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Rechtsprechung„Zeig dein schönstes Lächeln mit …“ – wenn Werbung gegen Berufsrecht verstößt

Abo-Inhalt07.05.2024401 Min. LesedauerVon RAin und FAin für MedR Anja Mehling, Hamburg

| Die Werbung eines Zahnarztes, die mit reißerischen bzw. marktschreierischen Mitteln ausschließlich auf einen Anbieter hinweist und allein die Vorzüge dessen Produkts hervorhebt, ist übermäßige anpreisende Fremdwerbung. Damit wird der Eindruck erweckt, dass sich der Zahnarzt bei seiner Therapieentscheidung durch sachfremde Erwägungen in Form finanzieller Vorteile leiten lässt. So das Berufsgericht für Heilberufe Münster, das den Rahmen berufsrechtlich zulässiger Werbung durch die gerügten Werbeaussagen für überschritten hielt (Beschluss vom 19.06.2023, Az. 18 K 3561/21.T). |

Zum Sachverhalt

Auf der Internetseite der Praxis des gerügten Zahnarztes B1. und auf seinem Internetauftritt bei Facebook waren Werbebilder und Werbeanzeigen mit dem Aligner-Hersteller J. geschaltet. Die Werbeaussagen: „J. : Die durchsichtige Zahnspange für dein schönstes Lächeln“, „ZEIG DEIN SCHÖNSTES LÄCHELN MIT J. UND B1. , „WAS IST J. ?“, „WAS IST BESONDERS AN J. ?“, „WARUM J. BEI B1. ?“ waren mit den Aussagen „Viele Aligner-Lösungen lassen Dich bei der Zahnkorrektur alleine. So kann der Behandlungsablauf nicht überprüft werden …“ und „bei B1. in N. wird der Behandlungserfolg fortlaufend vom Zahnarzt kontrolliert. Nur so kannst Du das bestmögliche Ergebnis erhalten …“ kombiniert. Die zuständige Zahnärztekammer erteilte B1. eine Rüge. Die Werbung sei geeignet, den Eindruck einer von finanziellen Vorteilen geprägten besonderen Kooperation zu erwecken, dass sich der Zahnarzt bei seiner Therapieentscheidung durch sachfremde Erwägungen in Form finanzieller Vorteile leiten lasse. Das werde dadurch bestärkt, dass kein Hinweis auf andere Alignersysteme erfolge und die besonderen Vorteile von J. gegenüber anderen Herstellern nicht für den Patienten erkennbar zum Ausdruck kämen. Der Antrag des B1. auf berufsgerichtliche Nachprüfung der Rüge blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen

Das Berufsgericht stellte fest, dass B1. als Angehöriger der Zahnärztekammer aus dem Heilberufsgesetz und der Berufsordnung Berufspflichten obliegen. Danach ist dem Zahnarzt berufswidrige, insbesondere anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung untersagt, wobei der Zahnarzt eine berufswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden darf und dem entgegenzuwirken hat. Gegen diese Pflichten habe B1. verstoßen.

Grundsätzlich sei einem Zahnarzt berufsbezogene und sachangemessene Werbung erlaubt. Allerdings sei der Vertrauensschutz der Patienten in die Integrität der Ärzteschaft ein Gemeinwohlbelang, der es erlaube, eine gewerbliche Betätigung von Zahnärzten zu beschränken.

Verhaltensweisen, die den Eindruck vermittelten, der Arzt stelle die Erzielung von Gewinn über das Wohl seiner Patienten und deren ordnungsgemäße Behandlung, dürfe entgegengewirkt werden. In diesem Sinne solle der Patient darauf vertrauen können, dass sich der Zahnarzt nicht von kommerziellen Interessen leiten lasse. Das Verbot berufswidriger Werbung für Zahnärzte solle das Vertrauen der Patienten darauf erhalten, dass der Zahnarzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen, Behandlungen durchführe oder Medikamente verordne. Die ärztliche Berufsausübung habe sich an medizinischen Notwendigkeiten, nicht an ökonomischen Erfolgskriterien zu orientieren. Berufswidrig sei insbesondere solche Werbung, die zu Irrtümern und damit zu einer Verunsicherung der Kranken führen würde, weil sie das Vertrauen in den Arztberuf untergraben und langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben könnte.

Das wiederholte deutliche Hervorheben des Aligner-Herstellers J. mit den aufgeführten Aussagen bewertete das Gericht als anpreisende Fremdwerbung. Die Kammer habe zu Recht darauf hingewiesen, dass das Hauptaugenmerk der einzelnen Aussagen sowie der gesamten Kampagne auf die Präsentation des J. gerichtet sei, indem dessen Markenname wiederkehrend plakativ in den Vordergrund gerückt werde. Die Werbeaussagen gingen über eine bloße Information über die Zusammenarbeit zwischen J. und B1. hinaus.

Da B1. ausschließlich auf J. Hinweise und allein die Vorzüge dessen Produkts hervorhebe, informiere er nicht in sachlicher Art und Weise über sein Leistungsangebot, sondern bewerbe vor allem ein Fremdprodukt in übermäßig anpreisender Weise. Schon die Fremdwerbung an sich sei rechtswidrig, da sie den Anschein vermittle, der Zahnarzt werbe für die andere Firma, weil er hiervon finanzielle Vorteile habe. Das sei geeignet, langfristig das Vertrauen in den Arztberuf zu untergraben.

Das Gericht hielt es nicht für relevant, ob B1. Gewinn erziele oder nicht. Es folgte der Ansicht der Kammer, dass die Werbung Patienten in erster Linie auf emotionale Weise anspreche, indem sie neben den genannten Werbeaussagen mit Bildern von Fotomodellen mit strahlend weißen und geraden Zähnen locke. Damit ziele die Werbung erkennbar darauf ab, potenzielle Patienten zu einer Aligner-Behandlung gerade mit dem Produkt des J. zu bewegen. Das Anpreisen eines bestimmten Produkts durch einen Zahnarzt sei indes ohne Weiteres geeignet, bei Patienten den Eindruck zu erwecken, dass sich B1. von kommerziellen Interessen leiten lasse.

Fazit | Die Entscheidung reiht sich in eine Reihe von Entscheidungen, die sich mit anpreisender und irreführender Aligner-Werbung befassen, ein. Ob „perfektes“ oder „schönstes“ Lächeln – derartige Werbeversprechen sind unzulässig, weil sie – fälschlicherweise – den Eindruck erwecken, dass ein definiertes Behandlungsergebnis erwartet werden kann. Dabei können (und sollten) für zahnmedizinische Behandlungen keine Garantien abgegeben werden. Der menschliche Organismus ist keine Maschine, von der Bagatellisierung der Risiken ganz zu schweigen.

Weiterführende Hinweise
  • Aligner: Vorsicht bei der Werbung mit unverbindlichen Beratungen! (ZP 04/2022, Seite 2)
  • „Dein perfektes Lächeln“ – immer mehr Werbebeschränkungen bei Aligner-Anbietern! (ZP 06/2022, Seite 9)

AUSGABE: ZP 5/2024, S. 3 · ID: 49984646

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