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ImplantatprothetikWiederherstellung von Zahnersatz im (nicht) atrophierten Kiefer: Regelversorgung oder nicht?

Abo-Inhalt10.01.20231584 Min. LesedauerVon Isabel Baumann, Mülsen

| Wiederherstellungsmaßnahmen an herausnehmbarem implantatgetragenen Zahnersatz (Totalprothesen oder Cover-Denture-Prothesen) gehören heute zum Praxisalltag. Dennoch sind bei der Abrechnung einige Besonderheiten zu beachten. Dazu gehört auch der Ausnahmefall gemäß Zahnersatz-Richtlinie 36b (online unter iww.de/s7375). Demnach gehören Suprakonstruktionen bei atrophiertem zahnlosem Kiefer für gesetzlich versicherte Patienten zur Regelversorgung. Dieser Beitrag erläutert die korrekte Abrechnung an zwei Praxisbeispielen – einmal für eine Regelversorgung und einmal für eine andersartige Versorgung. |

1. Regelversorgung bei atrophiertem Kiefer

Ein 75-jähriger gesetzlich versicherter Patient erscheint mit einer gebrochenen Oberkiefer-(OK-)Prothese in der Praxis. Es handelt sich um eine implantatgetragene Cover-Denture-Prothese. Bei der eingehenden Untersuchung wird festgestellt, dass die Prothese unterfüttert werden muss. Die Wiederherstellung der Suprakonstruktion erfolgt zweizeitig.

Es liegt ein atrophierter Kiefer vor. Die Wiederherstellung ist daher als Regelversorgung abzurechnen.

Behandlungsablauf*

Datum

Zahn/Region

Leistung

BEMA

GOZ

04.01. (10:00 h)

-

Eingehende Untersuchung; OK-Prothese regio 11, 21 gebrochen; OK Prothese liegt hohl, muss unterfüttert werden

U (01)

OK

Kontrolle OK-Bruchstellen, keine Abformung notwendig

04.01.

(17:00 h)

OK

Wiedereingliederung der implantatgetragenen Cover-Denture-Prothese (atrophierter Kiefer)

100ai

UK

Einschleifmaßnahmen am Gegenkiefer

89

OK

Abformung für totale Unterfütterung mit Randgestaltung der implantatgetragenen Cover-Denture-Prothese

Mat.

05.01.

OK

Eingliederung der Cover-Denture-Prothese (atrophierter Kiefer)

100ei

09.01.

25, 26

Nachkontrolle und Entfernen der Druckstelle nach Unterfütterung

25, 26

Auftragen eines Medikaments auf die Druckstelle

Festzuschüsse

Befund

Zahn / Gebiet

Anzahl

7.7 (Bruch-Rep.)

OK

1

7.7 (Unterfütterung)

OK

1

04.01.

Die eingehende Untersuchung nach BEMA-Nr. 01 (U) zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich Beratung ist je Kalenderhalbjahr einmal abrechenbar, frühestens jedoch nach vier Monaten. Neben der BEMA-Nr. 01 dürfen Beratungsleistungen nicht separat berechnet werden.

Die Wiederherstellung der gebrochenen implantatgetragenen Cover-Denture-Prothese ist eine Regelversorgung, da ein atrophierter Kiefer gemäß Zahnersatz-Richtlinie 36b vorliegt. Eine Abformung ist nicht notwendig, daher wird bei Eingliederung die BEMA-Nr. 100ai berechnet. Der Patient erhält den Festzuschuss 7.7.

Merke | In einigen KZV-Gebieten (z. B. in Sachsen) sind Festzuschüsse der Festzuschussbefundklasse 7 genehmigungspflichtig. Bitte erkundigen Sie sich bei Ihrer KZV, ob die Krankenkasse die Versorgung genehmigen muss.

