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GesetzesreformWachstumschancengesetz: Die „echten“ Neuerungen für die Gestaltungsberatung – Teil 2
| Nach langem Hin und Her hat das Wachstumschancengesetz (WChG) nun doch am 27.3.24 das Licht der Welt erblickt (BGBl I 24, Nr. 108). Herausgekommen ist ein Sammelsurium an gesetzlichen Änderungen, bei denen man schnell den Überblick verliert. Im ersten Teil hierzu hatten wir bereits einige Neuerungen angesprochen, die nahezu jeden Ihrer Mandanten betreffen dürften. In Teil 2 geht es nun um etwas „härteren Tobak“, nämlich einige für die Gestaltungsberatung äußerst praxisrelevante Änderungen im betrieblichen Bereich. Als Schlagworte seien hier nur genannt die deutlich attraktiver ausgestaltete „neue“ Thesaurierungsbegünstigung bei Personenunternehmen, Anpassungen bei der Optionsregelung zur Körperschaftsteuer und Neuerungen bei der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 UmwStG. |
1. Thesaurierungsbesteuerung wird attraktiver
Die Regelungen zur Thesaurierungsbesteuerung für Personenunternehmen des § 34a EStG wurden mit dem WChG wesentlich geändert. Hierdurch soll „die steuerliche Belastung nicht entnommener Gewinne von Personenunternehmen insbesondere auch des standorttreuen Mittelstands, vermindert und die Eigenkapitalbildung dieser Unternehmen verbessert“ werden (vgl. BT-Drs 208628, S. 125).
1.1 Grundsätze des § 34a EStG
§ 34a EStG soll es grundsätzlich auch Personenunternehmen (Voraussetzung Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ermöglichen, zunächst thesaurierte Gewinne auf Antrag entsprechend einer Körperschaft einer begünstigten Besteuerung i. H. v. 28,25 % zu unterwerfen und dann „lediglich“ an die Gesellschafter/Mitunternehmer ausgekehrte Beträge einer weitergehenden Besteuerung zu unterwerfen. Das Antragsrecht ist personenbezogen, sodass bei Personengesellschaften keine einheitliche Antragstellung aller Mitunternehmer erforderlich ist.
Der nicht entnommene Gewinn (= Thesaurierungsvolumen) entspricht gem. § 34a Abs. 2 EStG dem Steuerbilanzgewinn (erste Stufe), vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres.
Der Begünstigungsbetrag ist der Teil des nicht entnommenen Gewinns, für den der Steuerpflichtige einen Antrag für die Thesaurierungsbegünstigung gestellt hat. Zu einer Nachversteuerung dieses Begünstigungsbetrags (= nachversteuerungspflichtiger Betrag) kommt es gemäß § 34 Abs. 4 EStG, wenn der positive Saldo von Entnahmen und Einlagen im Wirtschaftsjahr den Gewinn des Wirtschaftsjahres übersteigt. Der Steuersatz für die Nachversteuerung beträgt 25 % zzgl. SolZ und ggf. KiSt.
Merke | Im Fall von Verlusten wird der positive Saldo aus Einlagen und Entnahmen nachversteuert. Ohne Entnahmen kommt es in Verlustjahren nicht zur Nachversteuerung. |
1.2 Änderungen beim Thesaurierungsvolumen
In der Altfassung wurde das mögliche Thesaurierungsvolumen des § 34a Abs. 2 EStG sowohl durch Entnahmen für (private) Steuerzahlungen des Unternehmers als auch durch die Gewerbesteuer als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe gem. § 4 Abs. 5b EStG gemindert. Im Fall einer „Vollthesaurierung“ ergab dies bei Entrichtung der „Thesaurierungssteuern“ aus betrieblichen Mitteln und einem unterstellten GewSt-Hebesatz von 400 % eine Steuerbelastung von rd. 35,27 % (siehe: Cordes/Glatthar, FR 23, 681). Oder andersherum: Lediglich auf knapp 65 % des Gewinns konnte überhaupt der begünstigte Steuersatz angewendet werden. In der Praxis erwies sich daher die Möglichkeit der Inanspruchnahme des gesonderten Tarifs nur im Spitzensteuersatz als vorteilhaft.
