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Honorarmanagement(Zusatz-)Honorar bei Bauzeitverzögerung: Aktuelle Entwicklungen kennen und für sich nutzen

Abo-Inhalt31.10.20247 Min. Lesedauer

| Das Thema Zusatzhonorar bei Planungs- und Bauzeitverzögerungen ist und bleibt auch in Zukunft ein sehr dickes Brett. Es ist davon auszugehen, dass auch die neue HOAI 2025 zur Frage eines etwaigen verzögerungsbedingten Ergänzungshonorars keine konkrete Regelung treffen wird. Denn die HOAI regelt nur die Preise für die Grundleistungen in den Leistungsbildern, unberührt von den Terminen. |

Die Basics für erfolgreiche Anspruchsanmeldungen

Das bedeutet, dass Sie sich darauf einrichten müssen, dass als Rechts-grundlagen auf absehbare Zeit nur

  • einzelfallbezogene Vertragsregelungen,
  • die Berufung auf § 313 BGB (Thema: Störung bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage) oder
  • die Berufung auf § 642 BGB (Thema: Auftraggeber vernachlässigt seine Mitwirkungspflichten)

zur Verfügung stehen. Darauf müssen sich alle Planungsbüros einrichten. Am besten sind immer einzelfallbezogene Vertragsregelungen zu Vertragsterminen und ergänzenden Honoraren bei unverschuldeten Verzögerungen.

Die sechs Erfolgsgrundsätze aus der Rechtsprechung

Diese Vertragsregelungen können Sie jedoch nicht immer erreichen. Wie können Sie aber dann Ihre Ansprüche wahren? PBP hat dazu die aktuelle Rechtsprechung zu Terminverzögerungen ausgewertet und sechs Erfolgsgrundsätze herausgearbeitet. Beachten Sie, dass sich die Rechtsprechung immer weiterentwickelt. Sie müssen sie also regelmäßig beobachten und auswerten, um im Tagesgeschäft zu wissen, worauf es ankommt. PBP ist Ihnen dabei ein steter Begleiter. Nun zu den sechs Grundsätzen:

Grundsatz 1: Ansprüche kurzfristig anmelden

Es ist wichtig, ergänzende Honorarforderungen wegen Planungs- oder Bauüberwachungsverzögerungen jeweils kurzfristig beim Auftraggeber einzureichen. Denn er muss sich rechtzeitig darauf einrichten und auch rechtzeitig entscheiden können. Für Sie als Planer ist es zudem wichtig, sehr zeitnah alle Zusatzaufwendungen geltend zu machen. Lassen Sie sich damit viel Zeit, können erhebliche Nachteile erwachsen, allein durch den zeitlichen Abstand und das erschwerte Beweisführen. Kommen Sie mit Ihren Forderungen erst zur Schlussrechnung, ist Ihre Verhandlungsposition erheblich geschwächt.

Wichtig | Schiffbruch hat aktuell ein ausführendes Unternehmen erlitten, weil es seine „Terminnachträge“ schlicht zu spät anmeldete, nämlich nach Ablauf der Verjährung. Das hat das LG Kempten mit aktuellem Urteil (vom 27.09.2024, Az. 11 O 1705/23 Bau, Abruf-Nr. 244298 – nicht rechtskräftig) entschieden.

Grundsatz 2: Alle Vereinbarungen mit dem Auftraggeber treffen

Ohne vereinbarte terminliche Ausgangslage (= Geschäftsgrundlage) gibt es naturgemäß auch keine Verzögerung. Treffen Sie Vereinbarungen mit den falschen Projektbeteiligten, kann deren Wirksamkeit vom Auftraggeber bestritten werden.

Ein Planer scheiterte kürzlich vor Gericht mit seiner gesamten terminbezogenen Forderung, weil er nicht beweisen konnte, dass er die Terminvereinbarungen unmittelbar mit dem Auftraggeber getroffen hatte. Im vorliegenden Fall gab es die folgenden Fallstricke bei der wichtigen Ausgangsbasis (= Geschäftsgrundlage), die Sie unbedingt vermeiden müssen:

