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GOÄ-Positionen im FokusDie Abrechnung von Beratungsleistungen

Abo-Inhalt04.06.20248 Min. LesedauerVon Ernst Diel, ehem. Leiter Grundsatzfragen PVS Büdingen

| Die Beratungsleistungen in der GOÄ unterliegen einer Reihe von Einschränkungen. Es sind die am häufigsten abgerechneten Leistungen der GOÄ. Allerdings sind auch Beanstandungen durch Kostenträger an der Tagesordnung, sofern die allgemeinen Bestimmungen der GOÄ zu diesen Leistungen nicht richtig angewendet oder interpretiert werden. Die Folge: Häufige Auslegungsfragen seitens des Praxispersonals, die auch zu Honorarverlusten in der Abrechnung führen können. Hier erfahren Sie, worauf Sie achten sollten, um diese Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen. |

Spielregeln der GOÄ kennen und befolgen

Die „Spielregeln der GOÄ“ sind meist gleichbedeutend mit Ausschlussregelungen. So dürfen beispielsweise die Leistungen nach Nr. 1 GOÄ (Beratung) und/oder Nr. 5 GOÄ (symptombezogene Untersuchung) neben Leistungen nach den Abschnitten C–O der GOÄ ( gemeint sind hier alle Positionen ab Nr. 200 GOÄ bis zum Ende) nur einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden. Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der ersten Inanspruchnahme des Arztes. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum EBM, bei dem der Behandlungsfall auf das Quartal lediglich zeitdefiniert ist.

Merke | Als Auslöser eines neuen Behandlungsfalls sind nach der GOÄ zwei „Key Events“ definiert: Erstens der Zeitraum (ein neuer Monat) sowie zweitens eine neue Diagnose

Hierzu ein Beispiel: Für einen Patienten wurden für zwei Arztbesuche an zwei verschiedenen Tagen die folgenden GOÄ-Positionen berechnet:

  • 07.05.2024: Nrn. 1, 5, 252, 70 GOÄ (Diagnose: Infekt)
  • 14.05.2024: Nrn. 1, 5, 490, 2001 GOÄ (Diagnose: Schnittverletzung)

Sofern nach diesem Beispiel keine neue Diagnose (Neuerkrankung) bis zum 15.06.2024 hinzukommt, ist in der Zwischenzeit die oben dargestellte Ausschluss-Spielregel zu beachten, d. h., die Nr. 1 und/oder Nr. 5 GOÄ kann vor diesem Datum nicht in Verbindung mit Leistungen ab Nr. 200 GOÄ abgerechnet werden. Folgende Aspekte sind hierbei zusätzlich von Bedeutung:

  • Sind Leistungen, die man neben den Nrn. 1 und 5 GOÄ nicht abrechnen kann (Leistungen ab den Nr. 200 GOÄ) evtl. in ihrer Bewertung höher als die der Nrn. 1 und oder 5 GOÄ? Falls ja, ist es zwingend, diese abzurechnen und auf die Nrn .1 und/oder 5 GOÄ an diesem Behandlungstag zu verzichten.
  • Sind bei den Leistungen, die bei Beachtung der „Spielregeln“ einer Streichung unterfallen, berechnungsfähige Auslagen nach § 10 GOÄ (z. B. Verbände) angefallen? Diese sind trotz Wegfall der dazugehörigen Leistungsposition zu berechnen, was immer wieder vergessen wird.

Nr. 3 GOÄ: Eingehende Beratung (150 Punkte)

Zunächst unterscheidet sich Nr. 3 GOÄ (auf den Abdruck der vollständigen Leistungslegenden wird hier aus Platzgründen verzichtet) von Nr. 1 GOÄ nur in der Zeitdauer: Bei Nr. 3 GOÄ ist eine Mindestdauer von zehn Minuten nach den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ vorgeschrieben. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch bei Erbringen einer Leistung nach Nr. 1 GOÄ bei Überschreiten einer Zeitdauer von zehn Minuten auch hinsichtlich der Bewertung bereits eine der Nr. 3 gleichwertige Bewertung erreicht sein muss! Allerdings sind die Abrechnungsbestimmungen zu Nr. 3 restriktiver als bei Nr. 1 GOÄ:

  • Nr. 3 GOÄ kann nur alleine oder in Verbindung mit den Nrn. 5, 6, 7, 8 oder 801 GOÄ berechnet werden. Andere als diese in den allgemeinen Bestimmungen der GOÄ abschließend aufgeführten Leistungen sind neben Nr. 3 nicht berechnungsfähig und werden regelmäßig beanstandet.
  • Nr. 3 GOÄ ist einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig. Allerdings wird oft übersehen, dass auch ein weiterer Ansatz im Behandlungsfall mit (plausibler) Begründung auf der Rechnung möglich ist! Zwei Beispiele:
    • „… erforderlich bei Rezidiv infolge Abbruch der medikamentösen Therapie durch den Patienten“
    • „... notwendige Neueinstellung der Medikation“

Ist eine Begründung für einen weiteren Ansatz im selben Behandlungsfall nicht ohne Weiteres möglich oder müsste der Ansatz neben anderen als den in den allgemeinen Bestimmungen genannten Leistungen erfolgen, bleibt ggf. als Alternative der Ansatz der Nr. 1 GOÄ unter Anwendung eines höheren Faktors mit der Begründung eines Zeitaufwands von mehr als zehn Minuten.

