FeedbackAbschluss-Umfrage

Praxisführung/DigitalisierungTelemedizin 2025: Neue Anlage zum BMV–Ärzte bringt neue Regeln für die Videosprechstunde

Abo-Inhalt04.03.20255 Min. Lesedauer

| KBV und Krankenkassen haben sich auf neue Regelungen bei der Durchführung von Videosprechstunden verständigt. In einer neuen Anlage 31c zum Bundesmantelvertrag(BMV)–Ärzte mit dem Titel „Vereinbarung über die Anforderungen für die Sicherung der Versorgungsqualität von telemedizinischen Leistungen gemäß § 87 Abs. 2o SGB V“ (bei der KBV online unter iww.de/s12523) werden detaillierte Vorgaben zur Durchführung von Videosprechstunden und zur Durchführung von Telekonsilen festgelegt. Mit der Vereinbarung wird der Auftrag im „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens vom 22.03.2024 – Digital-Gesetz“ umgesetzt, wonach Qualitätsvorgaben für die Videosprechstunde und die Anschlussversorgung festzulegen sind. Die neuen Regelungen gelten überwiegend bereits ab dem 01.03.2025. |

Die seit 01.03.2025 geltenden Vorgaben

Neben den Regelungen, die zum 01.03.2025 greifen, kommen zum 01.09.2025 noch neue Vorgaben für Angebote von Videosprechstunden über Terminvermittlungsportale hinzu. Zunächst werden die Regelungen skizziert, die ab März 2025 gelten.

Strukturierte Anschlussversorgung

Sofern im Rahmen der Videosprechstunde ein Versorgungsbedarf nicht gedeckt werden kann, muss der Vertragsarzt dem Patienten eine strukturierte Anschlussversorgung anbieten, beispielsweise

  • durch das Angebot eines Termins in seiner Praxis oder
  • durch Überweisung zu einem Facharzt.

Zudem muss bei erforderlicher Mit- oder Weiterbehandlung durch eine andere Fachgruppe oder ein Krankenhaus sichergestellt werden, dass die entsprechende Überweisung bzw. Einweisung dem Patienten entweder noch am selben Tag zur Verfügung steht oder taggleich versendet wird. Entsprechendes gilt bei Notwendigkeit einer Verordnung bzw. Folgeverordnung. Eine hausärztliche Terminvermittlung an eine andere Fachgruppe innerhalb der durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vorgegebenen Fristen soll ebenfalls taggleich erfolgen.

Verordnung von Arzneimitteln bei unbekannten Patienten

Die Verordnung von Arzneimitteln nach der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) ist bei unbekannten Patienten im Rahmen der Videosprechstunde ausgeschlossen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Verordnung von Arzneimitteln, die Suchterkrankungen auslösen können. Ausnahmsweise können Arzneimittel mit Suchterkrankungspotenzial für unbekannte Patienten dann verordnet werden, wenn dem Arzt über die elektronische Patientenakte (ePA) Daten über die Medikation des unbekannten Patienten vorliegen und durch den Arzt eine strukturierte Anschlussversorgung angeboten wird.

Merke | Unbekannte Patienten im Sinne der Vereinbarung sind Patienten, bei denen im Zeitraum der letzten vier Quartale unter Einschluss des aktuellen Quartals vor Durchführung der Videosprechstunde kein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt (APK) in der die Videosprechstunde durchführenden Praxis stattgefunden hat. Diese Definition geht über die Definition des unbekannten Patienten bei Abrechnung der EBM-Nr. 01444 (Zuschlag für die Authentifizierung unbekannter Patient) hinaus: Unbekannte Patienten im Sinne der Nr. 01444 sind nämlich Patienten, die nicht im laufenden Quartal oder im Vorquartal in der Praxis behandelt wurden.

Videosprechstunden außerhalb des Vertragsarztsitzes

Videosprechstunden können nur im Inland durchgeführt werden, also nicht außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Wenn Videosprechstunden außerhalb der Praxis angeboten werden, muss ein voll ausgestatteter Telearbeitsplatz zur Verfügung stehen, insbesondere

  • ein dezidierter, geschlossener Raum,
  • eine telefonische Erreichbarkeit,
  • ein Zugriff und voll umfängliche Nutzbarkeit der elektronischen Patientendokumentation und der Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI).

Zudem muss die telefonische Erreichbarkeit der Praxis für Versicherte zu üblichen Praxisöffnungszeiten auch während der Nutzung des Telearbeitsplatzes gewährleistet sein.

Klargestellt wird weiter, dass diese außerhalb des Vertragsarztsitzes durchgeführten Videosprechstunden nicht auf die Mindestsprechstundenzeiten nach der Zulassungsverordnung angerechnet werden.