Zu vermeidende Fallstricke

  • Es gelten in der Regel nur die Terminvereinbarungen, die die Vertragspartner gemeinsam treffen. Folglich sind Vereinbarungen, die ein Planer mit dem Projektsteuerer des Auftraggebers trifft, in der Regel fast wertlos, weil der Projektsteuerer nicht Vertragspartner des Planers ist und in der Regel auch keine Vertragsänderungen vereinbaren darf.
  • Das gleiche gilt für Terminpläne, die z. B. ein Generalunternehmer und alle beauftragten Planer unterschreiben. Auch in diesem Fall liegt zwar eine kooperative Zusammenarbeit, aber keine Terminvereinbarung zwischen den Vertragspartnern (= Planer und Auftraggeber) vor.
  • In Jour-Fixe-Besprechungen werden neue (verlängerte) Termine einvernehmlich mit der Projektsteuerung festgelegt, ohne dass über die finanziellen Konsequenzen geredet wird. Der Auftraggeber, der davon betroffen ist, erfährt davon erst drei Monate später.
Praxistipp | Terminverschiebungen und dadurch erforderliche neue Termin- und Honorarvereinbarungen sind in der Regel nur zwischen den Vertragspartnern wirksam.

Grundsatz 3: Termin- und Vergütungsvereinbarung zusammen treffen

Gibt es relevante Terminveränderungen, bei denen die Voraussetzungen für zusätzliches Honorar gegeben sind, ist eine Terminvereinbarung und möglichst gleichzeitig eine zugehörige Vergütungsvereinbarung unmittelbar mit dem Auftraggeber zu treffen.

Die Terminvereinbarung dürfte immer möglich sein. Denn der Auftraggeber hat regelmäßig auch Interesse an eindeutigen Terminen. Anders sieht es beim Thema „Honorarvereinbarung“ aus. Daran haben in erster Linie Sie als Planer ein hohes Interesse. Entweder Sie setzen sich hier durch oder Sie formulieren einen entsprechenden Vorbehalt in die Leistungsvereinbarung. Aus diesem Vorbehalt sollte hervorgehen, dass Sie die Höhe des Zusatzhonorars derzeit noch nicht einschätzen können und sich vorbehalten, diesen der Höhe nach noch gesondert (aber zeitnah) vorzulegen. Das ist essenziell wichtig, damit der Honoraranspruch nicht untergeht.

  • Optimal: Terminvereinbarung und Vergütungsvereinbarung gleichzeitig
  • Machbar: Terminvereinbarung mit Vorbehalt zur Zusatzvergütung/Schadenersatz und alsbaldige Nachreichung der Vergütungsforderung
  • Nicht gut: Neue Terminvereinbarung ohne Verweis auf Zusatzvergütung

Grundsatz 4: Eindeutige Ausgangslage schaffen

Um Honorarforderungen wegen unverschuldeter Terminverzögerung durchsetzen zu können, benötigen Sie eine eindeutige Ausgangslage. Denn jede Verzögerung muss auf der ursprünglichen Terminvereinbarung aufbauen, weil sonst noch nicht mal der Verzögerungszeitraum bemessen werden kann. Gibt es keine verbindliche Terminvereinbarung (= Geschäftsgrundlage), wird es mit der Durchsetzung des Zusatzhonorars sehr schwer.

Das lehrt ein Fall, den der Autor kürzlich begleitet hat. Dort hat ein Planer beim Landgericht das Nachsehen gehabt, weil er schlichtweg nicht schlüssig darlegen konnte, wie lang der Verzögerungszeitraum dauerte. Denn es gab keine ursprüngliche verbindliche Terminvereinbarung (= Ausgangsbasis der Verzögerungsbemessung). Der im Tagesgeschäft leider häufige Fall: Auftraggeber und Planer hatten sich im Planungsvertrag verständigt, dass nach Auftragserteilung ein verbindlicher Terminplan aufgestellt werden sollte. Im Ergebnis kam es aber nicht dazu, weil bereits in der Lph 2 und 3 ständig Änderungen erfolgten und man sich danach „durchgehangelt“ hatte. Es wurden zwar vom Projektsteuerer mehrere Terminpläne erarbeitet und darüber diskutiert, aber eine verbindliche Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (= Planer) war nicht getroffen worden. Konkludente Terminvereinbarungen konnten auch nicht nachgewiesen werden.

Wichtig | Die Forderung betraf eine Verzögerung von ca. 24 Monaten, war also sehr hoch und scheiterte letztlich komplett an einem wichtigen Detail. Der Planer hat die Klage wegen Aussichtslosigkeit zurückgenommen, sodass es kein Aktenzeichen zu diesem Verfahren gibt.

Grundsatz 5: Checkliste schafft Sicherheit

Um nicht an formalen und inhaltlichen Fallstricken zu scheitern, hat PBP nachstehend eine Checkliste erarbeitet, die Sie dabei unterstützten soll, sich diese so wichtige Ausgangslage zu schaffen. Aber aufgepasst: Zur Ausgangslage gehören nicht nur terminliche, sondern auch fachliche Vereinbarungen. Denn oft beruhen Verzögerungen nicht nur auf reinen Terminverschiebungen, sondern auch auf Änderungen von weiteren Teilen der Geschäftsgrundlage.