Bei Nr. 1 und Nr. 3 GOÄ ist darauf zu achten, dass diese nicht neben Hausbesuchen nach den Nrn. 50 oder 51 berechnungsfähig sind, da die Beratung (ebenso wie die Untersuchungsleistung nach Nr. 5) bereits lt. Leistungsbeschreibung enthalten ist. Auch hier besteht die Möglichkeit, bei zeitintensiven Beratungsgesprächen während eines Hausbesuches dann Nr. 50 oder 51 mit einem höheren Steigerungssatz abzurechnen.

Eine nicht zulässige Umgehung der „Spielregeln“ wird immer wieder durch „Abrechnungsempfehlungen“ (oft ungeklärten Ursprungs) propagiert, indem man dazu rät, anstelle von Nr. 1 oder Nr. 3 GOÄ andere Positionen aus dem Bereich Neurologie/Psychiatrie „analog“ abzurechnen, da hier die Mehrfachabrechnung innerhalb eines Behandlungsfalls auch in Kombination mit anderen Leistungen möglich ist. Alle Kostenträger beanstanden mit Recht diese Art der Abrechnung, zumal eine analoge Bewertung i. S. v. § 6 Abs. 2 der GOÄ nur zulässig ist, wenn eine entsprechende Leistung im Gebührenverzeichnis der GOÄ nicht vorhanden ist. Beratungen sind aber in der GOÄ enthalten und eine Analogabrechnung ist also daher hier nicht zulässig.

Nr. 4 GOÄ: Erhebung der Fremdanamnese (220 Punkte)

Diese Leistung umfasst nicht die klassische Beratung, hat jedoch dort ihre Berechtigung, wo Bezugspersonen zusätzlich zum Patienten selbst im Zusammenhang mit der Behandlung des Patienten unterwiesen (beraten) werden. In dieser Situation ist Nr. 4 neben Nr. 1 GOÄ ansatzfähig.

Häufig wird jedoch Nr. 4 auch dann neben Nr. 1 zum Ansatz gebracht, wenn sich Beratung und die Unterweisung der Bezugsperson an die gleiche Person richten: Typisches Beispiel hierfür ist die Behandlung eines Säuglings oder Kleinkinds, welches selbst noch nicht kommunikationsfähig ist und demzufolge auch nicht selbst beraten werden kann. In diesem Falle ist lediglich Nr. 4 GOÄ als höherwertige Leistung gegenüber der Mutter ansatzfähig, eine direkte Beratung des Säuglings hat nicht stattgefunden. Hier kommt es leider immer wieder zu Beanstandungen.

„Bezugspersonen“, die einer Unterweisung bedürfen, gibt es nicht nur im familiären Bereich (z. B. Mutter und Kind) sondern auch in Altenpflegeheimen (Pflegekraft und Patient). Die Abrechnungsmöglichkeit der Nr. 4 GOÄ neben neben Besuchen und weiteren Behandlungsleistungen wird bei der Behandlung von Patienten auf einer Pflegestation oft nicht berücksichtigt. Als „Spielregel“ gilt hier: Einmal im Behandlungsfall (Zeitdauer eines Monats oder bei Neuerkrankung) ist der Ansatz möglich.

Nr. 15 GOÄ: Koordinierung therapeutischer/sozialer Maßnahmen bei chronisch Kranken (300 Punkte)

Diese Leistung ist nach ihrem Inhalt keine Beratungsleistung und kann auch nicht als „Ersatzleistung“ hierfür berechnet werden. Der Leistungsinhalt dieser Position wird fälschlicherweise oft so ausgelegt, als handele es sich um eine spezielle Beratung zur Einleitung und Koordination von Maßnahmen bei einem bestimmten Arzt-Patienten-Kontakt (APK). Die Leistung ist aber als „Betreuungsleistung“ nicht an einen bestimmten APK gebunden. Sie darf einmal jährlich berechnet werden und wird leider oft nicht in Ansatz gebracht, obwohl der Leistungsinhalt im Laufe eines Jahres bei chronisch kranken Dauerpatienten erfüllt wird. Folgende Kriterien sollten beachtet werden:

  • Die Leistung kann bei einem Patienten nicht abgerechnet werden, der nur in größeren Zeitabständen behandelt wird, da eine „kontinuierliche ambulante Betreuung“ nach dem Leistungsinhalt gefordert wird.
  • Die Abrechnung kann nur als ambulante Leistung und nicht im Rahmen einer stationären Behandlung erfolgen.
  • Es muss sich um eine chronische Erkrankung handeln. (z. B. Stoffwechselerkrankung, Asthma).
  • Der Leistungsinhalt bezieht sich auf die Einleitung und Koordination von Begleitmaßnahmen und nicht auf eine selbst durchgeführte Behandlung.

