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EBM 2025GVSG gilt: So funktionieren Endbudgetierung, Versorgungs- und Vorhaltepauschale

Top-BeitragAbo-Inhalt04.03.20257 Min. Lesedauer

| Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14.02.2025 keinen Einspruch gegen den vom Bundestag am 31.01.2025 beschlossenen Gesundheitsversorgungstärkungsgesetz (GVSG) erhoben. Am 28.02.2025 wurde das GVSG im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist damit in Kraft getreten. Auf die Hausarztpraxen kommen also nicht nur die Entbudgetierung zu, sondern auch die neue Versorgungspauschale und Anpassungen bei der Vorhaltepauschale. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie die genannten Pauschalen künftig funktionieren sollen und welche finanziellen Auswirkungen nach aktuellem Stand damit verbunden sind. |

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Die Entbudgetierung

Die Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen betrifft alle Leistungen des Hausarztkapitels (III.a 3 EBM) sowie zusätzlich alle von Hausärzten durchgeführten Besuche des arztgruppenübergreifenden Kapitels (II 1.4 EBM), dort finden sich die EBM-Nrn. 01410 ff.

Die Vergütung der übrigen von Hausärzten erbrachten Leistungen, insbesondere Sonografien und psychosomatische Gespräche, richtet sich wie bisher nach den regionalen Honorarverteilungsregelungen der KVen. Davon ausgenommen bleiben natürlich die Leistungen, die ohnehin extrabudgetär vergütet werden, beispielsweise die Präventionsleistungen.

Da das GVSG wie geplant im ersten Quartal 2025 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, tritt die Entbudgetierung ab dem Quartal IV/2025 in Kraft.

Die neue Versorgungspauschale

Der Personenkreis, bei denen die neue Versorgungspauschale abzurechnen ist, ist im Gesetz wie folgt definiert:

  • Versicherte ab dem 18. Lebensjahr,
  • bei denen aufgrund einer chronischen Erkrankung
  • eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel erforderlich ist,
  • wobei die Versicherten aber nicht intensiv betreut werden müssen.
Merke | Diese Versorgungspauschale umfasst künftig sowohl die Versichertenpauschale als auch die derzeitige Chronikerpauschale. Eine zusätzliche Abrechnung der Versicherten- und Chronikerpauschalen neben der Versorgungspauschale ist daher nicht möglich.

Einzelleistungen, beispielsweise das hausärztliche Gespräch nach Nr. 03230, sowie Zuschläge nach dem Kapitel IV 37 EBM (u. a. Kooperations- und Koordinationsleistungen in Pflegeheimen) können jedoch neben der Versorgungspauschale abgerechnet werden. Eine gestufte Bewertung der Versorgungspauschalen in Abhängigkeit vom Behandlungsbedarf ist nach dem Gesetzestext möglich.

Die gesetzliche Regelung sieht weiter vor, dass die Versorgungspauschale je Versicherten – unabhängig von der Anzahl und Art der Kontakte des Versicherten mit der jeweiligen Arztpraxis – nur einmal innerhalb eines bestimmten Zeitraums abrechenbar ist. Dieser Abrechnungszeitraum

  • soll vier aufeinanderfolgende Kalenderquartale,
  • muss mindestens zwei aufeinanderfolgende Kalenderquartale umfassen.

Zudem soll die Versorgungspauschale nur durch eine einzige, die jeweilige Erkrankung behandelnde Arztpraxis abrechenbar sein. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus: „Im Hinblick auf eine gute Versorgung chronischer Erkrankungen und dem ressourcensparenden Umgang mit den Hausarztkapazitäten liegt es in der Pflicht der betroffenen Patienten sowie der Hausärzte, dass die Erkrankung durch nur einen Hausarzt betreut wird.“ Insbesondere diese Vorgabe kann sicherlich zu Problemen in der Praxis führen.

Merke | Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die neue Versorgungspauschale nicht für alle Chroniker gilt, sondern nur für Versicherte mit chronischen Erkrankungen ohne intensiven Betreuungsbedarf.
Bei chronisch kranken Versicherten mit intensivem Betreuungsbedarf können unverändert die entsprechende Versichertenpauschale und die Chronikerpauschale berechnet werden.