Ab dem VZ 2024 sieht § 34a Abs. 2 EStG n. F. nun folgende Anpassung des Thesaurierungsvolumens vor:
§ 34a Abs. 2 EStG n. F. |
Thesaurierungsvolumen deutlich erhöht 2Entnahmen für die Zahlung der Einkommensteuer nach Abs. 1 S. 1 und des darauf entfallenden Solidaritätszuschlages bleiben außer Ansatz. Entnahmen gelten vorrangig bis zur Höhe der Einkommensteuer i. S. d. Abs. 1 S. 1 und des darauf entfallenden Solidaritätszuschlages als zur Zahlung dieser Beträge verwendet.“ |
Damit steht den Unternehmern nunmehr ab dem VZ 2024 regelmäßig ein deutlich erhöhtes Thesaurierungsvolumen zur Verfügung.
Die Fiktion, wonach Entnahmen vorrangig bis zur Höhe der Einkommensteuer i. S. d. § 34a Abs. 1 S. 1 EStG (zzgl. SolZ) als zur Zahlung dieser Beträge verwendet gelten, entbindet den Steuerpflichtigen vom Nachweis, ob und in welcher Höhe Entnahmen zum Zweck der Tilgung der Steuern für begünstigt besteuerte, nicht entnommene Gewinne eingesetzt werden.
Fraglich dürfte sein, ob es hinsichtlich der „Vermehrung um die Gewerbesteuer“ auf den VZ der Rückstellungsbildung und gem. § 4 Abs. 5b EStG in der Steuerbilanz erfolgende außerbilanzielle Korrektur oder den Zeitpunkt der Zahlung der Gewerbesteuerschuld ankommt. Eine private Entnahme i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 2 EStG scheidet aus, da eine Verwendung für betriebsfremde Zwecke gerade nicht gegeben ist (vgl. Gragert/Wißborn, NWB 2007, 14621).
Somit verbleibt im Ergebnis die Gewinnkorrektur der außerbilanziellen Hinzurechnung i. S. d. § 4 Abs. 5b EStG. Letztere gilt unstreitig auch für eine entsprechende Rückstellungsbildung, sodass m. E. die in 2024 zu zahlende GewSt-Schuld nicht einem etwaigen Entnahmeüberhang des laufenden Jahres hinzugerechnet werden kann – diese hat vielmehr in 2023 (noch) den begünstigungsfähigen Betrag gemindert. Ggf. stellt die Finanzverwaltung jedoch auf die tatsächliche Zahlung der GewSt ab, sodass insoweit eine Korrektur einer Entnahme erfolgt (in diese Richtung anscheinend: Hörster [MinR beim BMF] NWB 24, 1158).
Beachten Sie | Weitere außerbilanzielle Gewinnkorrekturen erhöhen den Begünstigungsbetrag dagegen nach wie vor nicht.
1.3 Keine Änderung bei der Nachversteuerung!
Der Referentenentwurf zum WChG sah noch vor, dass auch ein nachversteuerungsfreier Entnahmebetrag (sog. Altrücklagen) ermittelt und festgestellt wird. Bei einem späteren Entnahmeüberhang sollte es dann zunächst zu einer Verrechnung mit diesen Altrücklagen kommen, sodass im Ergebnis keine Nachversteuerung ausgelöst werden würde. Diese Regelung hat das Gesetzgebungsverfahren leider nicht überlebt. Es bleibt damit bei der Verwendungsfiktion, dass der Begünstigungsbetrag vorrangig vor bereits voll versteuerten Rücklagen als entnommen gilt. Das heißt, bei einem Entnahmeüberhang in Folgejahren kommt es zwingend zu einer Nachversteuerung (vgl. BMF 11.8.08, BStBl I 08, 838, Rz. 29, bestätigt durch FG Schleswig-Holstein 19.9.19, 1 K 139/18, rkr. durch Rücknahme Revision, vgl. BFH 30.5.23, VIII R 40/19).
1.4 Vorsicht bei Umstrukturierungen!
In Bestandsfällen ist darauf zu achten, dass mit dem VZ 2024 eine deutliche Verschärfung hinsichtlich einer drohenden Nachversteuerung in Fällen einer Umstrukturierung in Kraft getreten ist. Nach der Altregelung des § 34a Abs. 6 EStG kam es nicht zu einer Nachversteuerung des Begünstigungsbetrags, wenn weiter ein Anknüpfungspunkt für ein Personenunternehmen verblieb.
Beispiel |
X und Y sind zu jeweils 50 % an der XY-OHG beteiligt. Für X besteht ein nachversteuerungspflichtiger Betrag bzgl. seines Mitunternehmeranteils i. H. v. 100.000 EUR. X und Y beabsichtigen die OHG zukünftig mittels eines Formwechsels gem. § 190 UmwG in der Rechtsform einer GmbH fortzuführen. |
Die Einbringung des Mitunternehmeranteils des X stellt einen nachversteuerungspflichtigen Vorgang i. S. d. § 34a Abs. 6 EStG dar. Der für X festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag wäre im Zuge des Formwechsels in voller Höhe aufzulösen und nachzuversteuern.
X und Y könnten daher überlegen, die Einbringung im Wege einer Sachgründung einer XY-GmbH zu vollziehen, die OHG-Anteile sollen hierbei jeweils als Sacheinlage i. S. d. § 5 Abs. 4 GmbHG eingebracht werden. X bringt hierbei jedoch nicht seinen vollständigen, sondern nur einen Teil i. H. v. 90 % seines OHG-Anteils in die XY-GmbH ein. Gesellschafter der OHG sind somit nach Vollzug der Abtretung die XY-GmbH mit 95 % der Anteile und X mit 5 % der Anteile.
Diese Gestaltungsmöglichkeit zur (zumindest temporären) Rettung von Begünstigungsbeträgen i. S. d. § 34a Abs. 1 EStG ist mit der Neufassung des § 34a Abs. 6 EStG ab dem VZ 2024 beendet worden. Nunmehr erfolgt in allen Fällen der
- entgeltlichen Aufnahme von Mitunternehmern bzw. der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils,
- der Einbringung eines Teilbetriebs oder Teils eines Mitunternehmeranteils nach § 20 UmwStG oder
- der unentgeltlichen Übertragung eines Teilbetriebs oder Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine Körperschaft (= Stiftung)
eine anteilige Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags. Gemäß § 34a Abs. 6 S. 4 EStG n. F. kann hierbei in Härtefällen eine Stundungsregelung von max. zehn Jahren gewährt werden.
Beachten Sie | Weiterhin unschädlich sind die Fälle der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG. In diesen Fällen hat der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag des Rechtsvorgängers fortzuführen. Neu aufgenommen wurde in § 34a Abs. 7 EStG, dass nunmehr in den Fällen der Aufnahme in ein Einzelunternehmen oder der Übergabe eines Teil-Mitunternehmeranteils auch ein anteiliger Übergang des nachversteuerungspflichtigen Betrags auf den Rechtsnachfolger erfolgt.
Modell nun deutlich attraktiver, aber weiter sehr betreuungsintensiv
|
Beachten Sie | Leider erfolgte keine Streichung des § 37 Abs. 3 S. 5 EStG, sodass die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung des § 34a EStG im Rahmen der Festsetzung der ESt-Vorauszahlungen weiterhin keine (automatisierte) Berücksichtigung findet. Dahin gehend ist wie bisher nur eine Anpassung der Steuerbeträge auf Antrag gem. § 164 Abs. 1 S. 2 AO i. V. m. § 37 Abs. 3 S. 3 EStG möglich.
2. Einlagen junger Wirtschaftsgüter – § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG
§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG sieht bei Einlagen von Wirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen eines Personenunternehmens grundsätzlich den Ansatz mit dem Teilwert vor. Hiervon sehen § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a, b und c EStG Beschränkungen vor, die zu einer Bewertung höchstens zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen.
§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG erfasst hierbei die Einlage sog. junger Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung/Herstellung innerhalb der letzten drei Jahre vor der Einlage erfolgte. Die Regelung wurde mit dem WChG dahin gehend ergänzt, dass die Bewertung von Einlagen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK/HK) nur bei einer Zuführung „aus dem Privatvermögen“ greifen soll.
Hintergrund der Neuregelung ist der Streit, ob über den Verweis in § 6 Abs. 6 S. 3 EStG auf die Bewertungsregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG eine (verdeckte) Einlage in eine Kapitalgesellschaft auch ohne Aufdeckung der stillen Reserven möglich sei. Dahin gehend werden in der Literatur die Auffassungen vertreten, dass
- bei der Einlage eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen des Gesellschafters dieser grundsätzlich die Entnahme dieses Wirtschaftsguts aus diesem Betriebsvermögen vorausgehe, deren Bewertung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG zum Teilwert erfolgt. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG wirke sich daher bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft nicht aus, wenn die (verdeckte) Einlage des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen des Gesellschafters erfolgt (vgl. Kahle, DStZ 22, 699);Unterschiedliche Auffassungen in der Literatur
- nach anderer Auffassung sei eine solche Beschränkung dem Wortlaut der Norm nicht zu entnehmen (vgl. zum Streitstand: Deh, GStB 22, 348).Ausgabe 10 | 2022 Seiten 348-352
In der jüngeren Vergangenheit ist dieser Streit wieder in den Fokus der Gestaltungsberatung gerückt, da die Urteilsbegründung des BFH in seinem Urteil vom 9.6.21 (I R 32/17) den Rückschluss zulässt, dass dieser die Möglichkeit einer (verdeckten) Einlage zu Buchwerten in den Fällen des § 6 Abs. 6 S. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG – also bei der Einlage junger Wirtschaftsgüter – im reinen Inlandsfall bejahen würde. Diese Unsicherheit in der Bewertung des Urteils resultiert daher, dass der BFH über einen Wirtschaftsguttransfer in ausländische Tochtergesellschaften zu entscheiden hatte.
Trotzdem hat der Gesetzgeber das „Warnsignal“ des BFH vernommen und nunmehr mit der obigen Änderung reagiert. Damit wird manifestiert, dass § 6 Abs. 6 S. 3 EStG ins Leere läuft, soweit die Einlage eines Wirtschaftsguts in eine Kapitalgesellschaft aus einem Betriebsvermögen erfolgt. Einem steuerneutralen Buchwerttransfer für Einzelwirtschaftsgüter auf eine Kapitalgesellschaft – außerhalb der Regelungen der §§ 20 ff. UmwStG – wird damit ein Riegel vorgeschoben (siehe zu Gestaltungsbeispielen: Deh, GStB 22, 348).
Verteidigungsoptionen in Altfällen nutzen |
3. Option zur Körperschaftsteuer ebenfalls angepasst
Die Regelungen für nach § 1a KStG zur Körperschaftsteuer optierende Gesellschaften wurden ebenfalls angepasst.
Zunächst erfolgte die Erweiterung des Optionskreises in § 1a Abs. 1 S. 1 KStG um die Aufnahme der eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR). Dies ist insoweit konsequent, als diese Gesellschaften durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) auch in den Kreis der formwechselnden Rechtsträger nach § 191 Abs. 1 Nr. 1 UmwG aufgenommen worden sind.
Damit erfolgt ein Gleichlauf zwischen Zivil- und Steuerrecht, denn es wäre schon absurd gewesen, wenn eine eGbR einen „tatsächlichen“ Formwechsel in die Rechtsform einer GmbH nach §§ 190 ff. UmwG vollziehen könnte, jedoch keinen fiktiven Formwechsel für steuerliche Zwecke gem. § 1a KStG i. V. m. § 25 UmwStG.
Eintragung ins Gesellschaftsregister vorab prüfen |
3.1 Option nun auch in Neugründungsfällen möglich
Ein Ärgernis in der Gestaltungspraxis war, dass die Option nicht für neu gegründete Gesellschaften anwendbar war. Diese konnten nicht von Beginn an als optierte Gesellschaft errichtet werden, sondern zunächst musste für ein Wirtschaftsjahr die „normale“ Besteuerung gewählt werden (vgl. BMF 10.11.21, IV C 2 - S 2707/21/10001 :004, Rn. 18). In diesem Wirtschaftsjahr konnte dann der Antrag auf die KöSt-Option ab dem nächsten Wirtschaftsjahr erfolgen.
Dieses Praktikerproblem ist nun vom Tisch: In Neugründungsfällen kann der Antrag nach § 1a KStG nun auch noch einen Monat nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages für das laufende Wirtschaftsjahr gestellt werden. Damit können nun auch neu gegründete Gesellschaften von Anfang an die Option nach § 1a KStG, ohne Umwege eines abweichenden Wirtschaftsjahres, nutzen. Daneben wird die Möglichkeit der rückwirkenden Option auch Körperschaften eröffnet, welche zivilrechtlich in die Rechtsform einer Personengesellschaft formwechseln.