Therapeutische Maßnahmen könnten z. B. der ambulante Pflegedienst, die Dialyse, Reha-Maßnahmen, Entzugstherapien, ergotherapeutische/sprachtherapeutische Maßnahmen bei Schlaganfallpatienten sein. Soziale Maßnahmen sind z. B. der Essensdienst oder die Wiedereingliederung in den Beruf. Die Leistung ist, wie bereits erläutert, nicht an einen bestimmten APK gebunden. Jedoch ergibt sich ein Ausschluss neben Nr. 4 GOÄ im gleichen Behandlungsfall. Abweichend vom Verbot der zeitgleichen Nebeneinanderberechnung, bezieht sich hier der Berechnungsausschluss auf den Zeitraum des laufenden Behandlungsfalls (siehe oben: Zeitdauer von bis zu einem Monat nach der ersten Inanspruchnahme des Arztes bei gleicher Diagnose).

So dürfen dann die Nrn. 4 und 15 GOÄ, sofern sie wegen der gleichen Erkrankung erbracht werden, innerhalb dieses Zeitraums nicht nebeneinander abgerechnet werden. Sofern sich Nr. 4 GOÄ jedoch auf eine neben der bereits bestehenden chronischen Erkrankung hinzugekommene Neuerkrankung bezieht, ist die Berechnung demzufolge möglich.

Nr. 34 GOÄ: Erörterung (300 Punkte)

Aus der vollständigen Leistungsbeschreibung, die Sie der GOÄ entnehmen können, wird deutlich, dass die Erörterung zwar eine Beratung beinhaltet, jedoch keineswegs anstelle einer Beratung angesetzt werden kann. Nur wenige Leistungen der GOÄ werden so häufig von Kostenträgern beanstandet wie Nr. 34 GOÄ. Häufig jedoch unbegründet und voreilig. Oft wird dabei unterstellt, die Leistung wäre aufgrund ihrer Bewertung anstelle einer Beratungsleistung angesetzt worden. Auch wird die Ablehnung oft damit begründet, dass die Erkrankung „lebensbedrohend“ sein müsse, um einen Ansatz zu rechtfertigen. Dann kommt es darauf an, den Ansatz der Leistung durch eine stichhaltige Begründung im Beanstandungsfall zu rechtfertigen. Nachstehend deshalb einige Hinweise zu den Formulierungen der Leistungslegende:

  • „Unmittelbarer Zusammenhang mit der Feststellung ...“
    • ... bedeutet nicht den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang, sondern den sachlichen Zusammenhang, der zeitlich durchaus einige Zeit nach der Feststellung einer Erkrankung auch noch gegeben sein kann.
  • Bei „nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden...“
    • ... ist der nachhaltig lebensverändernde Aspekt ausreichend (Beispiele für die Einschränkung der Lebensqualität: Ernährung, Sportverbot bei Leistungssportlern, Gehbehinderung oder generell Einschränkungen bei Berufsausübung). Lebensbedrohende Aspekte müssen also eindeutig nicht vorliegen.
  • „Ggf. einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken“ ...
    • ... ist als fakultativer Bestandteil der Leistung zu verstehen, der aber die nachhaltig lebensverändernden oder gar lebensbedrohenden Aspekte (z. B. bei Ablehnung einer Operation sich daraus ergebende Konsequenzen oder einem präoperativen Aufklärungsgespräch) umfasst.
Merke | Beachten Sie die zur Erfüllung des Leistungsinhalts der Nr. 34 GOÄ erforderliche Mindestdauer der Erörterung von 20 Minuten. Sofern diese Zeitdauer nicht erfüllt ist, kann lediglich nach Nr. 1 bzw. Nr. 3 GOÄ abgerechnet werden.
Nr. 34 GOÄ ist – abweichend von den Nrn.1 und 3 GOÄ – innerhalb eines halben Jahres zweimal abrechnungsfähig. Dies bedeutet aber nur eine Beschränkung innerhalb dieses Zeitraums, wobei der zeitliche Abstand zwischen beiden Leistungen durchaus kürzer sein kann. Maßgeblich für den Beginn dieser Zeitspanne ist der erste Ansatz der Nr. 34 GOÄ.

AUSGABE: AAA 6/2024, S. 8 · ID: 50047896

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