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MandatsverhältnisVorschussgespräche vermeiden Streit
| Anwalt und Mandant sollten zu Beginn des Mandats Honorargespräche und Vorschussanforderungen als selbstverständliche Grundlage des gegenseitigen Vertrags besprechen. Unter Wahrung der gegenseitigen Interessen können sie klare Zahlungen und Zahlungstermine festlegen. Denn eine vertrauensvolle Darstellung des voraussichtlichen Verlaufs des Mandats einschließlich der außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahrensabschnitte einerseits und die hierauf entfallenden Kosten andererseits bewahrt beide Seiten vor unangenehmen Überraschungen und Vertrauensverlust. |
1. Besonderheiten des Vorschussgesprächs
Für den Mandanten sollte Folgendes deutlich werden: Er kann in keinem Fall darauf vertrauen, dass der Anwalt Auslagen oder anwaltliche Leistungen ohne finanzielle Absicherung erbringen kann. Die entsprechenden Vorschüsse sind im Voraus zur Sicherung des Anwalts festzulegen. Insofern unterscheidet sich die anwaltliche Leistung beispielsweise von anderen freien Berufen, insbesondere von Ärzten, bei denen regelmäßig eine Krankenkasse von vornherein im Hintergrund steht.
Das Vorschussgespräch kann aber auch zur Verdeutlichung der sehr unterschiedlichen gesetzlichen Streitwertregelungen dienen. Denn Anwälte werden bei geringen Streitwerten im Vergleich zu üblichen Stundenhonoraren anderer Dienstleister (z. B. Computertechniker) einerseits aufgrund der Gebührentabellen ruinös niedrig bezahlt und erhalten andererseits bei hohen Werten ein für die Allgemeinheit unverständlich hohes Honorar. Es sollte daher üblich sein, dem Mandanten zu Beginn des Mandats mit einem Merkblatt zu informieren, um eventuelle Barrieren zu überwinden:
Muster / Merkblatt für Mandanten zu Gebühren und Honoraren |
Sehr geehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant, mit diesem Merkblatt informieren wir Sie über die gesetzlichen Bestimmungen der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren, die für Laien so leider nicht ohne Weiteres verständlich sind. Für das gerichtliche Verfahren gilt: Gemäß § 12 Gerichtskostengesetz (GKG) muss die Zahlung der gerichtlichen Gebühren beim Gericht spätestens mit der Einreichung der Klage nachgewiesen werden. Eine Stundung ist nur in Ausnahmefällen möglich und muss beim Gericht unter Nachweis der besonderen Situation beantragt werden (§ 14 GKG). Sowohl für das außergerichtliche als auch für das gerichtliche Verfahren gilt: Die Vergütung des Rechtsanwalts ist im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. |
Da der Anwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist, darf er nur unter bestimmten Voraussetzungen sog. Erfolgshonorare vereinbaren (§ 4a RVG). Das wäre beispielsweise der Fall, wenn sich Ihr Auftrag auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 EUR bezieht, wenn es um eine außergerichtliche Inkassodienstleistung geht oder wenn Sie ohne Erfolgshonorarvereinbarung bei verständiger Betrachtung von der Rechtsverfolgung abgehalten würden. § 9 RVG regelt einen angemessenen Vorschuss, den der Anwalt erheben kann. Er kann aufgrund dieser gesetzlichen Vorschrift die bereits entstandenen oder die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen – zum Beispiel eine Geschäfts-, Verfahrens-, Termins- oder Vergleichsgebühr – vorschussweise erheben, vereinnahmen und später abrechnen. Ein verbleibendes Guthaben wird Ihnen als Mandant selbstverständlich mit der Beendigung des Mandats ausgezahlt. Die Höhe vieler Anwaltsgebühren hängt von dem sog. Gegenstands- bzw. Streitwert ab. Auch dieser Wert ist in der Regel gesetzlich vorgegeben und die Gebühren lassen sich aus einer Gebührentabelle ablesen. So kostet z. B. ein Mahnschreiben über 500 EUR nur 63,70 EUR, während ein Mahnschreiben über 50.000 EUR Anwaltsgebühren von 1.662,70 EUR auslöst. Dieser Unterschied erklärt sich mit den verschiedenen Haftungsrisiken und einer Mischkalkulation des Anwalts bei niedrigeren und höheren Gegenstands- bzw. Streitwerten. Ein Wort zu Rechtsschutzversicherungen: Zunehmend grenzen Rechtsschutzversicherungen ihre Risiken ein und vereinbaren mit den Versicherungsnehmern Selbstbeteiligungen. Für das Bestehen der Rechtsschutzversicherung und die Herbeiführung der Deckungszusage für Ihren bestimmten Fall sind Sie als Mandant und Versicherungsnehmer verantwortlich. Wir möchten uns um Ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen kümmern und bitten