Eine Beschlussfassung zu der neuen Versorgungspauschale durch den Bewertungsausschuss muss bis zum 31.08.2025 erfolgen.

Die Änderungen bei der Vorhaltepauschale

Mit der Vorhaltepauschale nach EBM-Nr. 03040 werden aktuell diejenigen Praxisstrukturen vergütet, die für die Erfüllung von Aufgaben der hausärztlichen Grundversorgung notwendig sind. Spezifische Voraussetzungen müssen nicht erfüllt werden. Nr. 03040 wird automatisch von der KV zu jeder abgerechneten Versichertenpauschale – ausgenommen bei der Abrechnung von Leistungen aus dem sogenannten KO-Katalog (siehe AAA 12/2023, Seite 2) – zugesetzt. Die Bewertung beträgt derzeit für die meisten Hausärzte 138 Punkte. Werden je Arzt mit vollem Versorgungsumfang mehr als 1.200 Behandlungsfälle abgerechnet, erfolgt ein Aufschlag von 13 Punkten (auf 151 Punkte), bei weniger als 400 Behandlungsfällen ein Abschlag von 13 Punkten (auf 125 Punkte).

Die neue gesetzliche Regelung sieht nun vor, dass diese Vorhaltepauschale an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden wird. Als mögliche Voraussetzungen werden im Gesetz und in der Gesetzesbegründung genannt

  • die bedarfsgerechte Erbringung von Haus- und Pflegeheimbesuchen,
  • das Angebot bedarfsgerechter Praxisöffnungszeiten (nach dem Bedarf am Praxissitz auch ein Angebot von Sprechstunden nach 19 Uhr),
  • eine Mindestanzahl von zu versorgenden Patienten je Arzt und je Quartal,
  • die Erbringung von Leistungen, die zum Kern des hausärztlichen Fachgebiets gehören (z. B. die Versorgung von geriatrischen Patienten oder eine palliativmedizinische Versorgung),
  • die regelmäßige Nutzung von Anwendungen der Telematikinfrastruktur,
  • die regelhafte Pflege der elektronischen Patientenakte,
  • die regelmäßige Aktualisierung des elektronischen Medikationsplans,
  • die Vorhaltung von Kooperationen und Netzwerken zur besseren Versorgung insbesondere von multimorbiden oder geriatrischen Patienten oder
  • die kontinuierliche Erbringung postoperativer Nachsorgen.

Wie bei der Versorgungspauschale kann auch die Bewertung der neuen Vorhaltepauschale in gestufter Form, also in Abhängigkeit vom Umfang der erfüllten Voraussetzungen umgesetzt werden. In Behandlungsfällen, in denen die neue Versorgungspauschale abgerechnet wird, soll die Vorhaltepauschale dem Abrechnungszeitraum der Versorgungspauschale entsprechen.

Eine Beschlussfassung zu der Vorhaltepauschale durch den Bewertungsausschuss muss zeitlich schon früher erfolgen, und zwar bis zum 31.05.2025. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Änderungen nicht schon mit Beginn des Quartals III/2025 (und damit nicht ab dem 01.07.2025), sondern erst zum Quartal IV/2025 in Kraft treten, also ab dem 01.10.2025.

Die finanziellen Auswirkungen

Die Auswirkungen der Entbudgetierung und der EBM-Änderungen auf das KV-Honorar lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwer vorhersagen. Von der Entbudgetierung allein werden in jedem Fall diejenigen Hausärzte profitieren, die in ihrer KV mit niedrigen Auszahlungsquoten zugelassen sind. Dazu zählen beispielsweise Hausärzte im KV-Bezirk Hamburg mit einer Auszahlungsquote im Quartal III/2024 von lediglich 69,5 Prozent für die Leistungen des Hausarztkapitels III.a 3 EBM. Im KV-Bezirk Bayern wiederum erhalten Hausärzte schon seit Jahren alle Leistungen zu 100 Prozent vergütet. Die Entbudgetierung hat dort also keine finanziellen Auswirkungen.

