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WohnungseigentumEigentümer können gegen digitale Türspione vorgehen

Abo-Inhalt18.11.20243451 Min. Lesedauer

| Ein Wohnungseigentümer kann sich gegen den Einbau eines digitalen Türspions mit Kamerafunktion in eine Wohnungseingangstür wenden, wenn er dadurch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht als verletzt ansieht (LG Karlsruhe 17.5.24, 11 S 162/23, Abruf-Nr. 244506). |

Ein Eigentümer hatte in die Eingangstür seiner Wohnung einen digitalen Türspion (ohne dauerhafte Speicherfunktion und ohne die Möglichkeit der Weitergabe des Signals an andere Geräte) eingebaut, ohne dass ein Gestattungsbeschluss der Gemeinschaft hierfür vorlag. Hierdurch fühlte sich ein anderer Miteigentümer in seiner Privatsphäre gestört und klagte auf Beseitigung.

Mit Erfolg. Der klagende Eigentümer sei prozessführungsbefugt. Er stütze seinen Anspruch nämlich nicht darauf, dass die im Gemeinschaftseigentum stehende Tür baulich verändert wurde; insoweit wäre gemäß § 9a Abs. 2 WEG nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer prozessführungsbefugt. Er mache dagegen eine Verletzung eigener Rechte geltend (allgemeines Persönlichkeitsrecht; Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, Recht am eigenen Bild nach § 22 KunstUrhG). Das Anbringen einer Videokamera, die die Geschehnisse auf Gemeinschaftsflächen aufzeichne oder einer Attrappe, die den Eindruck erwecke, dies zu tun, könne die betroffenen Nachbarn in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzen (BGH 8.4.11, V ZR 210/10; OLG Düsseldorf 5.1.07, 3 Wx 199/06; OLG Karlsruhe 8.11.01, 12 U 180/01; LG Darmstadt 17.3.99, 8 O 42/99).

Bei einem Gebäude mit mehreren Wohnungen sei die Videoüberwachung des Außenbereichs vor dem Eingang, der gemeinschaftlichen Waschküche, der Tiefgarage und der sonstigen, allgemein zugänglichen Außenbereiche grundsätzlich unzulässig. Denn die Videoüberwachung bedeute eine ständige Kontrolle der betroffenen Personen in ihrer privaten Lebensführung. Der Beseitigungsanspruch ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 BGB i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG.

Beachten Sie | Ein Duldungsanspruch des Störers aus § 1004 Abs. 2 BGB ergibt sich jedenfalls so lange nicht, bis die bauliche Veränderung durch Anbringen des digitalen Türspions von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht genehmigt wurde. Das LG hat angedeutet, dass der Wohnungseigentümer die Überwachung dulden müsste, wenn der Einbau des Türspions durch einen Gestattungsbeschluss gemäß § 20 Abs. 1 WEG legitimiert wäre. Grund: Digitale Türspione sind weit verbreitet, sodass die Ermessensfreiheit der Eigentümerversammlung so weit geht, die Nutzung dieser technischen Fortentwicklung für einzelne oder für alle zuzulassen.

Einzelne Eigentümer können weiterhin eigenständig Abwehransprüche gemäß § 1004 BGB gegen störende Nachbarn geltend machen, sofern diese Ansprüche nicht das gemeinschaftliche Eigentum betreffen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich – wie hier – um deliktische Ansprüche nach § 823 BGB i. V. m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder um Ansprüche gemäß der DS-GVO handelt. Solche Ansprüche sind nicht gemäß § 9a Abs. 2 WEG auf die Gemeinschaft zur Ausübung übertragen worden.

AUSGABE: MK 12/2024, S. 222 · ID: 50219333

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