Sie, etwaige Zahlungsprobleme rechtzeitig mit uns zu besprechen. Mandanten mit geringeren Einkünften können zur finanziellen Erleichterung Prozesskosten- bzw. Verfahrenskostenhilfe beantragen. Für die Antragstellung und den Nachweis der Einkünfte u. Ä. sind Sie als Mandant verantwortlich. Sie müssen den Antrag vor Beendigung des ersten Gerichtstermins stellen. Auf Wunsch helfen wir Ihnen sehr gern dabei. Der Rechtsanwalt kann in diesem Fall die Gebühren eines sog. Wahlanwalts erhalten und darf Vorschüsse anfordern. Die endgültige Abrechnung der bewilligten Prozesskosten- bzw. Verfahrenskostenhilfe erfolgt später nicht über den Anwalt, sondern über die Staatskasse. Bitte beachten Sie | In unserer Kanzlei ist es üblich, keinesfalls ohne vorherige finanzielle Absicherung tätig zu werden. Wir bitten deshalb jeden Mandanten um einen Vorschuss, den wir später selbst bzw. über die Staatskasse ordnungsgemäß mit den gesetzlich anfallenden Gebühren und Auslagen verrechnen. Zahlen Sie den Vorschuss bzw. die gesetzlichen Gerichts- und Anwaltsgebühren zu spät oder gar nicht, sind das Gericht und wir nicht verpflichtet, für Sie tätig zu werden. Vermeiden Sie daher bitte etwaige Nachteile vor allem in Ihrem eigenen Interesse! Vielen Dank für Ihr Verständnis! Wir werden in Ihrer Akte korrekt abrechnen und die gesetzlichen Vorgaben beachten. Bei Fragen sprechen Sie uns bitte an! Erhalten und gelesen: … (Datum + Unterschrift Mandant) |
2. Dieser Hinweis erleichtert die Vorschussanforderung
In der Praxis empfiehlt es sich, die einzelnen Verfahrensabschnitte eines Mandats zu bestätigen und sowohl die Vorschüsse für die Gerichtskosten als auch die Vorschüsse für die voraussichtlichen Anwaltskosten anzufordern. Dieser Hinweis sollte die Aufmerksamkeit eher auf die gesetzlichen Vorschriften als auf das anwaltliche Gebührendenken lenken. Erfahrungsgemäß ist der Mandant – insbesondere bei einem Hinweis auf entsprechende gesetzlichen Gebühren – eher zur Zahlung eines Vorschusses bereit als zur Deckung des anwaltlichen Lebensbedarfs. Das folgende Schreiben kann Sie hierbei unterstützen:
Muster / Schreiben an Mandant: Vorschussanforderung |
Sehr geehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant, wir bedanken uns für Ihren Auftrag und das Vertrauen, das Sie uns damit entgegenbringen! Wir werden Sie bei jeder Sachstandsveränderung über den Verlauf Ihres Mandats informieren. Unter Hinweis auf unser Gespräch am … erlauben wir uns den Hinweis, dass wir aufgrund von § 9 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) gehalten sind, Vorschüsse zu erheben, die wir Ihnen gegenüber später abrechnen. Etwaige Guthaben werden Ihnen mit Abschluss des Mandats zurückerstattet. In der Zwischenzeit sind wir in Ihrer Angelegenheit auch schon tätig geworden. Wir haben bereits folgende Tätigkeiten ausgeführt: … Gemäß der folgenden Aufstellung sind dafür bereits Auslagen entstanden. Wir haben diese Beträge für Sie sorgfältig aufgeschlüsselt und bitten Sie höflich um Überweisung eines Vorschusses in Höhe von … EUR auf unser Konto innerhalb von einer Woche. Weiterhin ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Gerichtskostenvorschüsse nach § 12 Gerichtskostengesetz (GKG) im Voraus durch Barzahlung beim Gericht – in Ihrem Fall beim … – zu entrichten sind. Bitte bezahlen Sie dort den geforderten Gerichtsvorschuss in Höhe von … EUR bis zum … Sollten Sie zur Zahlung der beiden Vorschüsse nicht in der Lage sein, bitten wir Sie unbedingt um kurzfristige Rücksprache. Mit entsprechenden Nachweisen kommt insbesondere eine Stundung des gerichtlichen Vorschusses nach den gesetzlichen Bestimmungen nur unter bestimmten Umständen in Betracht. Die Einzelheiten erläutern wir Ihnen gern! Weiterhin weisen wir Sie bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass der Gesetzgeber finanziell benachteiligten Bürgern und Geringverdienern auf Antrag Prozesskosten- bzw. Verfahrenskostenhilfe gewährt. Die entsprechenden Voraussetzungen besprechen wir gern mit Ihnen. Für die Gewährung der Prozesskosten- bzw. Verfahrenskostenhilfe müssen jedenfalls entsprechende Einkommensnachweise erbracht werden und in der Sache selbst muss Aussicht auf rechtlichen Erfolg bestehen. Wir bitten Sie, die o. g. Informationen zu beachten und fristgerecht zu zahlen. Bei Fragen können wir gern einen Termin vereinbaren – wir sind persönlich oder telefonisch gern für Sie da. Freundliche Grüße … (Unterschrift Rechtsanwalt) |
AUSGABE: RVGprof 4/2024, S. 68 · ID: 49896596