Weitere Klarstellungen

Die neue Vereinbarung enthält einige weitere Vorgaben, unter anderem die Verwendung der ePA bei der Durchführung von Videosprechstunden – soweit der Patient nicht dem Zugriff des Arztes auf die Daten widersprochen hat. Zudem ist ein diskriminierungsfreier und strukturierten Zugang zu Videosprechstunden erforderlich. Das bedeutet, dass die Buchung durch Patienten „niedrigschwellig“ möglich sein soll, beispielsweise durch eine

  • Terminvereinbarung in der Praxis oder am Telefon,
  • mittels TI-Messenger,
  • via Terminservicestelle oder
  • KV-Website.

Eine Priorisierung der Terminvergabe darf ausschließlich auf Basis der medizinischen Behandlungsbedürftigkeit erfolgen.

Nicht zulässig ist zudem, das Angebot von Terminen allein zum Zwecke einer bestimmten Leistung einzurichten (z. B. allein zum Zweck der Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeits[AU]-Bescheinigung).

Die weiteren Vorgaben ab 01.09.2025

Die weiteren, ab dem 01.09.2025 geltenden Regelungen aus der neuen Anlage 31c BMV–Ä drehen sich insbesondere um Vermittlungsportale. Aktuell können Versicherte über Vermittlungsportale praktisch uneingeschränkt Vertragsärzte im Rahmen einer Videosprechstunde in Anspruch nehmen. So kann z. B. ein Versicherter in München im Rahmen einer Videosprechstunden einen – ihm bisher unbekannten – Vertragsarzt in Hamburg konsultieren und sich z. B. auch eine AU-Bescheinigung ausstellen lassen.

Ab dem 01.09.2025 gelten für die Inanspruchnahme über Vermittlungsportale, auch bei Vermittlungsangeboten der KVen oder der KBV, strengere Regeln:

  • Bei Vermittlung der Videosprechstunde bei unbekannten Patienten muss von dem Vermittlungsportal vor Durchführung der Videosprechstunde ein strukturiertes Ersteinschätzungsverfahren, welches eine Priorisierung von Terminwünschen nach Behandlungsbedarfen ermöglicht, erfolgen. Die Anforderungen an das System der Ersteinschätzung sind in der Anlage der Vereinbarung aufgelistet.
  • Auf Basis dieser Ersteinschätzung soll festgestellt werden, ob der Fall für eine Videosprechstunde geeignet ist. Sofern keine Eignung für die Videosprechstunde festgestellt werden kann, soll der Versicherte an die vorhandenen Versorgungsstrukturen verwiesen werden. Die Vereinbarung benennt je nach Ersteinschätzungsergebnis Arztpraxen, Krankenhäuser, ärztl. Bereitschaftsdienst, Notaufnahme oder Rettungsdienst.
  • Die Vermittlungsportale müssen zur Sicherstellung einer strukturierten Anschlussversorgung eine vorrangige Vergabe von Videosprechstunden an Patienten sicherstellen, die ihren Wohnort oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der räumlichen Nähe zum Praxissitz haben. Die Definition der „räumlichen Nähe“ entspricht dabei der zumutbaren Entfernung zum Wohnort oder dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Versicherten nach § 6 der Anlage 28 zum BMV–Ä (Vereinbarung über die Einrichtung von Terminservicestellen und die Vermittlung von Arztterminen, siehe iww.de/s12524).

Bei der Inanspruchnahme von Haus- und Kinderärzten sowie Ärzten der allgemeinen fachärztlichen Versorgung ergibt sich die zumutbare Entfernung aus dem Zeitbedarf für das Aufsuchen des nächsten erreichbaren geeigneten Facharztes der jeweiligen Arztgruppe bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel plus maximal 30 Minuten.

Ausblick: Bewertungsausschuss klärt Fragen zur Vergütung

Das eingangs angesprochene Digital-Gesetz enthält auch die Vorgabe, die fall- und leistungsbezogenen Begrenzungen für die Videosprechstunde aufzuheben. Zudem sollen die jetzt festgelegten Qualitätsanforderungen bei der Bemessung der Vergütung berücksichtigt werden. Da beide Vorgaben den Zuständigkeitsbereich des Bewertungsausschusses betreffen, enthält die Vereinbarung hierzu keine Regelungen. Möglicherweise spielt jedoch das Angebot von Videosprechstunden im Zusammenhang mit den vorgesehenen hausärztlichen EBM-Änderungen, speziell bei der künftigen Vorhaltepauschale (siehe hierzu den Beitrag auf Seite 2 dieser Ausgabe) eine Rolle.

AUSGABE: AAA 3/2025, S. 7 · ID: 50333291

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte