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ApothekenentwicklungÜberleben im Backoffice einer Apotheke: So lässt sich das Warenlager optimal organisieren

Top-BeitragAbo-Inhalt18.08.2025130 Min. LesedauerVon Geschäftsführer Alexander Mörsheim, easyApotheke Eschweiler

| Gerade in der aktuellen Zeit, in der es immer schwieriger wird, verfügbare Ressourcen in einer Apotheke zu identifizieren, und in der zudem der eigene Gewinn schwindet, ist ein effizienter Mitarbeitereinsatz zur Steuerung des Warenlagers unerlässlich. Schließlich gibt es nichts Schlimmeres, als einerseits dem Kunden am HV immer wieder eingestehen zu müssen, dass das gewünschte Medikament nicht vorrätig ist, es aber bestellt werden kann, und andererseits im Backoffice irgendwann eine Wanne mit verfallener Ware zu finden, die nur noch abgeschrieben werden kann. |

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Ziel: Optimierter Personaleinsatz im Backoffice

Dieser Beitrag soll dabei helfen, den Personaleinsatz so zu steuern, dass eine Struktur entsteht, die die eingangs genannten Probleme reduziert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Personal immer eine knappe Ressource ist. Ob im Backoffice eine PKA, eine PTA oder ein Apotheker die Arbeit übernimmt, ist irrelevant. Die Hauptsache ist, dass die Arbeiten ausgeführt werden. Die Einteilung erfolgt immer auf Basis der Verfügbarkeiten. In diesem Beitrag wird davon ausgegangen, dass eine PKA die Tätigkeiten übernimmt.

Zur Organisation der Backoffice-Tätigkeiten lassen sich diese in

  • eine kurzfristige Sichtweise (Tag),
  • eine mittelfristige Sichtweise (Woche) und
  • eine langfristige Sichtweise (Monat)

einordnen. Im Folgenden werden die einzelnen Sichten betrachtet und eine beispielhafte Struktur aufgezeigt, wie die Tätigkeiten organisiert werden können. Es sei direkt gesagt, dass diese Struktur als Leitlinie dienen soll, die nicht in Stein gemeißelt ist, die sich in einigen Apotheken jedoch bereits als erfolgreich erwiesen hat.

Tägliche kurzfristige Tätigkeiten

Betrachten wir die täglichen kurzfristigen Tätigkeiten einer PKA. Angenommen, die Apotheke hat von 8:00 bis 18:00 Uhr geöffnet und wird dreimal am Tag sowie einmal in der Nacht vom Großhandel beliefert. Die erste Frage, die sich stellt, ist, wann der optimale Arbeitsbeginn ist. Es hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, wenn die PKA eine halbe Stunde vor Öffnung der Apotheke beginnt. So kann sie die in der Nacht gelieferten Medikamente prüfen, verbuchen und für die HV-Kräfte bereitlegen. Andernfalls beginnt bei Öffnung der Apotheke, wenn direkt die ersten Patienten warten, erst die Suche. Das bindet Mitarbeiter, die in der Zeit schon etwas anderes erledigen könnten.

Ein beispielhafter Arbeitsplan einer PKA für einen Arbeitstag könnte wie folgt aussehen:

Beispiel

07:30 Uhr

Beginn

07:30 – 08:15 Uhr

Prüfung und Verbuchung der Nachtlieferung, Bereitstellung der Kundenbestellungen für die HV-Kräfte

08:15 – 09:00 Uhr

Auffüllen der Nachtlieferung in Automaten und Schubfächer

09:00 – 10:00 Uhr

Bearbeiten diverser Listen

10:00 – 10:30 Uhr

Bestellung der nächsten Großhandelssendung

10:30 – 11:30 Uhr

Lagerpflege/Direktbestellungen mit Listen oder Wegräumen etc.

11:30 – 12:15 Uhr

Verbuchung möglicher Direktlieferungen

12:15 – 12:30 Uhr

Verbuchung der Großhandelssendung

12:30 – 13:00 Uhr

Bestellung der nächsten Großhandelssendung

13:00 – 14:00 Uhr

Pause

14:00 – 15:00 Uhr

Lagerpflege/Direktbestellungen mit Listen oder Wegräumen etc.

15:00 – 15:30 Uhr

Verbuchung der Großhandelssendung

15:30 – 16:00 Uhr

Bestellung der nächsten Großhandelssendung

16:00 – 17:00 Uhr

Lagerpflege/Direktbestellungen mit Listen oder Wegräumen etc.

17:00 – 17:30 Uhr

Verbuchung der Großhandelssendung

17:30 – 18:00 Uhr

Bestellung der Nachttour beim Großhandel

Betrachtet man diesen exemplarischen Tagesplan einer PKA, zeigt sich, dass er sich im Drei- bis Vier-Stunden-Takt wiederholt. Er wird durch die Bestell- und Lieferzeiten des Großhandels bestimmt. Sollten in der eigenen Apotheke andere Bestell- und Lieferzeiten gelten, ist der Zeitplan adaptierbar. Im Rahmen dieses operativen Zeitplans muss jeder Apothekenleiter für sich und seine Mitarbeiter entscheiden, an welchen Stellen automatisierte Workflows eine Arbeitserleichterung darstellen können. Beispielsweise können Großhandelsbestellungen in den meisten Warenwirtschaftssystemen automatisiert freigegeben und somit erledigt werden. Es muss nur noch kontrolliert werden, ob alle gewünschten Artikel verfügbar sind. Im Falle der Nichtverfügbarkeit muss dann reagiert und ein Lieferant gesucht werden, der das Produkt liefern kann.

Merke | Die Erfahrung zeigt, dass sich die tatsächliche Bearbeitungszeit in diesem Bereich auf bis zu fünf Minuten reduzieren lässt, sodass sich – auch in größeren Apotheken – deutliche Zeiteinsparungen erzielen lassen.

Das Wichtigste an der aufgezeigten Struktur ist, sie auch einzuhalten. Das bedeutet, dass die Zeitfenster genau für die genannten Tätigkeiten genutzt werden. Natürlich werden auch telefonische Anfragen angenommen und bearbeitet. Dinge, die nicht im Zeitfenster erwähnt sind, sollten jedoch nicht bearbeitet werden, außer die im Bereich genannten Aufgaben sind vollständig erledigt.

Listen als Grundlage für ein effizientes Warenlager

Ein wichtiger Punkt, der mehrfach in der Zeitleiste vorkommt, ist das Bearbeiten von Listen. Diese Listen bilden die Grundlage für ein effizientes Warenlager. In der Apotheke ist man stärker als andere Handelsunternehmen von Entscheidungen anderer abhängig. Ein Beispiel hierfür sind die Rabattverträge, die regelmäßig dazu führen, dass einzelne Medikamente zum Monatswechsel aus dem Lager genommen und andere eingelistet werden müssen. Wird dieser Ansatz nicht konsequent verfolgt, führt dies zu erheblicher Mehrarbeit, denn ein nachgefragtes Medikament, das nicht vorrätig ist, muss nachgeliefert werden. Dies führt zu Prozesskosten, die die komplette Marge vernichten können.

Listen in regelmäßigem Turnus bearbeiten

Die folgende Tabelle zeigt, welche Listen regelmäßig und in welchen Zeitabständen bearbeitet werden sollten, um das Lager möglichst effizient zu betreiben. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, kann aber als Leitlinie dienen. Die Regelmäßigkeit der Bearbeitung der Listen kann beispielsweise am Kundenaufkommen ausgerichtet werden. Gerade am Anfang und Ende eines Monats ist dieses in Apotheken meist höher als in der Mitte. Im Jahresverlauf zeigt sich außerdem, dass die ruhigeren Sommermonate – trotz der vielen Urlaube – dazu genutzt werden sollten, überfällige Lagerarbeiten durchzuführen. In den Wintermonaten, wenn die Erkältungszeit ansteht, ist es wichtiger, dass die Mitarbeiter im HV schnell an die Medikamente gelangen.