3.2 Zurückbehalten der Beteiligung an der Komplementär-GmbH unschädlich
Die Ausübung der Option nach § 1a KStG stellt steuerlich einen Formwechsel gem. § 25 i. V. m. § 20 UmwStG dar. Bekanntermaßen erfordert die Steuerneutralität einer solchen Einbringung, dass alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Dieses betrifft auch Wirtschaftsgüter des (notwendigen) Sonder-BV. Insbesondere bei der Option einer GmbH & Co. KG zur Körperschaftsteuer nach § 1a KStG erforderte dies, zunächst die Errichtung einer Einheits-KG durch Übertragung der Anteile an der Komplementär-GmbH in das Vermögen der KG.
Beachten Sie | Die optierte Gesellschaft wechselt steuerrechtlich in eine Körperschaft. Eine Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Sonder-BV ist damit nicht mehr möglich. Werden hier funktional wesentliche Wirtschaftsgüter „vergessen“, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des Antrags nach § 1a KStG – d. h., die Option greift. Da jedoch der Tatbestand des § 25 i. V. m. § 20 UmwStG nicht erfüllt ist, liegt keine Einbringung, sondern eine verdeckte Einlage i. S. d. § 8 Abs. 3 S. 3 KStG vor. Dies hat die Aufdeckung aller stillen Reserven zur Folge. Die Option einer „Bestandsgesellschaft“ muss daher steuerrechtlich sorgfältig geprüft und begleitet werden.
Zumindest das Problem des Zurückbehalts der Anteile an der Komplementär-GmbH stellt sich nun nicht mehr. In § 1a Abs. 2 S. 2 KStG n. F. wurde ausdrücklich ein entsprechender Unschädlichkeits-Passus aufgenommen.
Zurückbehaltenes Grundvermögen bleibt schädlich |
3.3 Ausschüttungsfiktion begrenzt – Problem nicht gelöst
Nach § 1a Abs. 3 S. 5 KStG liegt eine Ausschüttung der optierten Gesellschaft an die Gesellschafter vor, wenn Gewinnanteile entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann. Daher gelten Gewinnanteile, deren Auszahlung der Gesellschafter mit Feststellung des Jahresabschlusses von der Gesellschaft verlangen kann, in diesem Zeitpunkt als ausgeschüttet. Auf die tatsächliche Entnahme oder Auszahlung kommt es hierbei nicht an.
In der Praxis kam es daher regelmäßig bereits mit der Gutschrift des Gewinnanteils auf dem Privatkonto der einzelnen Gesellschafter zu einer (KapESt-pflichtigen) Fiktion der Ausschüttung. Dieses konnte nur durch entsprechende Anpassungen im Gesellschaftsvertrag verhindert werden, dass auch über die Entnahmefähigkeit der Gewinnanteile ein entsprechender Beschluss zu fassen ist.
Dieses Problem soll nun die Änderung des § 1a Abs. 3 S. 5 KStG n. F. lösen, in welcher die Variante „oder ihre Auszahlung verlangt werden kann“ ersatzlos gestrichen wurde. Nach der aktuellen Gesetzeslage werden daher nur noch Ausschüttungen fingiert, wenn Beträge dem Eigenkapital nicht mehr zur Verfügung stehen.
Durch die Neuregelung wird jedoch das Problem nicht gelöst. Denn bislang werden die Gewinnanteile, deren Auszahlung verlangt werden kann, unmittelbar dem sogenannten Privatkonto gutgeschrieben. Dies geschieht regelmäßig bereits bei der Aufstellung des Abschlusses (vgl. IDW RS HFA 7, Tz. 47). Damit bleibt es aber auch im Rahmen eines phasengleichen Ausweises der Auszahlungsverbindlichkeit (anders als beim phasenverschobenen Ausweis bei Kapitalgesellschaften) bei einer Ausschüttungsfiktion der Gewinnanteile. Nach wie vor bedarf es daher besonderer gesellschaftsvertraglicher Regelungen, will man hier eine entsprechende Ausschüttungsbelastung beim Gesellschafter verhindern.
