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Vertragsarztrecht In Jobsharing-Praxen ist die Gesamtzahl der Behandlungsfälle entscheidend
| Hausärzte sowie Kinder- und Jugendmediziner können Zusatzpauschalen zu den EBM-Positionen für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags gemäß § 73 Abs. 1 SGB V in Ansatz bringen (Nr. 04040 für den Versorgungsbereich der Kinder- und Jugendmedizin und Nr. 03040 für den hausärztlichen Versorgungsbereich). Ein Zuschlag kann dann angesetzt werden, wenn die Praxis mehr als 1.200 Behandlungsfälle je Arzt aufweist. Für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte in einer Praxis kommt es auf den Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid an. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte sich nun mit der Frage zu befassen, wie die Zahl der Behandlungsfälle in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Jobsharing zu bestimmen ist (Urteil des BSG vom 28.08.2024, Az. B 6 KA 8/23 R). |
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Geklagt hatte eine Jobsharing-BAG, in der sich eine Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und ein bereits zugelassener Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hatten. Die Praxis hatte im Quartal I/2015 insgesamt eine Fallzahl von 1.275 und setzte dementsprechend nach der EBM-Nr. 04040 die „Zusatzpauschale zu den Nrn. 04000 und 04030 EBM für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags gem. § 73 Abs. 1 SGB V“ in Höhe von 14 Punkten für überdurchschnittliche Fallzahlen ab 1.200 Behandlungsfälle je Arzt an.
Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KV) erkannte den Aufschlag nicht an, weil sie die Fallzahlen durch die Anzahl der tätigen Ärzte (hier also zwei) teilte. Sie argumentierte, es komme nach der einschlägigen EBM-Position für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte auf den Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid an. Da dieser im vorliegenden Fall keine Regelungen über eine Beschränkung des Zulassungsumfangs der beiden Ärzte enthalte, seien die Behandlungsfälle der Praxis durch zwei zu teilen, sodass die erforderliche Behandlungszahl von mehr als 1.200 Fällen je Arzt nicht erreicht sei.
Der hiergegen gerichtete Widerspruch und die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Marburg blieben ohne Erfolg. Das BSG gab der Klage der BAG nun – wie zuvor bereits das Landessozialgericht (LSG) Hessen – statt.
Entscheidungsgründe
Das BSG stellt klar, dass es im Rahmen der EBM-Nr. 04040 bei der Bestimmung der Anzahl der Ärzte auf den Versorgungsauftrag ankomme.
Nr. 04040 stellt auf den Versorgungsauftrag ab
Nach den Anmerkungen zur Nr. 04040 ist bei Praxen mit weniger als 400 Behandlungsfällen je Arzt gemäß Nr. 12 der Präambel 4.1, in denen ein Arzt gemäß Nr. 1 der Präambel 4.1 vertragsärztliche Leistungen durchführt und berechnet, ein Abschlag in Höhe von 14 Punkten auf die Nr. 04040 vorzunehmen. Bei Praxen mit mehr als 1.200 Behandlungsfällen je Arzt gemäß Nr. 12 der Präambel 4.1, in denen ein Arzt gemäß Nr. 1 der Präambel 4.1 vertragsärztliche Leistungen durchführt und berechnet, ist dagegen ein Aufschlag in Höhe von 14 Punkten auf die Nr. 04040 vorzunehmen. Für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte ist gemäß Nr. 1 der Präambel 4.1 der Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen.
Das BSG folgt nicht dem Vortrag der KV. Die KV vertrat die Auffassung, dass die Vorschrift dahin gehend auszulegen sei, dass die Behandlungsfallzahl durch die Anzahl der in einer Praxis tätigen Ärzte zu teilen sei. Das BSG sieht es anders und meint im Gegenteil, es unterliege „keinem Zweifel“, was mit der Formulierung gemeint sei: Es gehe allein um den Versorgungsauftrag. Der Wortlaut des EBM sei „insofern weder unklar noch mehrdeutig.“
Versorgungsauftrag bei Jobsharing-BAG entspricht dem bedarfsplanerisch gezählten Umfang
Beim Jobsharing teilen sich zwei Ärzte (ein bereits Zugelassener und ein bis dahin noch nicht Zugelassener) einen Versorgungsauftrag. Der bis dahin noch nicht zugelassene Partner erhält eine sogenannte „vinkulierte Zulassung“, die vom Bestand der Zulassung des Senior-Partners abhängt. Das BSG hält fest: Auch wenn eine Jobsharing-Zulassung nicht zur Folge habe, dass der Arzt nur über eine entsprechend begrenzte Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verfüge, sei der Umfang der Tätigkeit doch begrenzt. Jeder Jobsharing-Partner könne zwar unbegrenzt Versicherte behandeln. Die Möglichkeit, diese Behandlungen auch abzurechnen, sei aber eingeschränkt.
Zu Recht weist das BSG darauf hin, dass Entsprechendes auch bei Ärzten gelte, die nur einen Versorgungsauftrag in einem Umfang zur Hälfte oder drei Vierteln erfüllten. Auch bei diesen Ärzten führe die Begrenzung des Versorgungsauftrags nicht dazu, dass Leistungen ab Erfüllen des Versorgungsauftrags nicht mehr erbracht werden dürften. Abrechnungstechnisch ergebe sich durch die Begrenzung des Versorgungsauftrags allerdings eine Beschränkung.
Fazit | Die Entscheidung des BSG ist richtig und hat über die Abrechnung der EBM-Nr. 04040 hinaus Bedeutung. Sie kommt immer dann zum Tragen, wenn im EBM auf den „Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid“ abgestellt wird. Dies gilt insbesondere für die Nr. 03040 für Hausärzte! Zudem ist es auch für die Strukturzuschläge im Bereich der Psychotherapie relevant. Die Behandlungsfallzahlen einer Praxis sind in diesen Fällen durch die Anzahl der bedarfsplanerisch gezählten und damit abrechnungsrelevanten Versorgungsaufträge zu teilen. |
AUSGABE: AAA 3/2025, S. 13 · ID: 50314421