Übersicht über die regelmäßig zu bearbeitenden Listen

Prozess/Liste

Täglich

14-täglich

Monatlich

Retoure Großhandel

Einlistung von ungewollten Lagerbesorgungen

Auslistung von Ladenhütern Rx

Auslistung von Ladenhütern Non-Rx

Prüfung des Überbestands nach Reichweite

Prüfung zur Erhöhung der Reichweite

Verfalldaten prüfen

Die Listen im Detail

Es ist wichtig, Standardaufgaben zu identifizieren, die in der eigenen Apotheke in periodisch wiederkehrenden Abständen zu erledigen sind. Die Analyse mehrerer Apotheken hat gezeigt, dass die folgenden Listen eine wichtige Grundlage für die Steuerung des Warenlagers und der damit verbundenen Prozesse und Kosten sind:

Fazit | In Zeiten knapper Personalressourcen und sinkender Margen ist eine effiziente Organisation des Warenlagers für Apotheken essenziell. Ein strukturierter Tagesablauf für die Mitarbeiter kann durch klar definierte Zeitfenster und Prozessautomatisierung sowohl Arbeitsabläufe optimieren als auch Fehler reduzieren. Insbesondere die konsequente Bearbeitung standardisierter Listen zur Lagerpflege hilft dabei, Lagerkosten zu senken und Prozesse zu optimieren. Die vorgestellte Struktur hat sich in der Praxis bewährt, sollte aber immer an die individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Apotheke angepasst werden. Wer seine Abläufe regelmäßig reflektiert, anpasst und konsequent umsetzt, kann Lagerverluste minimieren, Reaktionszeiten verkürzen und letztlich sowohl die Kundenzufriedenheit als auch die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich steigern.

  • Retoure Großhandel: Produkte, die falsch bestellt wurden, defekt geliefert wurden oder nicht mehr benötigt werden, sollten täglich dem Großhandel zurückgesandt werden. Auf diese Weise kann eine Zeitverzögerung bei der Gutschrift durch den Lieferanten reduziert werden. Im Optimalfall wird die Ware in derselben Rechnung wieder gutgeschrieben. So verursacht eine Fehllieferung zwar Prozesskosten, aber keine unnötige Kapitalbindung.
  • Einlistung von ungewollten Lagerbesorgungen: Es empfiehlt sich, laufend zu prüfen, welche Produkte auf der Basis von Nachfragen und Besorgern an Lager gelegt werden sollen. Im Bereich der verschreibungspflichtigen Medikamente führen gerade Rabattverträge oft zu Defekten in den Apotheken, die nur durch Nachlieferungen und Botendienste kaschiert werden können. Aus Sicht der Prozesskosten sind dies jedoch Produkte, an denen man nichts oder nur sehr wenig verdient. Somit ist es notwendig, nach einem festgelegten Schema zu entscheiden, wann ein Produkt eingelistet wird.
  • Es hat sich z. B. bewährt, verschreibungspflichtige Medikamente bei zwei Nachfragen innerhalb von fünf Monaten einzulisten. Damit wird ein Zusammenhang zur Reichweite einer N3-Packung sowie zu möglichen Restmengen bei Rezeptbestellung durch den Patienten beachtet. Diese Logik kann nun derart mit Einkaufspreisgrenzen kombiniert werden, dass bereits eine PKA über tiefpreisige Artikel entscheiden darf, während bei höherpreisigen Medikamenten beispielsweise ein Apotheker entscheiden soll.
  • Auslistung von Ladenhütern: Analog zur Einlistung ist es auch wichtig, Ladenhüter aus dem Lager zu eliminieren. Folgt man dem Ansatz der Einlistung, können Artikel, die in den letzten fünf Monaten nicht verkauft wurden, ausgelistet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Nachfrage erneut eintritt, ist sehr gering. Um dies problemlos umzusetzen, sollte bei der Verbuchung der Ware auf eine ausreichende Restlaufzeit (mindestens 18 Monate) geachtet werden.
  • Prüfung der Reichweite: Neben der grundsätzlichen Frage, ob sich ein Produkt dreht oder nicht, sollte auch die Reichweite, also die Anzahl der Packungen je PZN, geprüft werden. Gut verfügbare Produkte benötigen eine geringere Reichweite als oft defekte Produkte. Dies muss laufend geprüft werden, um auf die aktuell sehr häufig wechselnde Liefersituation im Markt reagieren zu können.
  • Verfalldaten prüfen: Einmal im Monat muss geprüft werden, ob die Medikamente genügend Restlaufzeit haben, damit sie noch vor Ablauf aufgebraucht werden können. Augentropfen benötigen hierfür eine kürzere Restlaufzeit als eine N3-Packung eines Schmerzmittels. Gleichzeitig kann auf die Retourenregelungen der Hersteller geachtet werden, um den Verlust zu reduzieren.

AUSGABE: AH 9/2025, S. 2 · ID: 50434150

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