Die Checkliste zeigt, welche Punkte als Geschäftsgrundlage vereinbart werden sollten, um eine Basis für spätere Honoraranpassungen zu haben. In Spalte zwei ist der späteste Klärungszeitpunkt des jeweiligen Punktes abgebildet. Das bedeutet, dass bis zu diesem Zeitpunkt die entsprechenden Punkte der Geschäftsgrundlage geklärt werden sollten. Am besten ist zwar immer der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die Praxis lehrt aber, dass das zu diesem (frühen) Zeitpunkt oftmals noch nicht einvernehmlich möglich ist.

Praxistipp | Die fachlichen Geschäftsgrundlagen, die gleichzeitig gute Planungssicherheit bieten, können jederzeit festgelegt und jederzeit angepasst werden. Grundregel: Am besten gleich im Planungsvertrag regeln. Wenn das nicht möglich ist, sollte eine Regelung gemäß nachstehender Checkliste erfolgen.

Checkliste / Festlegung der terminlichen und fachlichen Geschäftsgrundlage

Terminliche Geschäftsgrundlage
(fachliche Grundlage für spätere Honoraransprüche)
Spätester Klärungszeitpunkt
  • 1. Rahmentermine, z. B. Meilensteine: Ende Lph 1, Ende Lph 2, Ende Lph 3, Genehmigung einreichen, Baubeginn, Rohbaufertigstellung, Baufertigstellung, Inbetriebnahme
Lph 1 oder 2
  • 2. Änderungen von Meilensteinen erfordern jeweils eigene neue Termin- und Vergütungsvereinbarungen bzw. hilfsweise Vorbehalte
jeweils anlass- bezogen
Fachliche Geschäftsgrundlage
(fachliche Grundlage für spätere Honoraransprüche)
  • 1. Klärung und Festlegung des Raumprogramms oder Funktionsprogramms
Lph 1 oder 2
  • 2. Planungsziel hinsichtlich des baulichen Ausführungsstandards (Qualitäten, etc.)
Lph 1 oder 2
  • 3. Planungsziele im Hinblick auf Energiestandards
Lph 1 oder 2
  • 4. Funktionale Planungsziele
Lph 1
  • 5. Festlegungen zum Kostenstandard
Lph 1 oder 2
  • 6. Gestalterische Planungsziele
Lph 1 oder 2

Grundsatz 6: Formale Anforderungen zur Nachweisführung

Aus der aktuellen Rechtsprechung ergibt sich Grundsatz 6, der die formalen Voraussetzungen für eine fachgerechte Begründung der Honorarforderung wegen unverschuldeten Terminverzugs bildet. Folgende Punkte sind darzulegen:

  • Bauablaufbezogene Darstellung mit terminlichem Vergleich der ursprünglichen Terminvereinbarungen (Soll) und konkreten Verzögerungen (IST)
  • Darstellung der kausalen Zusammenhänge (Zurechnungszusammenhänge), die zur Verzögerung geführt haben
  • Konkrete Angabe der erforderlichen und erbrachten zusätzlichen Leistungen, mit Abgrenzung zu Vertragsleistungen
  • Nachvollziehbare Ermittlung der konkreten Höhe der Zusatzforderung, bezugnehmend auf die zusätzlichen Leistungen
  • Beachtung der ursprünglichen vertraglichen Regelungen; evtl. verlangen Gerichte die Anwendung des Stundensatzes gemäß Vertrag, was aber noch nicht endgültig entschieden ist, denn diese Stundensätze sind oft auch im Bezug auf den Verzögerungszeitraum nicht mehr aktuell
  • Optimal ist eine strukturierte konkrete Stundenaufstellung mit den Zusatzaufwendungen (Grundsatz: Es zählt der konkrete in jedem Einzelfall entstandene Zusatzaufwand) und als Alternative eine verhältnisgerechte Ermittlung
Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Bauzeitverzögerung: OLG Köln etabliert neue Berechnungsmethode für Zusatzhonorar“, PBP 12/2022, Seite 4 → Abruf-Nr.48733858
  • Beitrag „Unverschuldete Bauzeitverzögerung: So leiten Sie Lph 8-Zusatzhonorar her und setzen es durch“, PBP 7/2022, Seite 4 → Abruf-Nr. 48417573

AUSGABE: PBP 11/2024, S. 3 · ID: 50207178

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