Beachten Sie | Nicht ganz klar ist, ob durch die Änderungen der §§ 120 ff. HGB durch das MoPeG nunmehr auch bei Personenhandelsgesellschaften zunächst die Auszahlungsverbindlichkeit im Abschluss als Schuld auszuweisen ist. Dies hätte auch direkten Einfluss auf die obige Ausschüttungsfiktion, welche ja erst bei Ausweis auf dem Forderungskonto des Gesellschafters greift. Eine Stellungnahme des IDW steht insoweit noch aus.
Fazit | Ob die Neuregelungen der Option nach § 1a KStG in der Praxis zu einem „Aufblühen“ verhelfen werden, darf bezweifelt werden. Weiterhin ist die Option für operativ tätige Gesellschaften mit gewachsener Struktur mit zu vielen steuerlichen Risiken behaftet. Zudem laufen handelsrechtliches und steuerliches Rechenwerk im Kapitalbereich zu weit auseinander. An Attraktivität dürfte die Möglichkeit der optierten Gesellschaft i. S. d. § 1a KStG jedoch weiterhin für die Errichtung einer kapitalistischen Holdingstruktur (insbesondere in den Fällen fehlender Mehrheitsbeteiligung) oder in Fällen der Errichtung eines Familienpools gewonnen haben. |
4. Nachspaltungsveräußerungssperre (§ 15 Abs. 2 UmwStG)
4.1 Zum Hintergrund
Grundsätzlich ist die Spaltung von Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 1 UmwStG unter der Voraussetzung eines sog. doppelten Teilbetriebs zu Buchwerten möglich. § 15 Abs. 2 UmwStG sieht dahin gehend einen schädlichen Missbrauchskatalog vor, welcher die Möglichkeit der Buchwertfortführung wiederum ausschließt.
- Nach § 15 Abs. 2 S. 3 UmwStG soll bspw. die Buchwertfortführung des abgespaltenen Teilbetriebs zu versagen sein, wenn durch die Spaltung „die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden“.
- Davon ist gem. § 15 Abs. 2 S. 4 UmwStG auszugehen, wenn „innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden“.Fünf-Jahres-Frist im Blick behalten
Der BFH (11.8.21, I R 39/18) hat entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung aus der Formulierung des § 15 Abs. 2 S. 3 UmwStG keinen eigenen Anwendungsbereich der Regelung erkennen können – vielmehr würden S. 3 und 4 der Norm einen einheitlichen Missbrauchstatbestand bilden. Ergo: Veräußerungen im Nachgang der Spaltung sind unschädlich, sofern die 20 %-Grenze nicht verletzt wird.
4.2 Neuregelung § 15 Abs. 2 UmwStG
Aufgrund der BFH-Rechtsprechung eröffneten sich aus Sicht des Gesetzgebers ungerechtfertigte Gestaltungsmöglichkeiten zur steuerfreien Veräußerung von Teilbetrieben. Die sog. Nachspaltungsveräußerungssperre in § 15 Abs. 2 S. 2 bis 4 UmwStG wurde daher neu gefasst:
- Die 20 %-Grenze stellt weiterhin eine unwiderlegbare Vermutung einer schädlichen Veräußerung nach Spaltung einer Körperschaft auf.Voraussetzungen der Veräußerungssperre neu geregelt
- Daneben können jedoch auch alle anderen Veräußerungen der Nachspaltungsveräußerungssperre unterfallen, soweit hierbei Wertverschiebungen an außenstehende Personen erfolgen.
- In diesen Fällen können jedoch die Steuerpflichtigen diese Vermutung auch anhand objektiver Nachweise widerlegen.
- Klargestellt wird daneben, dass verbundene Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB nicht als außenstehende Personen gelten.
Die Neuregelung gilt erstmals für Spaltungen, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register nach dem 14.7.23 erfolgt
Praxistipp | Durch die Neuregelung wird die Auffassung der FinVerw gesetzlich festgeschrieben. Spaltungsvorgänge von KapG bleiben damit höchst komplex und insbesondere risikobehaftet. Nach wie vor sollten Spaltungen von Kapitalgesellschaften im Anwendungsbereich des § 15 UmwStG daher durch Einholung einer verbindlichen Auskunft gem. § 89 Abs. 2 AO für die Praxis abgesichert werden. |
AUSGABE: GStB 6/2024, S. 208 · ID: 50042182