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Lph 8Bauherrnberatung: Muss Architekt auf Bauabzugssteuer nach § 48 EStG hinweisen?

Abo-Inhalt23.05.20244 Min. Lesedauer

| Nach § 48 EStG müssen unternehmerisch tätige Auftraggeber (Leistungsempfänger) einen Steuerabzug von 15 Prozent der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vornehmen, wenn der Leistende keine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt. Bis dato war unklar, ob Sie im Rahmen der Rechnungsprüfung verpflichtet sind, den Auftraggeber auf einen Einbehalt von Bauabzugssteuer hinzuweisen. Das LG Bielefeld hat das jetzt für Fälle verneint, wenn Ihr Auftraggeber steuerlich beraten ist oder über eigene Sachkunde verfügt. |

Darum geht es bei der Bauabzugssteuer

Die Bauabzugsssteuer gibt es schon seit 2002. Sie ist mit dem „Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe“ eingefürt worden. Sie soll verhindern, dass auf dem Bau Steuern hinterzogen werden. Betroffen sind alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts und alle Unternehmer im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetzes (UStG), für die jemand in Deutschland Bauleistungen erbringt. Betroffen sind nur Bauleistungen, die ein Unternehmer für sein Unternehmen bezieht.

Diese Auftraggeber müssen einen Abzug in Höhe von 15 Prozent der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens vornehmen, wenn der Leistende Unternehme keine Freistellungsbescheinigung vorlegt. Das jüngste Anwendungsschreiben zur Bauabzugssteuer stammt aus dem Jahr 2022 (BMF, Schreiben vom 19.07.2022, Az. IV C 8 – S 2272/19/10003 :002, Abruf-Nr. 230633).

Was sind die Pflichten des Architekten?

Die Rechnungsprüfung in der Lph 8 betrifft technische und vertragsrechtliche Kriterien. Aus technischer Sicht geht es um die Stimmigkeit der Preise mit dem Leistungsverzeichnis und die Kontrolle der berechneten Massen. In Rechnung gestellte Zusatzleistungen sind unter gewerkespezifischen Gesichtspunkten auf ihre Berechtigung zu prüfen.

Ob Sie auch die Einhaltung der Regeln der Bauabzugssteuer in § 48d EStG prüfen müssen, war nicht 100-prozentig geklärt. Gerichtliche Entscheidungen zu der Frage gab es bis dato nicht. In der Fachwelt haben sich sich die „Gelehrten“ gestritten. Die Prüfungspflicht wurde bejaht von Ulbrich in BauR 2002, 354; verneint von Kesselring in BauR 2002, 1173 – Architekt ist nicht der Steuerberater des Auftraggebers.

Jetzt hat sich das LG Bielefeld mit der Sache befasst und sich dabei auch auf eine – bis dato kaum bekannte – Entscheidung des LG Hannover bezogen.

Um diesen Fall ging es aktuell beim LG Bielefeld

Im konkreten Fall ging es um eine Projektentwicklungsgesellschaft, die mit einem Planer einen Vertrag (Lph 1 bis 8) für den Bau eines Ärztehauses geschlossen hatte. Die Gesellschaft war vom Finanzamt in Haftung genommen worden, weil sie bei einem Bauunternehmer nicht geprüft hatte, ob dieser eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 EStG vorgelegt hatte. Diesen Schadenersatzanspruch wollte der Projektentwickler an den Architeklten weitergeben. Begründung: Er habe seine Pflichten bei der Rechnungsprüfung in der Lph 8 nicht ordentlich erfüllt. Es ging vor Gericht.

Die Entscheidung des LG Bielefeld

Das LG hat die Haftung des Architekten abgelehnt (LG Bielefeld, Urteil vom 16.02.2024, Az. 7 O 167/20, Abruf-Nr. 241219).

Architekt haftet bei fehlerhaftem Umgang mit Bauabzugssteuer nicht

Das LG begründete das damit, dass der Architekt weder aus dem konkreten Planungsvertrag noch aus dem Gesetz (§ 631 BGB) verpflichtet gewesen sei, seinen Auftraggeber auf den Einbehalt von Bauabzugssteuer betreffend die Baufirma XXX hinzuweisen.

Das LG wörtlich: „... Insoweit schließt sich die Kammer der weit überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung an, wonach ein solcher Hinweis deshalb nicht erforderlich ist, weil diese Pflicht nur Unternehmer, was bei der Klägerin unzweifelhaft der Fall ist, als Auftraggeber trifft und diese die für ihre Tätigkeit gültigen Steuerregeln kennen müssen (vgl. zum Meinungsstand: LG Hannover, Urteil vom 05.07.2017, Az. 14 0 236/16, Abruf-Nr. 241220).“...

LG Bielefeld verweist auf LG Hannover

Wie oben erwähnt, hat das LG Bielefeld die – soweit ersichtlich – erste Entscheidung zur Haftung des Architekten bei § 48 EStG zitiert. Wegweisende Aussagen darin lauten sinngemäß:

Ein Architekt ist nicht verpflichtet, sich schwierige steuerliche Kenntnisse anzueignen. Es genügt vielmehr, auf die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Steuerberaters hinzuweisen (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl., § 34 Rn. 84; ders. 10. Aufl., Rn. 85). Demzufolge muss es auch genügen, wenn der Bauherr von einem Steuerberater unterstützt wird und es sich um eine einfache steuerrechtliche Frage, wie das Abführen der Bauabzugsteuer, handelt. In diesem Fall kann der Architekt davon ausgehen, dass sein Auftraggeber ausreichend beraten ist.

Und weiter heißt es dort: „Die Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Rechnung bedeutet keine steuerliche Prüfung. Vielmehr geht es in erster Linie um die baulichen Voraussetzungen, wie den Bautenstand, die Bewertung der Leistungen und die unmittelbar damit zusammenhängenden bauvertraglichen Vereinbarungen für den Werklohn (wie z. B. Skonto). Unzutreffend ist die Annahme, dass weil der Architekt die Überprüfung der Mehrwertsteuer schulde, er auch im Übrigen die Berücksichtigung steuerrechtlicher Pflichten schulde.“

ID: 50015019

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