). Der Wert eines Anspruchs auf Ersatzaussonderung gemäß § 48 InsO sowie der zur abgesonderten Befriedigung (§§ 49 f. InsO) erforderliche Betrag muss vom Wert der Insolvenzmasse abgezogen werden. Masseverbindlichkeiten (§§ 53 bis 55 InsO) werden nicht abgezogen (BGH NJW-RR 2015, 677). Der Mindestwert beträgt 4.000 EUR (§ 28 Abs. 1 S. 2 RVG).
Beispiel 1
Rechtsanwalt R vertritt den Mandanten außergerichtlich gegenüber fünf Gläubigern mit einer Gesamtforderung von 40.000 EUR. Er soll eine Schuldenregulierung abschließen und damit ein Insolvenzverfahren vermeiden. Der Mandant bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 EUR.
Lösung
Die Insolvenzmasse als Grundlage der Vergütungsberechnung ist frei zu schätzen. Ausgehend davon, dass im Falle eines vereinfachten Verbraucherinsolvenzverfahrens dieses durchschnittlich von der Eröffnung bis zur Aufhebung ein Jahr beträgt, kann hier der Wert mit 12 x 2.500 EUR taxiert werden, somit mit 30.000 EUR. R kann daher wie folgt abrechnen (Mittelgebühr):
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG aus 30.000 EUR, § 28 Abs. 1 S. 1 RVG

1.519,50 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 % USt., Nr. 7008 VV RVG

292,50 EUR

1.832,01 EUR

Beispiel 2
In Abwandlung zum Beispiel 1 bezieht der Mandant keinerlei Einkünfte, sondern wird vom Ehegatten mitversorgt.
Lösung
Hier ist der Mindestwert von 4.000 EUR anzusetzen. R kann daher wie folgt abrechnen (Mittelgebühr):
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG aus 4.000 EUR, § 28 Abs.  1 S. 2 RVG

442,50 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 % USt., Nr. 7008 VV RVG

87,88 EUR

550,38 EUR

b) Rechtsanwalt vertritt Gläubiger

Berechnungsgrundlage ist hier der Nennwert der Forderung einschließlich der Nebenforderungen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 23 Abs. 1 S. 3, § 28 Abs. 2 RVG), also Kosten und Zinsen (§ 28 Abs. 2 S. 2 RVG). Der Mindestwert beträgt 4.000 EUR (§ 28 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 2 RVG).

Beispiel 3
Rechtsanwalt R vertritt den Gläubiger. Dieser hat eine titulierte Forderung von 40.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 7.3.24 gegen S. Anderweitige Vollstreckungsversuche waren bisher fruchtlos. Der Mandant möchte daher ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners S beantragen. R fordert S unter Androhung eines Insolvenzverfahrens auf, die Forderung in Höhe von 40.000 EUR zzgl. Kosten von 400 EUR ratenweise zu begleichen. Da S nicht zahlt, beantragt R für den Mandanten ein Insolvenzverfahren, welches am 11.12.24 eröffnet wird.
Lösung
Der Gegenstandswert berechnet sich aus der Hauptforderung von 40.000 EUR zzgl. Kosten i. H. v. 400 EUR zzgl. Zinsen ab dem 7.3.24 bis 10.12.24 in Höhe von 2.583,85 EUR (der Tag der Verfahrenseröffnung ist nicht mitzuzählen; Ahlmann/Kapischke/Pankatz/Rech/Schneider/Schütz/Rech, 11. Aufl. , RVG § 28 Rn. 21 m. w. N.), somit insgesamt 42.983,85 EUR. R kann daher wie folgt abrechnen (Mittelgebühr):
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG aus 42.983,85 EUR, § 28 Abs. 2 RVG

1.906,50 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 % USt., Nr. 7008 VV RVG

366,04 EUR

2.292,54 EUR

Weiterführender Hinweis
  • In einer der folgenden Ausgaben von RVG prof. werden die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts im Insolvenzeröffnungsverfahren sowie im eröffneten Verfahren dargestellt.

AUSGABE: RVGprof 7/2025, S. 125 · ID: 50440583

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