Die EBM-Änderungen bei der Vorhaltepauschale und die Einführung einer neuen Versorgungspauschale betreffen hingegen alle Hausärzte in allen KV-Bezirken, und zwar sowohl positiv als auch negativ. Das liegt daran, dass das GVSG eine sogenannte Begrenzungsregelung enthält: Die Regelungen über die neue Versorgungspauschale und die Vorhaltepauschale sind so auszugestalten, dass sie weder zu Mehr- noch zu Minderausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung führen. Die Redaktion versteht dies dahin gehend, dass sich das Punktzahlvolumen für die neue Versorgungspauschale und die Vorhaltepauschale im Vergleich zur derzeitigen Regelung nicht erhöhen darf. Die Begrenzungsregelung wird damit zwangsläufig zu Verschiebungen im abrechenbaren Punktzahlvolumen führen. Es wird Hausärzte geben, die künftig weniger – unbudgetiert vergütete – Punkte und es wird auch Hausärzte geben, die mehr Punkte abrechnen können. Dies wird in KVen, die derzeit schon sämtliche hausärztlichen Leistungen mit dem Orientierungswert voll vergüten, auch Honorarverluste bei Praxen zur Folge haben.

Die weiteren Inhalte des GVSG

Neben der Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen, der Einführung der neuen Versorgungspauschale und den Änderungen bei der Vorhaltepauschale enthält das GVSG folgende weitere Regelungen, die für die Arztpraxen von Relevanz sind:

  • Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens für die Heilmittelversorgung: Personen, die unter schweren Krankheiten leiden oder von Behinderungen betroffen sind, erhalten einen besseren Zugang zu medizinisch notwendigen Hilfsmitteln.
  • Fristverlängerung für Verbandmittel: Die Erstattungsfähigkeit sonstiger Produkte zur Wundbehandlung (therapeutische Wundauflagen) wird bis Anfang Dezember 2025 verlängert (siehe auch Beitrag auf Seite 1.
  • Notfallkontrazeptiva: In Fällen, in denen Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch oder eine Vergewaltigung bestehen, entfällt künftig die Altersbeschränkung für die Leistung von Notfallkontrazeptiva.

Der lange Weg zur Entbudgetierung

Bereits im Koalitionsvertrag der Ampelparteien vom Dezember 2021 wurde vereinbart: „Wir heben die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich auf.

In einem ersten Schritt wurde dies im Mai 2023 im „Gesetz zur Änderung des SGB V – Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland“ umgesetzt, indem Kinder- und Jugendärzte alle Leistungen des Kapitels III.a 4 EBM ab dem Quartal II/2023 unbudgetiert vergütet erhielten (AAA 04/2023, Seite 1).

Im Januar 2024 kündigte der Bundesgesundheitsminister ein Gesetz zur Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen, zur Einführung einer neue Versorgungspauschale und zu Änderungen bei der Vorhaltepauschale an (AAA 02/2024, Seite 2). Der entsprechende Referentenentwurf eines GVSG vom

  • April 2024 wurde im
  • Mai 2024 von der (damaligen) Bundesregierung verabschiedet, im
  • Juni 2024 im Bundestag beraten und im
  • Juli 2024 erstmals im Bundesrat beraten.

Nach dem Bruch der Ampelkoalition im November 2024 war eigentlich nicht mehr mit einem Gesetzesbeschluss noch in der Legislaturperiode zu rechnen. Umso erfreulicher ist es zu werten, dass sich die ehemaligen Ampelparteien Ende Januar 2025 doch noch auf eine abgespeckte Version des GVSG einigen und einen Gesetzesbeschluss herbeiführen konnten, der im Februar 2025 auch den Bundesrat passiert hat.

Wie sich die Änderungen konkret auswirken, kann erst in Kenntnis der Detailregelungen beurteilt werden. Wir bleiben für Sie am Ball: Im Rahmen des AAA-Abonnements (digital mit bis zu drei Online-Zugängen [eine PDF-Anleitung hierzu online unter iww.de/s7219) und/oder den monatlichen AAA-Printausgaben) oder dem Online-Webinarangebot von AAA! Nutzen Sie auch den AAA-Leserservice und stellen Sie Ihre Abrechnungsfrage an !

AUSGABE: AAA 3/2025, S. 3 · ID: 50334455

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