Im Unterkiefer ist es notwendig, grobe Artikulations- und Okklusionsstörungen durch Einschleifen vor Eingliederung zu beseitigen. Hierfür kann die BEMA-Nr. 89 berechnet werden. Erst danach erfolgt die Abformung für die totale Unterfütterung mit Randgestaltung.

Merke | Die BEMA-Nr. 89 ist auch bei Wiederherstellungsmaßnahmen und nicht nur bei Neuanfertigungen von Brücken und Prothesen zu berechnen. Dies wird häufig in der Abrechnung schlicht nicht beachtet. Meistens ist die fehlende Dokumentation der Einschleifmaßnahmen der Grund für die Nichtberechnung.

Im Anschluss an die Einschleifmaßnahmen erfolgt die Abformung für die Unterfütterung. Hierfür kann lediglich das Material berechnet werden. Neben Leistungen nach BEMA-Nr. 100 b–f sind individuelle Abformungen und Funktionsabformungen nach BEMA-Nr. 98a, b oder c nicht abrechenbar. Im Anschluss daran wird die Prothese erneut ins Labor gegeben.

05.01.

Bei Eingliederung der unterfütterten Prothese wird die BEMA-Nr. 100ei (totale Unterfütterung mit Randgestaltung im Oberkiefer) berechnet. Für die totale Unterfütterung mit Randgestaltung im Oberkiefer erhält der Patient den Festzuschuss 7.7.

Merke | Da die Leistung zweizeitig erbracht wird, darf für beide Wiederherstellungsmaßnahmen das BEMA-Honorar berechnet werden (BEMA-Nrn. 100ai und BEMA-Nr. 100ei). Falls die Wiederherstellungsmaßnahmen beide in einer Sitzung erfolgen (z. B bei einer Sprung-Reparatur und gleichzeitiger Unterfütterung), so darf nur das Honorar der höher bewerteten Leistung berechnet werden.

09.01.

Die Nachkontrolle, das Beseitigen der Druckstelle und das Aufbringen eines auf der Schleimhaut haftenden Medikaments auf die Druckstelle sind innerhalb von drei Monaten nach Eingliederung einer Neuanfertigung und Wiederherstellungsmaßnahme nicht berechnungsfähig.

2. Andersartige Versorgung bei nicht atrophiertem Kiefer

Die Ausgangslage ist fast identisch mit dem ersten Beispiel: Ein 80-jähriger gesetzlich versicherter Patient erscheint mit einer gebrochenen OK-Prothese (implantatgetragene Totalprothese). Bei der eingehenden Untersuchung wird festgestellt, dass die Prothese unterfüttert werden muss. Die Wiederherstellung der Suprakonstruktion erfolgt zweizeitig.

Anders als im vorigen Beispiel liegt in diesem Fall kein atrophierter Kiefer vor. Es handelt sich daher um eine andersartige Versorgung.

Behandlungsablauf*

Datum

Zahn/Region

Leistung

BEMA

GOZ

04.01. (10:00 h)

-

Eingehende Untersuchung; OK-Prothese regio 11, 21 gebrochen; OK Prothese liegt hohl, muss unterfüttert werden

U (01)

OK

Kontrolle OK-Bruchstellen, keine Abformung notwendig

04.01.

(17:00 h)

OK

Wiedereingliederung der implantatgetragenen Totalprothese (kein atrophierter Kiefer)

5250

UK

Einschleifmaßnahmen am Gegenkiefer

4040

OK

OK-Funktionsabformung für totale Unterfütterung mit Randgestaltung der implantatgetragenen Totalprothese

5180 + Mat.

05.01.

OK

Eingliederung der Prothese (nicht atrophierter Kiefer)

5290

09.01.

25, 26

Nachkontrolle und Entfernen der Druckstelle regio 25, 26 nach Unterfütterung

4030

25, 26

Auftragen eines Medikaments auf die Druckstelle

4020

Festzuschüsse

Befund

Zahn / Gebiet

Anzahl

7.7 (Bruch-Rep.)

OK

1

7.7 (Unterfütterung)

OK

1

04.01.

Die eingehende Untersuchung ist wie auch bei der Regelversorgung nach BEMA-Nr. 01 berechnungsfähig.

Es liegt kein Ausnahmefall nach Zahnersatz-Richtlinie 36b (atrophierter Kiefer) vor. Die Wiederherstellung der gebrochenen implantatgetragenen Totalprothese ist daher eine andersartige Versorgung. Eine Abformung ist nicht notwendig, deshalb wird die Wiederherstellung des Bruchs bei Eingliederung nach Nr.  5250 GOZ berechnet.

Der Patient erhält den Festzuschuss 7.7. Die Abrechnung erfolgt aufgrund der andersartigen Versorgung als Direktabrechnung.

Merke | Wie im vorigen Fall gilt auch hier: In einigen KZV-Gebieten sind Festzuschüsse der Befundklasse 7 genehmigungspflichtig. Bitte erkundigen Sie sich diesbezüglich bei Ihrer KZV.

Im Unterkiefer ist es notwendig, grobe Artikulations- und Okklusionsstörungen durch Einschleifen vor Eingliederung zu beseitigen. Aufgrund der andersartigen Versorgung werden die Einschleifmaßnahmen nach Nr. 4040 GOZ berechnet.

Im Anschluss daran erfolgt die Abformung für die totale Unterfütterung mit Randgestaltung. Hierfür ist eine Funktionsabformung im Oberkiefer nach Nr. 5180 GOZ notwendig, um den Prothesenrand und die Schleimhautbänder entsprechend darzustellen. Das Material für die Abformung wird zusätzlich gemäß § 4 Abs. 3 GOZ berechnet. Die Nr. 5180 GOZ ist auch dann berechnungsfähig, wenn statt eines Funktionslöffels die vorhandene Prothese als Funktionslöffel verwendet wird.

Unterfütterungsmaßnahmen nach den Nrn. 5270, 5280, 5290, 5300, 5310 GOZ sind nicht neben den Nrn. 5250 bzw. 5260 GOZ berechnungsfähig. Etwas anderes gilt, wenn Unterfütterung und Wiederherstellung zeitlich getrennt durchgeführt werden (zweizeitiges Vorgehen). Das ist in diesem Beispiel der Fall. Daher können vorliegend die Nrn. 5180 und 5250 GOZ nebeneinander berechnet werden.

05.01.

Für die Eingliederung der unterfütterten Prothese berechnet man die Nr. 5290 GOZ (totale Unterfütterung mit Randgestaltung im Oberkiefer). Für die totale Unterfütterung mit Randgestaltung im Oberkiefer erhält der Patient den Festzuschuss 7.7. Es liegt eine andersartige Versorgung vor, die Abrechnung erfolgt direkt.

09.01.

Mit den Leistungen nach den Nrn. 5250 ff. GOZ sind eine Nachkontrolle und die im direkten Zusammenhang durchzuführenden Korrekturen von Zahnersatz in einer Sitzung abgegolten. Das Einschleifen zum Beseitigen störender Prothesenränder und Fremdreize berechnet man nach Nr. 4030 GOZ je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich.

Wird zusätzlich auf die Druckstelle ein Medikament auf die Schleimhaut aufgebracht, so kann hierfür die Nr. 4020 GOZ je Sitzung berechnet werden.

Praxistipp | Systematische subtraktive Maßnahmen können im Rahmen einer funktionstherapeutischen Behandlung nach Nr. 8100 GOZ je Zahnpaar berechnet werden.

Weiterführender Hinweis
  • Wiederherstellung von herausnehmbarem Zahnersatz nach Implantation: So rechnen Sie richtig ab (AAZ 03/2022, Seite 16 ff.)

AUSGABE: AAZ 2/2023, S. 15 · ID: 48839358

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